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Zurückschiebung - Ausländerrecht

 Normen 

§ 57 AufenthG

Art. 1 Abschnitt 57 AufenthGVwV

 Information 

1. Einführung

Aufenthaltsbeendende Maßnahme des Aufenthaltsgesetzes.

Mit der Zurückschiebung wird der Aufenthalt eines illegal eingereisten Ausländers beendet.

Im Jahr 2019 kam es an den Landesgrenzen bzw. Flug- und Seehäfen zu 13.700 Zurückschiebungen.

2. Ergänzende Vorbereitungshaft

Die Zurückschiebung setzt anders als die Abschiebung weder eine Androhung noch eine Fristsetzung voraus. Sie kann unmittelbar vollzogen werden.

Zur Sicherung der Zurückschiebung wurde zuvor Sicherungshaft gemäß § 62 AufenthG verhängt. Der Vollzug dieser konnte jedoch von dem Ausreisepflichtigen z.B. durch die Stellung eines Asylantrags torpediert werden.

Um diese Regelungslücke zu schließen, wurde zum 10.12.2020 mit dem neuen § 62c AufenthG der neue Haftgrund der ergänzenden Vorbereitungshaft geschaffen. Nunmehr ist ein Ausländer, der sich entgegen einem bestehenden Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG im Bundesgebiet aufhält und keine Betretenserlaubnis nach § 11 Abs. 8 AufenthG besitzt, zur Vorbereitung einer Abschiebungsandrohung nach § 34 AsylG auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen.

Erforderlich ist dabei, dass vom Ausländer eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht oder er aufgrund eines besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses nach § 54 Abs. 1 AufenthG ausgewiesen worden ist. Ein Wettlauf zwischen Haft und Asylantragstellung, insbesondere in Konstellationen, in denen der Asylantrag voraussichtlich aus sachfremden Motiven gestellt wird, wird dadurch verhindert.

Absatz 2 regelt die Haftdauer. Diese orientiert sich an der Bestimmung des § 14 Abs. 3 AsylG, da insoweit eine vergleichbare Konstellation vorliegt. Die Regelung des Absatzes 2 Satz 3 soll in Fällen, in denen der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz des Ausländers vom Verwaltungsgericht abgelehnt wird, den Übergang von der ergänzenden Vorbereitungshaft zur Abschiebungshaft ermöglichen.

Absatz 3 legt die Haftbedingungen fest. Absatz 4 ermöglicht eine Inhaftierung ohne vorherige richterliche Anordnung bei Gefahr im Verzug, um das Untertauchen des Ausländers zu verhindern. Der Ausländer ist aber gemäß Absatz 4 Satz 2 unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Haft vorzuführen.

3. Zielländer der Zurückschiebung

Der Ausländer kann in folgende Länder zurückgeschoben werden:

  • das Land, aus dem der Ausländer eingereist ist

  • sein ursprüngliches Abreiseland

  • das Land seiner Staatsangehörigkeit

  • das Land, das ihm einen Pass ausgestellt hat

4. Voraussetzungen

Voraussetzung der Zurückschiebung ist, dass der Ausländer gemäß § 14 AufenthG unerlaubt eingereist ist. Nicht ausreichend ist eine nicht den Voraussetzungen des § 13 AufenthG entsprechende Einreise. Dass dem Ausländer durch die Grenzbehörde die Einreise gestattet wird, kann einer Zurückschiebung nicht entgegengehalten werden. Die Zurückschiebung setzt weiter voraus, dass der Ausländer gemäß § 58 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig ist.

Zu den weiteren Voraussetzungen, insbesondere den verschiedenen Formen der illegalen Einreise siehe Art. 1 Abschnitt 57 der Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz (AufenthGVwV).

Die Soll-Vorschrift des § 57 AufenthG schreibt vor, dass die Zurückschiebung i.d.R. zu erfolgen hat. Demzufolge ist es den Behörden gestattet, den besonderen Umständen des Einzelfalls Rechnung zu tragen und nur in Ausnahmefällen von der Zurückschiebung abzusehen. Einschränkungen können sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, aus humanitären Erwägungen, aber auch in Fällen besonderen öffentlichen Interesses ergeben. In den Fällen, in denen an der Grenze Passersatzpapiere oder Ausnahmevisa ausgestellt werden könnten, ist im Allgemeinen eine Zurückschiebung nicht geboten. Wird der Ausländer nicht zurückgeschoben, so teilt die Grenzbehörde dies der für den Ort der Einreise zuständigen Ausländerbehörde mit, die über den aufenthaltsrechtlichen Status des Ausländers entscheidet.

5. Zuständigkeit

Für die Festnahme, die Anordnung und Durchführung der Zurückschiebung sind die Ausländerbehörden, die Polizeien der Länder und an der Grenze die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden (Grenzbehörden) zuständig (§ 71 AufenthG).

Eine in die Zuständigkeit der Bundespolizei fallende Zurückschiebung an der Grenze ist nur gegeben, wenn der Ausländer in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit seiner unerlaubten Einreise im Grenzgebiet angetroffen wird (BGH 28.04.2011 - V ZB 239/10).

6. Zurückschiebungsverbote und -hindernisse sowie Zurückschiebungshaft

Siehe insofern die Ausführungen in Art. 1 Abschnitt 57 der Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz (AufenthGVwV).

7. Folgen

Die Zurückschiebung entfaltet die Sperrwirkung des § 11 AufenthG. Der Ausländer darf nicht in das Bundesgebiet einreisen und sich dort aufhalten. Ihm darf auch bei Vorliegen eines gesetzlichen Anspruchs kein Aufenthaltstitel erteilt werden.

 Siehe auch 

Abschiebung

Abschiebungshaft

Abschiebungsandrohung

Einreise - unerlaubte

VGH Hessen 14.11.2012 - 3 D 1815/12 (Zurückschiebung unbegleiteter Minderjähriger)

Beichel-Benedetti: Die Neuregelung der Abschiebungshaft im Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2015, 2541

Petit: Die Vertretung in Zurückschiebungshaftverfahren; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2014, 1720

Wollenschläger/Wollenschläger: Handbuch des Ausländerrechts; Loseblatt