Bundesgerichtshof
Urt. v. 16.10.1963, Az.: IV ZR 17/63
Rechtsmittel
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 16.10.1963
- Aktenzeichen
- IV ZR 17/63
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1963, 14437
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Karlsruhe - 14.12.1962
- LG Karlsruhe
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- BGHZ 40, 179 - 185
- MDR 1964, 36 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1964, 108-109 (Volltext mit amtl. LS)
Prozessführer
des Kaufmanns Manfred G., P., O. I.straße ...,
Prozessgegner
die Kontoristin Ruth G. geb. E., P., Eb.straße ...,
Amtlicher Leitsatz
Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme kann im Revisionsverfahren in der Regel nicht mit Erfolg angegriffen werden, wenn der Revisionskläger der Abweichung von diesem Grundsatz zugestimmt oder das Recht, sie zu rügen, nach §295 ZPO verloren hat.
hat der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs unter Mitwirkung des Senatspräsidenten Ascher und der Bundesrichter Raske, Johannsen, Wilden und Dr. Graf
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe von 14. Dezember 1962 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der im Jahre 1924 geborene Kläger und die um 2 Jahre jüngere Beklagte haben im Jahre 1948 die Ehe geschlossen. Der Ehemann ist Kaufmann, die Ehefrau Kontoristin von Beruf. Sie ist auch während der Ehe einer Erwerbstätigkeit nachgegangen. Kinder sind nicht vorhanden. Der letzte eheliche Verkehr hat im Februar 1955 stattgefunden. Anfang Juni 1955 verließ der Ehemann die eheliche Wohnung. Die Parteien leben seitdem getrennt. Ein alsbald nach der Trennung unternommener Versuch des Klägers, die Beklagte zu einer einverständlichen Scheidung zu bewegen, blieb ohne Erfolg. Die Ehefrau erlitt damals einen "Nervenzusammenbruch" und wurde deshalb von Mitte Juli bis Mitte August 1955 in einer Klinik ärztlich betreut. In Frühjahr 1960 erkrankte sie erneut. Sie mußte sich wegen einer Lungentuberkulose einer längeren - zeitweise stationären - Behandlung unterziehen. Das Leiden ist nunmehr ausgeheilt, die Ehefrau wieder voll arbeitsfähig.
Mit der vorliegenden - im Jahre 1959 erhobenen - Klage hat der Kläger Scheidung der Ehe aus §48 EheG begehrt.
Die Beklagte hat der Scheidung gemäß §43 Abs. 2 EheG widersprochen und vorgebracht, die Zerrüttung der Ehe sei allein von den Kläger verschuldet. Dieser habe sich um einer anderen Frau willen von der Beklagten getrennt, unterhalte ein intimes Verhältnis mit Eliesa C., mit der er seit Dezember 1957 in einer Wohnung zusammenlebe.
Der Kläger ist dem Widerspruch mit dem Vorbringen entgegengetreten, die Ehe sei durch fortgesetzte unbegründete Eifersuchtsszenen, rechthaberisches und überhebliches Verhalten und ehewidrige Beziehungen der Beklagten zerrüttet worden, ehe er sich Eliesa C. zugewandt habe.
Die Beklagte hat dies bestritten.
Der Kläger hat im Laufe des Rechtsstreits noch behauptet, die Beklagte unterhalte außer den bisher vorgetragenen ehewidrigen Beziehungen (zu dem Arzt Dr. B.) ein ehewidriges Verhältnis zu Dr. Hans W..
Das Landgericht hat nach Beweiserhebung die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Mit der Revision, verfolgt der Kläger sein Scheidungsbegehren weiter.
Die Beklagte bittet, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
Das Berufungsurteil, in dem die Revision nicht zugelassen ist, unterliegt gemäß §547 Abs. 1 ZPO nur insoweit der Anfechtung durch die Revision und der Nachprüfung durch das Revisionsgericht, als es sich um die Frage handelt, ob der von der Beklagten gegen die Scheidung erhobene Widerspruch Erfolg haben kann. Diese Nachprüfung umfaßt auch die Frage, ob die von Berufungsgericht festgestellte unheilbare Ehezerrüttung von dem die Scheidung begehrenden Ehegatten ganz oder überwiegend verschuldet ist (BGHZ 38, 116). Darüber hinaus kann das Urteil des Berufungsgerichts nicht nachgeprüft werden.
1.
Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß es zwar grundsätzlich Sache der der Scheidung widersprechenden Beklagten sei, darzutun, daß die Zerrüttung der Ehe von dem die Scheidung Begehrenden allein oder überwiegend verschuldet worden sei. Es sei jedoch zu berücksichtigen, daß der Kläger Anfang Juni 1955 die eheliche Gemeinschaft aufgehoben und in intime Beziehungen zu Eliesa C. getreten sei, mit der er nunmehr seit mehreren Jahren zusammenwohne. Der Anschein spreche für das Bestehen eines inneren Zusammenhanges zwischen der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft und der Zuwendung des Klägers zu Eliesa C. und damit auch dafür, daß die Zerrüttung der Ehe auf diese Vorgänge zurückzuführen sei. Es sei Sache des Klägers, diese gegen ihn sprechende Wahrscheinlichkeit zu entkräften.
2.
Dieser rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, für den es sich auf die Entscheidung des Senats LM Nr. 22 zu §48 Abs. 2 EheG stützt, wird von der Revision nicht angegriffen. Die Revision macht jedoch unter Hinweis auf die Entscheidung des Senats BGHZ 36, 357, 363 [BGH 09.02.1962 - IV ZR 90/61]/64 geltend, das Berufungsgericht habe verkannt, daß es für die Frage der Zulässigkeit des Widerspruchs der Beklagten nicht schlechthin darauf ankomme, ob der Kläger die Zerrüttung, so wie sie zur Zeit der Trennung der Parteien bestanden habe, durch sein schuldhaftes Verhalten überwiegend verschuldet habe, sondern ob der Zerrüttungszustand sowie er sich zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung dargestellt habe, als von ihm verschuldet angesehen werden könne. Demgemäß habe das Berufungsgericht zu dieser Frage die von Kläger angebotenen Gegenbeweise (dafür, daß die Zerrüttung nicht auf seinem, sondern auf dem Verschulden der Beklagten beruhe), nur insoweit berücksichtigt, als sie das Verhalten der Beklagten bis zur Trennung der Parteien beträfen.
Diese Rüge ist nicht begründet. Die Entwicklung der Ehe nach dem Zeitpunkt der Aufhebung der häuslichen und ehelichen Gemeinschaft durch den Kläger ist in großen Zügen durch folgende Umstände gekennzeichnet:
- 1.
Der Kläger hat die Trennung aufrechterhalten und sein ehebrecherisches Verhältnis zu Eliesa Cermak fortgesetzt;
- 2.
Im Juni 1959 - 4 Jahre nach der Trennung - hat der Kläger die Scheidungsklage erhoben und den Scheidungsrechtsstreit nach der übereinstimmenden Feststellung des Landgerichts und des Berufungsgerichts mit ungewohnter Schärfe und Schonungslosigkeit geführt;
- 3.
Die Beklagte hat die im Ehescheidungsrechtsstreit gegen sie erhobenen Vorwürfe jeweils unter Vortrag von Gegendarstellungen zurückgewiesen und ihren Unterhaltsanspruch gegen den Kläger gerichtlich verfolgt.
Inwiefern in dieser Entwicklung die Verantwortlichkeit für die Zerrüttung der Ehe sich nach der Trennung der Parteien zugunsten des Klägers und zu Lasten der Beklagten verschoben haben soll, ist nach den Ausführungen und Feststellungen des Berufungsgerichts nicht erkennbar. Die Revision hat dazu auf verschiedene Umstände hingewiesen, die ihr aber nicht zum Erfolg verhelfen können.
Sie meint, das Berufungsgericht habe das Verhalten der Beklagten gegenüber dem Zeugen Kraft, das nach der Behauptung des Klägers darin bestanden haben soll, daß die Beklagte am Rosenmontag 1951 allein auf dem Hotelzimmer des Zeugen verweilt und mit diesem Ehebruch getrieben habe, nur im Zusammenhang mit dem Vorwurf des Ehebruchs gewürdigt, den es nicht für bewiesen angesehen hat. Daß diesem Vorkommnis auch für die Frage des Verschuldens an der Zerrüttung der Ehe kein Gewicht beikommen kann, bedurfte nach dem, was das Berufungsgericht dazu in anderen Zusammenhang ausgeführt hatte, keiner besonderen Erörterung mehr. Der Vorfall lag über 10 Jahre zurück, als der Kläger davon erfuhr. Es hatte sich dabei um das im übrigen keineswegs näher aufgeklärte Verhalten der Beklagten während einer Faschingsveranstaltung gehandelt. Als der Kläger davon erfuhr, lebte er selbst seit über 7 Jahren in einem ehebrecherischen Verhältnis. Es bedurfte unter diesen Umständen keiner Darlegung, daß der Kläger dadurch in seiner ehelichen Einstellung und in seinem ehelichen Empfinden, soweit ein solches damals noch bestand, nicht wesentlich betroffen sein konnte.
Das gleiche gilt von dem Verhalten der Beklagten im Fasching 1959 und von den Besuchen, die sie von dem Zeugen Dr. W. empfangen hat. Diese beiden Umstände hat das Berufungsgericht in Zusammenhang mit der Frage behandelt, ob die Beklagte sich noch an die Ehe gebunden fühle. Aus dem, was es hierzu sagt (BU S. 11/12), ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, daß es ihnen auch für die Frage der Zulässigkeit des Widerspruchs, also für die Verschuldensfrage, kein Gewicht zu Lasten der Beklagten beigemessen hat.
3.
Auch die zur Frage der Beachtlichkeit des Widerspruchs von der Revision vorgetragenen Rügen sind nicht begründet. Das Berufungsgericht hat das Verhalten der Beklagten in seiner Gesamtheit dahin gewürdigt, daß ihr weder die Bindung an die Ehe noch die zumutbare Bereitschaft fehle, die Ehe fortzusetzen. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zu dieser Frage, in der den Kläger grundsätzlich die Beweislast trifft, liegen auf tatrichterlichem Gebiet und sind einer Nachprüfung durch daß Revisionsgericht entzogen.
Soweit die Revision hierzu des näheren geltend macht, das Berufungsgericht sei auf einzelne, vom Kläger im ersten Rechtszuge vorgebrachte, eine eheliche Bindung der Beklagten in Frage stellende Behauptungen nicht eingegangen, so verkennt sie, daß der Kläger auf diese Behauptungen und, soweit er dafür Beweis angetreten hatte, auf die Beweisangebote im Berufungsrechtszuge nicht mehr zurückgekommen war. In der allgemeinen Erwähnung der Berufsbegründung vom 19. Dezember 1961 (Bl. 25 GA), auf die die Revision hinweist, die Beklagte habe deutlich zu erkennen gegeben, daß ihr am Kläger und an einer Fortsetzung der Ehe nicht nur nichts liege, sondern daß sie vielmehr nichts unversucht lassen wolle, um diesen und seine Familie zu ruinieren, kann eine Wiederholung der von der Revision jetzt hervorgehobenen Behauptungen aus dem ersten Rechtszuge und der zu ihr vorgebrachten Beweisantritte nicht erblickt werden (vgl. BGHZ 35, 103).
4.
Die Revision rügt schließlich, daß die Vernehmung der Zeugen und der Parteien im ersten Rechtszuge durch den Einzelrichter und nicht durch das Prozeßgericht in der Vollbesetzung erfolgt sei. Sie meint, dieses Verfahren verstoße gegen §§355 375, 451 ZPO, wonach die Aufnahme des Beweises nur in den vom Gesetz im einzelnen aufgeführten Fällen, die hier nicht vorgelegen hätten, einem Mitglied des Prozeßgerichts übertragen werden dürfe. Das gelte vor allem für die Vernehmung des Zeugen Dr. Weber und der Beklagten. Diese sei am 14. Juli 1961 von der Kammer angeordnet und dem Berichterstatter übertragen (I 435), nachdem das Verfahren vor dem Einzelrichter bereits abgeschloßen gewesen sei und dieser den Rechtsstreit durch Beschluß vom 2. Juni 1961 (I 411/412) an die Kammer verwiesen habe. Das Berufungsgericht habe diesen Verstoß gegen die §§355, 375 und 451 ZPO als wesentlichen Verfahrensmangel (§539 ZPO) beachten und ihn entweder selbst durch nochmalige Vernehmung des Zeugen beheben oder den Rechtsstreit gemäß §539 ZPO an das Landgericht zurückverweisen müssen. Insoweit leide auch das Verfahren vor dem Berufungsgericht an einem Verfahrensmangel. Ein weiterer Verfahrensverstoß des Berufungsgerichts sei auch darin zu erblichen, daß es selbst in der Sitzung des vollbesetzten Senats vom 26. Oktober 1962 (II 171) die Vernehmung des Zeugen K. beschlossen und dann den Rechtsstreit zum Zwecke der Beweisaufnahme und zur Weiterverhandlung an den Einzelrichter verwiesen habe, nachdem dieser bereits durch Beschluß vom 10. Juli 1962 (II 141) die Sache an den Senat verwiesen habe. Daraufhin seien dann der Zeuge und die Beklagte entgegen der Vorschrift der §§355, 375, 451 ZPO durch den Einzelrichter vernommen worden.
Diese Rüge kann, soweit sie sich dagegen richtet, daß die Sache beim Landgericht zunächst vor dem Einzelrichter verhandelt worden ist und dieser zur Vorbereitung der Verhandlung vor der vollbesetzten Zivilkammer einzelne Beweise erhoben hat, schon deswegen nicht durchgreifen, weil ein solches Verfahren gemäß §§348, 349 Abs. 2 ZPO zulässig ist. Der Einzelrichter ist, solange das Verfahren auf Grund der Bestimmung des §348 ZPO ordnungsgemäß in seiner Hand liegt, auch befugt, einzelne Beweise zu erheben. Er handelt dabei nicht als beauftragter Richter im Sinne des §375 ZPO, sondern als Prozeßgericht (RG 113, 207, 212; Stein/Jonas/Schönke, ZPO, 18. Aufl. §355 I und Vorbem. IV vor §348; Wieczorek, ZPO, §348 B, BI; Baumbach/Lauterbach, ZPO, 27. Aufl. §355 B).
Eine Beweiserhebung soll freilich durch ihn als Einzelrichter nur insoweit geschehen, als es zur Vereinfachung der Verhandlung vor dem Prozeßgericht wünschenswert und von vornherein anzunehmen ist, daß das Prozeßgericht das Beweisergebnis auch ohne unmittelbaren Eindruck von dem Verlauf der Beweisaufnahme sachgemäß zu würdigen vermag (§349 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Darüber, ob diese Voraussetzungen gegeben sind, entscheidet jedoch der Einzelrichter nach pflichtgemäßen Ermessen. Will eine Partei geltend machen, er sei dabei nicht vorschriftsmäßig verfahren, so kann sie das nur in der Weise tun, daß sie eine Wiederholung der Beweisaufnahme durch das Prozeßgericht beantragt. Die Entscheidung über einen solchen Antrag, also darüber, ob die Beweiserhebung durch den Einzelrichter als ausreichende Grundlage für die Entscheidung gewertet oder - etwa um des persönlichen Eindrucks eines Zeugen willen - vor dem vollbesetzten Gericht wiederholt worden soll, liegt jedoch wiederum in dessen Ermessen (Urteil des Senate BGHZ 32, 233, 237 [BGH 27.04.1960 - IV ZR 100/59]; Wieczorek, ZPO, §349 B II b 2).
Dagegen verstößt der Beschluß des Landgerichts vom 14. Juli 1961, durch den nach Abschluß des Verfahrens vor den Einzelrichter die Vernehmung des Zeugen Dr. W. und der Beklagten durch den beauftragten Richter angeordnet wurde ohne Zweifel gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme, wie er in den §§355, 375, 451, 402 ZPO niedergelegt ist. Ebenso sind diese Bestimmungen dadurch verletzt, daß das Berufungsgericht selbst die vom vollbesetzten Senat beschlossene Vernehmung des Zeugen K. - wenn auch zugleich mit der weiteren Verhandlung - dem Einzelrichter übertragen hat (vgl. Sonnen, Einzelrichter und Prozeßgericht in Gruch.Beitr. 67, 474 ff, 481).
Auf einen Verstoß gegen diese Vorschriften kann sich jedoch im vorliegenden Falle die Revision nicht mit Erfolg berufen. Ob ein solcher Revisionsangriff, wie das Reichsgericht (RG 149, 287, 289; 159, 235, 242) angenommen hat - von den Fällen eines offensichtlichen Mißbrauchs abgesehen -, schon deshalb unzulässig ist, weil §355 Abs. 2 ZPO eine Anfechtung des Beschlußes, durch den die eine oder andere Art der Beweisaufnahme angeordnet wird, ausschließt, kann dahingestellt bleiben. Der erkennende Senat hat diese Frage bereits in seiner vorerwähnten BGHZ 32, 233, 236 [BGH 27.04.1960 - IV ZR 100/59] abgedruckten Entscheidung offengelassen. Die Revision kann hier mit diesem Angriff jedenfalls deshalb nicht durchdringen, weil der von ihr gerügte Mangel gemäß §295 ZPO geheilt ist. Soweit das Landgericht den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme verletzt hat, hatten die Parteien ausdrücklich auf dessen Einhaltung verzichtet, indem sie laut Sitzungsniederschrift vom 14. Juli 1961 (I 435) ihrerseits die Vernehmung durch den beauftragten Richter beantragt hatten. Gegen den Beschluß des Berufungsgerichts vom 25. Oktober 1962 über die Durchführung einer von ihm beschlossenen Zeugenvernehmung durch den Einzelrichter (II 171) haben die Parteien in der darauf folgenden mündlichen Verhandlung vor dem Einzelrichter und dem Senat des Berufungsgerichts keine Einwendungen erhoben und damit auch insoweit ihr Rügerecht verloren.
Der Ansicht von Stein/Jonas/Schönke, §355 III a.F., daß §295 Abs. 1 a.a.O. nicht anwendbar sei, weil dem Abs. 2 dieser Vorschrift entgegenstehe, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme darf zwar in seiner Bedeutung für eine sichere Findung der Wahrheit, wie sie im Vorspruch der Zivilprozeßnovelle vom 27. Oktober 1933 (RGBl I, S. 780) zum Ausdruck gebracht ist, nicht unterschätzt werden. Der Senat hält es jedoch für nicht gerechtfertigt, die Parteidisposition bei der Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfange er im Einzelfall zur Anwendung gebracht worden soll, schlechthin auszuschließen. Denn es können im Einzelfall durchaus Umstände vorliegen, die die Vernehmung eines Zeugen, Sachverständigen oder einer Partei durch einen beauftragten Richter anstelle der im Gesetz vorgesehenen Vernehmung durch das Kollegium auch im Interesse einer gründlichen und umfassenden Aufklärung des Sachverhalts und einer Beschleunigung des Verfahrens zweckmäßig erscheinen lassen. Um solcher Fälle willen muß es den Parteien freistehen, einer Vernehmung durch einen beauftragten Richter auch dort zuzustimmen, wo die Voraussetzungen des §375 ZPO dafür nicht vorliegen und durch ihre Zustimmung eine solche Verfahrensweise zu sanktionieren.
Das muß umsomehr gelten, als die Parteien sich sogar - sofern es nicht, wie im Urkundenprozeß oder im Wiederaufnahmeverfahren, gerade auf die besondere Beweiskraft einer bestimmten Art von Beweismitteln ankommt (vgl. BGHZ 1, 218) - damit einverstanden erklären können, daß Protokolle über die Vernehmung von Zeugen in einem früheren Rechtsstreit vorgelegt und von Gericht als Beweisurkunden verwertet werden (BGHZ 7, 116, 121 [BGH 14.07.1952 - IV ZR 25/52]; Stein/Jonas/Schönke, ZPO, §286 III 4) oder daß die Vernehmung von Zeugen zur Vorbereitung eines Sachverständigengutachtens durch den Sachverständigen statt durch den Richter erfolgt (BGHZ 23, 207, 214 [BGH 30.01.1957 - V ZR 186/55] = LM Nr. 1 zu §255 ZPO m.Anm.).
Dabei ist freilich zu betonen, daß die Möglichkeit einer derartigen Sanktionierung einer im Gesetz nicht vorgesehenen Form der Beweisaufnahme nicht dazu führen darf, daß diese Form zur Regel wird. Sie sollte nur auf Grund einer ausdrücklich für den Einzelfall erteilten Zustimmung der Parteien und auch, wenn diese vorliegt oder erwartet werden kann, nur mit Vorsicht angewendet werden. Das gilt insbesondere, soweit für ein Verfahren die Offizialmaxime eingreift und ganz besonders für die Vernehmung der Parteien im Eheprozeß. Namentlich, soweit dabei die Frage der Zulässigkeit oder Beachtlichkeit des vom beklagten Ehegatten erhobenen Widerspruchs zu prüfen ist, wird es in den meisten Fällen von entscheidender Bedeutung sein, daß sämtliche Mitglieder des Prozeßgerichts und nicht nur der Berichterstatter einen persönlichen Eindruck von den Parteien und von dem Verlauf ihrer Vernehmung gewinnen.
Dafür, daß im vorliegenden Falle das Berufungsgericht rechtsmißbräuchlich eine Ausnahme von dem Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme zugelassen habe, bietet der von ihm festgestellte Sachverhalt keinen Anhalt.
Nach allem kann die Revision keinen Erfolg haben. Die Kostenentscheidung beruht auf §97 ZPO.