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Bundesfinanzhof
Beschl. v. 06.08.2020, Az.: VII S 32/20 (AdV)
Zulässigkeit der gesonderten Aussetzung der Vollziehung der Festsetzung eines Ordnungs- oder Zwangsmittels
Gericht: BFH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 06.08.2020
Referenz: JurionRS 2020, 36440
Aktenzeichen: VII S 32/20 (AdV)
ECLI: ECLI:DE:BFH:2020:BA.060820.VIIS32.20.0

Verfahrensgang:

vorgehend:

FG Münster - 20.07.2020 - AZ: 10 V 1865/20 AO

Rechtsgrundlage:

FGO § 131

BFH, 06.08.2020 - VII S 32/20 (AdV)

Amtlicher Leitsatz:

NV: Gemäß § 131 Abs. 1 Satz 1 FGO hat bereits die eingelegte Beschwerde gegen die Festsetzung eines Ordnungs- oder Zwangsmittels aufschiebende Wirkung, so dass kein Rechtsschutzbedürfnis für ein (zusätzliches) Verfahren zur Herbeiführung eines Aussetzungsbeschlusses gemäß § 131 Abs. 1 Satz 2 FGO besteht.

Tenor:

Der Antrag, den Beschluss des Finanzgerichts Münster vom 20.07.2020 – 10 V 1865/20 AO auszusetzen, wird abgelehnt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller und Antragsgegner (Antragsteller) hat Einkommensteuerschulden aus den Jahren 2010 bis 2018. Sein Bankkonto wird als Pfändungsschutzkonto (P–Konto) gemäß § 850k der Zivilprozessordnung geführt. Im Mai 2018 und im Juli 2019 wurden seiner Bank Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse des Antragsgegners und Antragstellers (Finanzamt —FA—) über insgesamt rund … € zugestellt. Anschließend wurde sein Bankguthaben nach seinen Angaben von weiteren Gläubigern gepfändet. Am 12.05.2020 beantragte der Antragsteller beim Land Nordrhein-Westfalen eine Corona-Soforthilfe für Kleinstunternehmer und Soloselbständige. Mit Bescheid vom selben Tag wurden ihm die beantragte Soforthilfe als einmalige Pauschale bewilligt und 9.000 € auf das P–Konto überwiesen. Nachdem das FA das Guthaben nicht freigab, stellte der Antragsteller beim Finanzgericht (FG) den Antrag auf Vollstreckungsschutz nach § 258 der Abgabenordnung (AO) durch Erlass einer entsprechenden einstweiligen Anordnung. Mit Beschluss vom 15.06.2020 – 10 V 1604/20 AO erließ das FG die begehrte einstweilige Anordnung und verpflichtete das FA gemäß § 258 AO, der Bank innerhalb eines Arbeitstages nach Zustellung des Beschlusses anzuzeigen, dass es Verfügungen des Antragstellers über einen Betrag in Höhe von 9.000 € bis zum 12.08.2020 freigebe. Für den Fall, dass die Bank aufgrund der Pfändungs- und Einziehungsverfügungen der Jahre 2018 und 2019 zwischenzeitlich diesen Betrag oder einen Teil davon an das FA ausgezahlt habe, werde dieses verpflichtet, diesen Betrag auf das Konto des Antragstellers zurückzuüberweisen.

2

Das FG hat gegen diesen Beschluss die Beschwerde zum Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen, die vom FA mit Telefaxschreiben vom 22.06.2020 eingelegt wurde und unter dem Az. VII B 77/20 geführt wird. Außerdem hat das FA in diesem Schreiben gemäß § 131 Abs. 1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Beschlusses vom 15.06.2020 – 10 V 1604/20 AO beantragt, die das FG mit Beschluss vom 24.06.2020 – 10 V 1604/20 AO abgelehnt hat. Die Beschwerde des FA gegen den Beschluss vom 24.06.2020 – 10 V 1604/20 AO wurde als unzulässig verworfen (Senatsbeschluss vom 16.07.2020 – VII B 79/20 (AdV)). Der Antrag auf AdV des FG-Beschlusses vom 15.06.2020 – 10 V 1604/20 AO wurde mit Senatsbeschluss vom 16.07.2020 – VII S 24/20 (AdV) abgelehnt.

3

Zuvor hat das FG auf Antrag des Antragstellers in dem Beschluss vom 03.07.2020 – 10 V 1865/20 AO dem FA ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 € angedroht für den Fall, dass es bis zum 08.07.2020 der im Beschluss vom 15.06.2020 – 10 V 1604/20 AO gemäß § 258 AO ausgesprochenen Verpflichtung nicht nachkomme. Mit dem streitgegenständlichen Beschluss vom 20.07.2020 – 10 V 1865/20 AO hat das FG das Zwangsgeld festgesetzt.

4

Das FA hat gegen den Beschluss vom 03.07.2020 – 10 V 1865/20 AO, mit dem das FG das Zwangsgeld angedroht hat, am 16.07.2020 gemäß § 128 Abs. 1 FGO Beschwerde eingelegt, die unter dem Az. VII B 85/20 geführt wird, und den unter dem Az. VII S 27/20 (AdV) geführten Antrag gestellt, den Beschluss des FG Münster vom 03.07.2020 – 10 V 1865/20 AO über die Androhung des Zwangsgeldes auszusetzen.

5

Außerdem hat das FA gegen den Beschluss vom 20.07.2020 – 10 V 1865/20 AO, mit dem das FG das Zwangsgeld festgesetzt hat, am 28.07.2020 gemäß § 128 Abs. 1 FGO Beschwerde eingelegt, die unter dem Az. VII B 94/20 geführt wird, und den streitgegenständlichen Antrag gestellt, den FG-Beschluss vom 20.07.2020 – 10 V 1865/20 AO über die Festsetzung des Zwangsgeldes auszusetzen.

II.

6

Der Antrag des FA, den FG-Beschluss vom 20.07.2020 – 10 V 1865/20 AO —in dem das FG das Zwangsgeld festgesetzt hat— auszusetzen, ist abzulehnen.

7

1. Der Antrag ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses des FA unzulässig.

8

Gemäß § 131 Abs. 1 Satz 1 FGO hat bereits die Beschwerde gegen die Festsetzung eines Ordnungs- oder Zwangsmittels aufschiebende Wirkung. Eines zusätzlichen Aussetzungsbeschlusses bedarf es somit nicht. Es besteht deshalb kein Rechtsschutzbedürfnis für ein Verfahren zur Herbeiführung eines Aussetzungsbeschlusses gemäß § 131 Abs. 1 Satz 2 FGO.

9

2. Bei der streitgegenständlichen Entscheidung handelt es sich um ein Nebenverfahren zum Beschwerdeverfahren VII B 94/20, in dem keine (zusätzliche) Kostenentscheidung zu treffen ist (BFH-Beschlüsse vom 17.07.2008 – VI S 8/08, juris, und vom 17.07.2012 – X S 24/12, BFH/NV 2012, 1638, jeweils m.w.N.).

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