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Wasserhaushaltsrecht

 Normen 

WHG

BT-Drs. 18/10879 (zu den im Januar 2018 in Kraft getretenen Änderungen des WHG)

Wasserhaushaltsgesetze der Länder

BRPHV

RL 2006/11

RL 2006/118

2007/60

 Information 

1. Allgemein

Zweck des Wasserhaushaltsgesetzes ist es, durch eine nachhaltige Gewässerbewirtschaftung die Gewässer als Bestandteil des Naturhaushalts, als Lebensgrundlage des Menschen, als Lebensraum für Tiere und Pflanzen sowie als nutzbares Gut zu schützen.

Die wassergesetzlichen Regelungen des Bundes unterliegen, soweit sie nicht stoff- oder anlagenbezogen sind, als konkurrierende Gesetzgebung der Abweichungsbefugnis der Länder. Gemäß Art. 72 Absatz 3 Satz 3 GG hat abweichendes Landesrecht aber nur Vorrang, wenn es später als die Bundesregelung erlassen worden ist.

Hinweis:

Dies ist in Niedersachsen mit dem NWG geschehen, das in den §§ 14, 39, 41, 52, 70, 82 und 87 zum Teil inhaltlich von dem WHG des Bundes abweicht.

Auch Bayern (BGBl 2012, Seite 2176 - Heft 49; BGBl 2015, Seiten 153 ff. sowie BGBl 2020, Seiten 319 ff. - Heft 9), Bremen (BGBl 2011, Seite 1010 - Heft 26), Hessen (BGBl 2011, Seite 607 - Heft 16), Rheinland-Pfalz (BGBL 2016, Seite 715 - 716), Sachsen (BGBl 2014, Seite 112 - Heft 7), Sachsen-Anhalt (BGBl 2010, Seite 567 - Heft 15); Schleswig-Holstein (BGBl 2010, Seite 1501 - Heft 55 sowie BGBL 2019, 2595 - 2596) und Thüringen (BGBL 2020, Seite 422 - Heft 10) haben in ihren Wassergesetzen Abweichungen festgelegt.

2. Hochwasserschutz

Der Hochwasserschutz wurde zum im Januar 2018 mit den folgenden Klarstellungen und Änderungen des WHG, die auf eine Beschleunigung der Verfahren zur Schaffung von Hochwasserschutzanlagen abzielen, reformiert:

  • Es besteht in § 99a WHG für die Zwecke des Hochwasserschutzes, aber auch für Zwecke des Gewässerschutzes an Grundstücken in bestimmten Gebieten und an Grundstücken, die für bestimmte Maßnahmen des Hochwasserschutzes benötigt werden, ein Vorkaufsrecht für die Länder.

  • Es wird in § 71 Absatz 2 WHG klargestellt, dass die Enteignung zulässig ist, sofern ein Grundstück für den Küsten- oder Hochwasserschutz benötigt wird und andere einvernehmliche Lösungen der Eigentumsübertragung ausscheiden.

  • In Eilfällen, in denen das Enteignungsverfahren nicht abgewartet werden kann, wird in § 71a WHG auch eine vorzeitige Besitzeinweisung ermöglicht.

  • In § 77 WHG wird zum einen klargestellt, dass die Kommunen die Möglichkeit einer vorsorglichen Bevorratung von Rückhalteflächen haben. Zum anderen stellt § 77 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 WHG ausdrücklich klar, dass eine Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahme nach § 16 Absatz 1 BNatSchG bzw. nach § 15 Absatz 2 BNatSchG zugleich Ausgleichsmaßnahme im Sinne des § 77 Abs. 1 S. 2 (Neu) WHG sein kann.

Es ist folgende Änderung der VwGO geregelt, die auf eine Beschleunigung der Gerichtsverfahren abzielt: Für Klagen gegen Planfeststellungsverfahren für Maßnahmen des öffentlichen Hochwasserschutzes gilt nach § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 10 (neu) VwGO nur ein zweistufiges Rechtsschutzverfahren (Oberverwaltungsgericht, Bundesverwaltungsgericht).

Es sind folgende materielle Änderungen des WHG zur Verbesserung des Hochwasserschutzes geregelt:

  • Durch die Änderung in § 78 Absatz 3 WHG wird klargestellt, welche Belange in der bauleitplanerischen Abwägung insbesondere zu berücksichtigen sind: die Vermeidung nachteiliger Auswirkungen auf Ober- und Unterlieger, die Vermeidung einer Beeinträchtigung des bestehenden Hochwasserschutzes und die hochwasserangepasste Errichtung von Bauvorhaben.

  • Es wird in mehreren Vorschriften des § 78 und des § 78a WHG klargestellt, dass bei der Erteilung von Ausnahmen von bestimmten baurechtlichen Verboten im WHG auch Auswirkungen auf die Nachbarschaft zu prüfen sind. Der drittschützende Charakter der Regelungen zu Überschwemmungsgebieten war zuvor umstritten. Als Nachbarschaft sind dabei nicht nur die unmittelbaren Grundstücksnachbarn, sondern alle diejenigen anzusehen, deren verfassungsrechtlich geschützte Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit oder Eigentum durch die Erteilung einer Ausnahme von den in Überschwemmungsgebieten geltenden Verboten mehr als nur geringfügig beeinträchtigt sein können. Dieser - im Einzelfall zu bestimmende - Personenkreis erhält damit das Recht, Ausnahmeentscheidungen, die z.B. zu einer Verschlechterung der Hochwassersituation auf ihrem Grundstück führen können, einer gerichtlichen Überprüfung zu unterziehen.

  • Es wird in § 78 Absatz 7 WHG klargestellt, dass bauliche Anlagen der Verkehrsinfrastruktur nur hochwasserangepasst errichtet werden dürfen.

  • Es wird in § 78c WHG ein Verbot für die Errichtung neuer Heizölverbraucheranlagen in Überschwemmungsgebieten geregelt, wenn andere alternative Energieträger zu vertretbaren Kosten zur Verfügung stehen. Vorhandene Heizölverbraucheranlagen in Überschwemmungsgebieten sind innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten und Heizölverbraucheranlagen in Risikogebieten außerhalb von Überschwemmungsgebieten sind innerhalb von 15 Jahren nach Inkrafttreten hochwassersicher nachzurüsten. Wird eine Heizölverbraucheranlage vor Ablauf dieser Fristen wesentlich geändert, so muss die Anlage bereits bei der wesentlichen Änderung hochwassersicher nachgerüstet werden. Die Schäden an und durch Ölheizungen machen einen großen Teil der Schadensumme eines Hochwassers aus. Vergangene Hochwasserereignisse haben gezeigt, dass bis zu 70 % der Sachschäden an Gebäuden durch ausgetretenes Heizöl verursacht wurden.

  • Es besteht mit § 78a Absatz 3 WHG eine Regelung eingeführt, wonach bei einer unmittelbar bevorstehenden Hochwassergefahr, Gegenstände nach Absatz 1 Nummer 4 unverzüglich aus dem Gefahrenbereich zu entfernen sind. Bei den vergangenen Hochwasserereignissen hat sich immer wieder gezeigt, dass auch die kurzfristige Lagerung der genannten Gegenstände zu immensen Schäden führen kann.

  • Es werden in § 78b WHG der jeweiligen Risikolage angepasste und angemessene Schutzmaßnahmen auch in Risikogebieten verlangt, die außerhalb der festgesetzten Überschwemmungsgebiete liegen. Dafür bedarf es keiner neuen Ausweisung von Gebieten, sondern es kann auf die vorhandenen Risiko- und Gefahrenkarten nach § 74 WHG zurückgegriffen werden. Es hat sich bei den Hochwasserereignissen der Jahre 2002 und 2013 gezeigt, dass erhebliche Hochwasserschäden auch in Gebieten entstehen können, die erst bei einem Hochwasser überschwemmt werden, mit dem weniger als einmal in 100 Jahren zu rechnen ist, aber auch in Gebieten, die hinter bestimmten Hochwasserschutzanlagen liegen. Es ist daher erforderlich, dass auch in solchen Risikogebieten Maßnahmen der Hochwasservorsorge getroffen werden.

  • Es wurde eine Kategorie der "Hochwasserentstehungsgebiete" in § 78d WHG eingeführt. Die Kriterien für die Ausweisung solcher Gebiete legen die Länder fest. Hierbei haben sie ausreichende Spielräume. Die Wasserversickerungs- und Wasserrückhaltefähigkeit der Gebiete, in denen die erhöhte Wahrscheinlichkeit von Starkniederschlägen besteht, ist von großer Bedeutung für das Entstehen bzw. die Höhe von Hochwasser. Es werden daher Möglichkeiten geschaffen in diesen Gebieten das Wasserversickerungs- und Wasserrückhaltevermögen zu erhalten oder zu verbessern (z.B. durch Maßnahmen der Bodenentsiegelung und der Aufforstung). Außerdem ist in den genannten besonders gefährdeten Gebieten eine zusätzliche Vorkontrolle in Form einer Genehmigungspflicht für bestimmte Vorhaben vorgesehen, die zu einer Erhöhung des Hochwasserrisikos in signifikanter Weise beitragen können.

Länderübergreifender Hochwasserschutz:

Gemäß § 1 der Verordnung über die Raumordnung im Bund für einen länderübergreifenden Hochwasserschutz (BRPHV) werden für den länderübergreifenden Hochwasserschutz im Bundesgebiet die Ziele und Grundsätze der Raumordnung gemäß der Anlage zu der Verordnung als Raumordnungsplan festgelegt.

3. Wasserdienstleistungen und der Wassernutzungen

In § 3 Nrn. 16 und 17 WHG befinden sich die Begriffsdefinitionen der Wasserdienstleistungen und der Wassernutzungen gemäß der Vorgabe der RL 2000/60:

  • Wasserdienstleistungen sind folgende Dienstleistungen für Haushalte, öffentliche Einrichtungen oder wirtschaftliche Tätigkeiten jeder Art:

    • Entnahme, Aufstauung, Speicherung, Behandlung und Verteilung von Wasser aus einem Gewässer.

    • Sammlung und Behandlung von Abwasser in Abwasseranlagen, die anschließend in oberirdische Gewässer einleiten.

  • Wassernutzungen sind alle Wasserdienstleistungen sowie andere Handlungen mit Auswirkungen auf den Zustand eines Gewässers, die im Hinblick auf die Bewirtschaftungsziele nach den §§ 27 bis 31, 44 und 47 WHG signifikant sind.

 Siehe auch 

Bodenschutz

Fracking

Gewässerbenutzung

Gewässerschutz

Gewässerschutz - wassergefährdenden Stoffen

Faßbender: Der Hochwasserschutz an Hafenstandorten; Zeitschrift für Wasserrecht - ZfW 2013, 1

Gawel: Entgeltkontrolle in der Wasserwirtschaft zwischen Wettbewerbsrecht und Kommunalabgabenrecht - eine komparative Leistungsfähigkeitsanalyse; Zeitschrift für Wasserrecht - ZfW 2013, 13

Hofmann: Die Umsetzung der Industrie-Emissionen-Richtlinie im deutschen Wasserrecht; Zeitschrift für Wasserrecht - ZfW 2013, 57

Müggenborg/Hentschel: Neues Wasser- und Naturschutzrecht; Neue Juristische Wochenschrift 2010, 961

Reinhardt: Gewässerunterhaltung und Anlagenerhaltung. Inhalt und Abgrenzung unter besonderer Berücksichtigung wasserverbandlicher Aufgabenwahrnehmung; Zeitschrift für Wasserrecht - ZfW 2013, 121

Rolfsen: Das Wasserrecht in der Rechtsprechungspraxis 2015; Natur und Recht - NuR 2016, 231

Rottenwallner: Die Verpflichtung zum hochwasserschützenden Gewässerausbau und die Refinanzierung seiner Kosten in Bayern; Zeitschrift für Wasserrecht - ZfW 2014, 27

Seeliger: Trinkwasserverordnung erneut geändert; Zeitschrift für Wasserrecht - ZfW 2013, 84

Seeliger/Wrede: Zum neuen Wasserhaushaltsgesetz. Insbesondere aus Sicht der Wasserversorgung und der Abwasserentsorgung; Natur und Recht - NuR 2009, 679