Bundesgerichtshof
Urt. v. 11.07.1967, Az.: VI ZR 41/66
Rückgriffsanspruch gegen einen Rechtsanwalt; Schuldhaftes Eintretenlassen der Verjährung durch den Rechtsanwalt; Hemmung der Verjährung wegen Stundung der Leistung
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 11.07.1967
- Aktenzeichen
- VI ZR 41/66
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1967, 12259
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG München - 01.04.1965
Rechtsgrundlagen
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Juli 1967
unter Mitwirkung
der Bundesrichter Hanebeck, Dr. Bodo, Dr. Hauß, Heinrich Meyer und Dr. Nüßgens
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 1. April 1965 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagten auf Schadensersatz mit der Begründung in Anspruch, der Erst- und Zweitbeklagte sowie der von der jetzigen Drittbeklagten allein beerbte, früher mitbeklagte Rechtsanwalt Dr. Ma. (im folgenden: die Beklagten), die in einer Anwaltssozietät zusammengeschlossen waren, hätten seine Forderungen gegen den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) schuldhaft verjähren lassen und unnötige Prozeßkosten verursacht.
Der DGB hatte dem bei ihm beschäftigten Kläger am 11. Dezember 1952 fristlos gekündigt. Hiergegen rief der Kläger das Arbeitsgericht an. Im zweiten Rechtszug erteilte er den Beklagten Prozeßvollmacht; der Rechtsstreit wurde im wesentlichen durch den Erstbeklagten geführt. Durch rechtskräftiges Teilurteil vom 6. Juli 1954 erklärte das Landesarbeitsgericht (LAG) Bayern unter Aufhebung des gegenteiligen Ersturteils die Kündigung für unwirksam und verurteilte den DGB zur Zahlung des rückständigen und laufenden Gehalts nebst Verzugszinsen. Die Entscheidung über den weiteren Antrag des Klägers auf Zahlung von schließlich 6.595,94 DM weiteren Verzugsschadens blieb vorbehalten (AZ. 394/53 III). Dieses Begehren hatte der Kläger damit begründet, wegen des Ausbleibens der Gehaltszahlungen habe er seinen Lebensunterhalt von Januar 1953 bis September 1954 nur dadurch bestreiten können, daß er einen Teil seines Aktienbesitzes für 8.835,20 DM verkauft habe. Sofort nach Erhalt seines rückständigen Gehalts habe er seine Bank mit den Rückkauf der Wertpapiere beauftragt, wegen der zwischenzeitlichen Kurssteigerungen hierfür aber 14.176,64 DM aufwenden müssen. Außer dem Unterschiedsbetrag von 5.341,44 DM habe er zwischen Verkauf und Rückkauf den Ertrag der Wertpapiere in Höhe von 1.249,50 DM eingebüßt. In der mündlichen Verhandlung vom 29. September 1955 über den noch anhängigen Teil der Berufung verlas der Erstbeklagte diesen Zahlungsantrag über 6.595,94 DM nicht, sondern den bereits schriftsätzlich angekündigten Antrag auf Leistung von 52 Fondak-Zertifikaten, der mit dem Vorbringen begründet wurde, der Kläger hätte ohne die Vorenthaltung der ihm durch das Teilurteil zuerkannten Gehaltsbezüge den nicht für seinen Lebensunterhalt benötigten Teil seiner Bezüge in diesen Zertifikaten angelegt. Da die Kurse für diese Papiere gestiegen seien, habe er bei der verspäteten Zahlung des Gehalts für das Geld etwa fünfzig Zertifikate weniger erhalten als bei pünktlicher Gehaltszahlung. Diesen Teil der. Berufung wies das LAG mit Urteil vom 6. Dezember 1955 zurück, weil der Kläger keine Tatsachen vorgetragen habe, die es als wahrscheinlich erscheinen ließen, daß er bei rechtzeitiger Zahlung des Gehalts laufend etwaige Ersparnisse in Fondak-Zertifikaten angelegt hätte. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des LAG wurde durch Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 27. April 1959 zurückgewiesen.
Am 15. Juli 1959 erhob der Kläger persönlich gegen den DGB erneut Klage auf Zahlung von zuletzt 6.595,94 DM sowie auf Feststellung der Pflicht zum Ersatz des bereits früher geltend gemachten weiteren Verzugsschadens. Mit Schriftsatz vom 9. September 1959 erhob der DGB die Einrede der Verjährung. Durch Urteil des Arbeitsgerichts München vom 3. Dezember 1959 wurden den Kläger unter Abweisung der übrigen Klage 901,94 DM zugesprochen; das Arbeitsgericht hielt die Einrede der Verjährung für unbegründet. Die am 1. Februar 1960 eingelegte Berufung des nunmehr wieder durch die Beklagten vertretenen Klägers wies das LAG mit Urteil vom 9. Juni 1960 zurück. Auf die Berufung des DGB wies es die Klage wegen Verjährung in vollem Umfange ab (AZ 4 Sa 528, 530/60). Die Revision des Klägers vom 2. August 1960 wurde durch Urteil des BAG vom 14. Juli 1961 mit der Begründung zurückgewiesen, infolge der Antragsänderung im Verfahren 394/53 III sei der Geldantrag nicht weiter verfolgt worden, daher habe seit Stellung des neuen Antrags im September 1955 gemäß § 211 Abs. 2 BGB eine neue Verjährungsfrist von 2 Jahren zu laufen begonnen, die bei Klageerhebung im Juli 1959 abgelaufen gewesen sei.
Als die Beklagten die schriftliche Ausfertigung des Urteile vom 14. Juli 1961 im Oktober 1961 erhalten und an den Kläger weitergeleitet hatten, erhob dieser mit Schreiben vom 24. Oktober 1961 gegenüber dem Erstbeklagten unbezifferte Schadensersatzansprüche. Daraufhin legte dieser mit Schreiben vom 3. November 1961 an den Kläger das Mandat in noch nicht erledigten Rechtssachen nieder. In einem Briefwechsel zwischen den Parteien Ende 1961 und Anfang 1963 über die Herausgabe von Handakten, wurden noch Ersatzansprüche des Klägers gegen die Beklagten erwähnt. Mit Schreiben vom 6. Februar 1963 schlugen die Beklagten dem Kläger einen Verzicht auf ihre Kostenforderungen in Höhe von 1.334,21 DM gegen Erlaß seiner Schadensersatzforderung vor.
Mit der vorliegenden, bei Gericht am 22. Februar 1963 eingereichten und am 6./7. März 1963 zugestellten Klage nacht der Kläger die Beklagten für den Verlust seiner Verzugsschadensforderung gegen den DGB und die Entstehung der Prozeßkosten im zweiten arbeitsgerichtlichen Verfahren verantwortlich. Er hat vorgetragen, die Beklagten hätten gegen ihre Sorgfaltspflicht dadurch verstoßen, daß sie im Verfahren 394/53 III von der Geldersatz- zur Naturalersatzklage übergegangen seien, ohne wenigstens hilfsweise Geldersatz zu beantragen, und daß sie nicht von vornherein auf die Verjährung des fallengelassenen Geldersatzanspruchs geachtet hätten; statt den Kläger auf den gegen sie bestehenden Regreßanspruch hinzuweisen, hätten die Beklagten den erfolglosen weiteren Rechtsstreit vor den Arbeitsgerichten geführt. Dementsprechend hat der Kläger als Verlust seiner Verzugsschadenforderung die Zahlung von 6.590,94 DM und als Ersatz der Kosten des zweiten Verfahrens die Zahlung von 2.936,18 DM - jeweils mit Zinsen - gefordert sowie um die Feststellung gebeten, daß die Beklagten weiterhin die anwaltlichen Kosten des Rechtsanwalts Dr. A. v. W. in H. in bisher nicht bekannter Höhe im Verfahren vor den Bundesarbeitsgericht AZ 1 AZR 291/60 und den weiteren Verzugsschaden zu ersetzen hätten.
Die Beklagten haben um Abweisung der Klage gebeten. Sie haben geltend gemacht, der Zweit- und Drittbeklagte seien nicht passiv legitimiert, da sie die Rechtssachen des Klägers nicht bearbeitet hätten. Schadensersatzansprüche gegen den Erstbeklagten, die nach Grund und Höhe bestritten würden, seien spätestens mit Ablauf des 30. September 1962 verjährt. Der Erstbeklagte sei nicht verpflichtet gewesen, den Kläger auf einen etwaigen Regreßanspruch hinzuweisen. Die Beklagten haben für den Geltend gemachten "weiteren Verzugsschaden" das Feststellungsinteresse verneint. Vorsorglich haben sie mit einer Gebührenforderung in Höhe von 1.334,21 DM gegenüber dem Kläger aufgerechnet. Der Erstbeklagte hat im Wege der Eventualwiderklage vom Kläger die Zahlung dieser Restgebührenforderung nebst Zinsen erbeten.
Der Kläger hat vorsorglich um Abweisung der Eventualwiderklage gebeten. Er ist dem Vorbringen der Beklagten entgegengetreten. Die Verjährung seiner Schadensersatzforderung habe erst mit Zustellung des Revisionsurteils vom 14. Juli 1961 im Oktober 1961 begonnen. Erst in diesen Zeitpunkt habe er das Entstehen eines Schadens behaupten können und sei der Schaden "voll wirksam entstanden". Seine Kenntnis dieses Schadens hätten die Beklagten bis Mitte Oktober 1961 verhindert. Im übrigen sei die Verjährung infolge Stundung vom 28. November 1961 bis 7. Februar 1963 gehemmt gewesen, wie sich aus den Briefwechsel 1961 und Anfang 1963 ergebe. Sei sein Schadenersatzanspruch gegen den DGB verjährt gewesen, dann hätten die Beklagten dadurch gegen ihre Sorgfaltspflichten vorstoßen, daß sie ihn nicht auf seinen Regreßanspruch wegen des ersten Verstosses hingewiesen und statt dessen den weiteren erfolglosen Prozeß geführt hätten. Sein Regreßanspruch wegen dieses zweiten Verstoßes der Beklagten, der auf Ersatz der Kosten des erfolglosen Rechtsstreits gehe, sei nicht verjährt. Dessen Verjährung habe erst mit "Vollendung des Verschuldens", also mit Beendigung des Mandats am 3. November 1961 begonnen. Gegen die Kostenforderung der Beklagten hat der Kläger mit einer Teilschadensersatzforderung in Höhe von 951,57 DM aufgerechnet. Gegen die Restgebührenforderung sei nur in Höhe von 19,60 DM nichts einzuwenden.
Die Beklagten haben entgegnet, die Gründe für die Zurückweisung der Revision durch Urteil vom 14. Juli 1961 hätten auch sie erst mit dessen Zustellung im Oktober 1961 erfahren; die Kenntnis des Klägern von diesen Urteilsgründen hätten sie also nicht wider Treu und Glauben verhindert.
Das Landgericht hat die Klage durch Teilurteil abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben.
Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Die Beklagten bitten um. Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe
Das Berufungsgericht läßt dahinstehen, ob dem Kläger gegen die Beklagten, womöglich nur gegen den Erstbeklagten, ein Schadensersatzanspruch wegen schuldhaft er Schlechterfüllung des Anwaltsvertrages erwachsen war. Solche Ansprüche hält es ebenso wie das Landgericht jedenfalls für verjährt. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
I.
1.
Das Berufungsgericht unterstellt - entsprechend den Vorbringen des Klägers -, ein haftungsbegründendes Verhalten der Beklagten habe darin gelegen, daß sie denn im Verfahren 394/53 III vor dem Landesarbeitsgericht München angekündigten Zahlungsanspruch über 6.590,94 DM am 29. September 1957 hätten schuldhaft verjähren lassen. Den Verjährungsbeginn eines so begründeten Regreßanspruchs legt das Berufungsgericht zutreffend auf den Zeitpunkt seiner Entstehung (§ 198 BGB). Entstanden war er in dem Zeitpunkt, in dem die Verjährung des im Verfahren LAG München 394/53 III nicht mehr verfolgten Zahlungsanspruchs des Klägers gegen den DGB beendet war, also mit Ablauf des 29. September 1957.
Dieser - von der Revision unbeanstandet - Ausgangspunkt entspricht der ständigen Rechtsprechung (RGZ 90, 82; 143, 250, 252; 153, 101, 106; RG JW 1933, 508 mit Anm. H. Lehmann; Staudinger-Coing 11. Aufl. § 198, 2). Der Rückgriffsanspruch gegen einen Rechtsanwalt gründet sich auf dessen Pflichtverletzung und einen hieraus erwachsenden Schaden; mit Vorliegen dieser Voraussetzungen ist er im Sinne des § 198 BGB entstanden. Der Eintritt des hiernach vorausgesetzten Schadens ist nach dieser Rechtsprechung bereits dann zu bejahen, wenn sich die Vermögenslage des Geschädigten infolge des schädigenden Ereignisses im Vergleich mit den früheren Vermögensstand verschlechtert hat. Das ist bereits dann der Fall, wenn der Rechtsanwalt eine Forderung seines Mandanten hat verjähren lassen, ohne daß es darauf ankommt, ob und wann ein Gericht die eingetretene Verjährung feststellt. Daß der Eintritt der Verjährung zwischen dem Kläger und dem DGB noch nicht rechtskräftig feststand, steht also nicht entgegen. Der Kläger war durch diese Unsicherheit entgegen der Meinung der Revision, die diesen Gesichtspunkt zur Darlegung einer Hemmung der Verjährung anführt, auch nicht gehindert, Klage, jedenfalls Feststellungsklage, was genügt (RGZ 153, 101, 107), zu erheben. Denn zu diesen Zeitpunkt stand objektiv das schädigende Ereignis fest und ergab sich die Möglichkeit eines Schadens. Zur Vermeidung eines Prozeßrisikos waren auch andere Verfahrensmöglichkeiten gegeben (vgl. § 209 Abs. 2 Nr. 4 BGB; vgl. auch RGZ 153, 101, 109). Ebensowenig ist - anders als für den Beginn anderer Verjährungsfristen (vgl. § 852 BGB) - die Kenntnis des rückgriffsberechtigten Gläubigers vom Schaden von Belang (vgl. RG JW 1935, 2276; WarnR 1913 Nr. 14; RGRK 11. Aufl. § 198, 6).
2.
Die Revision wendet sich vergeblich gegen die weitere Annahme des Berufungsgerichts, die somit am 30. September 1957 begonnene 5-jährige Verjährungsfrist des damals geltenden § 32 a BayRAO 1946 sei mit Ablauf des 29. September 1962 und damit vor der Unterbrechung durch die vorliegende am 22. Februar 1963 eingereichte Klage beendet gewesen. Das Berufungsgericht verneint ohne Rechtsirrtum, daß die Verjährung gehemmt gewesen sei, weil die Leistung gestundet oder die Beklagten aus einen anderen Grunde vorübergehend zur Verweigerung der Leistung berechtigt gewesen seien (§ 202 BGB). Von der ersten Möglichkeit hat sich der Tatrichter nicht zu überzeugen vermocht. Bei der zweiten Möglichkeit ist entscheidende Voraussetzung, daß der Verpflichtete sich aus Rechtsgründen vorübergehend der Leistung entziehen kann (BGHZ 10, 310, 311) [BGH 24.09.1953 - III ZR 236/52], was hier nicht gegeben war. Ebensowenig ist die Annahme des Berufungsgerichts rechtlich zu beanstanden, daß die Erhebung der Verjährungseinrede gegenüber dem so begründeten Regreßanspruch keine unzulässige Rechtsausübung darstellt. Die vom Kläger behaupteten Umstände, welche eine Arglist begründen könnten, waren im September 1961 und damit etwa ein Jahr vor Verjährungsende entfallen (vgl. RGZ 143, 250, 252; RGJW 1933, 508 mit Anm. H. Lehmann; BGHZ 9, 1, 5) [BGH 03.02.1953 - I ZR 61/52].
3.
Das Berufungsgericht hat aber rechtsfehlsam nicht berücksichtigt, daß den Beklagten im Zusammenhang mit dem - angenommenen - Verstoß während des ersten arbeitsgerichtlichen Rechtsstreite aus dem Anwaltsvertrag weitere Pflichten oblagen, die sie nach dem unterstellten Sachverhalt ebenfalls schuldhaft verletzt haben.
a)
Nach der Unterstellung des Berufungsgerichts war den Kläger gegen die Beklagten ein Rückgriffsanspruch deshalb erwachsen, weil der Erstbeklagte geeignete Maßnahmen unterlassen hatte, um die Verjährung des zunächst geltend gemachten und vor dem Landesarbeitsgericht München nicht weiter verfolgten Zahlungsanspruchs gegen den DGB zu verhindern.
Damit waren die Beklagten aber verpflichtet, den Kläger auf die Möglichkeit eines somit gegen sie gerichteten Regreßanspruchs hinzuweisen und ihn gegebenenfalls zu geeigneten Maßnahmen gegen den Ablauf der Verjährung zu raten. Ein Rechtsanwalt ist, wie das Berufungsgericht selbst bei Erörterung des weiter unterstellten Pflichtverstoßes der Beklagten im Zusammenhang mit der Buchführung des zweiten Rechtsstreits vor den Arbeitsgerichten unter Hinweis auf RGZ 158, 130 (= JW 1938, 2968 mit Anm. Carl) ausführt, zur sorgfältigen Prüfung und gegebenenfalls Sicherung des Klageanspruchs gehalten; diese Prüfung hat sich nach jeder Richtung zu erstrecken und darf vor seiner etwaigen eigenen Haftung nicht Halt machen. Daß er etwa selbst Schuldner gegenüber seinem Auftraggeber ist, kann diesen nicht schlechter stellen. Verabsäumt der Rechtsanwalt diese Prüfung, dann haftet er wegen dieser schuldhaften Unterlassung, sofern seinem Auftraggeber hieraus ein Schaden erwächst. Nimmt er diese Prüfung vor, und erweist sich die Möglichkeit eigener Haftung, dann wird er zu überlegen haben, ob er den Auftrag beibehalten oder zurückgeben soll. Verbleibt er beim Mandat, dann hat er seinen Mandanten hierauf hinzuweisen und gegebenenfalls die zur Wahrung der Rechte seines Auftraggebers auch gegen sich notwendigen Schritte zu tun. Sieht er sich daran gehindert, dann hat er seinen Auftrag zurückzugeben, so daß ein anderer Rechtsanwalt die Rechte des Auftraggebers ihm gegenüber wahrt.
b)
Zum Hinweis auf die Möglichkeit des mit den 29. September 1957 gegen sie entstandenen Regreßanspruchs waren die Beklagten nicht nur bei Bestehen des Mandatsverhältnisses während des ersten arbeitsgerichtlichen Verfahrens, das mit dem Urteil des Bundesarbeitsgericht vom 27. April 1959 abschloß, verpflichtet. Hierzu waren sie vielmehr auch gehalten, als sich der Kläger - nach seinem vom Berufungsgericht unterstellten Vorbringen - vor Erhebung der zweiten Klage vor den Arbeitsgerichten am 15. Juli 1959 von ihnen beraten ließ. Auf Grund des angenommenen Hergangs hatten die Beklagten dem Kläger nicht nur von der Erhebung einer Zahlungsklage gegen den DGB abzuraten, wie das Berufungsgericht zutreffend annimmt. Sie waren vielmehr, sofern sie den zweiten Auftrag - wie zu unterstellen - annahmen, im Rahmen der gebotenen Gesamtberatung zum Hinweis verpflichtet, die eingetretene Verjährung des Zahlungsbegehrens gegen den DGB beruhe auf ihrem Verhalten, woraus ihm möglicherweise ein Regreßanspruch gegen sie erwachsen sei. Diese Hinweispflicht bestand jedenfalls solange fort, wie das Mandatsverhältnis andauerte, also mindestens bis zur Beendigung der letzten Instanz. Hätte sich der Kläger vor dem zweiten arbeitsgerichtlichen Rechtsstreit durch einen anderen Rechtsanwalt beraten lassen, dann unterläge es keinen ernstlichen Bedenken, daß dieser seiner anwaltlichen Pflichten nicht schon durch ein Abraten vom zweiten Verfahren vor den Arbeitsgerichten nachgekommen wäre; er hätte außerdem den Kläger darauf hinweisen müssen, daß ihm gegen die Beklagten ein Regreßanspruch wegen des Verjährenlassens zustehe. Wie bereite ausgeführt, kann der Umstand den Kläger nicht schlechter stellen, daß er gerade die ihm Regreßpflichtigen beauftragte.
Im Revisionsverfahren ist davon auszugehen, daß die Beklagten sich nicht so verhalten haben, wie es hiernach geboten war. Folglich sind sie zum Ersatz des aus der Unterlassung dem Kläger erwachsenen Schadens verpflichtet. Welche Folgerungen der Kläger bei gebotenem Verhalten der Beklagten gezogen hätte, hat das Berufungsgericht nicht erörtert. Wenn die Annahme auch nahe liegen mag, der Kläger hätte dann zur damaligen nicht verjährten Zeit seinen am 29. September 1957 entstandenen und mit dem 29. September 1962 und sonach vor Erhebung der jetzigen Klage verjährten Regreßanspruch gegen die Beklagten geltend gemacht, so ist diese Frage doch der Beurteilung des Revisionsgerichts entzogen. Sie kommt allein dem Tatrichter zu.
c)
Der - nach dem unterstellten Hergang - so begründete Schadensersatzanspruch des Klägers unterliegt allerding ebenfalls der Verjährung in gesetzlicher Frist ab Entstehung (§ 198 BGB). Die zugrundeliegende Pflicht der Beklagten zum Hinweis, die jedenfalls mit Entstellen des ersten Rückgriffsanspruchs, also mit Verjähren des nicht mehr verfolgten Zahlungsanspruchs am 30. September 1957 erwuchs, bestand nicht nur während des ersten arbeitsgerichtlichen Verfahrens, sondern auch während des gesamten Mandatsverhältnisses bei Durchführung des zweiten Rechtsstreits vor den Arbeitsgerichten, somit jedenfalls bis zum Abschluß in letzter Instanz durch Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Juli 1961. Ein solcher - unterstellter - Schadensersatzanspruch war am 22. Februar 1963, an dem die vorliegende Klage eingereicht wurde, noch nicht verjährt, selbst wenn man zugunsten der Beklagten berücksichtigt, daß nach § 51 BRAO der Anspruch des Auftraggebers auf Schadensersatz aus dem zwischen ihm und dem Rechtsanwalt bestehenden Vertragsverhältnis ohne Rücksicht auf seine Entstehung spätestens in drei Jahren nach Beendigung des Auftrags verjährt.
II.
Einen weiteren schuldhaften Verstoß der Beklagten gegen ihre Pflichten aus den Anwaltsvertrag sieht der Kläger darin, daß sie ihm unter Verschweigen der Verjährung der Geldersatzforderung gegen den DGB im Juli 1959 zur Klageerhebung rieten und diese Klage für ihn in zweiter und dritter Instanz weiterführten, anstatt ihn auf seinen Regreßanspruch gegen sie aus den Verjährenlassen der Forderung hinzuweisen.
Das Berufungsgericht legt seiner Prüfung eine solchen Hergang zugrunde. Es unterstellt, daß die Beklagten bei sorgfältiger Prüfung der Sach- und Rechtslage 1959/60 zu den Ergebnis hätten kommen müssen, die am 15. Juli 1959 erneut eingeklagte Geldersatzforderung sei möglicherweise verjährt und die Aussichten der Klage und der Berufung zweifelhaft. Unter Hinweis auf RGZ 158, 130 geht das Berufungsgericht davon aus, daß die Beklagten bei solcher Sachlage während des noch bestehenden Mandatsverhältnisses zum Hinweis auf einen etwaigen Regreßanspruch wegen des unnötig geführten zweiten Rechtsstreits vor den Arbeitsgerichten gegen sie selbst verpflichtet gewesen seien. Es hält aber auch den so begründeten Schadensersatzanspruch für verjährt. Auch dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden.
1.
Soweit sich der Regreßanspruch daraus herleitet, daß die Beklagten dem Kläger zur zweiten Klage vor den Arbeitsgerichten geraten haben, statt ihm von ihr abzuraten, ist er allerdings wenigstens zum Teil verjährt (§ 198 BGB), selbst wenn man entgegen der Annahme des Berufungsgerichts die in der Kostenlast der einzelnen Instanzen liegenden Schäden des Klägers nicht auf die erste Pflichtverletzung der Beklagten als ein haftungsbegründendes Verhalten, sondern auf verschiedene haftungsrechtliche Verhaltensweisen der Schädiger zurückführt, was zutreffender sein dürfte.
2.
Diese Frage kann im einzelnen aber dahinstehen.
a)
Einmal waren die Beklagten entsprechend den Ausführungen zu I verpflichtet, den Kläger auch während der Dauer des Auftragsverhältnisses, das aus Anlaß der Durchführung des zweiten arbeitsgerichtlichen Rechtsstreits bestand, also mindestens bis zum Abschluß der letzten Instanz (14. Juli 1961) auf das mögliche Bestehen eines gegen sie gerichteten Regreßanspruchs aus den ersten Verfahren hinzuweisen. Gelangt der Tatrichter zur Überzeugung - wovon im Revisionsverfahren auszugehen ist -, daß der Kläger bei gebotenen Hinweis durch die Beklagten auch seine aus der Führung des zweiten Rechtsstreits erwachsenen Schadensersatzansprüche in nicht verjährter Zeit gegen die Beklagten gerichtlich geltend gemacht hätte, dann wäre ein so begründeter Regreßanspruch bei Erhebung der vorliegenden Klage am 22. Februar 1963 nicht verjährt gewesen.
b)
Zudem waren die Beklagten, wie das Berufungsgericht zunächst selbst ausführt, ohne daraus im weiteren aber die richtigen Folgerungen zu ziehen, verpflichtet, den Kläger auch auf die Möglichkeit eines gegen sie gerichteten Regreßanspruchs hinzuweisen, der aus den - unterstellt - pflichtwidrigen Anraten und Durchführen des zweiten arbeitsgerichtlichen Rechtsstreits erwachsen sein konnte. Diese Hinweispflicht erwuchs jeweils mit Entstehen des Regreßanspruchs (§ 198 BGB), also mit Auslösen der einzelnen Kostenpflichten zu Lasten des Klägers im pflichtwidrig geführten zweiten arbeitsgerichtlichen Rechtsstreit. Sie bestand bis zum Ende des Mandatsverhältnisses, somit mindestens, bis zum Abschluß in letzter Instanz, die mit Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Juli 1961 endete.
Damit ist auch ein solcher - unterstellter - Schadensersatzanspruch aus den zu I 3 c) gegebenen Gründen bei Einreichen der vorliegenden Klage am 22. Februar 1963 noch nicht verjährt.
III.
Nach alledem konnte das Berufungsurteil aus den ihm gegebenen Gründen keinen Bestand haben. Da die bisherige Beurteilung weithin auf Unter Stellungen beruhte, sind zur Prüfung weitere tatrichterliche Erörterungen und Feststellungen erforderlich. Daher war die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, zurückzuverweisen.
Dr. Bode
Dr. Hauß
Bundesrichter Meyer ist beurlaubt und an der Unterschrift verhindert. Hanebeck
Dr. Nüßgens