Therapieunterbringung
ThUG
1 Einführung
Für die Fälle, in denen aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17. Dezember 2009 (Nr. 19359/04) weiterhin als gefährlich eingestufte Straftäter aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden oder bereits entlassen wurden, wurde mit dem Therapieunterbringungsgesetz die weitere therapeutische Unterbringung der betroffenen Straftäter ermöglicht, soweit dies EMRK-rechtlich zulässig und zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.
Das Therapieunterbringungsgesetz regelt die Therapieunterbringung, bei der es sich um eine neue Form von Freiheitsentziehung im Anschluss an eine aus bestimmten Gründen zu beendende oder bereits beendete Sicherungsverwahrung handelt.
2 Voraussetzungen der Therapieunterbringung
Gemäß § 1 ThUG kommt die Therapieunterbringung nur in Betracht, wenn der Betroffene eine oder mehrere Straftaten begangen hat, welche die Anordnung der Sicherungsverwahrung zur Folge hatten. Ziel der Therapieunterbringung ist ein möglichst nachhaltiger Schutz der Allgemeinheit vor schweren Rechtsgutsverletzungen durch psychisch gestörte Gewalt- und Sexualstraftäter. Erreicht werden soll dieses Ziel durch eine zielgerichtete, intensive Behandlung der Betroffenen in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung. Dabei dient die vorgesehene Behandlung dazu, den untergebrachten Personen eine Entlassungsperspektive zu eröffnen, indem durch die Behandlung bewirkt werden soll, dass diese Personen auch in Freiheit keine neuen Straftaten mehr begehen.
Zunächst muss aufgrund einer rechtskräftigen Entscheidung feststehen, dass die betroffene Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist.
Das Erfordernis einer rechtskräftigen Entscheidung macht die Subsidiarität der Therapieunterbringung im Verhältnis zur Sicherungsverwahrung deutlich. Durch die Formulierung "deshalb ..., weil ..." wird hervorgehoben, dass die Entscheidung, die weitere Vollstreckung der Sicherungsverwahrung für unzulässig zu erklären, auf der Pflicht zur Berücksichtigung eines Rückwirkungsverbots beruhen muss.
Der BGH hat mit der Entscheidung BGH 12.07.2012 - V ZB 106/12 festgestellt, dass eine Therapieunterbringung nur möglich ist, wenn sich der Betroffene in der Sicherungsverwahrung befindet oder befunden hat. Bei einer vorherigen anderweitigen Unterbringung ist die Therapieunterbringung unzulässig.
Hinweis:
Der Anwendungsbereich des Therapieunterbringungsgesetzes ist seit dem 28.12.2012 zudem eröffnet durch die Regelung des § 316e Abs. 4 EGStGB.
Es geht hierbei um Fälle, in denen ein Antrag auf Anordnung einer solchen Sicherungsverwahrung vor dem 4. Mai 2011 ausschließlich deshalb abgelehnt wurde, weil das zuständige Revisionsgericht dies aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte für zwingend ansah, unabhängig von sonstigen Kriterien wie insbesondere dem Grad der Gefährlichkeit des Täters. Die Rechtslage wurde am 4. Mai 2011 durch ein Urteil des BVerfG beendet.
Weitere und ganz zentrale Voraussetzung für die Anordnung der Therapieunterbringung ist das Vorliegen einer "psychischen Störung" und einer daraus resultierenden Gefährlichkeit der betroffenen Person, die ihre Unterbringung zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich machen muss.
Das Vorliegen einer psychischen Störung allein reicht insofern für die Anordnung der Therapieunterbringung nicht aus. Vielmehr muss eine Gesamtwürdigung der Persönlichkeit, des Vorlebens und der Lebensverhältnisse ergeben, dass die betroffene Person infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird.
3 Abweichendes Landesrecht
Die Länder können ggf. Abweichungen festlegen, so weicht z.B. § 10 Absatz 1 Satz 1 des Saarländischen Therapieunterbringungszuständigkeits- und -vollzugsgesetzes von § 11 ThUG ab.