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Bundesgerichtshof
Urt. v. 06.12.1956, Az.: II ZR 245/55

Rechtsmittel

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
06.12.1956
Aktenzeichen
II ZR 245/55
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1956, 13427
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
Oberlandesgericht in Düsseldorf - 05.08.1955

Prozessführer

der Firma R.-I. H. GmbH, M., W. Straße ..., vertreten durch ihren Geschäftsführer Hugo St., M., L.straße ...,

Prozessgegner

die Firma Sc. & S., E., D.,

hat der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs auf die mündliche Verhandlung vom 3. Dezember 1956 unter Mitwirkung der Bundesrichter Dr. Selowsky, Dr. Delbrück, Dr. Haidinger, Dr. Nörr und Dr. Haager

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Düsseldorf vom 5. August 1955 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1

Die Beklagte hatte durch Handelsvertretervertrag vom 1.1.1953 der Klägerin die Vertretung ihrer Erzeugnisse, u.a. Hubstapler, übertragen. Den unter Einhaltung einer Frist von 6 Monaten zum Ende eines Halbjahres kündbaren Vertrag hat die Beklagte am 16. Februar 1954 zum 31. Dezember 1954 gekündigt.

2

Auf Grund der Bestimmung des Vertrags (§ 14 Abs. 2), daß sie bei Verletzung der Vertragsbestimmungen oder bei Zuwiderhandlungen gegen die klaren Weisungen "den Vertrag ohne Kündigung sofort aufzuheben" berechtigt sei, hat die Beklagte am 4.6.1954, die fristlose Kündigung ausgesprochen.

3

Sie hat zur Begründung angegeben, die Klägerin habe zwei zu Vorführzwecken erbetene Hubstapler entgegen den den Vertretern erteilten Weisungen zur Durchführung von Verladearbeiten beim Abbau einer Ausstellung vermietet.

4

Die Klägerin, die die fristlose Kündigung für unberechtigt hält, hat u.a. beantragt festzustellen, daß das Vertragsverhältnis erst am 31. Dezember 1954 endete.

5

Das Landgericht hat durch Teilurteil diesem Antrag stattgegeben.

6

In der Berufungsinstanz hat die Beklagte vorgetragen, sie stütze die fristlose Kündigung auf weitere Verfehlungen der Klägerin. Diese habe schon früher ihre Weisungen nicht befolgt, habe Vorführungen nicht zweckmäßig geplant, habe außerdem Hubstapler anderer Firmen angeboten und habe außerdem nach Ausspruch der fristlosen Kündigung einer Firma, die einen Hubstapler bestellt habe, der Wahrheit zuwider erklärt, die Auslieferung des Fahrzeugs werde von der Klägerin abgelehnt.

7

Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen.

8

Mit der Revision erstrebt die Beklagte unter Aufhebung des Vorderurteils die Abweisung des Klagantrags, während die Klägerin die Zurückweisung der Revision begehrt.

Entscheidungsgründe:

9

1.

Nach § 14 Abs. 2 des ab 1. Januar 1953 in Kraft befindlichen Handelsvertretervertrags ist die Beklagte berechtigt, "den Vertrag ohne Kündigung sofort aufzuheben", wenn die Klägerin den Bestimmungen dieses Vertrags oder den klaren Weisungen der Beklagten zuwiderhandelt. Nach Auffassung des Berufungsgerichts entspricht dieses Recht der gesetzlichen Regelung des § 89 a HGB, wonach der Unternehmer zur fristlosen Kündigung dann berechtigt ist, wenn der Handelsvertreter in einem solchen Maße gegen die Bestimmungen des Vertretervertrags oder die Weisungen des Unternehmers verstößt, daß es diesem nicht mehr zugemutet werden kann, das Vertragsverhältnis fortzusetzen. Dementsprechend hat das Berufungsgericht geprüft, ob ein wichtiger Grund im Sinne des § 89 a HGB gegeben sei. Entgegen der Auffassung der Revision trifft es nicht zu, daß das Berufungsgericht nicht beachtet hat, daß der Wortlaut des Vertrags nicht von einer fristlosen Kündigung aus wichtigem Grunde spricht, sondern ein Recht zur Aufhebung, d.h. zur Kündigung bei Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen des Vertrags oder die klaren Weisungen der Beklagten einräumt. Dieser Annahme der Revision widerspricht einmal die Tatsache, daß das Berufungsgericht den Vertragswortlaut bei der Würdigung der Kündigung wiedergegeben hat. Zudem führt das Berufungsgericht aus, diese Vertragsbestimmungentspreche der gesetzlichen Regelung, woraus mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen ist, daß es in Kenntnis des von der Definition eines wichtigen Grundes abweichenden Wortlauts der Vertragsbestimmung diese Auslegung hat zuteil werden lassen. Gegen diese mögliche Auslegung eines Individualvertrags lassen sich keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken erheben. Das Berufungsgericht konnte um so mehr dieser Auffassung sein, als die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung selbst den Standpunkt vertreten hatte, die vertragliche Vereinbarung in § 14 Abs. 2 des Handelsvertretervertrags entspreche dem § 89 a HGB. Die Revision weist noch darauf hin, eine Auslegung in diesem Sinne komme schon deshalb nicht in Frage, weil der Vertrag vor dem Inkrafttreten des § 89 a HGB (eingefügt durch das Gesetz zur Änderung des Handelsgesetzbuchs vom 6.8.1953 BGBl I, 771) geschlossen worden sei. Dabei übersieht die Revision, daß eine dem § 89 a HGB insoweit inhaltlich gleiche Regelung bereits früher in § 92 Abs. 2 HGB getroffen war.

10

2.

Der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß das zur Begründung der fristlosen Kündigung dargelegte Verhalten der Klägerin im Hinblick auf die Zumutbarkeit einer Vertragsfortsetzung zu prüfen sei, ist noch unter einem weiteren Gesichtspunkt gerechtfertigt. Nach § 92 a.F. HGB war zwar für die ordentliche Kündigung eine Frist von 6 Wochen vorgesehen. Nach dem damaligen Rechtszustand konnte jedoch jederzeitige, also auch tägliche Kündigung vereinbart werden (RG JW 1937, 2708 Nr. 29: OLG Hamburg OLG 8, 388), sodaß nichts im Wege stand, das Recht zur fristlosen Kündigung, das nach dem Gesetz nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes gegeben ist, für jeden anderen Anlaß von vornherein zu vereinbaren. Dieser Rechtszustand hat sich jedoch mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Handelsgesetzbuchs geändert. Nach § 89 HGB kann für die ordentliche Kündigung keine kürzere als eine einmonatige Frist vereinbart werden. Diese Beschränkung könnte dadurch umgangen werden, daß die Vertragspartner z.B. jedes geringfügige Vorkommnis von vornherein als einen wichtigen Grund gelten lassen, der dann nach § 89 a HGB zur fristlosen Kündigung berechtigen würde. Trotz Vorliegens einer derartigen Vereinbarung muß daher im Einzelfall festgestellt werden, ob der Vorfall, der nach den Vertragsabreden einen wichtigen Grund darstellen soll, tatsächlich so schwerwiegend ist, daß dem Kündigenden die Fortsetzung des Vertrags nicht mehr zugemutet werden kann. Dabei wird es allerdings für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Bedeutung sein, daß die Parteien durch die Hervorhebung bestimmter Tatbestände zu erkennen gegeben haben, daß sie besonderen Wert auf einen Nichteintritt dieser Tatbestände legen (Schröder, Handelsvertreter, § 89 a Anm. 12: RGR Komm HGB 2.Aufl. § 70 Anm. 9). Soweit daher der Bestimmung in § 14 Abs. 2 des Handelsvertretervertrags die Bedeutung zukäme, daß jede Zuwiderhandlung gegen Bestimmungen des Vertrags oder Weisungen der Beklagten einen Grund zur fristlosen Kündigung abgeben soll, könnte diese Abrede nach dem jetzt geltenden Recht nicht mehr getroffen werden. Die in Art. 6 Abs. 2 des Änderungsgesetzes enthaltene Übergangsregelung bestimmt, daß Vereinbarungen dieser Art, die in bestehenden Vertragsverhältnissen enthalten sind, mit dem Inkrafttreten des Gesetzes unwirksam werden. Somit hat das Berufungsgericht mit Recht geprüft, ob die von der Beklagten behaupteten Vertragsverletzungen der Klägerin die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar machten. Nachdem das Gesetz eine Vereinbarung über die fristlose Kündigung ohne Vorliegen eines schwerwiegenden Grundes für unwirksam erklärt, ist es nicht angängig, im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung den Willen der Parteien dahin zu vervollständigen, daß sie für diesen Fall wenigstens die einmonatige Kündigungsfrist des § 89 Abs. 1 Satz 2 HGB n.F. vereinbarten und insoweit nicht an der in § 14 Abs. 1 des Vertrags vorgesehenen 6-monatigen Kündigung zum Ende eines Halbjahres festgehalten hätten. Eine entsprechende Behauptung ist auch von der Beklagten nicht aufgestellt worden, sodaß insoweit entgegen der Rüge der Revision keine Verletzung des § 286 ZPO vorliegt.

11

3.

Die Revision wendet sich weiter dagegen, daß das Berufungsgericht das Vorliegen eines wichtigen Grundes verneint habe, und zwar zunächst insoweit, als es in dem Einsatz der Geräte zur Verladearbeit keine schwerwiegende, zur sofortigen Lösung berechtigende Vertragsverletzung gesehen habe. Das Berufungsgericht stellt fest, daß die Klägerin zwei von der Beklagten zur Vorführung angeforderte Hubstapler der Firma van E. zum Einsatz, also zum Arbeitseinsatz überlassen habe, daß sie dies jedoch im Rahmen einer Vorführung getan habe, zu der sie eine ganze Reihe von Firmen eingeladen habe. Das Verbot der Beklagten, Hubstapler zu vermieten, habe sie nur so verstanden, daß die Maschinen nicht nur im fremden Interesse eingesetzt werden dürften. Dies habe sie jedoch nicht getan, sondern an eine wirkliche Vorführung gedacht und daher den Einsatz der Stapler, die beim Abbau einer Ausstellung durch die damit beauftragte Firma van E. benützt wurden, als Werbung für die Beklagte betrachtet. Der Firma van E. habe sie einen Höchstmietsatz nur angegeben, um der Beklagten selbst die Festsetzung und Einziehung der Vergütung für die Zurverfügungstellung der Fahrzeuge zu ermöglichen. Sie selbst habe keine Miete vereinbart oder gefordert. Das Berufungsgericht geht dabei in objektiver Hinsicht davon aus, daß dieser Gebrauch den Rahmen einer Vorführung überschritten hat und daß die Beklagte eine derartige Verwendung nicht billigte, zumal die Stapler nur für reine Vorführungen, die mit keinem wirklichen Arbeitseinsatz verbunden seien, versichert seien, und daß zudem im vorliegenden Fall die Beklagte einen bereits für einen Kunden zur Versendung bereitgestellten Stapler in Unkenntnis des Charakters der angekündigten Vorführung zur Verfügung gestellt habe. Das Berufungsgericht nimmt nicht an, daß die Klägerin sich der Überschreitung ihrer Befugnisse bewußt gewesen ist, es macht ihr jedoch zum Vorwurf, sie habe nicht genügend abgewogen, daß die Verwendung der Stapler, durch die Firma van E. den Rahmen einer Vorführung überschreite. Sie sieht jedoch darin in Anbetracht der besonderen Umstände, insbesondere in der von der Beklagten beabsichtigten Werbung durch die Beklagte, keine schwerwiegende Verletzung des Handelsvertretervertrags, zumal die Firma van E. selbst eine ernsthafte Interessentin an dem Erwerb des Staplers gewesen sei, was daraus hervorgehe, daß sie später, allerdings nach weiteren Besuchen und nach nochmaliger Vorführung, einen Stapler gekauft habe. Deshalb habe die Klägerin trotz Überschreitung ihrer Befugnisse die Interessen der Beklagten gewahrt. Wie weit dadurch Nachteile hätten entstehen können, sei es durch den Wegfall der Versicherung, sei es durch Zurückhaltung eines versandbereiten Staplers, habe ihr nicht bekannt sein können. Dies gelte auch insoweit, als die Stapler infolge der Benützung hätten nachgebessert werden müssen und nicht mehr als neu hätten verkauft werden können, zumal der eine Stapler bereits im Betriebe der Beklagten verwendet worden sei, und da außerdem auch bei nur zur Vorführung benützten Fahrzeugen immer gewisse Nachbesserungen vorgenommen werden müssen, sodaß sie im allgemeinen nicht mehr als neu verkauft werden könnten. Unter diesen Umständen sei es der Beklagten zuzumuten, weiterhin beim Vertrag zu bleiben. Es hätte genügt, wenn sie ihre Mißbilligung zum Ausdruck gebracht und die Klägerin veranlaßt hätte, in Zukunft Vorführungen dieser Art zu unterlassen. Diese Auffassung des Berufungsgerichts läßt keinen Rechtsfehler erkennen. Aus seinen Feststellungen ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, daß bei Berücksichtigung des Wesens und Zwecks des Handelsvertretervertrags nach Treu und Glauben und den Grundsätzen der Billigkeit der Beklagten ein Festhalten an dem Vertrag bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar gewesen wäre.

12

Die Revision ist der Auffassung, daß die der Beurteilung des Berufungsgerichts zugrunde liegenden Tatsachen unter Verfahrensverstoß festgestellt worden seien. Ihre Angriffe befassen sich in der Hauptsache mit der Tatsachenwürdigung und sind daher für das Revisionsgericht unbeachtlich. Dies trifft einmal insoweit zu, als nach Ansicht der Revision aus einem fast einen Monat nach der Verwendung der Stapler verfaßten Rechtfertigungsschreiben der Klägerin vom 29. Juli 1954 und aus den Aussagen der Zeugen Grunewald und Wittmann sich die Kenntnis der Klägerin von der Unzulässigkeit der Überlassung der Stapler an die Firma van E. ergeben soll. Des weiteren trägt die Revision vor, die Beweisaufnahme stütze die Auffassung des Berufungsgerichts nicht, wonach die Klägerin eine Vermietung zu Gunsten der Beklagten zu einem derartigen Einsatz für zulässig gehalten habe. Ferner lasse sich die Feststellung, daß die Firma van E. ernsthaftes Interesse an dem Erwerb eines Staplers gehabt habe, nicht mit der Absicht der mietweisen Überlassung vereinbaren. Damit bezweckt die Revision, anstelle der vom Berufungsgericht für richtig gehaltenen Würdigung der Tatsachenvorgänge lediglich eine andere Würdigung zu setzen, ohne daß zu erkennen wäre, daß die Würdigung des Berufungsgerichts unmöglich ist. Daß das Berufungsgericht hierbei gegen § 286 ZPO verstoßen hat, trifft ebenfalls nicht zu, da es sämtliche von der Revision in diesem Zusammenhange hervorgehobenen Tatsachen, den Wegfall der Versicherung und die Möglichkeit der Beschädigung der Geräte, berücksichtigt hat.

13

Rechtlichen Gehalt für die Revisionsinstanz haben in diesem Zusammenhange nur zwei Rügen, mit denen die Übergehung zweier Beweisanträge bemängelt wird. Die Beklagte habe einmal unter Beweis gestellt, daß der Inhaber der Klägerin sich am 31. Mai 1954, als die Stapler von der Firma van E. benutzt wurden, an mehrere Firmen mit der Frage gewandt habe, ob sie etwas zu verladen hätten. Damit wollte die Beklagte nach der Behauptung der Revision dartun, daß die Klägerin keine Vorführung bezweckte. Dieser Beweisantrag ist jedoch unerheblich, da das Berufungsgericht davon ausging, daß die Klägerin in objektiver Hinsicht über den Rahmen einer von der Beklagten zugelassenen Vorführung hinausging und die Vorführung im Rahmen eines Arbeitseinsatzes bewerkstelligen wollte. Ferner hat die Beklagte die Vernehmung eines weiteren Zeugen dafür beantragt, daß die Klägerin nach dem Abruf der Stapler durch die Beklagte der Firma van E. am Tage darauf einen anderen, nicht der Beklagten gehörigen Stapler zur Verfügung gestellt habe. Daß dies, wie die Revision in tatsächlicher Hinsicht vorträgt, gegen eine vorher vereinbarte, an die Klägerin abzuführende Miete geschehen sei, ist in dem Antrag nicht unter Beweis gestellt. Deshalb kommt diesem Beweisantrag keine Bedeutung zu gegenüber der Feststellung des Berufungsgerichts, daß die Klägerin für die der Beklagten gehörenden beiden Stapler für sich weder eine feste Miete vereinbart noch gefordert habe.

14

4.

Zutreffend hat das Berufungsgericht ferner geprüft, ob nicht weitere Vorfälle, die zeitlich vor dem Ausspruch der Kündigung lagen, zusammen mit dem als Kündigungsgrund angegebenen Vorkommnis in der Gesamtentwicklung die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unzumutbar erscheinen ließen (Schröder, Handelsvertreter, § 89 a HGB Anm. 9, 14). Es hält die fristlose Kündigung auch unter diesem Gesichtspunkt nicht für gerechtfertigt. Daß es dabei von falschen materiellrechtlichen Erwägungen ausgegangen ist, wird von der Revision nicht geltend gemacht. Sie steht jedoch auf dem Standpunkt, daß das Berufungsgericht bei der Feststellung der einzelnen Vorfälle gegen das Verfahrensrecht verstossen habe.

15

Nach dem Berufungsgericht ist der Vorwurf der Beklagten, die Klägerin habe nicht genügend Interesse gezeigt und ihre Tätigkeit nicht gründlich genug betrieben, nicht begründet, sodaß er zur Stützung einer Kündigung nicht verwendet werden konnte. Das Berufungsgericht hat hierbei ein Schreiben der Beklagten vom 10. September 1953 verwertet, in dem die Beklagte von beachtlichen Erfolgen der Klägerin sprach. Wenn die Revision meint, es habe sich hierbei mit der Auslegung, die die Beklagte diesem Schreiben gegeben habe, nicht auseinandergesetzt, so verkennt sie den Umfang der Begründungspflicht. Eine einwandfreie Würdigung der Sach- und Rechtslage durch das Berufungsgericht verlangt keineswegs ein ausdrückliches Eingehen und eine ausdrückliche Auseinandersetzung mit jedem einzelnen Vorbringen der Parteien, wenn sich nur ergibt, daß eine sachentsprechende Beurteilung überhaupt stattgefunden hat (BGHZ 3, 162 [175]). Baß das Berufungsgericht die Einschränkung der Beklagten beachtet hat, ergibt sich jedoch aus der Tatsache, daß es ausdrücklich die anderen Schreiben, in denen die Beklagte die Klägerin zu grösseren Anstrengungen aufgefordert hat, gewürdigt hat. Auf den Beweisantrag, daß die Verkaufserfolge der Klägerin im Verhältnis zu denen anderer Vertreter sehr schlecht waren, kam es nicht an, da das Berufungsgericht von diesem unterschiedlichen Erfolg ausgegangen ist und hierzu, ohne daß dies rechtlich zu beanstanden wäre, ausgeführt hat, daraus sei noch nicht ohne weiteres, ein Mangel an Interesse oder an Fähigkeiten zu folgern.

16

Die Klägerin hat in einem Fall einen gebrauchten Stapler desselben Fabrikats, wie sie von der Beklagten vertrieben wurden, einer Firma angeboten. Nach § 4 des Vertrags ist es dem Vertreter untersagt, Firmen zu vertreten, die mit der Beklagten in Wettbewerb stehen. Nach Ansicht des Berufungsgerichts verstößt das Angebot eines von einem Kunden zurückzunehmenden gebrauchten Staplers nicht gegen diese Wettbewerbsklausel. Diese Auslegung des Inhalts dieser Bestimmung ist möglich und kann daher in der Revisionsinstanz nicht beanstandet werden. Daß das Berufungsgericht hierbei nicht ausdrücklich auf ein Schreiben der Beklagten vom 28. Juli 1953 eingegangen ist, in dem diese ihre vorherige Unterrichtung von derartigen Angeboten forderte, bildet schon deshalb keinen Verstoß gegen § 286 ZPO, weil diese Weisung der Klägerin erst nach dem am 16. Juli 1953 erfolgten Angebot erteilt wurde. Zudem zeigt der Wortlaut dieses von der Revision zitierten Schreibens, daß die Beklagte grundsätzlich einen derartigen Verkauf nicht, verboten hat.

17

Zutreffend hat das Berufungsgericht darin keinen Wettbewerbsverstoß gesehen, daß die Klägerin der Firma van E. einen anderen Stapler zur Verfügung stellen wollte, nachdem die Beklagte ihre beiden Stapler zurückgezogen hatte. Es handelte sich dabei ebenfalls um einen von der Beklagten vertriebenen Clarkstapler, der nach dem Berufungsgericht der Werbung für die Fabrikate der Beklagten dienen sollte. Nach Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht dabei übersehen, daß nach einer unter Beweis gestellten Behauptung der Beklagten es sich um einen Stapler eines ändern, von der Beklagten nicht vertriebenen Fabrikats gehandelt habe. Das Berufungsgericht brauchte auf diese frühere Behauptung nicht mehr einzugehen, nachdem die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 12. Juli 1955 eine Behauptung dieses Inhalts nicht mehr aufrecht erhalten hatte. Daß die Klägerin in dem Schreiben vom 16. Juli 1953 der Firma G. in einem Nachsatz andere als von der Beklagten geführte Stapler angeboten hat, ist nach der Ansicht des Berufungsgerichts nicht dargetan. Es ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund das Berufungsgericht bei dieser Feststellung die Beweislast für das Vorliegen einer als Wettbewerbsverstoß gekennzeichneten Handlung verkannt habe. Der von der Revision hierfür angezogenen Entscheidung des Reichsgerichts (RGZ 166, 240 [242]) liegt ein völlig verschiedener Sachverhalt zugrunde.

18

Die Klägerin hat ferner im Jahre 1953 ein Angebot an eine außerhalb ihres Bezirks liegende Firma abgegeben und im Januar 1954 Verbindung mit einer weiteren, nicht in ihrem Bezirk liegenden Firma aufgenommen. Das Berufungsgericht hat hierin einer Gebietsüberschreitung und damit einen Vertragsverstoß gesehen. Im Juli 1953 handelte es sich um den ersten Fall, den die Beklagte sofort rügte und abstellte. Im Januar 1954 war die in Frage kommende Firma an die Klägerin herangetreten, die sofort den zuständigen Vertreter der Beklagten verständigte, sodaß dieser das Geschäft an sich gezogen hat. Die Revision meint, das Berufungsgericht habe bei der Würdigung der Bedeutung dieses Umstandes nicht berücksichtigt, daß darin kein selbständiger Kündigungsgrund gesehen werden durfte, sondern lediglich ein Vorfall, der zusammen mit den erst später erfolgten übrigen Vertragsverletzungen der Klägerin die fristlose Kündigung des Vertreterverhältnisses rechtfertigen sollte. Sie glaubt dies daraus entnehmen zu können, daß das Berufungsgericht feststellte, die Beklagte habe im ersten Fall die Angelegenheit mit einer Vorhaltung als erledigt betrachtet und darin keinen Grund zur fristlosen Kündigung gesehen. Dabei übersieht die Revision offensichtlich, daß das Berufungsgericht ausdrücklich dazu Stellung genommen hat, daß dieser Vorgang auch nicht geeignet sei, um zur Begründung der in erster Linie auf den Einsatz der Stapler bei der Firma van E. gestützten Kündigung mit herangezogen zu werden. Diese von einem richtigen Standpunkt ausgehende Wertung der Bedeutung dieses Vorkommnisses ist nicht zu beanstanden.

19

Zusammenfassend ergibt sich daher, daß das Berufungsgericht mit Recht die Zulässigkeit einer fristlosen Kündigung verneint hat, und zwar einmal, soweit sie allein auf die Verwendung der Stapler zum Abbau der Ausstellung gestützt wurde, als auch soweit sie außerdem mit früheren Vorfällen begründet wurde.

20

5.

Die Beklagte hatte ferner noch geltend gemacht, die fristlose Kündigung sei auch dadurch gerechtfertigt, daß die Klägerin nach dem Ausspruch der Kündigung der Firma O., die eine Bestellung auf einen Stapler bei ihr aufgeben wollte, erklärt habe, die Auslieferung eines Staplers an dieses unternehmen sei von der Beklagten abgelehnt. Zutreffend hat das Berufungsgericht dieses Vorbringen im Hinblick auf eine Rechtfertigung der bereits vorausgegangenen fristlosen Kündigung gewürdigt. Wie der erkennende Senat bereits ausgesprochen hat (MDR 1954, 606 [BGH 30.06.1954 - II ZR 26/53] m.Nachw.), muß derjenige, der eine von seinem Vertragsgegner ausgesprochene fristlose Kündigung für ungerechtfertigt hält und deshalb die sich aus dem Vertrag für ihn ergebenden Rechte in Anspruch nimmt, sich seinerseits so verhalten, als wäre die fristlose Kündigung nicht erfolgt. Unter diesem Gesichtspunkt hat das Berufungsgericht geprüft, ob das Verhalten der Klägerin anläßlich der Aufgabe einer Bestellung durch diese Firma einen neuen Kündigungsgrund gegeben hat, der mit dem bei Ausspruch der Kündigung geltend gemachten in einem inneren Zusammenhang steht und deshalb geeignet ist, die Kündigung vom Zeitpunkt seines Eintritts an zu rechtfertigen. Es hat dazu festgestellt, daß der Inhaber der Klägerin, als er wegen dieser Bestellung bei der Beklagten anfragte, berechtigterweise den Eindruck erhielt, er könne dort keine Bestellung mehr anbringen. Daraufhin habe die Klägerin die Kundin wissen lassen, daß sie, die Klägerin, von der Beklagten keinen Stapler mehr erhalte. Die Firma O. habe daraufhin den Stapler unmittelbar bei der Beklagten bestellt und erhalten. Was die Beklagte gegen diese Feststellung, die in keiner Weise zur Unterstützung einer fristlosen Kündigung dienen kann, vorbringt, bewegt sich rein auf tatsächlichem Gebiet, insbesondere will die Revision unzulässigerweise den vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt durch andere Tatsachen ersetzen. Insoweit ist die Revision daher ebenfalls unbegründet.

21

Sie war mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.

Dr. Selowsky Dr. Delbrück Dr. Haidinger Dr. Nörr Dr. Haager