Rechtswörterbuch

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach Themen im Rechtswörtebuch zu suchen!

Wohnung - Verfassungsrechtlicher Schutz

 Normen 

Art. 13 Abs. 1 GG

§ 123 StGB

§ 102 ff. StPO

 Information 

1. Allgemein

Der Schutz der Wohnung ist ein Grundrecht: Die Wohnung ist nach Art. 13 Abs. 1 GG unverletzlich.

2. Schutzbereich

Der Begriff der "Wohnung" ist weit auszulegen, da er im Zusammenhang mit dem Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit zu sehen ist. Es soll dem Einzelnen ein elementarer Lebensraum gewährleistet werden, der ihm ein Recht auf Ruhe ermöglicht. Zur Wohnung gehören auch ein Zelt, eine Yacht, ein Campingwagen, der Keller und die Garage.

Das Bundesverfassungsgericht hat auch Betriebs- und Geschäftsräume in den Schutzbereich des Art. 13 GG einbezogen. Nach der Entscheidung BVerfG 04.07.2006 - 2 BvR 950/05 unterliegen die Kanzleiräume des Rechtsanwalts unbedingt dem Schutz; die Frage, ob auch der Besuchsraum einer Justizvollzugsanstalt erfasst wird, wurde ausdrücklich offen gelassen.

Zur allgemeinen Abgrenzung hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt:

"Wer Träger des Grundrechts des Art. 13 Abs. 1 GG ist, entscheidet sich nicht nach der Eigentumslage, sondern grundsätzlich danach, wer Nutzungsberechtigter der Wohnung oder der Betriebs- und Geschäftsräume ist (...). Bei Geschäftsräumen kommt der Schutz des Art. 13 Abs. 1 GG dementsprechend regelmäßig nur dem Unternehmer als Nutzungsberechtigtem zugute, nicht aber den einzelnen Arbeitnehmern" (BVerfG 27.06.2018 - 2 BvR 1562/17).

Aber auch die Geltendmachung ist an Voraussetzungen geknüpft: "Dieses Nutzungsrecht steht den Partnern aber nur gemeinschaftlich zu (vgl. für die Partnerschaftsgesellschaft nach deutschem Recht §§ 718 f. BGB i.V.m. § 1 Abs. 4 PartGG). Es kann deshalb auch nur von den Gesellschaftern gemeinschaftlich oder, soweit ihre Rechtsfähigkeit anerkannt ist, von der Gesellschaft als solcher geltend gemacht werden."

Das Bundesverfassungsgesetricht hat in dem obigen Urteil zudem weiter ausgeführt, dass natürliche Personen nur dann beschwerdebefugt, sind "wenn die genutzten Räume auch als individueller Rückzugsbereich fungieren und sie deshalb der persönlichen beziehungsweise räumlichen Privatsphäre der natürlichen Person zuzuordnen sind (...). Es bedarf daher substantiierten Vortrags dazu, warum die persönliche Privatsphäre der natürlichen Person von der Durchsuchung berührt und die natürliche Person in ihrem eigenen Wohnungsgrundrecht betroffen sein soll".

3. Durchsuchungsanordnung

Wohnungsdurchsuchungen dürfen grundsätzlich nur durch einen Richter angeordnet werden und müssen bestimmte Anforderungen erfüllen:

"Zur Rechtfertigung eines Eingriffs in die Unverletzlichkeit der Wohnung zum Zwecke der Strafverfolgung ist daher der Verdacht erforderlich, dass eine Straftat begangen wurde. Dieser Anfangsverdacht muss auf konkreten Tatsachen beruhen; vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen reichen nicht aus. (...)

Eine Wohnungsdurchsuchung wegen des Verdachts der Geldwäsche setzt voraus, dass ein Anfangsverdacht nicht nur für die Geldwäschehandlung vorliegt, sondern auch für das Herrühren des Vermögensgegenstands aus einer Katalogvortat im Sinne von § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB gegeben ist" (BVerfG 31.01.2020 - 2 BvR 2992/14).

Nach einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG 28.09.2004 - 2 BvR 2105/03) kann die Verwendung von Formularen zu einer oberflächlichen Darlegung der Gründe des richterlichen Durchsuchungsbeschlusses führen, bei der zweifelhaft bleibt, ob eine eigenverantwortliche richterliche Überprüfung des Sachverhalts stattgefunden hat.

Keiner richterlichen Durchsuchungsanordnung bedarf es bei behördlichen Besichtigungs- und Betretungsrechten, so z.B. bei der Reinigung der Heizungsanlage durch den Schornsteinfeger (OVG Rheinland-Pfalz 29.04.2003 - 6 B 10703/03) oder der Abnahme eines Bauwerks durch die Bauaufsichtsbehörde (BVerwG 07.06.2006 - 4 B 36/06).

4. Strafbarkeit

Wer in die Wohnung eines anderen widerrechtlich eindringt oder im Fall des unbefugten Aufenthalts in der Wohnung auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt, macht sich des Hausfriedensbruchs nach § 123 StGB strafbar.

 Siehe auch 

Durchsuchung

BVerfG 04.02.2005 - 2 BvR 308/04 (Durchsuchung der Wohnung ohne richterliche Anordnung und Beschlagnahme eines Mobiltelefons)

Abram: Zwangsweiser Zutritt des Betreuers zur Wohnung des Betroffenen und Befugnis zur Entrümpelung; FamRZ (Zeitschrift für das gesamte Familienrecht) 2004, 11

Kruis/Wehowsky: Verfassungsgerichtliche Leitlinien zur Wohnungsdurchsuchung; NJW (Neue Juristische Wochenschrift) 1999, 682

Stern/Becker: Grundrechte-Kommentar; 4. Auflage 2022

Wesser: Der Schutz der räumlichen Privatsphäre bei Wohnungsdurchsuchungen nach den §§ 758, 758a ZPO NJW (Neue Juristische Wochenschrift) 2002, 2138