Bundesgerichtshof
Urt. v. 09.12.1955, Az.: V ZR 60/54
Rechtsmittel
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 09.12.1955
- Aktenzeichen
- V ZR 60/54
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1955, 13076
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- Oberlandesgericht Nürnberg - 21.12.1953
- Landgerichts Weiden - 25.01.1952
Prozessführer
1. der Margarete E. geb. Sch., Baumeisterswitwe in M., L.str. ...,
2. a) Jürgen R. geb. ... 1937, b) Elke R. geb. ... 1939, c) Brigit R. geb. ... 1940, d) Volker R. geb. ... 1943,
3. des Hans N., Sägewerksbesitzers in Er.-He., Haus Nr. ...,
Prozessgegner
den Lederhändler Christian H. in Er.,
hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs auf die mündliche Verhandlung vom 9. Dezember 1955 unter Mitwirkung des Senatspräsidenten Dr. Tasche und der Bundesrichter Schuster, Dr. Oechßler, Dr. Großmann und Dr. Spieler
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 21. Dezember 1953 aufgehoben und dahin erkannt:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Weiden vom 25. Januar 1952 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Eheleute Heinrich und Karolina Ba. waren in allgemeiner Gütergemeinschaft Eigentümer eines Erbhofs in Er.. Am 20. Januar 1945 richtete Heinrich Ba. an das Notariat in We. folgendes Schreiben:
"Ich habe von meinem landwirtschaftlichen Anwesen in Bru.-Er. Haus Nr. ... an den Landwirt Christian H. in Er. Haus Nr. ... folgende zusammenhängende Grundstücke, die an den Besitz des H. anliegen, zwecks Arrondierung seiner Grundstücke verkauft:
Plannummer 1232 a Acker zu 0,262 ha Plannummer 1232 b Rangen zu 0,037 ha " 1232 1/2 Wiese daran 0,106 ha " 1240 1/2 Rangen daran 0,04 ha 0,445 ha Der Kaufpreis ist pro Dezimale 30 RM und ist bereits bezahlt. Auf diesen Grundstücken ist ein Wässerungsrecht ... Der Käufer hat dauernd diese Bewässerungsanlage auf seine Kosten zu unterhalten und in Stand zu setzen ...
Ich bitte diese Verbrüfung soweit vorzubereiten, daß am kommenden Freitag, den 26. Januar 1945 die notarielle Beurkundung erfolgen kann."
Nach der Bezahlung des Kaufpreises stellte Heinrich Ba. am 20. Januar 1945 eine Quittung über den Empfang von 12.000 RM für ein Grundstück Plan 1232 b, 1232 a , 1232 1/2 und 1240 1/2 aus.
Eine notarielle Beurkundung hat nicht stattgefunden. Heinrich Ba. ist am 12. Februar 1945 gestorben. Der Kläger H. hat die Grundstücke im Januar 1945 übergeben erhalten und nutzte sie seitdem landwirtschaftlich. Karolina Ba. wurde die Alleinerbin ihres Ehemannes.
Durch Kaufvertrag vom 22. August 1951 verkaufte Frau Karolina Ba. die in dem Schreiben des Heinrich Ba. vom 20. Januar 1945 genannten Grundstücke an den Spenglermeister und Landwirt Gottlieb P. in Er. um 2.500 DM.
Am 1. Oktober 1951 erwirkte der Kläger bei dem Amtsgericht Neustadt an der Waldnaab eine einstweilige Verfügung auf Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung eines Anspruchs auf Übertragung des Eigentums an den strittigen Grundstücken. Die Vormerkung wurde am 24. Oktober 1951 im Grundbuch eingetragen.
Am 11. Juni 1952 wurde Paucker als Eigentümer der Grundstücke eingetragen.
Am 21. Oktober 1953 wurde die Vormerkung gelöscht, nachdem die einstweilige Verfügung vom 1. Oktober 1951 durch Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Weiden vom 14. März 1952 aufgehoben und der Antrag auf einstweilige Verfügung zurückgewiesen worden war.
Bereits am 28. November 1951 hat der Kläger Klage gegen Frau Barthmann eingereicht, die am 6. Dezember 1951 zugestellt wurde. Am 12. Dezember 1951 ist Frau Ba. gestorben. Der Rechtsstreit wurde weiterhin auf ihren Namen geführt. Erst im Laufe des Berufungsverfahrens sind die jetzigen Beklagten als ihre Erben in den Rechtsstreit eingetreten.
Der Kläger hat vor dem Landgericht den Antrag gestellt, zu erkennen:
Die Beklagte (Karolina Ba.) ist schuldig, die Auflassung der Grundstücke Plnr 1232 a, b , 1232 1/2 und 1240 1/2 der Steuergemeinde Er. ... an den Kläger zu erklären und ihm diese zu Eigentum zu übertragen.
Für die frühere Beklagte Karolina Ba. wurde um Klagabweisung gebeten und hilfsweise beantragt, sie im Falle der Verurteilung nur Zug um Zug gegen Zahlung von 10.800 DM zu verurteilen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
In der Berufungsinstanz stellte der Kläger den Antrag:
- I.
Das Endurteil des Landgerichts vom 25. Januar 1952 wird aufgehoben.
- II.
Die Beklagten (nunmehr die Erben der Frau Ba.) sind schuldig, die Auflassung der Grundstücke ... an den Kläger zu erklären und die Eintragung der Eigentumsänderung im Grundbuch zu bewilligen.
...
Hilfsweise hat er den Antrag gestellt:
Die Beklagten sind schuldig, dem Kläger das Eigentum an den Grundstücken ... zu verschaffen.
Die Beklagten haben beantragt, die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen und hilfsweise zu erkennen:
Die Beklagten sind schuldig, die Auflassung der Grundstücke ... an den Kläger zu erklären und ihm diese zu Eigentum zu übertragen Zug um Zug gegen Zahlung von 10.800 DM durch den Kläger an die Beklagten.
Das Oberlandesgericht hat unter Aufhebung des landgerichtlichen Urteils die Beklagten verurteilt, dem Kläger das Eigentum an den strittigen Grundstücken zu verschaffen. Im übrigen wurde die Berufung des Klägers als unbegründet zurückgewiesen. Die Revision wurde zugelassen.
Mit der Revision nehmen die Beklagten ihre Berufungsanträge wieder auf, hilfsweise beantragen sie Zurückverweisung.
Der Kläger beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe:
1.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Unstreitig sei ein notarieller Vertrag über die strittigen Grundstücke nicht zustande gekommen. An sich sei ein Rechtsgeschäft, das der gesetzlich vorgeschriebenen Form, hier des §313 BGB, ermangele, nach §125 BGB nichtig. Die Beklagten könnten sich aber auf den Formmangel nicht berufen, denn es stehe ihnen die Einrede der Arglist entgegen.
Die Auffassung des Landgerichts, daß bei der Einrede der Arglist der eine Vertragsteil den anderen vorsätzlich oder fahrlässig in den Glauben versetzt haben müsse, daß eine Form nicht nötig sei, sei zu eng. Die Einrede der Arglist schlage dann durch, wenn der, der sich auf die Formnichtigkeit berufe, den Formverstoß arglistig, etwa durch die Vorspiegelung, der Vertrag bedürfe keiner Form, herbeigeführt habe. Auch die Partei, die aus Fahrlässigkeit die Nichteinhaltung der Form veranlasst habe, könne sich auf die Nichtigkeit des Vertrags nicht berufen.
Beide Voraussetzungen lägen hier nicht vor; denn beide Vertragsparteien seien sich, wie das Schreiben vom 20. Januar 1945 an das Notariat Weiden zeige, darüber einig gewesen, daß der Vertrag noch notariell beurkundet werden müsse.
Die Einrede der Arglist sei aber nicht auf die genannten Fälle beschränkt. Die Rechtsprechung habe diesen Einwand auch anerkannt, wenn die Geltendmachung der Nichtigkeit wegen Formmangels gegen die guten Sitten oder gegen Treu und Glauben verstoße. Auf die Frage der Irrtumserregung komme es dabei nicht entscheidend an. Eine Partei könne sich dann nicht von dem Vertrag lossagen, wenn dies nach dem bisherigen Verhalten der beiden Parteien mit dem allgemeinen Rechtsempfinden aller anständig und gerecht Denkenden nicht vereinbar sei. Es gehe nicht an, einen Vertragsteil an einem mündlich oder privatschriftlich geschlossenen Vertrag festzuhalten, nur weil er sich damit in Widerspruch zu seinem bisherigen Verhalten setze. Nur in Ausnahmefällen könne ein Rechtsgeschäft trotz der fehlenden Form als gültig behandelt werden, wenn es nach den gesamten Umständen Treu und Glauben widersprechen würde, Vertragsansprüche an dem Formmangel scheitern zu lassen. Das gelte auch bei der Veräusserung von Grundstücken. Diese Überlegung müsse aber im Bereich des §313 BGB seltene Ausnahme bleiben. Der Grundsatz des §242 BGB könne gegenüber der sich aus dem Formmangel grundsätzlich ergebenden Nichtigkeit nach §§313, 125 BGB nur dann durchgreifen, wenn die Verweisung auf die Nichtigkeitsfolge und deren Wirkungen auch unter Berücksichtigung der sachlichen Interessen des Grundstückseigentümers für den Vertragsgegner zu einem unzumutbaren Ergebnis führe. Es genüge nicht, daß beide Vertragsteile einen Vertrag lange Zeit als gültig behandelt hätten. Auch die beiderseitige teilweise Erfüllung des Vertrages oder ein objektives Abweichen der Vertragsparteien von ihrem früheren Verhalten könne für sich allein den Arglisteinwand nicht begründen. Es müßten weitere Umstände hinzukommen, die die Berufung auf die Nichtigkeit als untragbar erscheinen liessen. Auch das Berufungsgericht halte an diesen Grundsätzen fest.
Die Revision greift diese Erwägungen im allgemeinen nicht an. Sie möchte sich allerdings der Auffassung des Oberlandesgerichts Koblenz im Urteil vom 23. Juni 1948 (DRZ 1949, 40 = HEZ 2, 1) anschliessen, wonach aus formnichtigen Grundstücksveräusserungsverträgen weder mit Hilfe des Einwands des Rechtsmißbrauchs, noch aus Verschulden bei Vertragsabschluß, noch aus unerlaubter Handlung Auflassung oder Verschaffung des Eigentums verlangt werden kann.
Die unter Heranziehung von Schrifttum und Rechtsprechung sorgfältig begründete Auffassung des Berufungsgerichts entspricht im wesentlichen der Rechtsprechung des erkennenden Senats (BGHZ 12, 286 [304]; 16, 334 [336]; vgl. weiter BGH v 9.2.1955 - V BLw 59/54 in NJW 1955, 1065 = Ehe und Familie 1955, 171; v 3.5.1955 V BLw 75/54 in RechtdLandw 1955, 197), der sich dabei auf den Standpunkt gestellt hat, in Wirklichkeit handele es sich nicht um die Berücksichtigung eines Einwands des Geschäftsgegners - Einwands der Arglist - mit dessen Hilfe die Berufung auf den Mangel der Form unwirksam gemacht werde, sondern um eine besondere Gestaltung des Falles, angesichts deren von Amts wegen dem Mangel der Form die Rechtsfolge der Nichtigkeit mit Rücksicht auf Treu und Glauben zu versagen sei. An dieser Auffassung ist festzuhalten.
2.
Das Berufungsgericht kommt nun, von diesen Grundsätzen ausgehend, zu dem Ergebnis, selbst bei Anwendung eines strengen Maßstabs könne der Kläger der Berufung der Beklagten auf den Formmangel mit dem Einwand der Arglist begegnen. Die Erblasserin Karolina Ba. habe dem Kläger gegenüber ein Verhalten gezeigt, das als unredlich bezeichnet werden müsse, und das Berufungsgericht zieht daraus die Folgerung, der Verkauf des Grundstücks sei so zu behandeln, als ob der Kaufvertrag notariell beurkundet worden wäre. Es führt dazu im einzelnen aus:
Der Kläger und die Eheleute Ba. seien sich über den Abschluß des Kaufvertrages einig gewesen. Der Kläger habe auf den Erwerb gerade dieser Grundstücke besonderen Wert gelegt. Die Ehefrau Ba. sei bei den entscheidenden Gesprächen dabei gewesen. Der Kläger habe am 20. Januar 1945 bereits den Gesamtkaufpreis mit 12.000 RM gezahlt. Die Eheleute Ba. hätten damals einen gesteigerten Geldbedarf gehabt, da ein in B. lebender Bruder des Heinrich Ba. im Zusammenhang mit dem Tode einer Schwester Ansprüche erhoben habe. Dabei könne die unter Beweis gestellte Behauptung als richtig angenommen werden, daß Heinrich Ba. ohne weiteres ein Mehrfaches der Summe von 12.000 RM durch den Verkauf nicht benötigter beweglicher Sachen hätte aufbringen können. Die Verbriefung sei durch das Schreiben des Ehemannes vom 20. Januar 1945 schon vorbereitet gewesen, so daß ohne das Dazwischentreten besonderer Umstände mit der notariellen Beurkundung habe gerechnet werden können.
Wenn Frau Ba. nach dem Tode ihres Mannes an dem vom Kläger bereits voll erfüllten Kaufvertrag nicht mehr habe festhalten wollen, so hätte sie den Kläger alsbald von dieser Absicht verständigen müssen. Sie habe jedoch im Gegenteil in dem Kläger die Vorstellung erweckt, daß es bei der bisherigen Absprache verbleiben und demnächst zu einer entsprechenden notariellen Beurkundung kommen werde. Sie habe diesen Eindruck bei mehreren Gesprächen, letztmals im Frühjahr 1951 aufrechterhalten. Sie habe sich auch dritten Personen gegenüber in einem Sinne geäussert, der an ihrer Erfüllungsabsicht keinen Zweifel gelassen habe. Sie habe gegen die Nutzung des Grundstücks durch den Kläger keinen Einspruch erhoben und von ihm weder Pachtzins noch eine sonstige Entschädigung verlangt. Der Kläger habe sich bei diesem Verhalten darauf verlassen können, daß seine Rechtsstellung nicht durch eine unvoraussehbare Handlung der Witwe Ba. beeinträchtigt werde.
Angesichts dieser Haltung stelle es einen besonders grossen Treubruch dar, daß Frau Ba. die fraglichen Grundstücke im August 1951, also fast sieben Jahre nach ihrer Übergabe und nach Zahlung des Kaufpreises, hinter dem Rücken des Klägers an den Spenglermeister P. verkauft habe und sich von diesem noch einmal ein Entgelt habe geben lassen. Daß Frau Ba. dabei ein schlechtes Gewissen gehabt habe, zeige sich darin, daß der neue Verkauf bei einem anderen Notariat (Neustadt/Waldnaab statt Weiden), dem die früheren Vorgänge unbekannt gewesen seien, beurkundet worden sei und daß sie den Kläger erst nachträglich unterrichtet habe. Denn sie wäre verpflichtet gewesen, den Kläger rechtzeitig aufzuklären und ihm die Möglichkeit zur Ergreifung weiterer Schritte zu geben. Wenn die Beklagten nunmehr dem Kläger die Erfüllung des Kaufvertrages unter Berufung auf die Formnichtigkeit verweigerten, so geschehe dies in erster Linie, weil sie durch den notariellen Verkauf an P. gebunden seien. Dieser Verkauf sei aber besonders treuwidrig.
Ein Grundstückseigentümer, der an einem formungültigen Vertrag aus irgendwelchen Gründen nicht festhalten wolle, könne die endgültige Erfüllung des Vertrags, etwa weil er das Grundstück nicht abgeben wolle, mit Recht verweigern, und zwar selbst dann, wenn beide Parteien jahrelang von der Gültigkeit des Vertrags ausgegangen seien. Das Festhalten an den strengen Formerfordernissen des §313 BGB führe aber zu unhaltbaren Ergebnissen, wenn der Grundstückseigentümer die Formnichtigkeit des Vertrages dazu benutze, um aus dem nochmaligen Verkauf des gleichen Grundstücks unberechtigte wirtschaftliche Vorteile zu ziehen.
Das müsse mindestens dann gelten, wenn die vorgesehene notarielle Beurkundung nur aus Umständen unterblieben sei, die von dem Willen der Vertragsparteien unabhängig gewesen seien und ein Vertragsteil erst lange Zeit nach Behebung der einer Beurkundung entgegenstehenden Umstände durch sein treuwidriges Verhalten die Beurkundung verhindert habe.
Bei dieser Sachlage komme es nicht mehr entscheidend darauf an, ob der Kläger die von ihm benutzten landwirtschaftlichen Grundstücke durch das Wegfahren von Steinen besonders verbessert habe oder ob er in der Lage gewesen wäre, sein Geld vor der Währungsreform durch Ankauf von Häuten wertbeständig anzulegen. Abgesehen davon, daß eine etwaige Abwertung des Kaufpreises kein genügender Grund zur Aufrechterhaltung eines nichtigen Vertrags wäre, hätte mit dem vom Kläger angebotenen Beweis (Vernehmung des Obermeisters der Gerberinnung über die Anlegung von Geld durch Ankauf von Häuten) nicht bewiesen werden können, daß der Kläger sein Geld tatsächlich gerade in Häuten angelegt hätte.
Die Beklagten suchten die Wirksamkeit des mit dem Kläger abgeschlossenen Geschäfts durch die Behauptung in Zweifel zu ziehen, daß der Ehemann Ba. bei seiner Verkaufszusage durch seine schon damals vorhandene Erkrankung beeinflußt gewesen sei und daß er im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte die Grundstücke im Januar 1945 nie verkauft hätte. Dafür aber, daß er an geistigen Störungen gelitten habe, bestehe kein Anhaltspunkt. Auch die Abgabe von Sachwerten gegen Geld sei im Januar 1945 noch nicht so ungewöhnlich gewesen, zumal die Eheleute Ba. im damaligen Zeitpunkt Barmittel benötigt hätten.
Die Beklagten könnten sich auch nicht darauf berufen, daß Frau Ba. dem Geschäft von vornherein ablehnend gegenübergestanden habe, und daß wegen ihrer fehlenden Zustimmung ein rechtsgültiger Vertrag nicht zustandegekommen sei. Es sei unbestritten, daß die Eheleute Ba. in allgemeiner Gütergemeinschaft gelebt hätten. Der Ehemann Ba. habe daher über die Grundstücke ohne Einwilligung seiner Ehefrau nicht verfügen können. Das Verhalten der Ehefrau lasse sich aber nur als Einwilligung auffassen.
Dem Anspruch des Klägers könne auch nicht entgegengehalten werden, daß er Grundsteuer, Grunderwerbsteuer und die sich aus dem Lastenausgleich ergebenden Abgaben nicht getragen habe; denn dafür wäre Voraussetzung gewesen, daß der Kläger auch formell als Eigentümer im Grundbuch eingetragen gewesen wäre.
3.
Die Revision macht dagegen geltend, die Anwendung der vom Berufungsgericht selbst aufgestellten Regeln müsse zu einem der Ansicht des Berufungsgerichts entgegengesetzten Ergebnis führen. Die Gründe des Berufungsgerichts seien teilweise an sich nicht geeignet, die Anwendung des §242 BGB auf den vorliegenden Fall zu rechtfertigen, zum Teil seien die zugrundeliegenden Feststellungen zu beanstanden.
a)
Die Tatsache, daß die Eheleute Ba. im Jahre 1945 einen gesteigerten Geldbedarf gehabt hätten, sei belanglos; auf die Beweggründe, welche die eine und die andere Vertragspartei zum Abschluß der mündlichen Vereinbarung bewogen hätten, komme es nicht an. Dabei sieht die Revision zu Unrecht einen Widerspruch in der Unterstellung, daß Heinrich Ba. ein Mehrfaches von 12.000 RM durch den Verkauf beweglicher Sachen hätte aufbringen können, und der Feststellung, daß er Geld benötigt habe.
b)
Die Auffassung sei nicht haltbar, Frau Ba. hätte dem Kläger alsbald von der Absicht, an dem Kaufvertrag nicht festhalten zu wollen, verständigen müssen, zumal das Berufungsgericht als herrschende Meinung anführe, daß auch jahrelange Behandlung eines nichtigen Vertragsverhältnisses als gültig eine Berufung auf §242 BGB nicht gestatte.
Wenn Frau Ba. im Kläger die Vorstellung erweckt habe, daß es bei der bisherigen Absprache bleibe und es demnächst zu einer notariellen Beurkundung kommen werde, so könne dies Ansprüche aus §242 BGB nicht begründen. Die verschiedenen Unterhaltungen zwischen Frau Ba. und dem Kläger könnten nur in dem Sinn gewertet werden, daß beide Parteien die getroffenen Absprachen als einen gültigen Kaufvertrag betrachtet hätten. Daß Frau Ba. in dem Kläger die Vorstellung bewirkt habe, die Absprachen würden erfüllt, obwohl sie bereits entschlossen gewesen sei, an ihnen nicht mehr festzuhalten, sei vom Berufungsgericht nicht festgestellt. Dies wäre auch nicht möglich gewesen, da die letzten Gespräche im Frühjahr 1951 stattgefunden hätten und die Grundstücke erst im August 1951 an P. verkauft worden seien.
c)
Daraus sei nichts abzuleiten, daß der Kläger die Grundstücke ohne eine Entschädigung genutzt habe.
d)
Auch die Veräusserung der Grundstücke an P. könne Ansprüche aus §242 BGB nicht begründen. Es könne keinen Unterschied machen, ob der Veräusserer sich auf die Nichtigkeit berufe, weil er das Grundstück behalten oder weil er es an einen Dritten verkaufen wolle.
e)
Es müßten auch die Erwägungen ausscheiden, daß sich Frau Ba. von P. nochmals ein Entgelt habe geben lassen. Der Umstand, daß der neue Vertrag bei einem anderen Notariat beurkundet worden sei, rechtfertige den Schluß nicht, Frau Ba. habe ein schlechtes Gewissen gehabt. Nicht gerechtfertigt sei die Annahme, Frau Ba. habe den Kläger aufklären müssen, um ihm die Möglichkeit zu geben, weitere Schritte zu ergreifen.
f)
Eine Verletzung des §286 ZPO liege in der Annahme, Frau Ba. habe aus dem nochmaligen Verkauf derselben Grundstücke unberechtigte wirtschaftliche Vorteile erzielen wollen.
g)
Verfehlt sei die Annahme, der Kaufvertrag sei beiderseits erfüllt.
h)
Die vom Willen der Vertragsparteien unabhängigen Umstände, so Tod des Ehemannes Ba. und Schliessung des Notariats Weiden, könnten Ansprüche des Klägers aus §242 BGB nicht begründen.
i)
Es wäre auch die Genehmigung der Preisbehörde und im Januar 1945 die erbhofrechtliche Genehmigung notwendig gewesen.
k)
Eine Verpflichtung zur Verschaffung des Eigentums komme jedenfalls aus dem Gesichtspunkt des §249 BGB nicht in Betracht.
4.
Diesen Angriffen der Revision kann im Ergebnis der Erfolg nicht versagt werden. Der Kläger weist in seiner Antwort auf die Revisionsbegründung mit Recht darauf hin, daß das Verhalten der Parteien im ganzen beurteilt werden müsse, wozu allerdings die Heraushebung der einzelnen wesentlichen Tatumstände notwendig ist. Aber gerade aus der Betrachtung des ganzen Sachverhalts ergibt sich, daß dem Berufungsgericht in der Anwendung des §242 BGB auf den vorliegenden Fall nicht gefolgt werden kann.
Die Rechtsprechung auch des erkennenden Senats geht davon aus, daß im Interesse der Rechtssicherheit die Einhaltung der Form des §313 BGB notwendig ist und daß bei dem Mangel der Form nur in Ausnahmefällen die Rechtsfolge der Nichtigkeit mit Rücksicht auf Treu und Glauben zu versagen ist, wenn bei der besonderen Gestaltung des Falles eine befriedigende Lösung für die Beziehungen der Beteiligten nur bei Bejahung rechtsgeschäftlicher Bindung erreichbar erscheint; dabei sind strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BGH in NJW 1955, 1065). Die tatsächlichen Verhältnisse sind nun hier ganz anders als in den vom erkennenden Senat bereits entschiedenen Fällen. Es fehlt an der aus dem Recht der Höfeordnung (brit.Zone) hergeleiteten, von bäuerlichem Rechtsdenken stark beeinflußten Rechtslage, wie sie z.B. zwischen einem Hofeigentümer und einem für die Hofnachfolge in Betracht kommenden Abkömmling besteht, der die Gestaltung seines ganzen Lebens oder doch seiner wichtigsten Lebensjahre auf der Zusage der Hofnachfolge aufbaut (BGHZ 12, 286). Es fehlt auch das Betreuungs- und Fürsorgeverhältnis, das zwischen einem Siedlungsträger und einem Siedler besteht und auf das der erkennende Senat entscheidend abgestellt hat (BGHZ 16, 334 [BGH 18.02.1955 - V ZR 108/53]).
Im vorliegenden Falle ist ein solch besonderes Verhältnis zwischen den Vertragsparteien nicht gegeben, sondern es besteht allein das Verhältnis zwischen Verkäufer und Käufer, für das die Vorschrift des §313 BGB gerade gegeben ist. Die Vertragsparteien und wohl auch die Frau Ba. waren sich von vornherein darüber klar, daß ein mündlich abgesprochener Kaufvertrag nicht ausreicht, sondern daß eine notarielle Beurkundung notwendig ist und daß diese auch die Voraussetzung ist für die behördlichen Genehmigungen, die in den Jahren von 1945 bis 1951 vorgeschrieben waren und von denen auch die Gültigkeit eines ordnungsgemäß abgeschlossenen Vertrags abhängig war. Der förmliche Abschluß des Vertrags verzögerte sich durch die Erkrankung und den Tod des Heinrich Ba.. Es ist verständlich, daß der Kläger nach dem Tod die Erbin nicht sofort zum Abschluß gedrängt hat. In der Zeit nach dem Zusammenbruch, in der die Notariate an ihrer Tätigkeit verhindert waren, war die notarielle Beurkundung durch besondere Umstände nicht möglich. Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, daß durch diese Verzögerung etwa die Notwendigkeit der Beurkundung entfallen sei und die Vertragsparteien nach Treu und Glauben an den mündlichen Vertrag gebunden wären. Dessen war sich auch der Kläger klar bewußt, denn er versuchte später mehrmals, die Frau Ba. zur Vornahme der Beurkundung zu veranlassen. Es kann also nicht gesagt werden, daß beide Parteien jahrelang von der Gültigkeit des Vertrags ausgegangen seien. Das Berufungsgericht stellt fest, daß dabei die Frau Ba. den Eindruck erweckt habe, daß es bei der bisherigen Absprache verbleiben und demnächst zu einer entsprechenden notariellen Beurkundung kommen werde. Einer solchen Absprache, die nichts anderes als eine Bestätigung des früheren mündlichen Vertragsschlusses ist, kann aber keine stärkere Wirkung als diesem beigemessen werden. Der Kläger konnte daraus nicht eine größere Sicherheit, daß er sein Ziel erreichen werde, schöpfen, als er vorher hatte. Würde man einer anderen Auffassung zuneigen, so könnte durch einfache Bestätigung des Vertrags oder durch wiederholte Zusage, die gesetzliche Form zu erfüllen, die Formvorschrift des §313 BGB beseitigt werden. Das Verhalten der Frau Ba. stellt auch ein dauerndes Ausweichen und Hinhalten des Klägers dar und dieser war dagegen machtlos. Er mußte sich sogar sagen, daß, wenn er stärker dränge, wozu aller Anlaß gewesen wäre, er möglicherweise die Wirkung erzielen könne, daß Frau Ba. geradeheraus erkläre, sie werde den Vertrag nicht beurkunden lassen. Das Berufungsgericht sagt auch selbst, ein Grundstückseigentümer, der an dem formungültigen Verkauf eines Grundstücks nicht festhalten wolle, könne die endgültige Erfüllung des Vertrags, etwa weil er das Grundstück nicht mehr abgeben wolle, mit Recht verweigern, und zwar selbst dann, wenn beide Parteien jahrelang von der Gültigkeit des Vertrags ausgegangen seien. Dieser letzte Umstand lag aber gar nicht vor. Gerade, daß der Kläger auf den notariellen Abschluß des Vertrags drängte, zeigt, daß er sich dessen durchaus bewußt war, daß er noch keine gesicherte Stellung habe.
Das Berufungsgericht meint nun, wenn Frau Ba. auch als Eigentümerin mit den Grundstücken noch nach Belieben habe verfahren können, so sei sie im Hinblick auf die bisherigen Verhandlungen doch verpflichtet gewesen, den Kläger rechtsseitig aufzuklären und ihm damit die Möglichkeit zur Ergreifung weiterer Schritte zu geben. Die Revision fragt mit Recht, welche rechtlich zulässigen Maßnahmen der Kläger hätte ergreifen können, wenn ihm von den Verhandlungen mit P. Mitteilung gemacht worden wäre oder wenn Frau Ba. nur erklärt hätte, sie sei nicht mehr gesonnen, den mündlich vereinbarten Vertrag durch formgerechten Abschluß wirksam zu machen.
Das Berufungsgericht sieht in dem Abschluß des Vertrags mit Paucker einen besonderen Verstoß gegen die guten Sitten. Es ist richtig, daß dieses Verhalten wenig höflich, vielmehr rücksichtslos und kränkend war. Es mag sein, daß dies Frau Ba. auch als peinlich empfunden hat und daß sie deshalb diesen Vertrag statt in Weiden vor dem Notar in Neustadt/Waldnaab abgeschlossen hat, aber sachlich macht es keinen Unterschied, ob sie den zweiten Vertrag heimlich abgeschlossen hat, oder ob sie dem Kläger erklärte, daß sie den Vertrag mit ihm nicht förmlich abschliessen wolle, und dann erst den Vertrag mit P. tätigte. Die rechtliche Stellung des Klägers wurde dadurch nicht verschlechtert, da er auch bei vorheriger Kenntnis kein Mittel hatte, den zweiten Vertrag zu verhindern.
Der Umstand, daß der Kläger, wie der Frau Ba. bekannt war, großen Wert auf den Erwerb des strittigen Grundstücks legte, ist nicht von entscheidender Bedeutung. Bedenken könnten daraus entstehen, daß der Kläger den Kaufpreis bereits bei oder kurz nach dem mündlichen Abschluß des Vertrags in voller Höhe bezahlt hat. Das kann aber nicht entscheidend sein; denn sonst könnte die aus gewichtigen rechtlichen Bedürfnissen geschaffene, einen Hauptgrundsatz des Liegenschaftsrechts bildende Forderung des §313 BGB, daß Kaufverträge über Grundstücke der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung bedürfen, in allen Fällen mit Leichtigkeit umgangen werden.
Damit verliert aber auch der weitere Vorwurf, den das Berufungsgericht der Frau Ba. macht, seine Kraft, sie habe aus dem nochmaligen Verkauf derselben Grundstücke unberechtigte wirtschaftliche Vorteile ziehen wollen. Denn der Kläger hat, wenn der Vertrag mit ihm nicht zustandegekommen ist, Anspruch auf Rückgabe dessen, um was die Beklagten ungerechtfertigt bereichert sind.
Daraus, daß Frau Ba. dem Kläger die Nutzungen des Grundstücks bis 1951 belassen und von ihm weder Pachtzins noch sonst eine Entschädigung verlangt hat, kann der Kläger nicht ableiten, daß er eine solch sichere Stellung gehabt habe, daß eine befriedigende Lösung für die Beziehungen der Beteiligten nur bei Bejahung rechtsgeschäftlicher Bindung erreichbar erscheine.
Das Berufungsgericht sieht es selbst nicht als entscheidend an, daß der Kläger die von ihm benutzten Grundstücke durch Wegfahren von Steinen verbessert habe. Dem ist zuzustimmen. Diese Arbeitsleistung ist nicht so groß und die dadurch erreichte Umgestaltung des Grundstücks nicht so entscheidend, daß nur die Anerkennung der Erfüllung des förmlichen Vertrags mit Treu und Glauben vereinbar wäre. Es reicht vielmehr, worauf der Oberste Gerichtshof und der erkennende Senat (OGHZ 1, 217 [219]; BGHZ 16, 334 [BGH 18.02.1955 - V ZR 108/53] [337]) hingewiesen haben, der den Vertragsparteien auch bei nichtigem Vertrag gesetzlich gewährte Rechtsschutz aus.
In der Erwägung, ob der Kläger in der Lage gewesen wäre, sein Geld durch Ankauf von Häuten wertbeständig anzulegen, sieht das Berufungsgericht mit Recht keinen genügenden Grund zur Aufrechterhaltung eines nichtigen Vertrags.
Dem Berufungsgericht ist auch dahin beizustimmen, daß Heinrich Ba. die Grundstücke nicht ohne Zustimmung seiner mit ihm in allgemeiner Gütergemeinschaft lebenden Ehefrau habe verkaufen können und daß das Verhalten der Frau Ba. als Zustimmung zu werten sei. Darauf kommt es aber nicht an, denn auch der Ehemann Ba. war vor Abschluß des notariellen Vertrags noch nicht gebunden.
Es ist daher weder der Haupt- noch der Hilfsanspruch des Klägers begründet, so daß auf die weiteren Ausführungen des Berufungsgerichts nicht mehr einzugehen ist. Auch der Hilfsantrag der Beklagten braucht nicht geprüft zu werden.
Das Berufungsurteil war daher aufzuheben und die Berufung gegen das landgerichtliche Urteil zurückzuweisen, wobei die Kosten der Berufung und der Revision dem Kläger aufzuerlegen waren.