Vorteilsannahme
Die Vorteilsannahme gehört wie die Bestechung zu den Amtsdelikten.
Anders als bei der Bestechung ist Voraussetzung der Strafbarkeit jedoch nicht, dass der Täter seine Dienstpflichten verletzt hat oder dass sich die Tat auf eine bestimmte Dienstpflicht bezieht. Sanktioniert wird allein die Entgegennahme einer Gegenleistung für die Ausübung von Dienstpflichten.
Tatbestandsmerkmale der Vorteilsannahme sind:
Ein Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter,
Täter der Vorteilsannahme können sein: ein Amtsträger, ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, Richter und Schiedsrichter.
Für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete sind insbesondere die gerichtlich bestellten Sachverständigen.
der für die Dienstausübung
einen Vorteil für sich oder einen Dritten
Vorteil ist jede Leistung des Zuwendenden, auf die der Empfänger keinen Anspruch hat und die ihn materiell oder immateriell in seiner wirtschaftlichen, rechtlichen oder persönlichen Lage verbessert. Nicht notwendig ist ein korrespondierender Nachteil des Vorteilsgebers (BGH 02.02.2005 - 5 StR 168/04).
fordert, sich versprechen lässt oder annimmt.
Allen Tathandlungen (Fordern, sich Versprechen lassen, Annehmen) gemeinsam ist die Unrechtsvereinbarung: Die Parteien müssen sich darüber einig sein, dass der Vorteil dem Empfänger mit Blick auf seine dienstliche Tätigkeit zugute kommen soll, d.h. der Vorteil muss seinen Grund in der Dienstausübung haben.
Das Fordern eines Vorteils setzt voraus, dass der Amtsträger den Vorteil entweder für die Dienstausübung oder als Gegenleistung für die Vornahme einer Diensthandlung fordert (BGH 07.07.2005 - 4 StR 549/04).
Es ist ausreichend, dass der Vorteil von Vorteilsgeber und Vorteilsnehmer allgemein im Sinne eines Gegenseitigkeitsverhältnisses mit der Dienstausübung des Amtsträgers verknüpft wird. Erfasst wird auch schon ein bewusstes Handeln des Amtsträgers. Nur darauf muss sich der Vorsatz beziehen (BGH 02.02.2005 - 5 StR 168/04).
Die Strafbarkeit für den Täter entfällt gemäß § 331 Abs. 3 StGB, wenn
der Täter einen von ihm nicht geforderten Vorteil sich versprechen lässt oder annimmt und die Behörde dies im Rahmen ihrer Befugnisse zuvor genehmigt hat
oder
der Täter unverzüglich (d.h. ohne schuldhaftes Zögern) nach der Vorteilsannahme die Behörde informiert und diese die Annahme genehmigt.
Nicht von der Strafbarkeit erfasst werden nach der Rechtsprechung zudem sozialadäquate Gaben (Weihnachtsgabe für die Mitarbeiter der Müllabfuhr).
Mit dem Urteil BGH 09.05.2006 - 5 StR 453/05 lehnte der BGH die Verurteilung eines Stadtrats wegen Vorteilsannahme aufgrund der fehlenden Amtsträgereigenschaft des Angeklagten ab. Diese ist nach dem Urteil bei kommunalen Mandatsträgern nicht automatisch gegeben. Zur Begründung der Amtsträgereigenschaft muss eine über die Mandatstätigkeit hinausgehende Betreuung mit konkreten Verwaltungsaufgaben vorliegen.