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Bundesarbeitsgericht
Beschl. v. 22.10.2019, Az.: 3 AZN 934/19
Anforderungen an die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde; Leistung eines Eigenbeitrages als Voraussetzung eines Verschaffungsanspruchs aus der betrieblichen Versorgungszusage
Gericht: BAG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 22.10.2019
Referenz: JurionRS 2019, 41205
Aktenzeichen: 3 AZN 934/19
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LAG Bremen - 17.07.2019 - AZ: 3 Sa 14/19

ArbG Bremen-Bremerhaven - 04.12.2018 - AZ: 11 Ca 11102/18

Fundstellen:

BAGE 168, 147 - 149

ArbR 2019, 615

AuR 2020, 43

BB 2019, 2867

EzA-SD 25/2019, 10

FA 2020, 16

NWB 2020, 227

NZA 2019, 1715-1716

ZAP EN-Nr. 15/2020

ZAP 2020, 30

ZTR 2020, 33

BAG, 22.10.2019 - 3 AZN 934/19

Orientierungssatz:

Ist der Arbeitgeber verpflichtet, einem Arbeitnehmer einen wertgleichen Versorgungsanspruch zu verschaffen, weil er den vorgesehenen Durchführungsweg (hier: Versicherung bei der VBL), für den der versorgungsberechtigte Arbeitnehmer einen Eigenbeitrag leisten müsste, nicht beschreiten kann, ändert das nichts an der Pflicht des Arbeitnehmers, einen Eigenbeitrag zu leisten (Rn. 4 ff.).

Amtlicher Leitsatz:

Besteht im ursprünglich zugesagten, aber nicht umsetzbaren Durchführungsweg die Pflicht des versorgungsberechtigten Arbeitnehmers zur Leistung eines Eigenbeitrags zur betrieblichen Altersversorgung, kann der Arbeitnehmer einen an diese Versorgungszusage anknüpfenden Verschaffungsanspruch nur unter Berücksichtigung eines entsprechenden Eigenbeitrags verlangen.

In Sachen

Klägerin, Berufungsklägerin und Nichtzulassungsbeschwerdeführerin,

pp.

Beklagte, Berufungsbeklagte und Nichtzulassungsbeschwerdegegnerin,

hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts am 22. Oktober 2019 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 17. Juli 2019 - 3 Sa 14/19 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird auf 365,65 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Die ausschließlich auf grundsätzliche Bedeutung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

I. Nach § 72a Abs. 1, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG kann eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision darauf gestützt werden, dass das Berufungsgericht die Revision nicht zugelassen hat, obwohl dessen Urteil eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft. Letzteres ist dann der Fall, wenn die Klärung der Rechtsfrage entweder von allgemeiner Bedeutung für die Rechtsordnung ist oder wegen ihrer tatsächlichen Auswirkungen die Interessen zumindest eines größeren Teils der Allgemeinheit berührt. Dabei ist eine Rechtsfrage eine Frage, welche die Wirksamkeit, den Geltungsbereich, die Anwendbarkeit oder den Inhalt einer Norm zum Gegenstand hat (BAG 23. Juni 2016 - 8 AZN 205/16 - Rn. 2 mwN).

3

Der Beschwerdeführer hat die nach § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG von ihm darzulegende entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu benennen und regelmäßig so präzise und konkret zu formulieren, dass sie bejaht oder verneint werden kann. Das schließt zwar im Einzelfall eine differenzierte Formulierung nicht aus, unzulässig ist aber eine Fragestellung, deren Beantwortung von den Umständen des Einzelfalls abhängt und damit auf die Antwort "Kann sein" hinausläuft (BAG 18. September 2012 - 3 AZN 952/12 - Rn. 5). Darüber hinaus sind die Klärungsbedürftigkeit, Entscheidungserheblichkeit und allgemeine Bedeutung für die Rechtsordnung und ihre Auswirkungen auf die Interessen jedenfalls eines größeren Teils der Allgemeinheit aufzuzeigen (BAG 13. August 2019 - 8 AZN 171/19 - Rn. 16 mwN).

4

II. Danach ist die Beschwerde nicht begründet. Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage:

"Ist eine Arbeitgeberin, die tarifvertraglich oder nach dem Inhalt des Arbeitsverhältnisses verpflichtet ist, ihrer Beschäftigten eine betriebliche Altersversorgung gem. § 25 TVöD-K nach Maßgabe des ATV bzw. des ATV-K zu verschaffen, diese jedoch mangels möglicher Beteiligung/Mitgliedschaft nicht bei einer Zusatzversorgungseinrichtung des öffentlichen Dienstes versichern kann, verpflichtet, der Beschäftigten eine gleichwertige Versorgung ohne Eigenbeteiligung zu verschaffen, wenn und solange eine tarif- oder arbeitsvertragliche Verpflichtung der Beschäftigten zur Erbringung eines konkreten Eigenanteils zu dem gewählten Durchführungsweg nicht besteht?",

ist nicht klärungsbedürftig. Sie ist in der Rechtsprechung des Senats (BAG 15. Mai 1975 - 3 AZR 257/74 -) geklärt. Der Senat hat im genannten Urteil - auf das sich die anzufechtende Entscheidung maßgeblich stützt - erkannt, dass ein Arbeitnehmer, der einen wertgleichen Verschaffungsanspruch verfolgt, weil der Arbeitgeber ihm eine Versorgung nach der VBL-Satzung nicht verschaffen kann, sich dort aber mit einem Eigenbeitrag hätte beteiligen müssen, auch nur einen Verschaffungsanspruch unter Berücksichtigung seines im zugesagten Durchführungsweg erforderlichen Eigenbeitrags verlangen kann (BAG 15. Mai 1975 - 3 AZR 257/74 - zu 4 der Gründe [juris-Randnummer 34]).

5

Dies wird weder durch das Wort "grundsätzlich" noch durch den nachfolgenden Absatz (BAG 15. Mai 1975 - 3 AZR 257/74 - zu 4 der Gründe [juris-Randnummer 35]) in Frage gestellt. Im konkreten Fall musste die dortige Klägerin keinen Eigenbeitrag mehr erbringen bzw. sich anrechnen lassen, weil durch den Ablauf der in § 28 VBL-Satzung in der für den damaligen Streitzeitraum maßgeblichen Fassung, die Nachentrichtung nicht entrichteter Pflichtbeiträge durch den Arbeitnehmer auf drei Monate bzw. dreizehn Wochen beschränkt war. Dies hatte zur Folge, dass auch ein unmittelbar bei der VBL versicherter Beschäftigter die Beiträge nicht (mehr) hätte erbringen müssen, sondern der Arbeitgeber. Nur in diesem Fall muss auch ein - einen Verschaffungsanspruch geltend machender - Arbeitnehmer keinen Eigenbeitrag mehr erbringen.

6

Durchgreifende Argumente dafür, dass diese Rechtsprechung unzutreffend ist, zeigt die Beschwerde nicht auf. Der Senat sieht auch keine Gründe davon abzuweichen. Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich nicht um eine Frage des Durchführungswegs und stellt sich die Frage der Finanzierung nicht lediglich im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Versorgungseinrichtung. Vielmehr geht es um die Frage der Kostenverteilung zwischen den Arbeitsvertragsparteien. Der nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG einstandspflichtige Arbeitgeber muss - wie der Senat bereits ausgesprochen hat (BAG 15. Mai 1975 - 3 AZR 257/74 - zu 4 der Gründe) - nicht mehr Kosten übernehmen als im zugesagten Durchführungsweg.

7

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 GKG.

Zwanziger
Spinner
Wemheuer
Hopfner
Schmalz

Hinweis des Senats:

Führende Entscheidung zu einer weiteren Parallelsache

Verhältnis zu bisheriger Rechtsprechung:

Bestätigung von BAG 15. Mai 1975 - 3 AZR 257/74 -

Branchenspezifische Problematik: privatisierte Unternehmen

Besonderer Interessentenkreis: Arbeitgeber und Arbeitnehmer privatisierter vormals öffentlicher Einrichtungen

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