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Bundesgerichtshof
Urt. v. 16.12.1953, Az.: II ZR 41/53

Rechtsmittel

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
16.12.1953
Aktenzeichen
II ZR 41/53
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1953, 12069
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Stuttgart - 22.12.1952

Fundstellen

  • BGHZ 12, 1 - 10
  • DB 1954, 281 (Kurzinformation)
  • NJW 1954, 505-508 (Volltext mit amtl. LS) "Anwendung des KündigungsschutzG auf Vorstandsmitglieder einer AG"

Prozessführer

des Dr. Karl L., S., D.str. ...,

Prozessgegner

die Firma Ernst H. AG, S., H.-H.-Str. ..., vertreten durch ihren Vorstand,

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.)

    Hilfsrichter können einem Oberlandesgericht vorübergehend auch aus Gründen der Geschäftsüberlastung beigeordnet werden. Einem dauernden Bedarf an zusätzlichen Richterkräften muss die Justizverwaltung grundsätzlich durch Schaffung und Besetzung neuer Richterplanstellen abhelfen.

  2. 2.)

    Das KündigungsschutzG vom 9.7.1926 findet auf Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften keine Anwendung.

hat der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs auf die mündliche Verhandlung vom 9. Dezember 1953 unter Mitwirkung des Senatspräsidenten Dr. Canter und der Bundesrichter Dr. Selowsky, Dr. Haidinger, Dr. Fischer und Dr. Kuhn

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Stuttgart vom 22. Dezember 1952 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1

Der Kläger trat im Jahre 1937 als kaufmännischer Angestellter in die Dienste der "Ernst H. Flugzeugwerke", GmbH, R.. Nachdem er dort Ende 1939 die Stellung eines kaufmännischen Direktors erlangt hatte, wurde er in gleicher Eigenschaft in das Hauptbüro des H.-Konzerns berufen. Als sich im Frühjahr 1943 sämtliche zum H.-Konzern gehörenden Werke, darunter auch die "Ernst H. Flugzeugwerke", zur "Ernst H. Aktiengesellschaft (E.)" - der Beklagten - zusammenschlossen, wurde der Kläger bei ihr zum kaufmännischen Direktor und zum ordentlichen Vorstandsmitglied bestellt. Zur gleichen Zeit erhielt Prof. Dr. H., dem das Aktienkapital der Beklagten zu 76 % gehörte und auch heute noch gehört, den Vorsitz im Aufsichtsrat der Beklagten.

2

Die Beklagte verlegte nach dem Zusammenbruch ihren Sitz nach S., wo ihr die H.-Motorenfabrik als im Bereich der Bundesrepublik einziges Werk des früheren H.-Konzerns verblieben war. Der Kläger setzte hier zunächst seine Tätigkeit als Direktor der Hauptverwaltung fort. Nachdem die Beklagte jedoch von der Militärregierung unter Vermögenskontrolle gestellt worden war, wurde der Kläger von dem eingesetzten Treuhänder zum 31. Mai 1946 entlassen.

3

Nach Aufhebung der Kontrolle über das Vermögen der Beklagtem im Frühjahr 1949 wurden der Kläger und Prof. Dr. H. vom Amtsgericht Stuttgart zum Notvorstand der Beklagten eingesetzt. Beide wurden sodann am 29. Oktober 1949 vom Aufsichtsrat zu ordentlichen Vorstandsmitgliedern bestellt.

4

Bei dieser Gelegenheit vereinbarte Prof. Dr. H. im Namen der Beklagten mit dem Kläger ausser gewissen Nachzahlungen ein Bruttogehalt von 2.000 DM monatlich und die Erstattung einer Lebensversicherungsprämie von monatlich 514,44 DM. Hierzu erteilte der Aufsichtsrat der Beklagten seine Zustimmung.

5

Über eine bestimmte Dauer des Angestelltenverhältnisses des Klägers wurden Vereinbarungen nicht getroffen.

6

Im Juni 1950 machte der Kläger dem Aufsichtsrat der Beklagten Mitteilung von Meinungsverschiedenheiten, die zwischen ihm und Prof. Dr. H. entstanden waren und die sich nach seiner Darstellung insbesondere auf die Verknüpfung einzelner privater Geschäfte des Prof. Dr. H. mit den Interessen der Beklagten bezogen. Dies hatte zur Folge, dass das Aufsichtsratsmitglied Dr. B. die Überprüfung der privaten Geschäfte des Prof. Dr. H. zur Aufnahme in die Tagesordnung der nächsten Aufsichtsratssitzung vorschlug. Nach einem Schreiben von Prof. Dr. H. an den Aufsichtsrat, dessen Inhalt dem Kläger im wesentlichen zur Kenntnis gegeben wurde, wurde der Kläger vom Aufsichtsrat aufgefordert, seine bisher in allgemeiner Form vorgebrachten Bemerkungen durch positive Angaben zu erhärten. Der Kläger machte hierauf in einem an Dr. B. gerichteten Brief vom 3. Juli 1950 eine Reihe von Einzelangaben, die geeignet waren, Vorwurfe gegen Prof. Dr. H. zu begründen. Nachdem Prof. Dr. H. zu diesem Brief in einem Schreiben an den Aufsichtsrat Stellung genommen hatte, nahm dieser im Beisein des Klägers an Hand der Akten eine Nachprüfung der Vorgänge vor. Diese Nachprüfung führte einerseits zur aktienrechtlichen Beanstandung einiger Massnahmen von Prof. Dr. H., andererseits aber auch zu der Feststellung, dass der Kläger in mehreren Fällen selbst seine Verpflichtungen als kaufmännischer Leiter der Beklagten vernachlässigt habe. Der Kläger nahm unmittelbar hierauf nach Besprechung mit dem Aufsichtsrat Urlaub.

7

Am 18. August 1950 ging dem Kläger ein von dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats, Dr. J., unterzeichnetes Schreiben vom 14. August 1950 folgenden Inhalts zu:

"In Ausübung der mir vom Aufsichtsrat erteilten Ermächtigung kündige ich hiermit Ihr Angestelltenverhältnis zum 30. September 1950. Der Aufsichtsrat behält sich vor, die seines Erachtens bestehenden Gründe zur fristlosen Entlassung gegebenenfalls auch zur Begründung der obigen Kündigung geltend zu machen ..."

8

Der Kläger nahm seinen Dienst bei der Beklagten nicht mehr auf. Er fand Anfang Februar 1951 eine Beschäftigung bei einer anderen Firma.

9

Das vereinbarte Bruttogehalt hat der Kläger bis zum 31. August 1950, die zusätzlichen Zahlungen für die Versicheruhgsprämien im voraus bis zum 31. Dezember 1950 erhalten.

10

Der Kläger hat seine Bezüge weiter verlangt, weil die ausgesprochene Kündigung mangels wichtigen Grundes eine Entlassung zum 30. September 1950 nicht herbeigeführt habe und frühestens für den 31. März 1951 wirksam sei, da ihm Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz für ältere Angestellte vom 9. Juli 1926 zustehe.

11

Die Beklagte hält die Voraussetzungen der Kündigung wegen wichtigen Grundes für gegeben. Im übrigen vertritt sie die Auffassung, dass das Angestelltenverhältnis des Klägers auch durch ordentliche Kündigung zum 30. September 1950 aufgelöst worden sei, da das Kündigungsschutzgesetz vom 9. Juli 1926 auf Mitglieder des Vorstandes einer AG keine Anwendung finde.

12

Das Landgericht hat der Klage nur in Höhe eines für die Zeit bis zum 31. März 1951 berechneten Teilbetrages von 7.676,12 DM stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage in vollem Umgang abgewiesen.

13

Mit der Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils, während die Beklagte um Zurückweisung der Revision bittet.

Entscheidungsgründe:

14

I.

Die Revision rügt Verletzung des § 551 Nr. 1 ZPO. Sie weist darauf hin, dass an der angefochtenen Entscheidung neben einem Senatspräsidenten zwei Amtsgerichtsräte als Hilfsrichter mitgewirkt haben. Diese seien nicht, wie dies § 117 in Verbindung mit § 70 Abs. 1 GVG verlange, als Vertreter bestimmter ordentlicher Senatsmitglieder tätig gewesen. Nach den für das Jahr 1952 aufgestellten Geschäftsverteilungsplan sei die beiden Hilfsrichter als ständige Senatsmitglieder eingeteilt gewesen. Die Besetzung der oberlandesgerichtlichen Senate mit Hilfsrichtern dürfe, von den Fällen echter, notwendiger Vertretung abgesehen, nicht zu einer Dauereinrichtung werden. Demzufolge sei das Berufungsgericht in nicht vorschriftsmässiger Besetzung tätig geworden.

15

Diese Revisionsrüge kann nicht zum Erfolg führen.

16

Bestimmungen über die Zulassung von Hilfsrichtern bei den Oberlandesgerichten enthalten die § § 117, 118 GVG. Gegen die verfassungsrechtliche Gültigkeit dieser Vorschriften bestehen keine Bedenken; insbesondere steht der Mitwirkung von Hilfsrichtern bei gerichtlichen Entscheidungen nicht Art. 97 GrundG entgegen (OGHSt 2, 331 = NJW 1950, 322; BGHSt 1, 274). Während § 118 GVG die persönlichen Voraussetzungen für eine Verwendung als Hilfsrichter dahingehend erschöpfend regelt, dass zu Hilfsrichtern bei den Oberlandesgerichten abweichend von dem Grundsatz des § 10 Abs. 2 GVG nur auf Lebenszeit ernannte Richter berufen werden können, verweist § 117 GVG in diesem Zusammenhang auf die Vorschrift des § 70 Abs. 1 GVG, der die Beiziehung von Hilfsrichtern in solchen Fällen ausdrücklich regelt, in denen eine notwendige Vertretung nicht durch den Einsatz von Mitgliedern desselben Gerichts geregelt werden kann. Die Revision schliesst aus dieser Verweisung, dass hiermit auch die sachlichen Voraussetzungen einer Berufung von Hilfsrichtern abschliessend in der Weise geregelt seien, dass die Beiordnung eines Hilfsrichters nur insoweit erfolgen könne, als die notwendige Vertretung eines Gerichtsmitgliedes nicht durch ein anderes Gerichtsmitglied möglich sei. Diese auf isolierter Betrachtung und wörtlicher Auslegung des § 70 Abs. 1 GVG beruhende Auffassung ist nicht richtig. Bereits aus der Entstehungsgeschichte des § 69 GVG a.F., der dem jetzigen § 70 GVG entspricht, ergibt sich, dass die dort geregelte Beiordnung von Hilfsrichtern zur Vertretung eines oder mehrerer bestimmter Gerichtsmitglieder nur einen Anwendungsfall für die Berufung von Hilfsrichtern darstellt, dessen besondere gesetzliche Regelung erforderlich erschien, um die mit der Zuweisung von Vertretern in bestimmten Vertretungsfällen verbundene Gefahr von Eingriffen der Justizverwaltung in die Rechtspflege auszuschalten, wobei das Hauptgewicht auf die Einschaltung des Präsidiums gelegt wurde (vgl. die Ausführungen des Bundesbeauftragten L. anlässlich der 2. u 3. Beratung des GVG in Hahn, Materialien, Bd. 1 S 1228 ff, 1575). Dass es sich bei § 70 Abs. 1 GVG nur um die Ausprägung eines umfassenderen Rechtsgedankens handelt, ergibt auch die - an sich auf Oberlandesgerichte allerdings nicht anwendbare - Vorschrift des § 70 Abs. 2 GVG, welche das Fortbestehen einer Beiordnung nach Wegfall des Bedürfnisses, durch das sie veranlasst worden ist, als möglich vorausetzt. Das Reichsgericht hat daher den Standpunkt vertreten, dass die Beiordnung von Hilfsrichtern sich nicht auf den in § 70 Abs. 1 GVG ausdrücklich bezeichneten Fall der Vertretung beschränkt, sondern dass sie auch aus anderen Gründen, insbesondere aus Gründen allgemeiner Geschäftsüberlastung, vorgenommen werden kann. Es hat hierbei ausgesprochen, dass die aus solchen Gründen beigeordneten Hilfsrichter ständige Mitglieder des Kollegiums sind, dem sie zugeteilt werden (RGSt 18, 307; 22, 168; 23, 120; 42, 297; RG HRR 27 Nr. 93). Rechtslehre und Praxis haben diese Rechtsauffassung übernommen (vgl. Struckmann-Koch, Komm z ZPO u GVG 9. Aufl. § 69 Anm. 7; Gilsdorf JZ 1953, 21).

17

Wenn hiernach die Beiordnung eines Hilfsrichters auch nicht schlechtin an die Voraussetzungen des § 70 Abs. 1 GVG gebunden ist, so kann sie andererseits doch nicht aus beliebigen Gründen oder für eine von ihrem Zweck völlig losgelöste Zeitdauer erfolgen. Jede Beiordnung eines Hilfsrichters unterliegt vielmehr Beschränkungen, die sich aus den Leitgedanken des GVG ergeben. Oberste Grundsätze des Gerichtsverfassungsrechts sind Unabhängigkeit der Rechtspflege von Einflüssen der Politik und der Verwaltung (Art. 97 GrundG; § 1 GVG) und Stetigkeit der Rechtspflege. Während die richterliche Unabhängigkeit im einzelnen insbesondere durch die Bestimmungen über die Ernennung der Richter auf Lebenszeit (§ 6 GVG) und über ihre Unabsetzbarkeit und Unversetzbarkeit (§ 8 GVG) sowie über die Selbstverwaltung der Gerichte (§ § 22 a ff, 62 ff, 117, 131 GVG) gewährleistet wird, findet der Grundsatz der Stetigkeit der Rechtspflege vor allem in den Vorschriften über die Geschäftsverteilung (§ § 22 b, 63, 117, 131 GVG) und über den Vorsitz in Kammern und Senaten (§ § 62, 66, 117, 131 GVG) seinen Ausdruck. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die Beschäftigung von Hilfsrichtern an und für sich mit den vorbezeichneten Grundsätzen nicht im Einklang steht. Hilfsrichter sind zwar dann, wenn es sich, wie im vorliegenden Fall, um Richter handelt, die ihre Planstelle bei einem anderen Gericht haben, nicht in dem gleichen Masse abhängig wie Richter, die bei keinem Gericht eine Planstelle besitzen; aber auch sie können in die Gefahr geraten, sich bei ihren Entscheidungen von dem Gedanken an die Zustimmung der vorgesetzten Dienststelle beeinflussen zu lassen. Der mit der Beiordnung von Hilfsrichtern notwendigerweise verbundene häufige Wechsel in der zusammensetzung der Richterkollegien widerspricht ferner dem Grundsatz der Stetigkeit der Rechtspflege. Schliesslich ist nicht zu verkennen, dass auch das Gewicht der Entscheidungen höherer Gerichte durch häufige Beiordnung nichtplanmässiger Kräfte Einbussen erfahren kann. Diese Erwägungen führen in Verbindung mit dem Grundgedanken des § 70 Abs. 1 GVG und im Zusammenhang mit einer sinngemässen Auslegung des Begriffs "Hilfsrichter" (§ § 10 Abs. 2, 118 GVG) dazu, die Beiordnung eines Hilfsrichters in den vom Gesetz nicht ausdrücklich geregelten Fällen nur dann zuzulassen, wenn ein wirkliches, auf andere Art nicht zu befriedigendes Bedürfnis nach entsprechender Hilfeleistung vorliegt. Die Beiordnung von Hilfsrichtern kann somit grundsätzlich nur Übergangscharakter besitzen und nicht dazu dienen, einen Dauerzustand herbeizuführen. Einem dauernden Bedarf an zusätzlichen Richterkräften zur Bewilligung der anfallenden Geschäfte müsste die Justizverwaltung gemäss ihrer Verpflichtung zur Rechtsgewährung in der vom Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Weise in erster Linie durch Schaffung und Besetzung neuer Richterplanstellen abhelfen.

18

Die zu den Akten eingereichten Besetzungspläne der Senate des Oberlandesgerichts Stuttgart mit Stand vom 1. Januar 1951, 1. Januar 1952 und 1. Januar 1953 lassen erkennen, dass sämtliche Senate über die zur Mindestbesetzung erforderlichen Planstellen (§ § 115, 122 GVG) hinaus - offensichtlich aus Gründen starker Überlastung - mit Hilfsrichtern besetzt worden sind. Insbesondere waren dem in Betracht kommenden 4. Zivilsenat nach diesen Plänen neben dem Senatspräsidenten und zwei, bezw drei Oberlandesgerichtsräten ständig zwei Hilfsrichter zugeteilt, von denen in der betreffenden Zeit nur zwei Planstellen als Oberlandesgerichtsräte erlangt haben. Der Revision ist zuzugeben, dass diese Besetzung als Dauereinrichtung nicht geduldet werden kann. Aber bei der Beurteilung der Frage, ob bereits ein Dauerzustand als gegeben anzusehen ist, dürfen die ungewöhnlichen Verhältnisse der Nachkriegszeit nicht völlig ausser Betracht bleiben. Sie werden durch ein in seinen Ausmassen noch nicht dagewesenes Ansteigen der Geschäftsbelastung und durch die Notwendigkeit der Wiedereingliederung zahlreicher unter das Gesetz zu Art. 131 GrundG fallender Richterkräfte gekennzeichnet. Das und vieles mehr hat wesentlich dazu beigetragen, der Justizverwaltung den Überblick über den Bedarf an Richterplanstellen zu erschweren. Dazu kommen für die Justizverwaltung des Landes Baden-Württemberg die besonderen Übergangsschwierigkeiten, die aus der Vereinheitlichung der Justiz im Raum des ehemaligen Südweststaates, insbesondere aus der Zusammenlegung von Oberlandesgerichten, entstanden sind. Angesichts dieser Umstände war den Landesjustizverwaltungen bei der Errichtung und Besetzung neuer Richterplanstellen an den Oberlandesgerichten ein angemessener, nun aber auch sich seinem Ende zu neigender Spielraum für vorausschauende Überlegungen zuzubilligen, innerhalb dessen sie eine unter normalen Verhältnissen erforderliche Schaffung und Besetzung von Planstellen nicht vorzunehmen brauchten. Besonders den im Bezirk des Oberlandesgerichts Stuttgart vermehrt aufgetretenen Schwierigkeiten war Rechnung zu tragen. Die beiden Hilfsrichter, die das Berufungsurteil mit erlassen haben, waren somit zu Recht als ständige Mitglieder ihres Senates eingeteilt. Ihre Mitwirkung begegnet darum keinen durchgreifenden Bedenken. Auch der Umstand, dass zwei Hilfsrichter an der angefochtenen Entscheidung beteiligt waren, ist nicht erheblich, weil die Frage der Heranziehung der Richter allein vom Senatsvorsitzenden zu regeln ist (§ § 117 69 GVG).

19

II.

Die Sachrügen der Revision wenden sich in erster Linie gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, dass das Anstellungsverhältnis des Klägers durch die am 14. August 1950 ausgesprochene Kündigung schon deswegen mit dem 30. September 1950 aufgelöst worden sei, weil ein wichtiger Grund zur fristlosen Entlassung vorgelegen habe.

20

Die Berechtigung dieser Angriffe bedarf jedoch keiner Nachprüfung, da das Berufungsurteil aus einem anderen Gesichtspunkt aufrechtzuerhalten ist.

21

Das Schreiben des Aufsichtsrats der Beklagten vom 14. August 1950 ist, wie der Kläger selbst nicht in Abrede stellt, zunächst als Widerruf der Bestellung des Klägers zum Vorstandsmitglied gemäss § 75 Abs. 3 Satz 1 AktG zu werten. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bildete den wichtigen Grund für diesen Widerruf, dass Prof. Dr. H. in seiner Eigenschaft als Inhaber von 76 % des Aktienkapitals der Beklagten dem Kläger das Vertrauen entzogen hatte, wenn auch ein dahingehender ausdrücklicher Beschluss der Hauptversammlung nicht gefasst worden war. Da ein derartiger Umstand einen wichtigen Grund für den Widerruf einer Bestellung abgeben kann (vgl. Grosskomm. W. Schmidt AktG § 75 Anm. 14; Baumbach-Hueck AktG § 75 Anm. 5), eine weitergehende Nachprüfung des wichtigen Grundes aber dem Revisionsgericht grundsätzlich verschlossen ist (vgl. II ZR 76/51 = NJW 1952, 224; R.d.A. 1952, 37), sind die Ausführungen des Berufungsgerichts insoweit aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Revision führt in dieser Richtung auch keine Angriffe.

22

Das Schreiben vom 14. August 1950 enthält nach seiner ausdrücklichen Fassung eine Kündigung des der Bestellung des Klägers zugrunde liegenden Anstellungsverhältnisses. Bei dieser Kündigung handelt es sich, wie sich aus der Wahl des auf ein Vierteljähresende fallenden Kündigungstermins und der Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Wochen in Verbindung mit dem Vorbehalt, die nach Auffassung des Aufsichtsrats "bestehenden Gründe gegebenenfalls auch zur Begründung der ... Kündigung geltend zu machen", ergibt, um eine befristete, ordentliche Kündigung im Sinne des § 622 BGB. Es kommt daher in erster Linie darauf an, ob die zum 30. September 1950 ausgesprochene Kündigung fristgerecht war. Diese Frage erübrigt sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht schon wegen des Widerrufs der Vorstandsbestellung, da diese Massnahme nicht ohne weiteres zugleich die Auflösung des Anstellungsverhältnisses zur Folge hat (II ZR 142/52 v. 11.7.53 = BB 1953, 691).

23

Es kann dahingestellt bleiben, ob das Anstellungsverhältnis, das einer auf unbestimmte Zeit erfolgten Vorstandsbestellung zugrunde liegt, auch dann durch ordentliche Kündigung beendet werden kann, wenn ein Widerruf der Vorstandsbestellung noch nicht stattgefunden hat und es auch an einem wichtigen Grund für einen Widerruf fehlt (verneinend Schlegelberger Quassowski AktG § 75 Anm. 14; aM Grosskomm AktG W. Schmidt § 75 Anm. 18); denn im vorliegenden Rechtsstreit ist der Widerruf der Vorstandsbestellung bereits aus wichtigem Grund rechtswirksam erfolgt, und nach endgültigem Widerruf der Vorstandsbestellung können sich aus aktienrechtlichen Erwägungen Bedenken gegen die Zulässigkeit einer befristeten Kündigung des vom Widerruf nach § 75 Abs. 3 Satz 5 unberührt gebliebenen Anstellungsverhältnisses nicht ergeben. Das gleiche muss bei einer Kündigung gelten, die gleichzeitig mit einem aus einer anderen Grunde wirksamen Widerruf der Vorstandsbestellung vorgennomen wird. Grundsätzlich war hiernach die dem Kläger am 18. August 1950 zugegangene Kündigung geeignet, die Beendigung des Anstellungsverhältnisses herbeizuführen.

24

Die zum 30. September 1950 ausgesprochene Kündigung ist zu diesem Zeitpunkt wirksam (§ 622 BGB). Das Gesetz über die Fristen für die Kündigung von Angestellten vom 9. Juli 1926 (RGBl I, 399) gilt nicht für Vorstandsmitglieder.

25

Dieses Gesetz, durch das Kündigungsschutzgesetz vom 10. August 1951 (BGBl I, 499) unberührt geblieben, enthält Kündigungsschutzbestimmungen für "Angestellte, die nach § 1 des Versicherungsgesetzes für Angestellte versicherungspflichtig sind oder sein würden, wenn ihr Jahresarbeitsverdienst die Gehaltsgrenze nach § 3 des Versicherungsgesetzes für Angestellte nicht überstiege" (§ 1 d.G.). Voraussetzung für die Gewährung des Kündigungsschutzes ist einerseits, dass der Arbeitgeber in der Regel mehr als zwei Angestellte ausschliesslich der Lehrlinge beschäftigt, andererseits, dass der Angestellte mindestens fünf Jahre bei dem Arbeitgeber oder im Falle einer Rechtsnachfolge bei ihm und seinem Rechtsvorgänger beschäftigt gewesen ist und das 30. Lebensjahr vollendet hat (§ 2 Abs. 1 d.G.).

26

Das Reichsarbeitsgericht (RAG 4, 187 = ArbRS 7, 156 = JW 1930, 85) hat die Anwendbarkeit des Gesetzes vom 9. Juli 1926 auf Mitglieder des Vorstandes von Aktiengesellschaften mit der Begründung bejaht, dass das Gesetz den Angestelltenbegriff des § 1 nicht der freien Rechtsfindung aus den Zwecken gerade dieser Rechtsregelung überlasse, sondern auf den Angestelltenbegriff in § 1 des Versicherungsgesetzes für Angestellte verweise und diesen nur durch Beseitigung der dort gesetzten Gehaltsgrenze der Kündigungsschutzregelung anpasse. Zu den der Angestelltenversicherung unterliegenden "Angestellten in leitender Stellung" (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 AVG) seien jedoch nach der Rechtsprechung zum AVG auch gesetzliche Vertreter von Kapitalgesellschaften zu rechnen, jedenfalls soweit nicht im Einzelfall eine wesentliche wirtschaftliche Beteiligung an der Gesellschaft vorliege. Das Reichsgericht hat sich dieser Rechtsauffassung angeschlossen (HRR 1935 Nr. 1475), die auch von der Rechtslehre im allgemeinen ohne zusätzliche Begründung übernommen worden ist (vgl. Grosskomm AktG W. Schmidt in Anm. 18 z § 75; Teichmann-Köhler Anm. 5 b z § 71 AktG; Palandt Vorb z § 620 BGB Anm. 3 d). Bedenken hiergegen sind von Hueck in seiner Anmerkung zu ArbRS 7, 156 und von Nipperdey in Staud. Anm. 89 vor § 620 BGB geäussert worden. Ablehnend äussert sich Dersch in R.d.A. 1951, 212 ff. Hinsichtlich der GmbH-Geschäftsführer vertritt auch Hueck neuerdings ausdrücklich den Standpunkt, dass das Kündigungsschutzgesetz von 1926 auf sie keine Anwendung finde (Baumbach GmbHG 5. u 6. Aufl. Anh z § 35 Anm. 5 B).

27

Der Standpunkt des Reichsarbeitsgerichts kann nicht gebilligt werden.

28

Der Begriff des leitenden Angestellten ist nicht einheitlich, er wird, von Gesetzes wegen (§ § 1 Abs. 1 Nr. 1 AVG, 80 Abs. 1. Satz 2 AktG, 4 Abs. 2 c Betr VerfG, 12 KündigungsschG v. 10.8.1951) mit unterschiedlichem Sinngehalt verwendet und ist für jede der genannten Bestimmungen umstritten. Die Verweisung des KündigungsschutzG v. 9. Juli 1926 auf § 1 AVG bezieht sich daher nicht auf etwas Feststehendes und enthält darum keine eindeutige Abgrenzung.

29

Die auf § 1 AVG beruhende Bestimmung der Berufsgruppen der Angestelltenversicherung gilt auch für das Kündigungsschutzgesetz. Dagegen binden rechtskräftige Entscheidungen der Sozialgerichtsbarkeit über den Umfang der Angestelltenversicherungspflicht die Gerichte der ordentlichen und der Arbeitsgerichtsbarkeit nicht (Dersch NZfAR 1926, 582). Über der Kreis der versicherungspflichtigen Personen sind daher einander widersprechende Entscheidungen möglich. Da Personen, deren Jahresverdienst die Gehaltsgrenze des § 3 AVG übersteigt, nicht versicherungspflichtig sind, ist ihnen gegenüber eine sozialversicherungsrechtliche Entscheidung darüber, ob sie ihrer Stellung und Tätigkeit nach der Angestelltenversicherungspflicht unterliegen, unmöglich. Hier können nur die ordentlichen und die Arbeitsgerichte zur Entscheidung berufen sein. Es kann nicht angenommen werden, dass diese Entscheidung ausschliesslich nach versorgungsrechtlichen Gesichtspunkten und nicht nach dem Zweck des Kündigungsschutzgesetzes gesucht werden dürfte. Versorgungsrechtliche Gesichtspunkte können nur insoweit berücksichtigt werden, als es sich um Personen handelt, deren Jahresverdienst innerhalb der Gehaltsgrenze des § 3 AVG liegt, denn für Personen, die mehr beziehen kann die Frage nach der Angestelltenversicherungspflicht keine Bedeutung gewinnen. Insoweit kann nur für ihre Berufsgruppe die Frage nach der Angestelltenversicherungspflicht aufgeworfen und auch sie nur in einem Falle entschieden werden, bei dem sich die Bezahlung im Rahmen des § 3 AVG hält. Deshalb und angesichts des Fehlens eines für das gesamte Arbeitsrecht feststehenden, einheitlichen Angestelltenbegriffs konnte es dem Gesetzgeber mit der Verweisung auf § 1 AVG nur darauf ankommen, sich der dort vorgenommenen Aufzählung von Angestelltenkategorien zu bedienen, nicht aber darauf, anzuordnen, dass Kündigungsschutz nur zu gewähren sei, wenn der Tätigkeit und der Stellung nach ein versicherungspflichtiges Anstellungsverhältnis vorliegt. Dem Reichsarbeitsgericht kann darum nicht darin Recht gegeben werden, dass die Verweisung des Kündigungsschutzgesetzes auf das Angestelltenversicherungsgesetz die Bedeutung habe, dass der Begriff des Angestellten für den Kündigungsschutz nur nach versorgungsrechtlichen Gesichtspunkten und nicht aus den Zwecken gerade des Kündigungsschutzgesetzes abgeleitet werden dürfe.

30

Im übrigen ist keineswegs unzweifelhaft, dass die angestellten vertretungsberechtigten Organmitglieder einer juristischen Person angestelltenversicherungspflichtig sind. Das hat das Reichsversicherungsamt zwar für GmbH-Geschäftsführer angenommen, wenn sie zugleich Gesellschafter sind, ihre Tätigkeit als Geschäftsführer auf Grund eines zwischen ihnen und der GmbH bestehenden Dienstverhältnisses ausüben und sie infolge ihrer Kapitalbeteiligung (ihres Stimmrechts) keinen massgebenden (bestimmenden) Einfluss auf die Entschliessungen der GmbH haben (AN 1916, 29; 1931 IV, 201; 1932 IV, 217; 1938 IV, 384). Es hat auch die Organstellung der Mitglieder des Vorstands von Aktiengesellschaften nicht als Hinderungsgrund für die Angestelltenversicherungspflicht angesehen (AN 1932 IV, 430). Aber Dersch (R.d.A. 1951, 212 ff) verneint mit beachtlichen Gründen die Sozialversicherungspflicht von auf Grund Dienstvertrages tätig werdenden Organmitgliedern juristischer Personen. Diese Frage bedarf hier keiner Entscheidung, da, wie ausgeführt, dem Reichsarbeitsgericht darin nicht gefolgt werden kann, dass der Angestelltenbegriff für das Kündigungsschutzgesetz vom 9. Juli 1926 wegen der Verweisung auf § 1 AVG nur aus der letzteren Bestimmung gewonnen werden könne.

31

Der Zweck des Kündigungsschutzgesetzes vom 9. Juli 1926 kann vielmehr nicht ausser Betracht bleiben. Danach können mindestens Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften keinen Kündigungsschutz geniessen.

32

Das Gesetz vom 9. Juli 1926 bezweckt aus sozialpolitischen Erwägungen den Schutz der älteren Angestellten. Es ist eine rein arbeitsrechtliche Regelung, die darum auch nur für Angestellte im Sinne des Arbeitsrechts gelten kann.

33

Die Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft sind nicht Angestellte im arbeitsrechtlichen Sinne. Sie werden zwar auch angestellt (§ 75 Abs. 1 Satz 4; Abs. 3 Satz 5 AktG) und werden regelmässig auf Grund Dienstvertrages tätig. Das Dienst verhältnis besteht aber zu der von ihnen selbst geleiteten juristischen Person. Wenn sie auch nicht völlig unabhängig sind, so ist ihr Abhängigkeitsverhältnis doch grundsätzlich anders als das eines Angestellten im arbeitsrechtlichen Sinne, mag dieser auch, etwa als Prokurist, mit noch so weitgehenden Befugnissen ausgestattet sein (RG 120, 300 [303]). Sie üben selbst das Weisungsrecht des Arbeitgebers und seine sonstigen Funktionen aus, sie repräsentieren ihn. Der Vorstand einer Aktiengesellschaft handelt unter eigener Verantwortung (§ 70 Abs. 1 AktG), und der Aufsichtsrat hat kein Weisungsrecht. Dem Vorstand einer Aktiengesellschaft steht als dem vertretungsberechtigten Organ das Verfügungsrecht über die Produktionsmittel zu; im Rahmen der § § 125 ff AktG bestimmt und beeinflusst er die Gewinnverteilung. Die Vorstandsmitglieder trifft die strafrechtliche Verantwortlichkeit (§ § 294 ff AktG). Nach den § § 205 AVG, 1488, 1492, 536, 531 RVO, 103, 109 RAbgO könne sie, wenn infolge ihres Verschuldens Sozialabgaben oder Steuern nicht abgeführt werden, persönlich mit ihrem eigenen Vermögen neben der von ihnen vertretenen Aktiengesellschaft zur Haftung herangezogen werden. Streitigkeiten aus ihrem Dienstverhältnis gehören nicht vor die Arbeitsgerichte (§ 5 ArbGG). Im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes gelten sie nach ausdrücklicher Bestimmung (§ 4) nicht als Arbeitnehmer und nach § 12 KündigungsschG v 10. August 1951 kommt ihnen nicht der Schutz gegenüber sozial ungerechtfertigter Kündigung zugute. Auch die Kündigungswiderrufsklage stand ihnen im Hinblick auf § 5 ArbGG (Mansfeld ArbRS 37 LAG 135) und kraft ihrer Rechtsstellung (RAG ArbRS 45, 309 mit Anm. Hueck; LAG Braunschweig ArbRS 37, 135) nicht zu. Der Senat hat sie bereits in seiner Entscheidung vom 11.7.1953 - II ZR 126/52 - (BGHZ 10, 187 [191]) zu den selbständig Tätigen gerechnet.

34

Diese Rechtsstellung muss auch für die Frage entscheidend sein, ob sie auf Grund des Gesetzes vom 9. Juli 1926 Kündigungsschutz geniessen. Der Schutz dieses Gesetzes muss Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft kraft ihrer Rechtsstellung vorenthalten sein, mögen sie sich auch im Einzelfalle gerade im Augenblick der Kündigung in einer dem gekündigten abhängigen Angestellten vergleichbaren Lage befinden. Es kann nicht auf die Auswirkungen der Kündigung abgestellt werden, wie auch § 5 ArbGG für die Gerichtszuständigkeit nicht die Position des Vorstandsmitglieds beim Streit mit seiner Gesellschaft, sondern seine Rechtsstellung als solche entscheiden lässt. Auch die Schutzbedürftigkeit im einzelnen Fall kann nicht massgebend sein, die Lösung kann vielmehr nur aus der generellen Stellung der Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft gefunden werden. So gesehen, bedürfen sie des Schutzes des Gesetzes vom 9. Juli 1926 nicht. Kraft ihrer sozialen Stellung sind sie in ganz anderem Hasse als abhängige Arbeitnehmer in der Lage, die Bedingungen ihrer Anstellung im voraus vertraglich zu regeln und eine bestimmte Vertragsdauer oder eine bestimmte Kündigungsfrist sicher zu stellen (vgl. RAG ArbRS 45, 309 [312]). Sie können sich auch durch ihre geschäftlichen und persönlichen Beziehungen weit eher als ein älterer, lediglich in abhängiger Stellung beschäftigter Angestellter vor der Gefahr der Arbeitslosigkeit schützen und ein anderes Auskommen finden. Dazu kommt, dass sich Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft auch insoweit in einer stärkeren Rechtsstellung befinden, als eine Kündigung nach § 622 BGB nur bei vorangegangenem oder gleichzeitigem Widerruf der Vorstandsbestellung erfolgen kann. Denn der Widerruf der Vorstandsbestellung ist im Gegensatz zu § 231 Abs. 3 HGB nur noch bei wichtigem Grunde möglich (§ 75 Abs. 3 Satz 1 AktG). Die Kündbarkeit der Stellung rechtfertigt es daher nicht, Vorstandsmitgliedern den typisch arbeitsrechtlichen Schutz des Gesetzes vom 9. Juli 1926 zu gewähren. Denn, wenn sie auch durch die Kündigung des mit ihrer Organstellung verbundenen Dienstvertrages aus der Position des Arbeitgebers dieses Betriebes verdrängt werden, so ist es doch nicht angängig, ihnen dieserhalb Kündigungsschutz zu gewähren, der auch dem abhängigen Angestellten hauptsächlich kraft seiner sozialen Stellung und nicht wegen der durch die Kündigung im Einzelfalle geschaffenen Lage zukommt.

35

Die Beklagte brauchte daher für die Kündigung des Dienstverhältnisses des Klägers lediglich die in § 622 BGB festgelegte Kündigungsfrist einzuhalten. Da diese Frist beachtet wurde, ist die zum 30. September 1950 ausgesprochene Kündigung wirksam. Über diesen Zeitpunkt hinaus hat der Kläger keine Ansprüche. Unter Berücksichtigung des erhaltenen Gehaltsvorschusses und der von der Beklagten bis zum 31. Dezember 1952 erbrachten Versicherungsleistungen steht dem Kläger daher ein Anspruch nicht zu.

36

Die Revision war darum zurückzuweisen, ohne dass es darauf ankam, ob die zum 30. September 1950 ausgesprochene Kündigung auch aus wichtigem Grunde gerechtfertigt war.

37

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Dr. Canter Dr. Selowsky Dr. Haidinger Dr. Fischer Dr. Kuhn