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Bundesgerichtshof
Urt. v. 10.12.1958, Az.: V ZR 70/57

Rechtsmittel

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
10.12.1958
Aktenzeichen
V ZR 70/57
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1958, 13961
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Traunstein
OLG München - 10.01.1957

Fundstellen

  • BGHZ 29, 75 - 83
  • DB 1959, 140 (amtl. Leitsatz)
  • DVBl 1959, 368-370 (Volltext mit amtl. LS)
  • JZ 1959, 405-407 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
  • MDR 1959, 200-201 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1959, 431-432 (Volltext mit amtl. LS)

Prozessführer

des Ingenieurs Josef Friedrich T. in Bad Re. L.straße ...,

Prozessgegner

den Freistaat Bayern, vertreten durch die Finanzmittelstelle M. des Landes Bayern,

Amtlicher Leitsatz

Der verfassungsrechtliche Gleichheitsgrundsatz bindet die öffentliche Hand auch dort, wo sie zur Erfüllung ihr obliegender Aufgaben, beispielsweise der Dienstbarmachung von Gelände der früheren; deutschen Wehrmacht zu Siedlungszwecken, sich privatrechtlicher Formen (Abschluß von vorläufigen Mietverträgen) bedient. Überträgt sie darauf allgemein den einzelnen Siedlern die von diesen mit Gebäuden versehenen Siedlerstellen zu Eigentum, so steht dem von dieser Vergünstigung grundlos allein ausgeschlossenen Siedler ein Anspruch auf gleiche Behandlung wie die übrigen Siedler und damit auf Übertragung des Eigentums an seiner Siedlerstelle zu, ohne daß es eines Vertragsabschlusses in den Formen des § 313 BGB bedürfte.

Ansprüche gegen die in § 2 Nr. 1 AKG genannten Rechtsträger, die erst nach der Vermögens- und Funktionsübernahme begründet wurden, werden vom Gesetz nicht erfaßt.

hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs auf die mündliche Verhandlung vom 26. November 1958 unter Mitwirkung des Senatspräsidenten Dr. Tasche und der Bundesrichter Dr. Augustin, Schuster, Dr. Freitag und Dr. Mattern

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Klägers wird das. Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 10. Januar 1957 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen wird.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1

Die Weitwiese in Ka. (Bad Re.) war früher Eigentum des Deutschen Reiches. Die Deutsche Wehrmacht hatte hier Schuppen und Ställe errichtet und einen Exerzierplatz ausgebaut. Nach dem letzten Kriege wurde er nach einem im Auftrag der Regierung von Oberbayern erstellten Parzellierungs- und Bebauungsplan von einzelnen Siedlern bebaut. Eine Zuteilung der Grundflächen konnte damals nicht erfolgen, weil das gesamte Gelände auf Grund des Militärregierungsgesetzes Nr. 52 beschlagnahmt war. Es wurde von einem Treuhänder verwaltet. Auch der Kläger begann anfangs des Jahres 1948 mit dem Bau eines Wohnhauses auf einer ihm zugewiesenen Parzelle des Exerzierplatzes. Während der Bauausführung schloß er am 1. Juli 1948 mit dem Treuhänder Sch. einen schriftlichen "Pachtvertrag" zum Zwecke der Errichtung eines Wohnhauses mit Werkstätte und Nutzgarten. Der Vertrag bedurfte nach Nr. XI zu seiner rechtlichen Wirksamkeit der Genehmigung durch das Landesamt für Verwaltung und Wiedergutmachung. Diesem Amte legte dessen Außenstelle in Berchtesgaden befürwortend den Vertrag auch vor, das Landesamt hat aber eine Genehmigung nicht ausgesprochen. Der Kläger konnte das geplante Bauvorhaben im Jahre 1948 nicht restlos durchführen. Er schloß unterm 15. Januar 1949 mit dem Ingenieur N. einen Gesellschaftsvertrag über die Ausnutzung eines angeblich dem N. zustehenden Patentes. Im Zuge dieser Verhandlungen übertrug der Kläger am 1. Februar 1949 dem N. sämtliche Rechte und Pflichten aus dem Pachtvertrag und das Eigentum an dem auf dem Grundstück errichteten Wohnhaus. Hierzu erteilte die Außenstelle Berchtesgaden ihre Zustimmung. N. vollendete den Ausbau des Hauses, nachdem er seinerseits am 1. Februar 1949 mit dem neuen Treuhänder St. einen Mietvertrag abgeschlossen hatte. Der Kläger aber focht die Abtretung mit Einschreibebrief vom 11. April 1949 an. Eine Abschrift des Schreibens sandte er an die Außenstelle in Berchtesgaden. Der Treuhänder St., dem er ebenfalls eine Abschrift der Anfechtungserklärung zugestellt hatte, erwiderte unterm 6. Mai 1949, der Abtretungsvertrag werde als gültig angesehen, eine Änderung könne nur erfolgen, wenn eine gerichtliche Entscheidung diesen Vertrag für ungültig erkläre. Unterm 10. Mai 1949 schilderte der Kläger in einem längeren Schreiben an die Außenstelle das Verhalten des N.; mit Schreiben vom 11. Mai wandte er sich nochmals an den Treuhänder in dieser Angelegenheit. Sein Prozeßbevollmächtigter widerholte unterm 21. Mai die Anfechtung gegenüber N. und gab hiervon der Außenstelle und dem Treuhänder Kenntnis. Er erwirkte eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Traunstein vom 25. Mai 1949, wonach es dem N. verboten wurde, über die Rechte aus dem Pachtvertrag und über das Wohngebäude mit Werkstätte in irgendeiner Form zu verfügen. Diese einstweilige Verfügung ließ der Kläger auch der Außenstelle am 2. Juni 1949 zustellen. Am 18. Juli 1949 reichte der Kläger gegen den Ehemann N., am 4. Dezember 1950 auch gegen dessen Ehefrau Klage auf Herausgabe des Hauses ein. Durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Traunstein vom 4. Januar 1951 wurden die Eheleute antragsgemäß verurteilt.

2

In der Zwischenzeit, nämlich am 28. November 1949, legte der Leiter der Außenstelle in Berchtesgaden einen Antrag der Ehefrau N. auf käuflichen Erwerb der Grundstücksparzelle befürwortend seinem Landesamte vor. In diesem Antrag berichtet er, Frau N. habe das zweigeschossige Wohnhaus errichtet. Nachdem das Landesamt die Genehmigung zum Verkauf erteilt hatte, wurde der Kauf mit notarieller Urkunde vom 22. Februar 1950 getätigt und die Parzelle um den Preis von 994 DM Frau N. übertragen. Die Eintragung im Grundbuch erfolgte am 19. Mai 1950. Gleichzeitig wurden eine Grundschuld und mehrere Hypotheken auf Antrag der neuen Eigentümerin im Grundbuch eingetragen.

3

Im Jahre 1951 wurde die Zwangsversteigerung des im Streit liegenden Grundstücks abgeordnet. Der Kläger erhielt den Zuschlag, mußte aber auf Grund eines Vergleiches mit seinen Mitbietern einen wesentlichen Teil der Grundstückslasten übernehmen. Da er diese in der Folgezeit aus eigenem Vermögen nicht abtragen konnte, mußte er schließlich das Grundstück verkaufen. Nach seinen Angaben hat er den Kaufpreis zur Abtragung der Grundstückslasten und zur Bezahlung von Bauschulden völlig verbrauchen müssen.

4

Der Kläger fordert von dem Beklagten einen Betrag von 21.500 DM nebst 4 % Zinsen seit der Klageerhebung. Er behauptet: Durch die vom Landesamt herbeigeführte Parzellierung der Flächen des Exerzierplatzes und durch die Genehmigung des Bebauungsplanes sei für ihn eine Kaufanwartschaft entstanden. Der Treuhänder und die Außenstelle hätten ihm zudem vor dem Abschluß des Pachtvertrages zugesagt, daß er das Grundstück später käuflich erwerben könne, er sei der erste künftige Kaufanwärter. Tatsächlich hätten auch alle übrigen Siedler ihren Grund und Boden, den sie bebaut hatten, erhalten. Nach Anfechtung der Abtretung habe er wiederholt bei der Außenstelle vorgesprochen. Er habe dort von dem Leiter der Stelle die Zusicherung erhalten, daß man die Prozeßentscheidung abwarten werde; im Falle seines Sieges werde er das Grundstück auch erhalten. Die Außenstelle habe diese Zusage ebensowenig beachtet wie die einstweilige Verfügung und im Zusammenwirken mit Frau N. erreicht, daß die Anwartschaft des Klägers vereitelt worden sei. Durch dieses Verhalten sei ihm ein großer Schaden entstanden. Der Beklagte hafte aus Verschulden bei Anbahnung eines Vertrages, aus Verletzung des Pachtvertrages, aus unerlaubter Handlung und aus Amtspflichtverletzung. Dem Kläger stünden, weil das Bauwerk wesentlicher Bestandteil des Grundstückes geworden, sei, auch Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung und Verwendung zu.

5

Der Beklagte hat um Klagabweisung gebeten. Nach seiner Ansicht ist er nicht passiv legitimiert, der Kläger müsse sich, an die Bundesrepublik halten. Er stellt weiterhin in Abrede, daß seitens des Treuhänders und der Beamten der Außenstelle irgendwelche Zusagen dem Kläger gemacht worden seien. Auch sei ihm niemals versprochen worden, man werde den Ausgang des Prozesses abwarten, Haftung wegen Amtspflichtverletzung scheide schon aus rechtlichen Gründen aus. Eine Haftung aus dem Pachtvertrag entfalle, weil der Vertrag nicht genehmigt worden sei, es habe ein vertragsloses Nutzungsverhältnis bestanden. Bei der Aufnahme des Kaufantrages vom 28. November 1949 sei dem Leiter der Außenstelle nicht gegenwärtig gewesen, daß dem Amt die einstweilige Verfügung des Landgerichts Traunstein vom 25. Mai 1919 zugegangen sei. Ein böswilliges Zusammenwirken mit Frau N. zum Schaden des Klägers scheide aus. Das Haus sei auch kein wesentlicher Bestandteil des Grundstücks geworden. Deshalb könne von einer Bereicherung des Beklagten nicht, gesprochen werden. Bauaufwendungen seien keine Aufwendungen im Sinne des § 547 BGB.

6

Das Landgericht hat die Klage unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Haftung bei Vertragsanbahnung dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht dieses Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

7

Mit der Revision will der Kläger die Aufrechterhaltung des landgerichtlichen Urteils erreichen. Der Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe:

8

1.

Zunächst bedarf, unabhängig von den Revisionsangriffen, der Einwand des Beklagten der Nachprüfung, der Kläger habe sich auf Grund des sogenannten Vorschaltgesetzes vom 21. Juli 1951 (BGBl. I 467) mit seinen Ansprüchen an die Deutsche Bundesrepublik und nicht an den Beklagten wenden müssen. Träfe dies nämlich zu, so müßte das Rechtsmittel erfolglos bleiben, ohne daß es auf weitere Gesichtspunkte noch ankäme. Den Einwand hat jedoch das Berufungsgericht mit Recht zurückgewiesen.

9

Der vom Kläger behauptete Vertragsabschluß und das nach seiner Auffassung vorliegende schuldhafte und sittenwidrige Verhalten der Beamten des Beklagten fällt in den Geltungsbereich der Militärregierungsgesetze Nr. 52 und 19 - dieses amerikanische Zone -. Das in Frage stehende Grundstück unterfiel als Eigentum des Deutschen Reiches (Wehrmachtsfiskus) nach Maßgabe des erstgenannten: Gesetzes der Vermögenskontrolle. Es wurde durch das Gesetz Nr. 19 mit Wirkung vom 20. April 1949 an Eigentum des Bayerischen Staates. Ware es nicht weiter veräußert worden, so würde es auf Grund des sog. Vorschaltgesetzes (§ 1 Abs. 1) rückwirkend vom 20. April 1949 an Eigentum der Bundesrepublik gewesen sein. Die Veräußerung und Auflassung des Grundstückes an Frau N. muß die Bundesrepublik gemäß § 4 dieses Gesetzes gegen sich gelben lassen. Sie könnte lediglich in Anwendung des Surrogationsprinzips die Herausgabe dessen verlangen, was an die Steile des Eigentums getreten ist (also etwa Kaufpreisforderung, evtl. auch das Recht auf Auflösung des Vertrages). § 4 Abs. 2 des Vorschaltgesetzes betrifft aber nur Verfügungen über das Grundstück. Soweit sich der Beklagte zur Übertragung des Grundstückes lediglich schuldrechtlich gebunden hat, ist die Bundesrepublik dadurch nicht verpflichtet worden. Sie ist nicht kraft Gesetzes in den Vertrag eingetreten, sondern nur Träger des Eigentums und der an dessen Stelle getretenen Rechte geworden (vgl. Féaux de la Croix, Das Deutsche Bundesrecht VII Z. 61 § 4 Anm. 7). Zu unrecht hat sich der Beklagte auf § 5 Abs. 2 der Durchführungsverordnung vom 26. Juli 1951 (BGBl. I 471) berufen. Die hier genannten mit dem Grundstück verbundenen Lasten sind nämlich nur solche, die von jedem Besitzer einer Sache als solchem gefordert werden können (Urteil des erkennenden Senats vom 30. April 1957 - V ZR 145/55 WM 1957, 815). Daß die Ansprüche des Klägers nicht in diesen Bereich fallen, bedarf keiner weiteren Begründung.

10

2.

Soweit das Berufungsgericht Ersatzansprüche des Klägers unter den rechtlichen Gesichtspunkten der Amtspflichtverletzung, der sittenwidrigen Handlung (§ 826 BGB) und der ungerechtfertigten Bereicherung verneint hat, können die dagegen gerichteten Angriffe der Revision keinen Erfolg haben.

11

a)

Das schuldhafte Verhalten des Beklagten sieht der Kläger darin, daß der zuständige Leiter der Außenstelle in Berchtesgaden einen Kaufantrag der Frau N. befürwortend an das Landesamt vorgelegt hat, ohne auf die bei der Außenstelle vorliegenden Schreiben des Klägers und die einstweilige Verfügung des Landgerichts Traunstein vom 25. Mai 1949 Rücksicht zu nehmen. Diese Tätigkeit des Leiters der Außenstelle liegt jedoch auf dem Gebiete der bürgerlich-rechtlichen fiskalischen Betätigung des Beklagten. Sie stellt allenfalls eine Verletzung von Vertragspflichten dar, mögen für diese auch öffentlich-rechtliche Gesichtspunkte maßgebend sein. Entgegen der Auffassung der Revision oblag dem Landesamt und seiner Außenstelle nicht eine dem Kläger gegenüber zu erfüllende hoheitliche Aufgabe. Als Behörde des Staates war das Amt allenfalls dessen Erfüllungsgehilfe bei der Abwicklung eines bürgerlich-rechtlichen Vertrages. Wollte man den Gedankengängen der Revision folgen, so müßte in allen Fällen, in denen eine Behörde namens des Staates einen Vertrag mit einem Dritten abgeschlossen hat, die Erfüllung des Vertrages gleichzeitig eine öffentlichrechtliche Aufgabe darstellen. Das kann nicht richtig sein. Die Anwendung des Art. 34 GG wie des § 839 BGB hat daher das Berufungsgericht mit Recht ausscheiden lassen.

12

b)

Das Berufungsgericht hat keinen Nachweis dafür als erbracht angesehen, daß dem Außenstellenleiter bei Bearbeitung des Kaufantrages der Ehefrau N. die früheren Vorgänge, insbesondere der Wortlaut der einstweiligen Verfügung, gegenwärtig gewesen seien. Ein sittenwidriges Verhalten hat daher das Berufungsgericht nicht angenommen. Es sei auch nicht erwiesen, daß der Leiter der Außenstelle durch unlautere Mittel zu seinem Verhalten bestimmt worden sei. Die Revision rügt, daß das Beweisangebot des Klägers im Schriftsatz vom 9. Oktober 1956 (GA Bl. 210, 211) nicht beachtet worden sei (§ 286 ZPO). Dort war behauptet worden, die damalige Sekretärin des Leiters der Außenstelle könne bezeugen, daß der Kläger im Frühjahr 1949 wiederholt im Vorzimmer des Außenstellenleiters gewartet habe, bis er von diesem vorgelassen worden sei. Diese Behauptung konnte jedoch als wahr unterstellt werden, ohne daß die Schlußfolgerungen des Berufungsgerichts dadurch in Frage gestellt wurden. Hat der Kläger in der Tat wiederholt bei dem Leiter der Außenstelle vorgesprochen, so ist damit noch nicht erwiesen, daß dem Kläger, wie er behauptet, die Zusage gemacht worden ist, die Außenstelle werde den Prozeßausgang abwarten, der Kläger werde das Grundstück erhalten, wenn er den Prozeß gewinnen werde. War dem Leiter der Außenstelle bei Vorlage des Kaufantrages aber lediglich in Erinnerung, daß der Kläger wiederholt in dieser Angelegenheit vorgesprochen habe, so konnte er, wenn auch fahrlässigerweise, doch der Meinung sein, die Außenstelle brauche sich von diesem Vorbringen des Klägers nicht beeinflussen zu lassen. Ähnlich hatte schon der Treuhänder St. in seinem Schreiben vom 6. Mai 1949 im Auftrage der Außenstelle mitgeteilt, die Anfechtung des Vertrages berühre die Außenstelle nicht. Grobe Fahrlässigkeit des Leiters der Außenstelle bei Gelegenheit der Behandlung des Kaufantrages der Frau N. reicht aber für die Anwendung des § 826 BGB nicht aus. Eine Verletzung des § 286 ZPO durch Unterbleiben der beantragen Beweiserhebung ist daher nicht zu erkennen.

13

Zu Unrecht wirft die Revision dem Berufungsgericht vor, es habe gegen § 448 ZPO dadurch verstoßen, daß es den Beklagten nicht zu allen streitigen Punkten als Partei vernommen habe. Im Beweisbeschluß vom 16. Februar 1956 (GA Bl. 184) war vom Berufungsgericht die Vernehmung des Klägers darüber angeordnet worden, ob er bei der Außenstelle wiederholt im Frühjahr 1949 vorgesprochen habe und ob ihm dort die Zusicherung gegeben worden sei, er werde das Eigentum an dem Grundstück erhalten, wenn er seinen Prozeß gegen N. gewinnen werde. Darüber ist der Kläger als Partei vernommen worden (GA Bl. 199 R ff). Ob das Berufungsgericht den Kläger auch zu den "weiteren streitigen Fragen des Verfahrens" hören wollte, oblag seinem pflichtgemäßen Ermessen. Es ist nicht ersichtlich, daß sich das Berufungsgericht der ihm aus § 448 ZPO erwachsenden Pflichten nicht bewußt war, wenn es eine weitere Vernehmung des Klägers als Partei nicht angeordnet hat. Es ist ferner unerfindlich, wie aus den "weiteren Bekundungen des Klägers" einwandfrei sich ergeben hätte, daß die Außenstelle bewußt zum Schaden des Klägers gehandelt habe. Denn gerade über die vom Kläger behauptete Kenntnis des Leiters der Außenstelle ist der Kläger als Partei eingehend vernommen worden.

14

Das Berufungsgericht hat auch - entgegen der Auffassung der Revision - nicht den Rechtsbegriff der guten Sitten verkannt. Hätte der Dienststellenleiter bewußt den Verkauf des Grundstücks an den Kläger Verhindert in der Erkenntnis, daß dem Kläger ein Schaden daraus erwachsen werde, so wäre ein sittenwidriges Verhalten zu bejahen gewesen, für das der Beklagte gegebenenfalls nach Maßgabe der §§ 31, 89 BGB hätte einstehen müssen. Das Berufungsgericht hat aber gerade ein solches Bewußtsein verneint. Dar Revision kann nicht zugestimmt werden, wenn sie meint, Sittenwidrigkeit liege auch dann vor, wenn dem Außenstellenleiter im Zeitpunkt der Verfügung die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nicht mehr gegenwärtig gewesen sei. Daß dieser Umstand auf Fahrlässigkeit beruht, ändert die rechtliche Beurteilung hinsichtlich der Anwendung des § 826 BGB nicht. Bedingten Vorsatz, der an sich ausreichen würde, hat das Berufungsgericht, was die Revision verkennt, nicht festgestellt.

15

c)

Das Berufungsgericht ist zu der Auffassung gekommen, das Wohnhaus sei bis zum Verkauf von Grund und Boden an Frau N. nicht wesentlicher Bestandteil von Grund und Boden gewesen. Vereinbarungen über das Schicksal des Gebäudes nach Beendigung des Mietvertrages seien von den Erbauern mit dem Treuhänder und dem Landesamt nicht getroffen worden. Das Gebäude sollte ausschließlich als Wohngebäude und Werkstätte für die Familien der Erbauer dienen. Es sei nicht daran gedacht worden, daß der Grundstückseigentümer nach Beendigung des Nutzungsverhältnisses gegen Entgelt oder auch ohne Entgelt das Bauwerk sollte erwerben und nutzen können. Die Erbauer hätten nicht die Absicht gehabt, das Gebäude nach Beendigung des Vertrages in das Eigentum des Vermieters fallen zu lassen. Wenn sie vielleicht auch damit rechneten, daß es ihnen gelingen werde, das Grundstück käuflich zu erwarben, so könne doch aus dieser Erwartung nicht auf eine Absicht der Erbauer geschlossen werden, das Bauwerk für dauernd mit dem Grund und Boden zu verbinden. Sei das Bauwerk aber nur zu einem vorübergehenden Zweck errichtet, so sei das Haus auch nicht wesentlicher Bestandteil von Grund und Boden geworden.

16

Diese Ausführungen lassen keinen Rechtsfehler erkennen. Die Beantwortung der Frage, ob das Gebäude gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB kein wesentlicher Bestandteil von Grund und Boden geworden ist, richtet sich in der Tat danach, ob der Erbauer des Hauses nur für eigene oder - nach Beendigung des Vertrages - auch für Zwecke des Vermieters und Eigentümers des Grund und Bodens das Bauwerk errichtet hat. Letzteres ist zwar auch dann anzunehmen, wenn sich der Eigentümer das Recht vertraglich vorbehalten hat, nach Beendigung des Pachtverhältnisses das Haus entgeltlich oder unentgeltlich zu übernehmen (Urteil des Senats vom 5. März 1958 - V ZR 264/56; MDR 1958, 418 = WM 1958, 564). Solche Vereinbarungen sind aber, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, hier nicht Betroffen worden. Die Eigentümer von Grund und Boden, zur Zeit des Abschlusses des Vertrages das Deutsche Reich, später der Beklagte, hatten auch an der Übernahme der Siedlungshäuser kein Interesse. Entgegen der Meinung der Revision kommt es auf die Bauart und die Höhe der Baukosten nicht an, wenn aus den gesamten übrigen Umständen sich ergibt, daß das Gebäude nur den Zwecken der Erbauer dienen sollte. Im übrigen hat der Kläger selbst in seinem Rechtsstreit gegen N. vorgetragen, er habe das Gebäude nur zu vorübergehenden Zwecken erbauen wollen, er habe die Absicht gehabt, es wieder abzureißen, wenn die Pachtzeit beendet sei (Rechtsstreit 2 O 468/50. Bl. 37). War aber das Wohnhaus kein wesentlicher Bestandteil, so war auch der Beklagte, als er Eigentümer von Grund und Boden wurde, nicht durch dieses Bauwerk ungerechtfertigt bereichert. Auf die Darlegungen der Revision, die sich mit dem Fortbestehen der Haftung aus diesem Rechtsgrunde nach dem Verkauf von Grund und Boden an Frau N. unter Berufung auf Entscheidungen des Bundesgerichtshofes (BGHZ 10, 171 und 17, 236) befassen, kann es daher nicht ankommen.

17

3.

Die Ausführungen des Berufungsgerichtes, mit denen es eine Haftung des Beklagten für den eingetretenen Schaden des Klägers aus dem Gesichtspunkt der Vertragsverletzung ablehnt, halten jedoch einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

18

Das Berufungsgericht gellt davon aus, es sei zwar der schriftliche Mietvertrag mangels Genehmigung durch das Landesamt nicht wirksam geworden, es habe aber auch nicht ein vertragsloses Nutzungsverhältnis bestanden; vielmehr müsse nach den gesamten Umständen angenommen werden, daß sich der Treuhänder mit dem Kläger stillschweigend über den Abschluß eines formlosen vorläufigen Mietvertrages geeinigt und daß mindestens stillschweigend das Landesamt diesen Vertrag genehmigt habe. Die Formvorschrift des § 566 Satz 1 BGB habe diesem Vertrag nicht entgegengestanden, weil der Vertrag nicht auf eine bestimmte Zeit abgeschlossen worden sei. Aus diesem Mietvertrag sei zunächst das Deutsche Reich und nach Inkrafttreten des Militärregierungsgesetzes Nr. 19 der Beklagte berechtigt und verpflichtet vordem Diese Ausführungen liegen im wesentlichen auf tatsächlichem Gebiete. Gegen die Annahme eines vorläufigen Mietvertrages bestehen unter den gegebenen Umständen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 1. April 1955 - V ZR 154/54 S. 14). Das Berufungsgericht führt dann weiter aus: Irgendwelche Vereinbarungen über das spätere Schicksal des Grundstücks seien nicht getroffen worden. Es sei nicht bewiesen, daß die Treuhänder oder Angestellte des Landesamtes oder dessen Außenstelle dem Kläger hinsichtlich eines späteren Grundstückserwerbes irgendwelche Zusagen gemacht hätten. Mit einem Zugriff der Militärregierung habe man bis zum Erlaß des Militärregierungsgesetzes Nr. 19 immer rechnen müssen. Der Kläger sei auf dieses Risiko auch hingewiesen worden. Er habe gelegentliche Äußerungen des Treuhänders, der Kläger sei bei einem Grundstücksverkauf wohl der erste Anwärter, nicht als bindende Zusage angesehen. Es sei auch nicht erwiesen, daß dem Kläger später die Zusicherung gemacht worden sei, wenn er seinen Prozeß gegen N. gewinne, werde er das Grundstück erhalten. Der Beklagte habe daher mit dem Verkauf des Grundstückes an Frau N. nicht gegen vertragliche Bestimmungen oder gegen ein Treueverhältnis verstoßen. Der Mietvertrag habe den Verkauf an Frau N. nicht gehindert, zumal da der Vertrag jederzeit hätte gekündigt werden können.

19

Diese Beurteilung wird der Sachlage nicht gerecht.

20

Es handelt sich im vorliegenden Falle um Gelände der früheren Deutschen Wehrmacht. Das Militärregierungsgesetz Nr. 54 - amerikanische Zone - vom 27. August 1945 verpflichtete die Länder, Eigentum der Wehrmacht u.a. zur Ansiedlung von Deutschen dienlich zu machen. Die Länderregierungen sollten unverzüglich alle Maßnahmen ergreifen, die notwendig seien, um die Nutzung auch zu diesem Zwecke sicherzustellen. Das bayerische Gesetz Nr. 48 zur Beschaffung von Siedlungsland und zur Bodenreform vom 18. September 1948 (GVBl. 326) sieht in Art. I in Verbindung mit Art. II Nr. 1 die Ländereien der früheren Deutschen Wehrmacht gerade für Zwecke der Ansiedlung der durch den Krieg entwurzelten Menschen vor. Dieser der bayerischen Regierung obliegenden Aufgabe entsprach es, wenn der ehemalige Exerzierplatz Weitwiese einer Ansiedlung dienlich gemacht und ein Architekt von der Behörde beauftragt wurde, einen Plan für die Ansiedlung und Parzellierung sowie zur Bebauung zu schaffen und die einzelnen Bauausführungen generell zu überwachen. Der mit dem Kläger abgeschlossene Mietvertrag erhält dadurch sein besonderes Gepräge, daß es sich nicht um einen üblichen Miet- oder Pachtvertrag über staatseigene Grundstücke handelte, die nach Ablauf der Vertragszeit zurückgegeben werden müssen. Vielmehr liegt er im Zuge einer der Landesverwaltung obliegenden Dienstbarmachung von Wehrmachtgelände für Siedlungszwecke, also im Zuge der Durchführung von Aufgaben der Verwaltung. Das mit der Ansiedlung, angestrebte Endziel, den Siedlern Eigentum am Grund und Boden zukommen zu lassen, konnte allerdings im vorliegenden Falle zunächst nicht erreicht werden, weil noch ungewiß war, ob die Besatzungsmacht nicht auf das frühere Wehrmachtsgelände zurückgreifen oder es durch hoheitliche Anordnung für andere Zwecke bestimmen werde (beispielsweise zur Unterbringung von DP's). Dem entsprach es, wenn der Treuhänder und die Angestellten der Außenstelle des Landesamtes keine Zusagen über die spätere Zuteilung des zur Bebauung angewiesenen Grund- und Bodens machten. Immerhin lag es bei der gegebenen Sachlage, die durch den Umstand gekennzeichnet ist, daß es sich um eine von der Bayerischen Verwaltung geplante Ansiedlung für durch Krieg entwurzelte Menschen handelte, nahe, daß die Ansiedler erwarteten, nach Klärung der Voraussetzungen werde das Eigentum am Grund und Boden zu gegebener Zeit von ihnen erworben werden können. Daß das Land selbst ein Interesse hatte, die Bauten zu übernehmen, ist von dem Beklagten nicht behauptet worden. Dieser Sachlage entsprach es, wenn der Zeuge R. (ein früherer Sachbearbeiter der Außenstelle) bekundete, man habe den Pächtern keine Zusicherung gegeben, ihnen aber auf Frage erklärt, es könne schon sein, daß sie in Zukunft Grund und Boden erhalten würden; wenn es einmal zum Verkauf kommen werde, würden sie die ersten sein, die als Käufer in Betracht kämen. Dem Landesamt und seiner Außenstelle, denen die Durchführung der mit der Ansiedlung anfallenden Aufgaben oblag, stand es dabei, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes, nicht zu, einzelne Siedler, von der Zuteilung des Bodens zu Eigentum nach Belieben auszuschließen, sobald die Voraussetzungen zur Verteilung des Landes an die Siedler gegeben waren. Denn das verfassungsmäßige Gleichheitsprinzip bindet die öffentliche Verwaltung auch dort, wo sie sich bei der unmittelbaren Erfüllung ihrer Verwaltungsaufgaben gegenüber einer bestimmten Interessengruppe privatrechtlicher Rechtsformen bedient (Siebert, Festschrift für Niedermeyer S. 240 mit Fußnote 73; Bachof, Begriff und Wesen des sozialen Rechtsstaates, Veröffentlichungen der Vereinigung der deutschen Staatsrechtslehrer 1954 S. 62; Ipsen bei Neumann/Nipperdey/Scheuner, Die Grundrechte Band 2 S. 111, 144 Fußnote 109; Köttgen, DVBl. 1953, 485, 488 II 1 a Abs. 4; Dürig JZ 1953, 193, 198 f V; Krüger DVBl. 1955, 208, 211, III und im besonderen 384, 3 b). Auch Hueck (Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung im Privatrecht 1958) vertritt die Auffassung, es mache keinen wesentlichen unterschied aus, ob sich der Staat zur Verwirklichung seiner wirtschaftlichen Ziele im Einzelfall öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Gestaltungsformen bediene. In beiden Fällen würden die staatlichen Maßnahmen bestimmt durch das Interesse der Allgemeinheit und die Fürsorge des Staates für seine Staatsbürger. Im öffentlich-rechtlichen Bereich folge die Gleichbehandlung der Betroffenen aus der unmittelbaren Verbindlichkeit des allgemeinen Gleichheitssatzes, im ändern Falle handle es sich um Fernwirkungen dieses Prinzips, die zu einer verbindlichen Wirkung der Realisierung in Gesetzesbestimmungen oder sonstigen Hoheitsakten bedürften (a.a.O. 3. 165 f). Ob der demnach bestehenden Verpflichtung des Beklagten zur gleichmäßigen Behandlung der zur Siedlergruppe gehörenden Interessenten ein subjektives Recht des Klägers auf Gleichbehandlung entsprach, ob im besonderen dem Kläger mit Abschluß des vorläufigen Mietvertrages ein Anspruch auf Übertragung des Eigentums an Grund und Boden entstanden war, ist zweifelhaft. Im Schrifttum wird dies im allgemeinen verneint (Raiser, Der Gleichheitsgrundsatz im Privatrecht, Zeitschrift für das Gesamte Handelsrecht und Konkursrecht Bd. 111 S. 94). Dem einzelnen Mitglied einer durch gleiche Interessen zusammengehaltenen Gruppe wird aber ein unmittelbarer Leistungsanspruch zugebilligt, wenn gerade es von der den Ändern gewährten Leistung aus sachfremden und unbilligen Gründen ausgeschlossen wird (Raiser a.a.O. S. 96). Der Senat trägt keine Bedenken, diesen im besonderen im Arbeitsrecht entwickelten Rechtssatz auf den vorliegenden Sachverhalt entsprechend anzuwenden, also für den Fall der Durchführung von Verwaltungsaufgaben im Bereich der Daseinsfürsorge mit Hilfe bürgerlich-rechtlicher Rechtsformen. Auch Hueck (a.a.O.) vertritt diese Meinung: ein neuer Anspruch komme auf Grund des Gleichbehandlungsgrundsatzes als Konkretisierung bereits bestehender Rechtsbeziehungen zustande, wenn im Rahmen eines Gemeinschaftsverhältnisses das Gleichbehandlungsgebot dadurch verletzt werde, daß ein einzelner von einer sonst allgemein gewährten Vergünstigung, auf die er nicht ohnehin schon einen festen Rechtsanspruch habe, willkürlich ausgeschlossen werde (a.a.O. S. 301, 302 mit Fußnote 41, vgl. hierzu auch Dürig a.a.O.). Dem Kläger stand sonach ein vertraglicher Anspruch auf Übertragung des Eigentums zu, sobald der Beklagte allen übrigen Siedlern Eigentum an Grund und Boden zugeteilt, für elften Ausschluß des Klägers aber keine Gründe hatte. Eines Vertragsabschlusses in der Form des § 313 BGB bedurfte es zur Entstehung dieses Anspruches des Klägers nicht. Der Kläger hat unwidersprochen vorgetragen, alle übrigen Siedler hätten damals Eigentum an dem Siedlungsland vom Beklagten erhalten. Demnach muß davon ausgegangen werden, daß dem Kläger ein Anspruch auf Gewährung der den ändern gewährten Leistung erwachsen war. Der Geltendmachung dieses Anspruchs stand freilich der Umstand im Wege, daß der Kläger seine Rechte aus dem Vertrage an N. abgetreten hatte. Er hatte aber der Außenstelle des Landesamtes durch mehrere Schreiben dargelegt, daß er diese Abtretung wegen arglistiger Täuschung angefochten hatte. Er hatte auch eine einstweilige Verfügung vorgelegt, wonach es N. verboten war, über die Rechte aus der Abtretung zu verfügen. Unter diesen Umständen hatte der Beklagte die Pflicht, den Anspruch des Klägers auf gleichmäßige Behandlung wie die übrigen Siedler nicht durch Begünstigung des N. zunichte zu machen. Der Beklagte mußte, wollte er nicht gegen diese Pflicht verstoßen, die Zuteilung des Grund und Bodens zurückstellen, bis eine gerichtliche Klärung, die im Sommer 1949 bereits angebahnt war, zwischen dem Kläger und N. herbeigeführt war. Ein derartiges zuwartendes Verhalten bedeutete keine unbillige Zumutung, Dieser Pflicht hat der Beklagte zuwidergehandelt, indem er durch sein Landesamt den Grund und Boden an einen Dritten, nämlich Frau N., verkaufte und aufließ. Daß sein Erfüllungsgehilfe, der Leiter der Außenstelle, für den der Beklagte gemäß § 278 BGB einzustehen hat, fahrlässig gehandelt hat, ist dem Urteilszusammenhang zu entnehmen. Danach muß dem Außenstellenleiter der Vorwurf gemacht werden, daß er bei den Verkaufsverhandlungen nicht die bei der Außenstelle geführten VK-Akten, die alle früheren Vorgänge enthielt, zugezogen hatte, zumal da Frau N. ihre ursprüngliche Eingliederung in den Siedlungsplan nicht hatte nachweisen können.

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§ 409 BGB, der vorsieht, daß der Schuldner an den neuen Gläubiger leisten kann, selbst wenn ihm bekannt ist, daß die Abtretung unwirksam ist (RGZ 126, 183; BGH BB 1956, 639), kommt hier nicht zur Anwendung. Der Beklagte hat nicht behauptet, daß er auf Grund der Abtretungsanzeige das Eigentum an Grund und Boden übertragen habe. Zudem wird die Berufung auf eine Abtretungsanzeige im Schrifttum als unbehelflich bezeichnet, wenn dem Schuldner Kenntnis von der Anfechtung der Anzeige gegeben worden war (RGRK 10. Aufl. § 409 BGB Anm. 2; Gertmann, Kommentar zum BGB, 5. Aufl. § 409 Anm. 3).

22

Der Verstoß des Beklagten gegen seine Pflicht, die Zuteilung von Grund und Boden bis zur Klärung der Streitigkeiten zwischen dem Kläger und N. aufzuschieben, stellt sich als eine (positive) Vertragsverletzung dar. Der Kläger kann daher Schadensersatz verlangen, falls feststeht, daß durch diesen Verstoß ihm die Zuteilung des Grundstückes endgültig entgangen ist. Dieser Ursachenzusammenhang läßt sich aus den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entnehmen. Hätte sich der Beklagte vertragsgemäß verhalten, so hätte er den Ausgang des zwischen dem Kläger und den Eheleuten N. schwebenden Verfahrens abwarten müssen, um dann seine Entscheidung zu treffen. Dieses Verfahren ist indes erst durch rechtskräftiges Urteil des Oberlandesgerichts München vom August 1952 beendet worden. Zu diesem Zeitpunkt war aber der Beklagte nicht mehr Eigentümer, sondern nunmehr die Bundesrepublik auf Grund des erwähnten Vorschaltgesetzes. Sie wäre, wie eingangs ausgeführt, zur Übertragung des Eigentums nicht verpflichtet gewesen. Es wird daher noch festzustellen sein, ob die Bundesrepublik mit Rücksicht auf die gesamten Umstände das Eigentum auf den Kläger übertragen hätte, wenn sie von dem Kläger darum angegangen worden wäre. Zwar spricht dafür eine große Wahrscheinlichkeit, dem Senat steht jedoch eine eigene Tatsachenwürdigung nicht zu. Steht zur Überzeugung des Tatrichters fest, daß dem Kläger das Eigentum von der Bundesrepublik übertragen worden wäre, so wird es Sache des weiteren Verfahrens sein, den dem Kläger aus der Nichterlangung von Grund und Boden erwachsenen Schaden zu ermitteln. Hierzu sei noch vermerkt, daß die Auffassung des Klägers nicht zutrifft, die von Frau N. bewilligten Hypotheken habe er gegen sich gelten lassen müssen, da sich die Hypothekengläubiger auf den Inhalt des Grundbuches berufen konnten; aus dem Grundbuch habe sich ergeben, daß das Grundstück bebaut sei. Unter den Inhalt des Grundbuchs im Sinne des § 892 BGB fallen nämlich bauliche Beschreibungen des Grundstückes nicht. Gegen die Rechtsfolge des § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB gibt es keinen guten Glauben an die Richtigkeit des Grundbuchs.

23

In der Revisionsverhandlung hat sich der Beklagte zur Begründung seines Antrags auf Klägeabweisung auch auf die Vorschriften des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes vom 5. November 1957 (BGBl. I 1747) berufen. Dieses Gesetz ist zwar nach Erlaß des Berufungsurteils erst in Kraft getreten; das würde aber seine Berücksichtigung im Revisionsverfahren nicht hindern. (BGHZ 9, 101; 19, 258). Von diesem Gesetz wird jedoch der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht erfaßt. Nach § 1 des Gesetzes erlöschen Ansprüche gegen das Deutsche Reich, das Land Preußen und das Unternehmen Reichsautobahnen, falls das Gesetz nichts anderes bestimmt. Der hier geltend gemachte Anspruch richtet sich gegen das Land Bayern, dem vorgeworfen wird, seine vertraglichen Pflichten nicht eingehalten zu haben. Den Ansprüchen des § 1 AKG werden allerdings Ansprüche gleichgestellt, die sich gegen andere öffentliche Rechtsträger, also etwa ein Land richten; doch steht dies unter der Voraussetzung, daß sich die Ansprüche nur auf Grund der Übernahme von Vermögen oder der Fortführung von Aufgaben der in § 1 Abs. 1 AKG genannten Rechtsträger gegen die neuen Rechtsträger richten (§ 2 Nr. 1 AKG). Nach Zweck und Fassung dieser Bestimmung werden von ihr diejenigen Ansprüche nicht erfaßt, die gegen die in dieser Bestimmung genannten Rechtsträger nach der erfolgten Funktionsübernahme, weil sie selbst tätig geworden sind, neu begründet wurden und daher nicht auf den Rechtsträger des § 1 AKG zurückbezogen werden können. Diese Verpflichtungen des neuen Schuldhers werden vom Gesetz nicht berührt (Féaux de la Croix, Die Kriegsfolgenschlußgesetzgebung, Kommentar zum AKG, § 2 Anm. B 1 letzter Absatz; Döll, AKG § 2 Anm. 2 Abs. 4). Da der geltend gemachte Anspruch nicht schon gegen den Bund bestand und nicht etwa nur infolge der Funktionsübernahme auf den Beklagten überging, wird er daher von dem erwähnten Gesetz nicht erfaßt.

24

Aus all diesen Gründen muß die Revision des Klägers zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht führen, dem auch die Entscheidung über die Kosten der Revision übertragen wird.

Dr. Tasche Dr. Augustin Schuster Dr. Freitag Dr. Mattern