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Bundesgerichtshof
Urt. v. 18.10.1956, Az.: 4 StR 166/56

Rechtsmittel

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
18.10.1956
Aktenzeichen
4 StR 166/56
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1956, 12706
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hagen - 31.10.1955

Verfahrensgegenstand

Untreue u.a.

In der Strafsache
hat der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs
in der Sitzung vom 18. Oktober 1956,
an der teilgenommen haben:
Senatspräsident Dr. Rotberg als Vorsitzender,
Bundesrichter Krumme, Bundesrichter Dr. Seibert, Bundesrichter Dr. Lang-Hinrichsen, Bundesrichter Dr. Wiefels als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt Dr. Dr. ... in der Verhandlung,
Oberstaatsanwalt ... bei der Verkündung als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizangestellter ... als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts in Hagen vom 31. Oktober 1955 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Beschwerdeführer in eigener Sache wegen fortgesetzter Hinterziehung von Einkommensteuer in Tateinheit mit fortgesetzter Hinterziehung von Notopfer Berlin verurteilt ist, und im Gesamtstrafenausspruch.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an das Landgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Revision verworfen.

Gründe

1

Der Angeklagte war in den Jahren 1947 bis 1952 als Steuerhelfer für mehrere Unternehmen tätig. Von der Währungsumstellung ab übernahm er auch die Buchführung der Kraftfahrzeugreparaturwerkstatt Otto S. in H., die ihm unbeschränkte Bankvollmacht erteilte. Er ist wegen Untreue zum Nachteil dieser Firma und wegen drei Vergehen der versuchten Steuerhinterziehung in Tateinheit mit Hinterziehung der Abgabe Notopfer Berlin zugunsten der Firma S. der Gastwirtin B. und des Oberingenieurs J. sowie in eigener Sache wegen fortgesetzter Hinterziehung von Einkommensteuer in Tateinheit mit fortgesetzter Hinterziehung von Notopfer Berlin zu einer Gefängnisstrafe von zehn Monaten und fünf Geldstrafen im Gesamtbetrage von 5.600 DM verurteilt worden. Außerdem hat das Landgericht die Bekanntmachung der Bestrafung in den Fällen der Steuerhinterziehung auf Kosten des Angeklagten angeordnet. Dieser rügt mit der Revision Verletzung verfahrensrechtlicher Vorschriften und des sachlichen Strafrechts.

2

Das Rechtsmittel kann nur zum Teil Erfolg haben.

3

I.

Untreue zum Nachteil der Firma S.

4

Dieser Schuldspruch wird von den Feststellungen getragen.

5

Der Angeklagte mißbrauchte seine Bankvollmacht, indem er in den Jahren 1948 bis 1950 von den Bankkonten seiner Arbeitgeberin insgesamt 35.000 DM abhob und für sich selbst verbrauchte. Er ließ diese Beträge zwar als Kasseneingänge (Bank an Kasse) in den Büchern der Firma S. verbuchen, führte sie aber weder an die Kasse ab, noch ließ er sie dem Firmenvermögen in irgendeiner anderen Form zufließen. Er wußte, daß er keinen Anspruch auf dieses Geld hatte, seine Verfügungsbefugnis mißbrauchte und der Firma dadurch einen Nachteil zufügte.

6

Den Urteilsausführungen ist auch die Überzeugung des Tatrichters zu entnehmen, daß der Angeklagte schon bei der Abhebung der Beträge beabsichtigte, diese für sich zu verbrauchen. Er behandelte "das Konto wie sein eigenes" und bezahlte mehrmals sogar das Gehalt seines eigenen Angestellten mit Schecks der Firma S., die er selbst ausgestellt hatte. Die Verbuchung als Kasseneinnahmen dieser Firma ließ er nur zur Tarnung seiner "unberechtigten" Abhebungen vornehmen. Daraus ergibt sich, daß er das Geld schon für seine eigenen Zwecke abhob, wozu er im Innenverhältnis nicht befugt war. Hiermit sind die äußeren und inneren Tatbestandsmerkmale der Untreue durch Mißbrauch einer Verfügungsbefugnis ausreichend nachgewiesen (vgl BGH 4 StR 106/53 vom 13. Mai 1953 - LM Nr 11 zu § 266 StGB).

7

Die Angriffe der Revision richten sich ausschließlich gegen die dem Tatrichter vorbehaltene Beweiswürdigung, die weder Denkfehler noch Verstöße gegen die Lebenserfahrung erkennen läßt. Der Grundsatz "Im Zweifel zugunsten des Angeklagten" ist nicht verletzt, weil die Strafkammer von der Schuld des Angeklagten voll überzeugt ist. Auch ein Verstoß gegen § 267 StPO ist nicht ersichtlich, weil der Tatrichter nur verpflichtet ist, diejenigen Tatsachen anzugeben, in denen er die gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung erblickt; weitere Beweistatsachen braucht er im Urteil nicht mitzuteilen (BGH NJW 1951, 533 Nr 23).

8

Das Landgericht hält die Einlassung des Angeklagten, er habe das Geld zum Teil in die Kasse gezahlt, auf jeden Fall aber für die Firma S. verwandt, für widerlegt, weil er weder Belege über diese Einzahlungen noch Quittungen über die Schuldentilgungen vorlegen und keinen einzigen Gläubiger nennen kann, den er auf diese Weise befriedigt hat, weil er ferner den über Kasse verbuchten Betrag nicht wieder als Kassenausgang verbuchen ließ und schließlich sogar eine Rückzahlungsverpflichtung in Höhe von 28.800 DM gegenüber seiner Arbeitgeberin anerkannte. Sämtliche Schulden der Firma S. sind auch nach dem Ergebnis der Buchprüfung durch ordnungsmäßig belegte und verbuchte Zahlungen unmittelbar von der Firma, nicht vom Büro des Angeklagten getilgt worden, so daß für weitere Zahlungen des Angeklagten selbst an Firmengläubiger kein Raum mehr bleibt.

9

Diese Schuldentilgung war nach der Überzeugung des Tatrichters ohne Rückgriff auf die von den Bankkonten abgehobenen 35.000 DM möglich, weil die Firma damals große Gewinne durch sog. Ohne-Rechnung-Geschäfte (für die keine Rechnungen erteilt und die auch nicht verbucht wurden) mit Benzin und Dieselkraftstoff erzielte, die in die Kasse flössen. Der von der Revision vermißten Feststellung, daß diese Schwarzgeschäfte gerade den Betrag von 35.000 DM ausmachten, bedurfte es nicht, Nach der Beweisannahme des Landgerichts waren sie jedenfalls erheblich. Wenn die Ehefrau S. im Steuerfahndungsverfahren andere Angaben über den Umfang dieser Geschäfte gemacht haben sollte, wie die Revision vorträgt, so hinderte dies den Tatrichter jedenfalls nicht, bei der Urteilsfindung ihre in der Hauptverhandlung erstattete Aussage zu Grunde zu legen (§ 261 StPO). Nach den Bekundungen der eigenen Angestellten des Angeklagten sind von seinem Büro überdies "kaum einmal Gläubiger der Firma S. bezahlt worden". Auch ließen sich trotz sorgfältigster Nachforschungen keine Gläubiger finden, "die zwar ihr Geld erhalten haben, aber nicht verbucht worden sind". Die auf diese Tatsachen gestützte Überzeugung der Strafkammer von der Schuld des Angeklagten ist mit Rechtsgründen nicht angreifbar. Die Berufung des Beschwerdeführers auf das Verschwinden der Scheckleisten, durch die er die Verwendung des Geldes hätte nachweisen können, und seine Erklärung, er habe die Rückzahlungspflicht gegenüber der Arbeitgeberin nur deshalb anerkannt, weil er sich für die ihr durch seine unordentliche Buchführung entstandenen zusätzlichen Steuerverpflichtungen verantwortlich fühlte, hat das Landgericht mit rechtlich einwandfreier Begründung als unzutreffende Schutzbehauptungen zurückgewiesen.

10

II.

Versuchte Steuerhinterziehung zugunsten der Firma S.

11

Als Steuerhelfer reichte der Angeklagte am 30. November 1950 für seine Arbeitgeberin die von ihm selbst angefertigten Bilanzen zum 31. Dezember 1948 und 31. Dezember 1949 sowie die Einkommensteuer- und Gewerbesteuererklärungen für das zweite Halbjahr 1948 (II 48) und das Jahr 1949 ein, ebenso am 31. Oktober 1951 die Bilanz sowie die Einkommensteuer- und Gewerbesteuererklärungen für das Jahr 1950. Sowohl die Bilanzen als auch die Steuererklärungen waren unrichtig, weil er Vermögenswerte der Firma S. verschwieg, die hätten aktiviert werden müssen, da der Gewinn nach § 4 Abs 1 EinkStG im Wege des Betriebsvermögensvergleichs errechnet wurde.

12

In den Bilanzen fehlten die durch seine Veruntreuungen gegen ihn selbst begründeten Schadensersatzforderungen in Höhe von 35.000 DM, von denen auf II 48 6.405,80 DM, auf 1949 16.538,27 DM und auf 1950 12.055,93 DM entfallen. Außerdem gab der Angeklagte in der Bilanz 1949 Forderungen der Firma, für die sie die Gegenleistungen erbracht und Rechnungen ausgeschrieben hatte, im Betrage von 8.023 DM, in der Bilanz 1950 ebenfalls solche Außenstände in Höhe von 7.163 DM nicht an, sondern wies sie erst in der Bilanz des folgenden Steuerjahres aus. Von dem für 1949 errechneten Gewinn schrieb er einen Betrag von 1.282 DM für die Beschaffung von Werkzeugen gemäß § 7 EinkStDVO 1949 (Bewertungsfreiheit für geringwertige Anlagegüter) ab, obwohl er wußte, daß die gesetzliche Voraussetzung für eine solche Abschreibung nicht erfüllt war, weil die Buchführung der Firma für 1949 - wie für die vorhergehenden und folgenden Jahre - äußerst mangelhaft und sachlich unrichtig war. Ebenso nahm er trotz der fehlerhaften Buchführung für das Jahr 1950 die Vergünstigung für den im Jahre 1949 nicht entnommenen Gewinn gemäß § 10 Abs 1 Nr 3 EinkStG 1949 in Anspruch und setzte von dem für 1950 errechneten Gewinn 1.605 DM ab.

13

Um seine Veruntreuungen wenigstens teilweise zu verschleiern, erhöhte der Angeklagte die Kassenbestände der Firma S. für die Jahre 1949 und 1950 buchungs- und bilanzmäßig willkürlich um 10.106,55 DM. Dadurch wurde auch die Gewinnberechnung entsprechend erhöht und die Steuerverkürzung teilweise wieder ausgeglichen. Unter Berücksichtigung dieser Erhöhungen hätten die nach den unrichtigen Steuererklärungen des Angeklagten errechneten Verkürzungen der Einkommensteuer, Gewerbesteuer und der Notopferabgabe - ohne Berücksichtigung der Steuerprogression (Stufenfolge des Steuertarifs) - noch insgesamt 4.869,40 DM betragen. Da es indes nicht mehr zu einer endgültigen Steuerfestsetzung gekommen ist, wurde der Angeklagte nur wegen fortgesetzter versuchter Abgabenhinterziehung verurteilt.

14

Er unterließ die Aktivierung der gegen ihn selbst gerichteten Forderungen nicht nur im eigenen Interesses sondern auch zum Vorteil der Firma S. Durch die Verlagerung der übrigen Forderungen in die Bilanzen von 1950 und 1951 wollte er die Gewinne für 1949 und 1950 niedrig halten, um dadurch die Steuern für diese Jahre unrechtmäßig zu verkürzen. Zu demselben Zweck beanspruchte er die Vergünstigungen aus § 7 EinkStDVO 1949 und § 10 Abs 1 Nr 3 EinkStG 1949, obwohl er wußte, daß die dadurch erstrebte Steuerverkürzung nicht gerechtfertigt war. Er rechnete damit, daß das Finanzamt im Vertrauen auf seinen Ruf als Steuerhelfer und auf die Versicherung der Steuerpflichtigen, daß sie ihre Erklärungen nach bestem Wissen und Gewissen richtig und vollständig abgegeben habe, die Gewinnberechnung und die Berechtigung der beanspruchten Vergünstigungen nicht nachprüfen werde. Er handelte in allen Geschäftsjahren auf Grund eines von vornherein gefaßten einheitlichen Vorsatzes.

15

Diese Feststellungen rechtfertigen den Schuldspruch. Die hiergegen erhobenen Revisionsangriffe gehen fehl.

16

Wie unter I erörtert worden ist, hat das Landgericht rechtsirrtumsfrei dargelegt, daß der Angeklagte in den Jahren 1948 bis 1950 insgesamt 35.000 DM aus dem Vermögen der Firma S. veruntreut hat. Dieser standen deshalb Schadensersatzforderungen in gleicher Höhe gegen ihn zu, die als Vermögensbestandteile (Wirtschaftsgüter im Sinne des § 4 Abs 1 EinkStG) in ihren Bilanzen in Erscheinung treten mußten. Der Angeklagte hätte sie deshalb in den zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs 1 EinkStG dem Finanzamt vorgelegten Bilanzen unter die Außenstände aufnehmen oder wenigstens als Kassenfehlbestände ersichtlich machen müssen. Die ihm dadurch drohende Gefahr der Entdeckung entband ihn hiervon nicht. Wenn ihm auch nicht zuzumuten war, sich selbst einer strafbaren Handlung zu besichtigen, so kann darum doch eine zu ihrer Verdeckung verübte weitere Straftat nicht straflos bleiben (BGHSt 2, 375 [378]). Eine so weitgehende Vergünstigung wäre gegenüber einem Rechtsbrecher, der durch eigenes Verschulden in eine Zwangslage geraten ist, aus der er sich nur durch eine neue erhebliche Verletzung der Rechtsordnung befreien zu können glaubt, selbst nach den Grundsätzen der Güter- und Pflichtenabwägung schon aus rechtsstaatlichen Erwägungen nicht zu verantworten. Eine sog. straflose Nachtat scheidet ebenfalls aus, weil durch das Steuervergehen dem durch die Vortat eingetretenen Nachteil ein weiterer Rechtsschaden hinzugefügt worden ist (BGHSt 6, 67 [BGH 22.04.1954 - 4 StR 807/53]; LM Nr 34 zu § 263).

17

Die in der Revisionsverhandlung vorgetragene Ansicht des Verteidigers, die unterbliebene Aktivierung der Schadensersatzforderungen sei steuerrechtlich bedeutungslos, weil die entnommenen Beträge auf der Passivseite der Bilanz ebenfalls hätten in Erscheinung treten müssen, wird dadurch widerlegt, daß die Entnahmen bei einer Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs 1 EinkStG dem Vermögensbestand hinzuzurechnen sind (Blümich-Falk, EinkStG 7. Aufl Anm 23 zu § 4).

18

Nach den Urteilsfeststellungen war es dem Angeklagten klar, daß die Nichtangabe der gegen ihn bestehenden Forderungen zu einer Verkürzung der Einkommen- und Gewerbesteuer sowie der Notopferabgabe führte; er billigte diesen Erfolg. Damit ist auch der zur Verurteilung wegen versuchter Steuerhinterziehung erforderliche - bedingte - Vorsatz ausreichend nachgewiesen.

19

Zu Unrecht erblickt die Revision einen Widerspruch darin, daß das Landgericht bezüglich der in der Bilanz II 48 nicht eingewiesenen Außenstände von 14.500 DM kein Steuervergehen angenommen hat, weil der Angeklagte insoweit möglicherweise keine Steuerverkürzung gewollt habe, während es für nachgewiesen erachtet hat, daß er sich durch Verlagerung der in der Bilanz 1949 nicht aktivierten Forderungen in die Bilanz des folgenden Geschäftsjahres einer versuchten Steuerhinterziehung schuldig gemacht hat. Diese Unterscheidung beruht nämlich nach den Urteilsgründen darauf, daß der Angeklagte auf Grund des Gesetzes vom 23. März 1950 (BGBl I, 45) für den Bilanzzeitraum II 48/1949 eine gemeinsame Gewinnermittlung beantragt und die Forderungen aus 1948 in der Bilanz für 1949 ausgewiesen hat, so daß bei einer Zusammenrechnung der Gewinne keine Steuerverkürzung eintreten konnte. Das war dem Angeklagten schon bei der Einrechnung der Bilanzen und Steuererklärungen für diese beiden Steuerabschnitte, am 30. November 1950, bekannt. Deshalb hat sich die Strafkammer insoweit von der Schuld des Angeklagten "nicht restlos überzeugen" können. Die Verlagerung der Außenstände aus 1949 und 1950 in die Bilanzen der folgenden Geschäftsjahre hätte dagegen zu Steuerverkürzungen für 1949 und 1950 geführt, wenn es zur endgültigen Steuerveranlagung gekommen wäre. Insoweit bot also der Sachverhalt keinen Anlaß, an der Schuld des Angeklagten zu zweifeln. Die Aufnahme dieser Außenstände in die Bilanzen der folgenden Jahre hätte die Steuerverkürzung nicht rückwirkend beseitigen können. Auch ging der Wille des Angeklagten nach den Feststellungen nicht dahin; er wollte ersichtlich mit Rücksicht auf die verschiedenartige Steuerprogression gerade die Steuern für die Bilanzzeiträume 1949 und 1950 verkürzen.

20

Ein strafbefreiender Rücktritt durch Selbstanzeige nach § 410 AbgO kommt hier nach dem Sachverhalt nicht in Betracht; § 46 Nr 2 StGB findet neben dieser Vorschrift keine Anwendung (Hartung Steuerstrafrecht 2. A. Anm VIII zu den §§ 410, 411 AbgO).

21

Ebenso unbegründet sind die Angriffe der Revision gegen die tatrichterliche Würdigung der Nachbuchungen, die keinen Verstoß gegen die Denkgesetze erkennen läßt. Auf Grund der übereinstimmenden Aussagen der Steuerbeamten Dressen und Schnapp hat das Landgericht festgestellt, daß diesen Buchungen keine Geschäftsvorgänge zugrunde lagen, der Angeklagte die Kassenbestände also "willkürlich" erhöht hat. Daraus hat es den denkgesetzlich möglichen Schluß gezogen, daß er die Verwendung der von ihm selbst verbrauchten Gelder wenigstens teilweise tarnen wollte. Diese Beweisannahme ist mit Rechtsgründen nicht anfechtbar. Die Vorgänge in der Hauptverhandlung entziehen sich überdies der Kenntnis des Revisionsgerichts, das die Richtigkeit der tatrichterlichen Feststellungen nicht nachprüfen darf. Die durch die Nachbuchungen eingetretene Erhöhung der Gewinnberechnung hat das Landgericht bei der Feststellung des Umgangs der erstrebten Steuerverkürzung zugunsten des Angeklagten berücksichtigt.

22

Auch im übrigen lassen die Urteilsausführungen im Falle Schneider keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Beschwerdeführers erkennen. Die Strafkammer hat insbesondere rechtsirrtumsfrei festgestellt, daß die Voraussetzung ordnungsmäßiger Buchführung für die beanspruchten Steuervergünstigungen nach § 7 EinkStDVO 1949 und § 10 Abs 1 Nr 3 EinkStG 1949 nicht erfüllt war, weil die im Büro des Angeklagten nach seinen Weisungen geführten Bücher der Firma wesentliche Mängel aufwiesen. Es war nämlich kein Kassabuch vorhanden, auch das Kassakonto war nicht täglich geführt worden; im Abschlußbogen waren Nachbuchungen vorgenommen. Hinzu kamen noch die erörterten bewußt unrichtigen Eintragungen und Änderungen von Belegen (vgl BFH - BStBl 1954 III, 82). Diese Mängel waren dem Angeklagten als Fachmann bekannt. Gleichwohl hat er die Absetzungen vorgenommen, weil er die Steuern zugunsten seiner Arbeitgeberin unberechtigt kürzen wollte.

23

Die Vorschrift des § 468 AbgO steht der Entscheidung des Revisionsgerichts in diesem Falle schon deshalb nicht entgegen, weil keine Steuerverkürzung eingetreten ist. Überdies ist der Beschwerdeführer nicht selbst Steuerschuldner; er würde vielmehr nur als Steuerhinterzieher nach § 112 AbgO für einen Steuerausfall haften (RG JW 1937, 403 Nr 11).

24

III.

Versuchte Steuerhinterziehung zugunsten der Gastwirtin B.

25

Am 1. Dezember 1949 übernahm der Angeklagte die Betriebs- und Steuerberatung der Gastwirtin B., Pächterin der Gastwirtschaft "Z." inH.-H. Er fand dort eine völlig unbrauchbare Buchführung vor. Ein Kassabuch fehlte; die Einnahmekladde wies Radierungen, Verbesserungen, Änderungen und Nachbuchungen auf. Über die Entnahmen war überhaupt nicht Buch geführt. Das Wareneingangsbuch enthielt keine laufenden Eintragungen. Der Angeklagte wies deshalb sein Büro zum Wiederaufbau der Buchführung an und schrieb am 9. Dezember 1949 an das Finanzamt, daß die bisherigen Einkommensteuererklärungen der Frau B. unrichtig seien, daß er alle Angaben überprüfen und die Buchhaltung ordnungsmäßig aufbauen lassen werde. Im Januar 1952 reichte er die von ihm selbst gefertigte Bilanz zum 31. Dezember 1950 nebst Gewinn- und Verlustrechnung und die Einkommen- und Gewerbesteuererklärungen für 1950 bei dem Finanzamt ein. In diesen setzte er von dem ausgewiesenen Gewinn von 1.764,24 DM einen für II 1948 errechneten Verlust von 1.581,97 DM gemäß § 10 Abs 1 Nr 4 EinkStG 1950 ab, obwohl er wußte, daß die gesetzliche Voraussetzung für einen solchen Verlustabzug - eine ordnungsmäßige Buchführung für diesen Steuerabschnitt nicht vorlag, Er wollte auf diese Weise den Gewinn für 1950 herabsetzen, um die Steuer niedrigzuhalten, und sich dadurch als Steuerhelfer in ein gutes Licht setzen. Er vertraute darauf, daß das Finanzamt die Voraussetzungen für den Verlustabzug nicht nachprüfen und antragsgemäß veranlagen werde. Alsdann wären Einkommensteuer und Notopferabgabe - ohne Progression - um 37,60 DM verkürzt worden. Dieser Erfolg trat aber nicht ein, weil es nicht zu einer endgültigen Veranlagung auf Grund der unrichtigen Steuererklärungen gekommen ist.

26

Der Schuldspruch wegen versuchter Abgabenhinterziehung ist auch in diesem Falle rechtlich nicht zu beanstanden.

27

Die Steuerermäßigung des § 10 Abs 1 Nr 4 EinkStG 1950 setzt voraus, daß der Verlust der vorangegangenen Veranlagungszeiträume auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung ermittelt werden kann. Daran fehlt es, wenn - wie im vorliegenden Falle - keine ausreichenden laufenden Aufzeichnungen für die Darstellung der Geschäftsvorgänge (Tagebuch, Kassabuch, Memorial) vorhanden sind. Spätere Berichtigungen können die Mängel nur dann heilen, wenn der Tatbestand, für den die Vergünstigung gewährt wird, in den Geschäftsbüchern noch zuverlässig verfolgt, wenn also der Verlust für II 48 aus ihnen mit Sicherheit festgestellt werden kann (Blümich-Falk, Einkommensteuergesetz, 7. Aufl S 244; Brockhoff, Einkommensteuerrecht, EinkStG § 5 Ri 53 1, 2; § 10 a Rspr 11, 12; BFH - BStBl 1952 III, 122; 1953 III, 106; 1954 III, 59, 82).

28

Dies trifft hier schon deshalb nicht zu, weil der Wiederaufbau der Buchführung mangels ausreichender schriftlicher Unterlagen weitgehend nach den mündlichen, aus dem Gedächtnis gemachten Angaben der Frau B. durchgeführt werden mußte. Die festgestellten Mängel konnten also überhaupt nicht geheilt werden. Die Buchführung wurde deshalb auch nach der Betriebsprüfung vom Juni 1952 vom Finanzamt verworfen; der spätere Steuerberater der Frau B. stellte ebenfalls noch erhebliche Mängel fest. Sie konnte also der Veranlagung nicht zugrunde gelegt werden und deshalb auch die Gewährung der beanspruchten Steuervergünstigung nicht rechtfertigen (BFE a.a.O.).

29

Nach den bindenden Urteilsfeststellungen kannte der Angeklagte die Buchungsmängel schon bei der Einreichung der Bilanz genau und wußte, daß die Voraussetzungen für den Verlustabzug und damit für die von ihm beanspruchte Steuervergünstigung nicht erfüllt waren; denn er nahm nicht nur an dem Beginn der Aufbauarbeiten teil, sondern er wurde auch während dieser Arbeiten von seinem Mitarbeiter, Diplomkaufmann H. mehrfach über alle Mängel der Buchführung unterrichtet. Er hat sie auch selbst nicht ernstlich für geheilt angesehen, wenn er auch nicht sicher voraussehen konnte, daß das Finanzamt die Bilanz später verwerfen werde. Er hat mithin vorsätzlich in Kenntnis sämtlicher Tatbestandsmerkmale der Steuerhinterziehung gehandelt. Was die Revision hiergegen vorbringt, richtet sich ausschließlich gegen die dem Tatrichter vorbehaltenen Beweiswürdigung und ist daher unbeachtlich. Das Revisionsgericht kann insbesondere nicht prüfen, welche Bekundungen der Zeuge E. in der Hauptverhandlung gemacht und ob der Tatrichter sie zutreffend gewürdigt hat.

30

IV.

Versuchte Abgabenhinterziehung zugunsten des Oberingenieurs J.

31

Der Oberingenieur J., der zahlreiche Patente auf dem Gebiet des Grubenwesens erworben hat, gründete im Jahre 1948 die "G.-Gesellschaft" in H. Sie wurde am 18. Februar 1949 in die "B.-GmbH" umgewandelt, deren alleiniger Geschäftsführer J. wurde. Während in der Bilanz vom 31. Dezember 1948 und in der Schlußbilanz der ersten Gesellschaft erhebliche Rückstellungen für Risiken enthalten waren und infolgedessen kein Gewinn errechnet worden war, wurde die Rückstellung in der Eröffnungsbilanz der GmbH, die sämtliche Aktiven und Passiven der Gesellschaft übernahm, um 20.000 DM geringer angesetzt, dafür aber der gleiche Betrag dem Stammanteilkonto des Gesellschafters Jasper gutgeschrieben, weil in Wirklichkeit kein Grund für eine so hohe Risikorückstellung gegeben war. Gleichwohl blieb dieser Stammanteil in der von der Ehefrau J. gefertigten und am 30. Dezember 1950 bei dem Finanzamt eingereichten Einkommensteuererklärung des Gesellschafters J. für II 48 und 1949 unberücksichtigt, so daß dieser nach der Bilanz keinen gewerblichen Gewinn erzielte.

32

Als der Angeklagte im Jahre 1951 die Steuerberatung von J. übernahm, befaßte er sich auch mit dieser Einkommensteuererklärung und den erwähnten Bilanzen. Er stellte fest, daß die Steuererklärung falsch war, weil der J. zugeflossene Gewinnanteil (genau 19.590 DM) nicht angegeben worden war. Am 19. Januar 1952 reichte er eine berichtigte Einkommensteuererklärung für denselben Bilanzzeitraum ein, in der er einen Baukostenzuschuß von fast 12.000 DM von dem Gehalt des Steuerpflichtigen als Geschäftsführer der GmbH absetzte, den ihm aus der aufgelösten Risikorückstellung zugeflossenen Gewinn aber unberücksichtigt ließ. Er wußte schon bei der Abgabe der berichtigten Steuererklärung, daß er dienen Betrag aktivieren mußte, unterließ dies aber, um eine niedrigere Steuerveranlagung für seinen Auftraggeber zu erreichen und sich dadurch dessen Gunst zu erwerben. Die erstrebte Verkürzung der Einkommensteuer und der Notopferabgabe würde - ohne Berücksichtigung der Steuerprogression - 6.371 DM betragen haben. Bei der Steuerfahndungsprüfung wurde die Unrichtigkeit der Angaben aufgedeckt, so daß eine endgültige Steuerveranlagung auf Grund der berichtigten Einkommensteuererklärung unterblieb.

33

Der Schuldspruch ist hier ebenfalls rechtsirrtumsfrei begründet.

34

Die Angriffe der Revision richten sich ausschließlich gegen die Richtigkeit der Urteilsfeststellungen, die sich der Nachprüfung durch das Revisionsgericht entziehen. Dieses darf insbesondere nicht prüfen, ob der Tatrichter die Zeugenaussagen richtig verstanden und vollständig verwertet hat.

35

Der Hinweis des Verteidigers in der Revisionsverhandlung, der Angeklagte habe den dem Steuerschuldner aus der Auflösung der Risikorückstellung zugeflossenen und erst im Februar 1949 auf seinem Stammanteilkonto gutgeschriebenen Betrag nicht in der Bilanz II 48 angeben können, geht schon deshalb fehl, weil der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen im Jahre 1952 eine "berichtigte Einkommensteuererklärung für II 48/1949", also für beide Steuerabschnitte zusammen - offensichtlich zur gemeinsamen Gewinnermittlung - einreichte. Die Behauptung des Verteidigers, der Angeklagte habe das auf dem Stammanteilkonto verbuchte Kapital von 19.590 DM in dieser berichtigten Steuererklärung als "Gehalt" für 1949 angegeben, findet in den Urteilsgründen keine Stütze.

36

V.

Verurteilung wegen Steuerhinterziehung in eigener Sache.

37

Der Angeklagte errechnete seinen Gewinn als Steuerhelfer nach § 4 Abs 1 EinkStG durch Betriebsvermögensvergleich. In seinen am 1. Dezember 1950 und 27. Oktober 1952 eingereichten Einkommensteuererklärungen für II 48/1949 und 1951 sowie den ihnen zugrunde liegenden, dem Finanzamt gleichzeitig vorgelegten Bilanzen gab er seine Forderungen nicht vollständig an. In der Bilanz zum 31. Dezember 1949 verschwieg er Forderungen von 4.588,92 DM, in der Bilanz vom 31. Dezember 1951 weitere Forderungen im Betrage von 7.045,96 DM. Außerdem nahm er in der Bilanz für 1949 eine Rückstellung für Büromöbel von 1.800 DM vor, die er im Jahre 1949 bestellt und für die er im Dezember 1949 schon eine Teilrechnung über 926 DM erhalten hatte; diese Teilverbindlichkeit führte er außerdem unter den Passiven auf, ohne seine Gegenforderung auf Lieferung der Möbel zu aktivieren. Dadurch erreichte er für II 48/1949 eine Verkürzung der Einkommensteuer und der Notopferabgabe um 917 DM (ohne Berücksichtigung der Steuerprogression). Für 1951 würde die Verkürzung 759 DM betragen haben. Infolge der im November 1952 bei dem Angeklagten durchgeführten Steuerfahndung kam es jedoch nicht mehr zu einer endgültigen Steuerveranlagung auf dieser Grundlage. Der Angeklagte entschloß sich daher, die bisher nicht angegebenen Forderungen in der Bilanz zum 31. Dezember 1952 nachzuaktivieren. In diesem Gesamtverhalten des Angeklagten hat das Landgericht eine fortgesetzte vorsätzliche Abgabenhinterziehung erblickt.

38

Der Schuldvorwurf wird von den bisherigen Feststellungen nicht in vollem Umfang getragen.

39

1.

Zu Unrecht wendet sich die Revision gegen die Beurteilung der Rückstellung von 1.800 DM in der Bilanz für 1949. Eine solche Rückstellung ist - abgesehen von einigen hier nicht vorliegenden Ausnahmen - grundsätzlich nur für Ungewisse Schulden zulässig, wenn es also nicht sicher ist, ob eine Schuld besteht oder wie hoch sie ist (Blümich-Falk a.a.O. S 272). Diese Voraussetzung war hier nicht erfüllt, da es sich um eine schon bestehende, bestimmte Kaufpreisschuld handelte, die der Angeklagte noch dazu zum Teil in den Passiven ausgewiesen hat, ohne die Gegenforderung zu aktivieren. Seine Einlassung, es habe sich um ein Versehen gehandelt, hat das Landgericht als unzutreffend zurückgewiesen. Nach der mit Rechtsgründen nicht angreifbaren Überzeugung des Tatrichters hat der Angeklagte eine berechtigte Rückstellung vortäuschen wollen, um seinen Gewinn zu mindern und die Einkommensteuer zu verkürzen. Er vertraute darauf, daß das Finanzamt seine Angeben nicht nachprüfen werde.

40

Die in diesem Zusammenhang erhobene Aufklärungsrüge greift nicht durch. Da der Angeklagte sich nur mit einem Versehen entschuldigte, brauchte sich dem Tatrichter die Notwendigkeit nicht aufzudrängen, den mit dem Finanzamt geführten Briefwechsel des Angeklagten beizuziehen. Ein solcher hat der Strafkammer auch ausweislich der Sitzungsniederschrift sowie nach der dienstlichen Äußerung des Vorsitzenden der Strafkammer in der Hauptverhandlung nicht vorgelegen. Die in dem Schreiben des Angeklagten an das Finanzamt, vom 2. Juni 1951 enthaltene Erklärung, bei der Rückstellung handele es sich um Büromöbel, die geliefert, aber noch nicht bezahlt seien, enthält übrigens keinen Hinweis darauf, daß außer dieser Rückstellung auch schon eine Teilverbindlichkeit in die Passiven aufgenommen, der Anspruch auf Lieferung aber nicht aktiviert worden ist.

41

2.

Möglicherweise hat das Landgericht aber den Zeitpunkt der Aktivierungspflicht hinsichtlich der in den Bilanzen nicht angegebenen Kundenforderungen verkannt.

42

Als Angehöriger eines freien Berufes hatte der Angeklagte die Wahl, ob er seinen Gewinn gemäß § 4 Abs 1 EinkStG durch Betriebsvermögensvergleich oder nach Abs 3 aus dem Überschuß der Einnahmen über die Ausgaben berechnen wollte (BFH-BStBl 1954 III, 314 Nr 243). Da er den ersten Weg wählte, mußte er allerdings auch seine Außenstände aktivieren. Nach dem allgemeinen Grundsatz, daß nur verwirklichte Gewinne als Einkommen zu versteuern sind, ist jedoch bei Forderungen aus schwebenden Geschäften der Zeitpunkt der Rechnungserteilung von wesentlicher Bedeutung. Der Angeklagte war als Steuerhelfer ebenso wie ein Arzt oder Rechtsanwalt nicht verpflichtet, Kundenforderungen, für die er noch keine Liquidation erteilt hatte, in seinen Büchern und in der Bilanz auszuweisen (Blümich-Falk a.a.O. S 151; Brockhoff a.a.O., EinkStG 6 Rspr 54 Nr 11; RFH-StuW 1931 Nr 891, 956). Das ist, soweit ersichtlich, auch die Auffassung des Bundesfinanzhofs, der sich für die Revisionsforderungen eines Handelsvertreters bereits in diesem Sinne ausgesprochen (BStBl 1954 III, 157) und die Entscheidung des Reichsfinanzhofs in StuW 1931 Nr 891 nur insoweit mißbilligt hat, als sie die "erfolgsneutrale Behandlung von Vorschüssen" zuläßt (BStBl 1954 III, 314 Nr 243). Allerdings darf der Steuerpflichtige bei der Aktivierung seiner Kundenforderungen nicht ungleichmäßig verfahren. Er darf sie also nicht bloß teilweise in den nächsten Bilanzzeitraum verlagern, etwa nur insoweit, als er sich dadurch Steuervorteile durch Ausweichen gegenüber der Progression des Steuertarifs erhofft. Auch muß er in verschiedenen Bilanzzeiträumen einheitlich vorgehen, damit nach und nach sämtliche Forderungen aktiviert werden.

43

Wie sich aus den Urteilsfeststellungen ergibt, schrieb der Angeklagte die Rechnungen für die nicht aktivierten Forderungen aus II 48/1949 erst kurz nach dem Bilanzstichtag - 31. Dezember 1949 - aus, wozu er grundsätzlich berechtigt war. Hinsichtlich der nicht ausgewiesenen Forderungen aus 1951 fehlt bisher jede Angabe über den Zeitpunkt der Rechnungserteilung. Aus den Urteilsgründen ist auch entgegen der Annahme des Nebenklägers nicht mit Sicherheit zu entnehmen, daß der Angeklagte bei der Aktivierung der Kundenforderungen ungleichmäßig verfahren ist. Die Beweisannahme der Strafkammer, daß er der Höhe nach bestimmte Forderungen "zu wenig" bzw "nicht in vollem Umfang" ausgewiesen habe, gibt hierüber keine Klarheit, weil nicht ersichtlich ist, ob sie zwischen berechneten und nicht berechneten Forderungen unterschieden hat. Nach den Urteilsgründen ist es auch nicht auszuschließen, daß der Angeklagte nur solche nicht berechneten Forderungen aktivierte, für die er schon Vorauszahlungen von seinen Kunden erhalten hatte. Da der Bundesfinanzhof - wie erwähnt - die "erfolgsneutrale Behandlung" von Vorschüssen auch bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs 1 EinkStG ablehnt, war der Angeklagte berechtigt, solche Vorauszahlungen (nach den Grundsätzen der Entscheidung vom 2. September 1954 - BStBl 1954 III, 314) zu aktivieren. Wenn er dabei bilanztechnisch unrichtig verfahren sein sollte, könnte ihn dies allein steuerrechtlich nicht belasten. Ob er beabsichtigte, die nicht angegebenen Forderungen im nächsten Bilanzzeitraum auszuweisen, hat das Landgericht ausdrücklich offengelassen.

44

Unter den erwähnten rechtlichen Gesichtspunkten hat die Strafkammer den Sachverhalt offenbar bisher nicht geprüft. Allerdings war sie hinsichtlich der Frage, ob ein Steueranspruch für II 48/1949 objektiv verkürzt worden ist, zunächst gemäß § 468 AbgO an den rechtskräftigen Einkommensteuerbescheid für diesen Zeitraum - vorbehaltlich der Entscheidung des Bundesfinanzhofs - gebunden (RGSt 63, 64;  68, 45[51]; JW 1937, 403 Nr 11; RFHE 42, 325). Mit Rücksicht auf die erörterten Bedenken gegen das Vorliegen einer objektiven Steuerverkürzung hätte sie indes die Aussetzung des Verfahrens zur Einholung der Entscheidung des Bundesfinanzhofs erwägen müssen. Dasselbe gilt für die nicht ausgewiesenen Kundenforderungen aus 1951, weil insoweit noch keine rechtskräftige Steuerveranlagung gegeben ist.

45

Vor der Einholung der Entscheidung des Bundesfinanzhofs muß der Strafrichter aber zu den subjektiven Voraussetzungen der Strafbarkeit unter Berücksichtigung der erwähnten rechtlichen Gesichtspunkte Stellung nehmen, weil er hinsichtlich der Schuldfrage durch § 468 AbgO nicht gebunden ist und mithin die Notwendigkeit, den Bundesfinanzhof anzurufen, im Falle der Verneinung eines strafrechtlichen Verschuldens entfällt (RFHE 42, 325; RGSt 69, 195 [200]).

46

Die bisherige allgemeine Feststellung zur inneren Tatseite, der Angeklagte habe die Aktivierung der Forderungen bewußt unterlassen, um die Steuern zu verkürzen, reicht nicht aus, weil bei dieser Würdigung die oben erörterten Gesichtspunkte offenbar unberücksichtigt geblieben sind. Um ein strafrechtliches Verschulden des Angeklagten festzustellen, muß noch geklärt werden, welche Vorstellungen sich der Angeklagte über den Zeitpunkt der Aktivierung von Honorarforderungen gemacht hat, gegebenenfalls aus welchen Gründen er einzelne noch nicht berechnete Forderungen in der Bilanz ausgewiesen, bei anderen dagegen davon abgesehen hat, und ob er etwa beabsichtigte, die noch nicht berechneten Forderungen ausnahmslos im nächsten Bilanzjahr auszuweisen.

47

Die erörterten Mängel nötigen zur Aufhebung des Urteils, soweit der Beschwerdeführer als Steuerpflichtiger verurteilt worden ist, in vollem Umfang, weil die Schuldfrage nur einheitlich für alle zugrunde liegenden Einzelfälle der angenommenen fortgesetzten Handlung beantwortet werden kann. In der neuen Verhandlung wird das Landgericht auch Gelegenheit haben, den in Bd IV der Steuerstrafakten befindlichen Begleitbericht zu der Bilanz 1951 vom 10. September 1952 zu berücksichtigen, in dem der Angeklagte selbst darauf hingewiesen hat, daß es sich bei den als Rechnungsabgrenzungsposten eingesetzten noch zu berechnenden Forderungen von 7.298,46 DM um Vorauszahlungen von Kunden laut Liste handele.

48

VI.

Die Strafzumessungsgründe lassen keinen den Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler erkennen.

49

Die Aufklärungsrüge ist nicht ordnungsmäßig begründet (§ 344 Abs 2 Satz 2 StPO) und daher unbeachtlich. Worin die Verletzung des § 267 StPO liegen soll, hat die Revision ebenfalls nicht vorgetragen. Diese Rüge ist daher ebenso unzulässig.

50

Ein offenbares Mißverhältnis zwischen der Strafe und dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat tritt nirgends hervor. Im Falle B. ist die erstrebte Abgabenhinterziehung zwar nur auf 37,60 DM berechnet, dabei ist aber die erhebliche Steuerprogression unberücksichtigt geblieben. Das Strafmaß hängt auch nicht allein von der Höhe der Steuerverkürzung ab, vielmehr hat die Strafkammer bei der Strafzumessung mit Recht die Intensität des strafbaren Verhaltens des Beschwerdeführers als Steuerhelfers entscheidend berücksichtigt.

51

Nach alledem muß die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Abgabenhinterziehung in eigener Sache aufgehoben werden, ferner der Gesamtstrafenausspruch. Im übrigen ist die Revision als unbegründet zu verwerfen. Die Anwendung des Straffreiheitsgesetzes 1954 scheidet schon deshalb aus, weil die für die Untreue verhängte Gefängnisstrafe von zehn Monaten bestehen bleibt.

Rotberg
Krumme
Seibert
Lang-Hinrichsen
Dr. Wiefels