Schuldrechtsreform
1 Hintergrund der Gesetzesänderung
Eine Reform des Schuldrechts war seit Beginn der Achtziger Jahre geplant. Die Vorbereitungen wurden konkret 1984 mit der Einsetzung der Schuldrechtsreformkommission begonnen. Diese legte 1991 ihren endgültigen Bericht vor, eine Umsetzung der Vorschläge war zwar immer geplant, ein konkretes Gesetzesvorhaben blieb jedoch aus.
Im Laufe der Jahre war das Vertragsrecht sehr unübersichtlich geworden. Die Anforderungen des Rechtsalltags an die Rechtsordnung wurden durch den Erlass selbstständiger neben dem BGB bestehenden Zivilgesetze und durch spezielles, von den Gerichten geschaffenes Richterrecht ergänzt (Culpa in contrahendo, Positive Vertragsverletzung, Wegfall der Geschäftsgrundlage).
Daneben zwang die Europäische Union durch die Zielsetzung des einheitlichen Rechtsraums den deutschen Gesetzgeber immer mehr zur Änderung des nationalen Rechts.
2 Veranlassung zum Erlass der Schuldrechtsreform
Der Anlass, akut mit einem Gesetzesentwurf zur Schuldrechtsänderung zu beginnen, wurde durch drei Europäische Richtlinien ausgelöst, die in den Jahren 1999 und 2000 erlassen wurden und von der Bundesrepublik bis zum 1. Januar 2002 bzw. bis zum 8. August 2002 in nationales Recht umzusetzen waren.
Die durch die Richtlinien erlassenen Vorgaben erforderten allein bereits wesentliche Änderungen des Schuldrechts.
Unbestritten war unter Juristen, dass das Schuldrecht dringend reformbedürftig war. Notwendig war u.a. eine Vereinfachung und eine Modernisierung. Die Kritiker forderten eine zweistufige Reform: Zunächst sollten die zeitlich zwingenden EU-Richtlinien eingearbeitet werden, dann, ohne Zeitdruck, das Schuldrecht überarbeitet werden.
Die Regierung entschied sich gänzlichen Umstrukturierung und inhaltlichen Änderung des Schuldrechts in einem Schritt (sog. "Große Lösung"), wobei auch die Vorschläge der Schuldrechtsreformkommission zur Anwendung kamen.
3 Geänderte Bereiche des Bürgerlichen Gesetzbuches
Geändert wurde vor allem der Allgemeine Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches, das Allgemeine Schuldrecht sowie das Recht des Kaufvertrages und des Werkvertrages aus dem Besonderen Schuldrecht.
4 Grundlagen des neuen Rechts
Die Änderungen beruhen im Wesentlichen auf folgenden Quellen:
4.1 Die Einarbeitung der EU-Richtlinien
Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie (1999/44/EG vom 25.05.1999)
Die Richtlinie zur Bekämpfung des Zahlungsverzugs im Geschäftsverkehr (2000/35/EG vom 29.06.00)
Die Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr E-Commerce (2000/31/EG vom 08.06.00)
4.2 Die Kodifizierung der durch die Rechtsprechung entwickelten und als Gewohnheitsrecht in der Rechtspraxis anerkannten Rechtsinstitute
Unselbstständige Garantie
Außerordentliche Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund
4.3 Die Einfügung der bisher selbstständig geregelten Verbraucherschutzgesetze in das BGB
Verbraucherkreditgesetz
4.4 Umbenennung von Rechtsausdrücken
Im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung wurden zwei feststehende Gesetzesausdrücke umbenannt:
Aus "Schadensersatz wegen Nichterfüllung" wurde "Schadensersatz statt der Leistung".
Aus "Unterbrechung der Verjährung" wurde "Neubeginn der Verjährung".