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Bundesgerichtshof
Urt. v. 04.07.1968, Az.: III ZR 17/68

Klage auf Schadensersatz sowie Ersatz für Reparaturkosten und Abschleppkosten, Nutzungsausfall sowie eines Betrages für den technischen Minderwert eines Unfallfahrzeuges; Klage auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz des merkantilen Minderwerts eines Unfallfahrzeuges bei dessen eventuellem Wiederverkauf; Schadensersatzanspruch infolge von Handlungen oder Unterlassungen der in der Bundesrepublik stationierten Streitkräfte in Ausübung des Dienstes im Rahmen der Geltung des Nato-Truppenstatutes

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
04.07.1968
Aktenzeichen
III ZR 17/68
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1968, 12084
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Prozessführer

Firma Emil S., Inhaber Emil S., W., F.str. ...

Prozessgegner

Bundesrepublik Deutschland,
handelnd in Prozeßstandschaft für die Vereinigten Staaten von Amerika und
vertreten durch den Bundesminister der Finanzen,
dieser vertreten durch das Bayerische Staatsministerium der Finanzen,
dieses vertreten durch die Oberfinanzdirektion N., Referat Verteidigungslasten

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Juli 1968
unter Mitwirkung
des Senatspräsidenten Dr. Pagendarm sowie
der Bundesrichter Dr. Kreft, Dr. Arndt, Dr. Hußla und Keßler
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 8. November 1967 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen der Folgen eines Unfalls in Anspruch, den einer ihrer Fahrer am 14. Januar 1966 durch den Zusammenstoß eines ihrer Lastzüge mit einem auf einer Dienstfahrt befindlichen Jeep der US-Streitkräfte erlitten hat. Sie meldete ihren Schaden für Verteidigungslasten in Nürnberg (AVL) an. Durch Bescheid vom 26. September 1966, der den Vertretern der Klägerin am 3. Oktober 1966 zugestellt wurde, lehnte das AVL den Entschädigungsantrag ab.

2

Mir ihrer Klage hat die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 13.575,79 DM nebst Zinsen als Ersatz ihrer Reparatur- und Abschleppkosten und ihres Nutzungsausfalls, zur Zahlung eines der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellten Betrages für den technischen Minderwert des Unfallfahrzeugs sowie die Feststellung verlangt, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihr einen sich bei eventuellem Wiederverkauf des Unfallfahrzeugs unfallbedingt ergebenden merkantilen Minderwert zu ersetzen. Die Klage wurde am 2. Dezember 1966 bei dem Landgericht eingereicht und der Beklagten am 12. Januar 1967 zugestellt.

3

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung als unzulässig abgewiesen, daß die zweimonatige Klagefrist des Artikels 12 Abs. 3 des Gesetzes zum NATO-Truppenstatut und zu den Zusatzvereinbarungen vom 18. August 1961 - BGBl II 1183 - (NTS-AG) nicht gewahrt sei; die Klageschrift sei zwar rechtzeitig eingereicht, aber nicht mehr "demnächst" im Sinne des § 261 b Abs. 3 ZPO zugestellt worden. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch weiter. Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

4

I.

1.

Das Berufungsgericht ist mit den Parteien zutreffend davon ausgegangen, daß Ansprüche aus Schäden, die seit dem 1. Juli 1963 infolge von Handlungen oder Unterlassungen der in der Bundesrepublik stationierten fremden Streitkräfte in Ausübung des Dienstes zugefügte worden sind, nach Maßgabe des Artikels 12 NTS-AG klageweise geltend gemacht werden müssen. Artikel 12 Abs. 3 NTS-AG bestimmt hierzu, daß die Klage innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Zustellung der Mitteilung über die Entschließung der Anmeldungsbehörde zu erheben ist. Diese Klagefrist lief in vorliegenden Fall am 3. Dezember 1966 ab. Erhoben, nämlich zugestellt (§ 253 ZPO) wurde die Klage aber erst am 12. Januar 1967, also nach Ablauf der Klagefrist.

5

2.

Das Berufungsgericht hält die Klagefrist für versäumt und legt dabei die Sachdarstellung der Klägerin zugrunde, die im wesentlichen dahingeht:

6

Die Klageschrift sei von den erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 2. Dezember 1966 ohne Kostenvorschuß bei dem Landgericht eingereicht worden. Am selben Tage sei der Schadensfall der Rechtsschutzversicherung der Klägerin gemeldet und die Versicherung um Bestätigung des Mandats und um Zahlung des Prozeßkostenvorschusses gebeten worden. Am 5. Dezember 1966 sei die Aufforderung der Gerichtskasse zur Einzahlung des Prozeßkostenvorschusses von 198 DM bei den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin eingegangen. Diese hätten sofort die Klägerin aufgefordert, bei ihrer Rechtsschutzversicherung auf beschleunigte Erledigung zu drängen. Am 7. Dezember 1966 sei das Schreiben der Rechtsschutzversicherung eingegangen, mit der die Versicherung das Mandat bestätigt habe. Am 20. Dezember 1966 habe die Versicherung mitgeteilt, daß bei Klagen mit einem Streitwert über 5.000 DM noch die Direktion über die Gewährung von Rechtsschutz entscheiden müsse, und um Übersendung des Ablehnungsbescheides des AVL gebeten. Mit Schreiben vom 22. Dezember 1966 sei der Klägerin von ihren Prozeßbevollmächtigten nahegelegt worden, die Gerichtskosten einstweilen auszulegen. Nachdem der Inhaber der Klägerin daraufhin die Zahlung des Vorschusses telefonisch bei der Versicherung angemahnt habe, habe diese am 29. Dezember 1966 erneut um Geduld gebeten. Auf die dringende telefonische Weisung ihrer Anwälte habe sich die Klägerin nun entschlossen, den Prozeßkostenvorschuß einstweilen auszulegen. Mit Postschecküberweisung vom 30. Dezember 1966 sei der Vorschuß an die Gerichtskasse weitergeleitet worden und dort am 2. Januar 1967 eingegangen.

7

Das Berufungsgericht erwägt hierzu: Zwar habe die Klägerin die Klagefrist voll ausnutzen und mit der Einzahlung des Prozeßkostenvorschusses bis zum Eingang der Zahlungsaufforderung der Gerichtskasse am 5. Dezember 1966 warten dürfen. Auch falle ihr die Verzögerung, die zwischen dem 2. Januar 1967 (Eingang der Prozeßgebühr bei der Gerichtskasse) und dem 12. Januar 1967 (Klagezustellung) eingetreten sei, nicht zur Last. Die Klägerin und ihre Prozeßbevollmächtigten, deren Verschulden sich die Klägerin zurechnen lassen müsse, seien jedoch verpflichtet gewesen, nach dem Eingang der Zahlungsaufforderung alles Zumutbare zu tun, um die Voraussetzung für eine alsbaldige Zustellung der Klageschrift zu schaffen. Dieser Pflicht seien sie schuldhaft nicht nachgekommen. Auf die Zahlung des Vorschusses durch die Rechtsschutzversicherung hätten sie nicht warten dürfen; die Klägerin hätte entweder das Armenrecht beantragen oder die Mittel selbst bereitstellen müssen, wozu sie in der Lage gewesen sei. Das habe schon die Rücksichtnahme auf die Beklagte, deren Interessen die Ausschlußfrist des Artikels 12 Abs. 3 NTS-AG schützen solle, geboten. Wenn die Klägerin, bzw. ihre Prozeßbevollmächtigten hätten sicherstellen wollen, daß bis zum Ablauf der Klagefrist der Kostenvorschuß durch die Versicherung gezahlt wurde, hätte die Versicherung bereits unmittelbar nach Erlaß des Ablehnungsbescheides des AVL am 3. Oktober 1966 eingeschaltet werden müssen. Daß die Versicherung erst am 2. Dezember 1966 verständigt worden sei, habe nach menschlichen Ermessen geradezu ausschließen müssen, daß der Vorschuß noch rechtzeitig von der Versicherung gezahlt werden würde. Das Warten der Klägerin auf eine Zahlung der Versicherung vom 5. Dezember 1966 bis zur eigenen Zahlung am 30. Dezember 1966 (= 25 Tage) enthalte selbst unter Berücksichtigung der Weihnachtsfeiertage eine schuldhafte Verletzung ihrer Sorgfaltspflicht. Die hierdurch (mit-)verzögerte Zustellung sei deshalb nicht mehr "demnächst" im Sinne von § 261 b Abs. 3 ZPO erfolgt.

8

II.

Gegen diese Ausführung bestehen im Ergebnis keine rechtlichen Bedenken.

9

Die Bedeutung, die das Berufungsgericht dem Begriff "demnächst" in § 261 b Abs. 3 ZPO beimißt, entspricht dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift. Der erkennende Senat hat hierzu wiederholt Ausführungen gemacht, auf die verwiesen wird (Urteil vom 5. Juni 1961 - III ZR 73/60 = LM Finanzvertrag Nr. 11 = NJW 1961, 1627; vom 29. Januar 1962 - III ZR 184/60 = VersR 1962, 448; vom 31. Januar 1963 - III ZR 142/61 = LM ZPO § 261 b Nr. 9 = VersR 1963, 459; vom 30. Juni 1966 - III ZR 3/64 = NJW 1966, 2211, vom 23. Januar 1967 - III ZR 3/66 = NJW 1967, 779).

10

Entgegen der Ansicht der Revision darf danach ein Kläger, wenn er der Rechtswohltat des § 261 b Abs. 3 ZPO teilhaftig werden will, sich nicht darauf beschränken, eine "Verschleppung" der Zustellung zu vermeiden, im übrigen sich aber abwartend verhalten. Vielmehr verlangen schon das berechtigte Interesse des Beklagten und die Notwendigkeit, die Unsicherheit der Rechtslage alsbald zu beseitigen, in aller Regel, daß der Kläger auf eine möglichste Beschleunigung der Zustellung hinwirkt, d.h. alles ihm Zumutbare tut, um die Voraussetzungen für eine alsbaldige Zustellung der Klage zu schaffen. Der Revision ist zuzugeben, daß in den Entscheidungen des Reichsgerichts und in früheren Entscheidungen des Bundesgerichtshofs dieser Gesichtspunkt nicht besonders herausgehoben worden ist. Der erkennende Senat hat aber bereits in den genannten Entscheidungen vom 5. Juni 1961 und vom 31. Januar 1963 ausgesprochen, daß diese tätige Mitwirkung von dem Kläger auch nach rechtzeitiger Einreichung der Klageschrift zu verlangen sei. Die Entwicklung der Rechtsprechung in Richtung auf diese strengeren Anforderungen ist in dem Urteil des erkennenden Senats vom 30. Juni 1966 = NJW 1966, 2211 [BGH 30.06.1966 - III ZR 3/64] dargestellt worden. Die Revision vermag keine Gesichtspunkte aufzuzeigen, die den Senat veranlassen könnten, von seiner Rechtsprechung abzuweichen.

11

Erfolglos beruft sich die Revision für ihre Ansicht, daß eine solche tätige Mitwirkung der Klägerin nicht zu verlangen sei, auf das nicht veröffentlichte Urteil des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 17. April 1967 - II ZR 104/66 -. In dieser Entscheidung, bei der es um die Versäumung der Ausschlußfrist des § 12 Abs. 3 VVG ging, hat der II. Senat auf Grund des Sinngehaltes dieser Bestimmung und der besonderen tatsächlichen Umstände des Falles eine unzulässige Rechtsausübung darin gesehen, daß sich der beklagte Versicherer auf die Nichteinhaltung der Frist berief. Seine Entscheidung steht daher mit der Rechtsprechung des jetzt erkennenden Senats zu § 261 b Abs. 3 ZPO nicht in Widerspruch.

12

Die oben erörterte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Frage der "demnächst erfolgten Zustellung" mußte den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin im Dezember 1966 bekannt sein. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von dem der Entscheidung des Senats vom 30. Juni 1966 = NJW 1966, 2211 [BGH 30.06.1966 - III ZR 3/64] zugrunde liegenden Fall, in dem die Verhältnisse im Jahre 1960 zu beurteilen waren. Hierüber und von den Folgen einer Verletzung der zu verlangenden Sorgfalt hatten sie die Klägerin gegebenenfalls zu unterrichten.

13

Gemessen an den aufgezeigten Grundsätzen hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, daß der Klägerin (und ihren Prozeßbevollmächtigten) die Verzögerung der Zustellung der Klageschrift zu einem so erheblichen Teil zur Last zu legen ist, daß sie die Zustellung nicht mehr als "demnächst" erfolgt angesehen werden kann.

14

Zwar ist mit dem Berufungsgericht davon auszugehen, daß die Klägerin und ihre Prozeßbevollmächtigten nicht nur mit der Einreichung der Klageschrift bis zum 2. Dezember 1966 warten, sondern auch eine Aufforderung des Gerichts, die Prozeßgebühr einzuzahlen, abwarten durften, ohne dadurch Nachteile zu erfahren. Sie hätten sich jedoch nach Eingang der Zahlungsaufforderung am 5. Dezember 1966 mit der Bezahlung des Vorschusses von 198 DM nicht mehr bis zum 30. Dezember 1966, also insgesamt 25 Tage lang, Zeit lassen dürfen. Vielmehr hätten sie, um sich nicht dem Vorwurf schuldhafter Säumnis auszusetzen, zumindest innerhalb weniger Tage nach dem Eingang der Zahlungsaufforderung den Kostenvorschuß bei Gericht einzahlen müssen. Daß die Klageschrift erst 41 Tage nach ihrer Einreichung und 40 Tage nach Ablauf der Klagefrist zugestellt worden ist, geht sonach im wesentlichen auf das Verhalten der Klägerin bzw. das von ihr zu vertretende Verhalten ihrer Prozeßbevollmächtigten zurück, so daß der erst am 12. Januar 1967 erfolgten Klagezustellung eine gemäß § 261 b Abs. 3 ZPO fristwahrende Wirkung nicht mehr beigemessen werden kann.

15

Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, daß sich die Klägerin durch Berufung auf das Verhalten ihrer Rechtsschutzversicherung nicht entlasten kann. Entgegen der Ansicht der Revision befreiten weder das Bestehen der Rechtsschutzversicherung noch die Verständigung der Versicherung von der beabsichtigten Klageerhebung am 2. Dezember 1966 die Klägerin und ihre Prozeßbevollmächtigten davon, von sich aus Vorsorge dafür zu treffen, daß der Prozeßkostenvorschuß alsbald nach eingehender Zahlungsaufforderung eingezahlt werden konnte, damit die Klagezustellung baldmöglichst erfolgen konnte. Mit der zu diesem Zeitpunkt an die Versicherung gerichteten Bitte, den Prozeßkostenvorschuß einzuzahlen, durften sie sich nicht beruhigen. Bereits in seiner Entscheidung vom 5. Juni 1961 = NJW 1961, 1627 = VersR 1961, 713 = MDR 1961, 836 = LM Finanzvertrag Nr. 11 hat der erkennende Senat eine solche Zahlungsaufforderung an eine Rechtsschutzversicherung allein nicht als ausreichende Vorsorge angesehen, die dem Kläger bzw. seinen Prozeßbevollmächtigten ohne weiteres davon entbinden kann, zusätzliche Maßnahmen zur Bereitstellung des Prozeßkostenvorschusses zu treffen. Es kann dahinstehen, ob im Einzelfall eine solche Zahlungsaufforderung ausreicht, wenn der Versicherte aufgrund besonderer Umstände die sichere Erwartung haben darf, daß die Rechtsschutzversicherung den Prozeßkostenvorschuß wenige Tage nach Eingang der Zahlungsaufforderung bei der Gerichtskasse einzahlen werde, da solche Umstände nach den fehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts hier nicht gegeben waren. Danach haben die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin der Versicherung den Schadensfall erst einen Tag vor Ablauf der Klagefrist (ohne Beifügung des Ablehnungsbescheides des AVL, der für die Entschließung der Versicherung nicht ohne Bedeutung sein konnte) mitgeteilt. Als die Zahlungsaufforderung der Gerichtskasse am 5. Dezember 1966 einging, waren seit der Absendung der Mitteilung an die Versicherung erst drei Tage vergangen. Dem Berufungsgericht ist darin zu folgen, daß bei dieser Sachlage am 5. Dezember 1966 nicht, jedenfalls nicht sicher damit gerechnet werden konnte, daß der Prozeßkostenvorschuß von der Versicherung nunmehr in wenigen Tagen eingehen werde, zumal die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 7. Dezember 1966 von der Versicherung dahin unterrichtet worden sind, daß zur Zeit noch "die zu einer ordnungsgemäßen Bearbeitung notwendigen Feststellungen" getroffen würden und die Versicherung "sich in Kürze zur Auftragserteilung äußern" würde, von einer sofortigen Einzahlung des Vorschusses seitens der Versicherung also selbst zu diesem Zeitpunkt noch keine Rede war. Spätestens am 7. Dezember 1966 hätte die Klägerin daher von sich aus den Prozeßkostenvorschuß bei der Gerichtskasse einzahlen müssen, zumal sie hierzu nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ohne weiteres in der Lage war, wenn sie sich nicht einer schuldhaften Säumnis aussetzen und die Rechtswohltat des § 261 b Abs. 3 ZPO verlieren wollte. Hierüber hätten sie ihre Prozeßbevollmächtigten, denen die genannte Entscheidung vom 5. Juni 1961 bekannt sein mußte, aufklären müssen. Die an die Versicherung gerichteten Mahnungen reichten entgegen der Ansicht der Revision in diesem Zeitpunkt nicht mehr aus.

16

Erfolglos macht die Revision geltend, da eine Bearbeitung der Sache durch die Beklagte vor den Feiertagen ohnehin nicht in Frage gekommen sei, seien die Interessen der Beklagten durch die Klagezustellung nicht verletzt worden. Im Rahmen des § 261 b Abs. 3 ZPO kommt es nicht darauf an, ob durch die Verzögerung der Klagezustellung im konkreten Fall auch die Abwicklung des Schadensfalls verzögert worden ist oder nicht. Entscheidend ist vielmehr, daß die Beklagte durch das nachlässige Verhalten der Klägerin bzw. ihrer Prozeßbevollmächtigten über die Anspruchserhebung längere Zeit im ungewissen geblieben ist, als - selbst unter Berücksichtigung des § 261 b Abs. 3 ZPO - bei einem ordnungsmäßigen Vorgehen zu erwarten war. Etwas Gegenteiliges kann die Revision für ihre Auffassung auch nicht aus dem bereits erwähnten Urteil des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 17. April - II ZR 104/66 - entnehmen. Zwar ist dort unter Bezugnahme auf BGH VersR 1960, 210 und 1964, 58 [BGH 21.11.1963 - II ZR 64/61] ausgeführt, daß bei der gebotenen Abwägung, welcher Zeitraum noch als "demnächst" im Sinne von § 261 b Abs. 3 ZPO erachtet werden kann, nicht unberücksichtigt bleiben dürfe, inwieweit die Verlängerung der Zeitspanne zwischen Einreichung und Zustellung der Klageschrift schutzwürdige Interessen den Beklagten tatsächlich beeinträchtigt habe. Diese Ausführungen sind jedoch nicht dahin zu verstehen, daß der Kläger auch bei einem nachlässigen Verhalten der Rechtswohltat des § 261 b Abs. 3 ZPO immer dann nicht verlustig gehe, wenn die Gegenseite nicht dartun könne, daß die Verzögerung im konkreten Fall tatsächlich zu einem Nachteil geführt habe. Vielmehr hat auch der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in der genannten Entscheidung daran festgehalten, daß eine Klageerhebung dann nicht mehr als "demnächst" im Sinne der Bestimmung angesehen werden kann, wenn die Gegenseite von der Anspruchsverfolgung erst erfährt, nachdem die Frist verstrichen ist, die bei einem sorgfältigen Vorgehen des Klägers hätte eingehalten werden können, und der Versäumung dieser Frist wegen der Besonderheiten des damals entschiedenen Falles nur deshalb keine Bedeutung zugemessen, weil die Beklagte vor Ablauf dieser Frist bereits auf andere Weise Gewißheit über die Klageerhebung erhalten hatte. Wie bereits ausgeführt worden ist, lag eine solche besondere Fallgestaltung hier nicht vor.

17

Da das Berufungsurteil auch sonst keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin erkennen läßt, erweist sich die Revision somit als unbegründet und muß mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückgewiesen werden.

Dr. Pagendarm
Dr. Kreft
Bundesrichter Dr. Arndt ist beurlaubt und ortsabwesend; er ist an der Leistung der Unterschrift verhindert Dr. Pagendarm
Bundesrichter Dr. Hußla ist beurlaubt und ortsabwesend; er ist an der Leistung der Unterschrift verhindert. Dr. Pagendarm
Keßler