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Bundesfinanzhof
Beschl. v. 10.06.2010, Az.: IX B 202/09
Verfahrensmangel wegen fehlender hinreichender Begründung hinsichtlich der Wirksamkeit einer Schätzung des Finanzamtes; Überzeugungsbildung eines Gerichtes trotz fehlender ausdrücklicher Auseinandersetzung mit bestimmten Akteninhalten
Gericht: BFH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 10.06.2010
Referenz: JurionRS 2010, 20930
Aktenzeichen: IX B 202/09
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

FG München - 01.10.2009 - AZ: 11 K 175/09

Fundstelle:

BFH/NV 2010, 1841-1842

BFH, 10.06.2010 - IX B 202/09

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

1.

Die Revision ist nicht wegen fehlender Begründung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3, § 119 Nr. 6, § 105 Abs. 2 Nr. 5 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) tragen vor, das Finanzgericht (FG) habe seine Bestätigung der Wirksamkeit der Schätzung des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt) nicht hinreichend begründet; sie betrachten die Argumentationskette des FG als lückenhaft. Damit ist ein Verfahrensmangel jedoch nicht dargetan. Ein Mangel i.S. des § 119 Nr. 6 FGO liegt insbesondere dann nicht vor, wenn im Urteil Gründe übergangen werden, die das FG zwar hätte bedenken müssen, tatsächlich aber nicht bedacht hat. Von einem wesentlichen Verfahrensmangel kann vielmehr erst dann ausgegangen werden, wenn den Beteiligten die Möglichkeit entzogen ist, die getroffene Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28. April 1993 II R 123/91, BFH/NV 1994, 46, m.w.N.). Hiervon kann im Streitfall nicht ausgegangen werden.

3

2.

Auch der von den Klägern behauptete Verstoß gegen § 96 Abs. 1 FGO liegt nicht vor. Nach dieser Vorschrift hat das FG seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens, also den gesamten konkretisierten Prozessstoff, zugrunde zu legen. § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO gebietet allerdings nicht, alle im Einzelfall gegebenen Umstände im Urteil zu erörtern. Vielmehr ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass ein Gericht auch denjenigen Akteninhalt in Erwägung gezogen hat, mit dem es sich in den schriftlichen Entscheidungsgründen nicht ausdrücklich auseinandergesetzt hat (BFH-Beschluss vom 15. September 2006 IX B 209/05, BFH/NV 2007, 80, unter 3. c, m.w.N.). Insoweit kann vorliegend nicht davon ausgegangen werden, das FG hätte trotz Bezugnahme auf alle vorgelegten Unterlagen und Akten am Ende des Tatbestandes und Berücksichtigung der AfA-Höhe im Streitjahr nicht auch alle von den Klägern im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde genannten möglichen Schätzungsgrundlagen erwogen. Im Übrigen legen die Kläger nicht schlüssig dar, inwiefern ein etwaiges Übergehen von wesentlichem Akteninhalt für das angefochtene Urteil auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des FG ursächlich war. Insoweit erscheint insbesondere fraglich, ob die Beurteilung der Nichtigkeit der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung anders ausgefallen wäre, wenn das FG explizit auf die von den Klägern hervorgehobenen AfA-Sprünge in den Jahren 2003 und 2004 eingegangen wäre.

4

Aus denselben Erwägungen ist auch nicht von einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 76 Abs. 1 FGO auszugehen.

5

3.

Wenn die Kläger meinen, das FG habe eine offensichtlich rechtsfehlerhafte und insoweit willkürliche bzw. greifbar gesetzwidrige Entscheidung getroffen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 14. August 2001 IX B 57/01, BFH/NV 2002, 51; vom 28. Juni 2002 III B 28/02, BFH/NV 2002, 1474; vom 10. Februar 2010 IX B 163/09, BFH/NV 2010, 887), indem es bei der Beurteilung der Nichtigkeit der Schätzung das erkennbare Ziel verfolgt habe, Sachverhalte so zu konstruieren, dass sie die für den Steuerpflichtigen nachteiligste und zugleich auch geringste Wahrscheinlichkeit für sich hätten, fehlen hierfür nachvollziehbare Gründe. In der Sache wenden sich die Kläger gegen die materiell-rechtliche Richtigkeit der Schätzung. Damit ist jedoch ein Revisionszulassungsgrund nicht dargetan.

6

4.

Der Rechtssache kommt schließlich auch keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Diese ist schon mit dem bloßen Hinweis, die höchstrichterliche Rechtsprechung habe die herausgestellte Frage noch nicht entschieden, nicht schlüssig dargelegt. Im Übrigen wenden sich die Kläger der Sache nach gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung in die versäumte Einspruchsfrist durch das FG. Die Kläger wollen damit Fragen der konkreten Rechtsanwendung, insbesondere die Ausfüllung des Verschuldensbegriffs des § 110 der Abgabenordnung im Hinblick auf die Besonderheiten des konkreten Einzelfalls geklärt wissen. Dies kann nicht zur Revisionszulassung führen.

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