Bundesgerichtshof
Urt. v. 16.04.1959, Az.: II ZR 164/57
Rechtsmittel
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 16.04.1959
- Aktenzeichen
- II ZR 164/57
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1959, 14858
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Schleswig - 25.04.1957
- LG Kiel
Rechtsgrundlagen
- § 7 Abs. 2 BinnenschiffahrtsG v. 15. Juni 1898, RGBl. 868
- § 77 BinnenschiffahrtsG v. 15. Juni 1898, RGBl. 868
- § 631 BGB
- § 286 C ZPO
Fundstellen
- MDR 1959, 640 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1959, 1366 (Volltext mit amtl. LS)
Prozessführer
1. der Firma A.C. H., Schiffahrtsbetrieb, K.-We., Wi.straße ...,
2. des Schiffskapitäns Otto W., K., L. Straße ...,
Prozessgegner
den Kreisveterinärrat Dr. Bruno P., M.-G., Po.straße ...,
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Beim Personenbeförderungsvertrag endet die Beförderungspflicht des Schiffsunternehmers regelmäßig nicht schon, wenn die Fahrgäste das Schiff verlassen, sondern erst, wenn sie an Land kommen. Das Anlandbringen der Fahrgäste ist eine Hauptverpflichtung des Unternehmers, für deren ordnungsgemäße Erfüllung er die Beweislast trägt, wenn ein Fahrgast zu Schaden kommt.
- 2.
Anscheinsbeweis für die Tragfähigkeit eines Brettes.
hat der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs auf die mündliche Verhandlung vom 16. April 1959 unter Mitwirkung des Senatspräsidenten Dr. Nastelski und der Bundesrichter Dr. Haidinger, Dr. Nörr, Dr. Haager und Liesecke
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 25. April 1957 aufgehoben, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Im Umfange der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger, früher Wehrmachtsbeamter, damals Beamter des Kreises E., hat am 14. Juni 1955 gegen Mittag auf einem Betriebsausflug der Angehörigen der Kreisverwaltung E. kurz nach dem Verlassen des der Beklagten zu 1 gehörenden und vom Beklagten zu 2 geführten Dampfers "V." unmittelbar vor der im Eigentum der Nordostsee-Kanalverwaltung stehenden öffentlichen Anlegestelle B. bei R. einen Unfall erlitten. Er nimmt die Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch.
Der Ausflug war von einem in einer Versammlung der Betriebsangehörigen der Kreisverwaltung E. gewählten Festausschuß vorbereitet worden. Der Vertrag über die Durchführung der Fahrt mit dem Dampfer war zu einem Festpreis von 300 DM mit der Beklagten geschlossen worden.
Als der Beklagte zu 2 am Unfalltage den Dampfer "V." auf die Anlegestelle B. zusteuerte, lag vor dieser die Schute "P 3" der Firma Joh. Kr., Br.. Diese Schute hat an den Seiten der 3,50 m breiten Ladeöffnung schmale Decks. Das Achterschiff ist durchgehend mit einem eisernen Deck versehen, aus dem sich, an den Laderaum anschließend, eine Niedergangskappe erhebt, neben der das Deck 75-78 cm breit ist.
Die Schute lag mit der Backbordseite an der Anlegebrücke und war so vertäut, daß der eine Brückenpfahl an der Achterkante der Niedergangskappe, der andere etwa mittschiffs lag. Die Autobusfahrer, welche die Betriebsangehörigen zur Weiterfahrt erwarteten, hatten, um das Anlandgehen zu erleichtern, drei Bohlen, die sie auf dem dortigen Ziegeleigelände gefunden hatten, nebeneinander über die Schutenöffnung gelegt, und zwar in unmittelbarer Nähe der Niedergangskappe.
Der Beklagte zu 2 legte mit der Steuerbordseite seines Dampfers an der Schute an, und zwar so, daß der Ausstieg des Schiffes in die Nahe des Bohlenweges kam. Um vom Schiff auf das Schutendeck zu gelangen, benutzten die von Bord Gehenden den an Bord vorhandenen, mit Geländern versehenen "Landgang" ("Gang-way", Laufsteg). Nachdem der größte Teil der Fahrgäste (mehr als 100) das Schiff verlassen und die Anlegebrücke betreten hatte, und zwar die meisten über die Bohlen, ein kleiner Teil über das Achterdeck, betrag der Kläger, der sich in der Kantine aufgehalten und dort Grog getrunken hatte, mit einigen anderen Personen die Bohlen. Die auf der Seite des offenen Schutenraumes liegende (rechte) Bohle brach unter ihm durch. Er stürzte in die Schute und trug Verletzungen davon, u.a. erlitt er einen komplizierten Bruch der Armspeiche und Verletzungen des rechten Handgelenks, die noch nicht behoben sind und voraussichtlich eine dauernde Gebrauchsminderung zur Folge haben werden.
Der Kläger ist inzwischen vorzeitig pensioniert worden.
Der Kläger hat vorgetragen:
Der Beklagte zu 2 habe es pflichtwidrig unterlassen, die Bohlen auf ihre Tragfähigkeit zu prüfen und das gleichzeitige Betreten der Bohlen durch mehrere Personen zu verhindern. Neben den Arm- und Handverletzungen habe er auch innere Verletzungen davongetragen, die eine Operation erforderlich gemacht hätten, als deren Folgen weitere Erkrankungen aufgetreten seien. Infolge seiner vorzeitigen Pensionierung entgingen ihm im Monat 200 DM Nebeneinnahmen, die er zunächst für 16 Monate ersetzt verlangt. Der Kläger hat zuletzt beantragt, die Beklagten gesamtschuldnerisch zur Zahlung von 3.200 DM und eines in das Ermessen des Gerichts gestellten Schmerzensgeldes zu verurteilen und festzustellen, daß die Beklagten verpflichtet seien, ihm den aus dem Unfall noch entstehenden Schaden zu erstatten.
Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt und geltend gemacht:
Der Beklagte zu 2 habe wegen der vor der Anlegebrücke in B. liegenden Schute nach R. weiterfahren wollen; auf ausdrücklichen Wunsch der Fahrgäste habe er aber dann doch in B. angelegt. Für die Bohlen, die nicht von der Schiffsbesatzung, sondern von den Omnibusfahrern gelegt worden seien, seien sie nicht verantwortlich, da die Pflichten der Schiffsbesatzung in dem Augenblick beendet gewesen seien, als die Fahrtteilnehmer das Schiff, d.h. den Landgang, verlassen hätten. Im übrigen habe die Schiffsbesatzung die Fahrgäste im allgemeinen und den Kläger im besonderen darauf hingewiesen, sie sollten das feste Deck und nicht die Bohlen benutzen, während die Omnibusfahrer zum Überschreiten der Bohlen aufgefordert hätten. Die Bohlen seien an sich in Ordnung gewesen und hätten bei entsprechend vorsichtigem Verhalten gefahrlos begangen werden können. Zu dem Unfall sei es nur dadurch gekommen, daß der Kläger mit dem Zeugen Ko., der hinter dem Kläger gegangen und seine Hand auf die Schulter des Klägers gelegt habe, absichtlich im Takt der Musik gewippt habe. Trotz Zurufes hätten beide das Wippen fortgesetzt. Der Kläger sei auch nicht nüchtern gewesen, er habe in der Kantine 6-7 Gläser Grog getrunken gehabt. Für den Beklagten zu 2 hat die Beklagte zu 1 den Entlastungsbeweis nach §831 BGB angetreten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil das Verschulden des Klägers so erheblich überwiege, daß daneben eine dem Beklagten zu 2 zur Last fallende leichte Fahrlässigkeit nicht in Betracht komme. Das Berufungsgericht hat hinsichtlich des Zahlungsanspruches und des Anspruches auf Schmerzensgeld die Klage dem Grunde nach zu 1/4 für gerechtfertigt erklärt und festgestellt, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger 1/4 des aus dem Unfall entstandenen und noch entstehenden Vermögensschadens zu ersetzen; im übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Mit der Revision begehren die Beklagten Klageabweisung im vollen Umfang. Der Kläger bittet um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht geht davon aus, die Beklagte zu 1 habe mit den Bediensteten der Kreis Verwaltung E., die sich zwecks gemeinsamer Ausflugsfahrt zu einer Gelegenheitsgesellschaft nach bürgerlichem Recht zusammengeschlossen hätten, einen Beförderungsvertrag geschlossen. Die Revision meint, der Kläger habe keine vertraglichen Ansprüche.
Das Berufungsgericht hat jedoch in den beiden Schreiben vom 11. und 31. Mai 1955 rechtsirrtumsfrei den Abschluß des Vertrages namens der Betriebsgemeinschaft der Kreisverwaltung E., der der Kläger angehörte, angenommen und in dieser Betriebsgemeinschaft im vorliegenden Falle eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechtes gesehen.
Die Revision ist weiter der Ansicht, es handle sich um einen Mietvertrag und nicht um einen Beförderungsvertrag, da sich der Beklagte zu 2 an die Weisungen des Festvorstandes der Betriebsgemeinschaft für gebunden gehalten habe; das Schiff sei als solches mit dem Kapitän der Betriebsgemeinschaft zur Verfügung gestellt worden. Die Ansicht der Revision ist rechtsirrig. Gegenstand des Vertrages war nicht die Überlassung des Schiffes, sondern die Beförderung von Personen zum Bestimmungsort. Ein solcher Vertrag ist ein Werkvertrag nach bürgerlichem Recht, für den, da die "V." ein Binnenschiff ist, die allgemeinen Vorschriften der §§1-25 BSchG gelten, das im übrigen den Vertrag nur in einzelnen Punkten regelt, z.B. §§7 Abs. 2, 8 Abs. 4, 104 Abs. 4 (Vortisch/Zschucke BSchG 2. Aufl. §1 Anm. 7, §92 Anm. 4 b, §77 Anm. 1).
II.
Die Parteien streiten darüber, wann die Beförderungspflicht der Beklagten zu 1 endete, ob bereits mit dem Verlassen des Schiffes, d.h. dem Hinuntertreten der Fahrgäste vom Landgang, oder erst mit dem Anlandkommen der Fahrgäste. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, daß die Beförderungspflicht des Unternehmers regelmäßig die Verpflichtung umfaßt, die Fahrgäste unversehrt an Land zu bringen. Müssen daher die Fahrgäste, um an Land zu kommen, ein Zubringerfahrzeug benutzen, so haftet der Unternehmer für die Zubringung jedenfalls dann, wenn diese sich in seinem Betrieb vollzieht. Legt das Schiff unmittelbar an die Kaimauer oder an eine dem öffentlichen Verkehr dienende Landungsbrücke an, so haftet der Unternehmer bis zu dem Augenblick, in dem die Fahrgäste den Kai oder die Landungsbrücke betreten haben. Dagegen haftet der Unternehmer - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - grundsätzlich (vgl. RGZ 118, 91) nicht für den Zustand einer solchen Landungsbrücke, wobei freilich diese Frage im vorliegenden Fall keine Rolle spielt, da sich der Unfall nicht auf der Landungsbrücke, sondern auf dem Weg zur Landungsbrücke ereignet hat.
Die Revision ist der Meinung, dadurch, daß die Omnibusfahrer die Bohlen über die vor der Landungsbrücke liegende Schute gelegt hätten, sei die Schute zur Verlängerung der Landungsbrücke geworden; die Pflichten des Unternehmers hätten daher mit dem Hinuntertreten des Klägers vom Landgang auf die Schute geendet. Dem kann nicht zugestimmt werden. Die Beklagten mußten den Kläger sicher an Land, also hier auf die Landungsbrücke bringen. Konnte der Dampfer an der Landungsbrücke nicht anlegen und konnten die Fahrgäste von dem Landgang aus nicht unmittelbar die Landungsbrücke betreten, so mußte von einem Anlandbringen entweder überhaupt abgesehen werden oder die Beklagten mußten Vorsorge treffen, daß die Landungsbrücke von den Fahrgästen sicher erreicht wurde. Für die Verantwortung der Beklagten kommt es daher nicht auf die Frage an, wer die Bohlen über die Schutenöffnung gelegt hat. Die Verantwortung des Unternehmens für die Sicherheit der Fahrgäste endete erst in dem Augenblick, in dem diese über die Schute die Landungsbrücke betreten hatten. Denn Inhalt des Beförderungsvertrages war nicht, daß die Fahrgäste das Schiff unversehrt verließen, sondern daß sie unversehrt an Land kamen. Eine Schute ist nicht dazu bestimmt, daß Fahrgäste über sie das Land erreichen können. Wenn ein Unternehmer eine Schute dazu benutzt, die Fahrgäste an Land zu bringen, dann ist er dafür verantwortlich, daß die Schute gefahrlos begangen werden kann. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, entfiel die Verantwortung der Beklagten auch nicht etwa deswegen, weil der Beklagte zu 2 es vorgezogen hätte, in R. anzulegen, und das Anlandgehen in B. einem ausdrücklichen Wunsch der Fahrgäste entsprochen haben soll. Der Beklagte zu 2 mußte daher, falls er den Fahrgästen ermöglichte, den Weg über die Schute zu nehmen, um an Land zu kommen, dafür sorgen, daß dieser Weg sicher war. Ließ er es zu, daß die Fahrgäste den Weg über die Bohlen nahmen, mußte er dafür sorgen, daß die Bohlen in einwandfreiem Zustand waren und dem gedachten Zweck gefahrlos dienen konnten.
Unrichtig ist die Meinung der Revision, daß es sich insoweit nur um eine Nebenleistung des Beförderungsunternehmers handele, wie das Reichsgericht in RGZ 86, 321, 322 hinsichtlich der Zu- und Abgänge bei der Beförderung durch die Eisenbahn angenommen habe. Beim Personenbeförderungsverkehr ist für die Beweislast (BGHZ 27, 236, 238 [BGH 08.05.1958 - II ZR 304/56] m. Nachw.; vgl. auch für den Werkvertrag im allgemeinen BGHZ 28, 251, 254) [BGH 23.10.1958 - VII ZR 22/58] die Frage bedeutsam, ob sich der Schaden während der eigentlichen Beförderungsleistungen der Eisenbahn ereignet hat oder während der Zu- und Abgänge, deren sichere Gewährung Gegenstand vertraglicher Nebenverpflichtung der Bahn sind. Das Reichsgericht hat die Entscheidung dieser Frage darauf abgestellt, daß der Reisende während der Beförderung gewissermaßen der Herrschaft und Verfügungsmacht des Unternehmers überantwortet, dagegen beim Zu- und Abgehen in seiner Bewegungsfreiheit und seiner Selbstbestimmung regelmäßig nicht beschränkt sei. Der Fahrgast eines Schiffes gewinnt seine Bewegungsfreiheit erst wieder, wenn er das Land betritt; bis dahin ist er regelmäßig auf die Fürsorge des Unternehmers angewiesen. Da die Beklagte zu 1 nach dem Beförderungsvertrag verpflichtet war, dafür zu sorgen, daß der Kläger unversehrt an Land gelangte, muß sie im Rahmen ihrer vertraglichen Haftung den Nachweis führen, daß der Unfall nicht auf Mängel einer Einrichtung zurückzuführen ist, für die sie verantwortlich ist.
Die Sorge für den gefahrlosen Übergang über die Schute zur Landungsbrücke gehörte zu den Dienstverrichtungen des Schiffsführers, insbesondere zur Erfüllung des vom Schiffer auszuführenden Beförderungsvertrages, und fiel daher nach §7 BSchG in den Pflichtenkreis des Beklagten zu 2. Die Ansicht des Sachverständigen F., der Kapitän sei nur verantwortlich für das Verlassen des Schiffes einschließlich des Landgangs, verkennt die Rechtslage. Da dem Beklagten zu 2 die Sorge für die Sicherheit des Verkehrs vom Schiff zum Land oblag, fällt eine die Körperverletzung des Klägers verursachende schuldhafte Sorgfaltspflichtverletzung auch unter §823 Abs. 1 BGB.
Die Beklagte zu 1 haftet für eine etwaige Verletzung der Sorgfaltspflicht durch den Beklagten zu 2 nicht nur nach Vertragsrecht (§278 BGB), sondern auch nach schifffahrtsrechtlichen Grundsätzen, und zwar nach §4 Abs. 1 Nr. 2 BSchG ohne Rücksicht auf ein Verschulden der Schiffsbesatzung, nach §§3, 4 Nr. 3 nur bei Verschulden, im letzteren Falle aber auch für Schmerzensgeld (vgl. Schaps, Das Deutche Seerecht 2. Aufl. HGB §485 Anm. 10). Jedoch ist die Haftung nach Schiffahrtsrecht beschränkt auf Schiff und Fracht (§4 Abs. 1), gegebenenfalls beschränkt persönlich (§114), bei eigenem Verschulden des Schiffseigners unbeschränkt persönlich (§4 Abs. 2 Satz 1). Schließlich kann die Haftung der Beklagten zu 1 auch nach §831 BGB gegeben sein.
III.
Das Berufungsgericht macht dem Beklagten zu 2 nicht zum Vorwurf, daß er überhaupt an der Schute anlegte und die Fahrgäste daher den Weg zum Land über die Schute nehmen mußten. Es sieht eine Verletzung der Sorgfaltspflicht des Schiffsführers darin, daß er, bevor die Fahrgäste die Bohlen betraten, die Bohlen nicht auf ihre Tragfähigkeit geprüft und schadhafte Stücke nicht ausgewechselt habe, weiter darin, daß er zugelassen habe, daß mehrere Personen gleichzeitig über die Bretter gegangen seien; bloße Ermahnungen und Zurufe seien ungenügend gewesen. Mit Recht rügt die Revision, daß diese Ausführungen die Verurteilung der Beklagten nicht zu tragen vermögen.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist erwiesen, daß das rechte Brett in dem Augenblick gebrochen ist, als der Kläger und der Zeuge Ko. wippten und dadurch die Bretter absichtlich in Schwingungen versetzten. Das Berufungsgericht meint, dieses Verhalten sei die überwiegende Unfallursache gewesen, jedoch hätten die Beklagten die erste Unfallursache gesetzt. Die Ausführungen des Berufungsgerichts reichen nicht aus, um eine Nachprüfung zu ermöglichen, ob das Berufungsgericht mit Recht zu der Ansicht gekommen ist, das gebrochene Brett sei nicht genügend tragfähig gewesen. Im angefochtenen Urteil ist festgestellt, daß bereits mehr als 100 Fahrgäste das Schiff verlassen hatten, von denen die meisten den Weg über die Bohlen genommen hätten. Nach der Lebenserfahrung ist anzunehmen, daß diese große Zahl von Menschen nicht einzeln, sondern zu mehreren über die Brücke gegangen ist und daß dabei nicht nur die zwei inneren Bretter, sondern auch das rechte äußere Brett betreten wurde. Das Berufungsgericht hätte sich die Frage vorlegen müssen, ob damit die Beklagte zu 1 nicht bereits in der Form des Beweises des ersten Anscheins den ihr obliegenden Beweis für die genügende Tragfähigkeit auch bei der Belastung durch mehrere Personen erbracht hat und daher der Unfall allein auf das Wippen durch die beiden Personen zurückzuführen ist. Denn auch ein für ein normales, vorsichtiges Begehen, wie es hier als selbstverständlich vorauszusetzen ist, genügend tragfähiges Brett büßt seine Widerstandsfähigkeit ein, wenn es in der Mitte seiner Spannweite durch Wippen in besonders starke Schwingungen versetzt wird. Der von der Beklagten zu 1 zu führende Beweis könnte vielleicht dann als nicht geführt angesehen werden, wenn das rechte Brett, was das Berufungsgericht nicht erörtert hat, schadhaft gewesen wäre. Darauf könnte die Aussage des Zeugen Vogel hindeuten, daß das Brett einen schräg verlaufenden Riß von etwa 30-40 cm Länge gehabt habe. Der Riß lag aber nach der Aussage des Zeugen mehr nach der Landseite hin, während das Brett in der Mitte gebrochen zu sein scheint. Im angefochtenen Urteil hätte jedenfalls, wenn dieser Riß für die mangelnde Tragfähigkeit des Brettes hätte angeführt werden sollen, geprüft werden müssen, ob die Bruchstelle in diesem Riß eingetreten ist, wofür namentlich hätte sprechen können, wenn die Bruchstelle schräg in der Richtung des Risses verlaufen wäre. Soweit es sich um die Schadensersatzpflicht des nicht beweispflichtigen Beklagten zu 2 und soweit es sich um die Schadensersatzpflicht der für den Schmerzensgeldanspruch ebenfalls nicht beweispflichtigen Beklagten zu 1 handelt, würde bei einem non liquet die Klage gegen den Beklagten zu 2 in vollem Umfang und gegen die Beklagte zu 1 jedenfalls hinsichtlich des Schmerzensgeldanspruches abzuweisen sein.
Für das Wippen des Klägers und des Zeugen Ko. auf dem Brett haben die Beklagten nicht einzustehen. Auch wenn es nicht außerhalb jeder Lebenserfahrung liegt, daß erwachsene Personen sich in so unvorsichtiger Weise verhalten und daher eine adäquate Ursache hinsichtlich der bei einem solchen Verhalten nicht ausreichenden Tragfähigkeit des Brettes anzunehmen ist, so brauchte der Beklagte zu 2 mit einem so groben Verstoß gegen die einfachsten Regeln der allgemein neu Sorgfaltspflicht nicht zu rechnen, sondern konnte darauf vertrauen, daß die nach den besonderen Umständen des Falles erkennbar geschaffene behelfsmäßige Einrichtung auch mit der entsprechenden Vorsicht benutzt wurde, ohne daß es dazu eines besonderen Hinweises seinerseits bedurfte. Der Beklagte zu 2 hatte nicht die äußerste, sondern die verkehrsübliche Sorgfalt zu beobachten. Diese Sorgfaltspflicht würde aber überspannt werden, wollte man ihm das Wippen der beiden erwachsenen Fahrgäste als voraussehbar zum Verschulden anrechnen.
Hiernach war das angefochtene Urteil, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist, aufzuheben, damit der Sachverhalt unter den angegebenen Gesichtspunkten erneut geprüft wird.
Für die neue Verhandlung und Entscheidung ist darauf hinzuweisen, daß das angefochtene Urteil auch insoweit Bedenken unterliegt, als es die Verurteilung der Beklagten zu 1 auf §831 BGB stützt. Das Berufungsgericht sieht einen Organisationsfehler der Beklagten zu 1 darin, daß sie dem Beklagten zu 2 keine oder falsche Instruktionen gegeben habe. Dies schließt es daraus, daß die Beklagten im Verlaufe des Rechtsstreits die Behauptung aufgestellt haben, sie seien für den Weg vom Landgang über die Schute zur Landungsbrücke nicht verantwortlich. Diese Behauptung ist offensichtlich eine für den Rechtsstreit aufgestellte Schutzbehauptung. Daß der Beklagte zu 2 sich tatsächlich für die Sicherheit dieses Weges verantwortlich gefühlt hat, ergibt sich aus seiner Behauptung, die teilweise von dem Zeugen Kohn bestätigt wurde und auch vom Berufungsgericht nicht als widerlegt angesehen wird, er habe die Fahrgäste ermahnt, den Weg über das feste Verdeck zu nehmen, und Weisung gegeben, aufgelockert über die Bretter zu gehen. Danach war sich der Beklagte zu 2 seiner Verantwortung bewußt, wenn er sich auch den Fahrgästen gegenüber nicht genügend durchgesetzt hat. Das Berufungsgericht wird daher erneut zu prüfen haben, ob wirklich ein Organisationsfehler der Beklagten zu 1 für den Unfall ursächlich war.
Die Entscheidung über die Kosten der Revision war dem Berufungsgericht zu überlassen.