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Rechtsanwaltsvergütung - außergerichtlich

Normen

Nr. 2300 ff. Vergütungsverzeichnis zum RVG

Information

1 Allgemein

Die außergerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts wird mit der Geschäftsgebühr vergütet. Gesonderte Regelungen bestehen für eine reine Beratungstätigkeit, die Prüfung der Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels sowie die Erstellung von Gutachten.

2 Geschäftsgebühr

2.1 Allgemein

Die Vergütung für die außergerichtliche Tätigkeit besteht in einer Geschäftsgebühr mit einem Gebührenrahmen von 0,5 bis 2,5. Die Mittelgebühr beträgt 1,5.

Grundsätzlich kann der Rechtsanwalt für die außergerichtliche Tätigkeit eine Gebühr von mehr als 1,3 nur fordern, wenn die Erhöhung durch eines der folgenden Kriterien gerechtfertigt ist (§ 14 RVG):

  • Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit:

    • Die Beurteilung des Umfangs richtet sich in erster Linie nach dem zeitlichen Aufwand der Tätigkeit.

      Beispiel:

      Die Tätigkeit in einer Besprechung oder einer Beweisaufnahme, wenn ein erhöhter zeitlicher Aufwand vorliegt.

    • Die Schwierigkeit ist gegeben, wenn die rechtliche oder tatsächliche Ausführung des Mandats über den Anforderungen des Normalfalls liegt.

      Diese Anforderungen sind u.a. gegeben, wenn es sich um ein unübersichtliches, kompliziertes oder abgelegenes Rechtsgebiet handelt. Nach dem OLG Jena 02.02.2005 - 9 Verg 6/04 ist das Vergaberecht ein derartiges kompliziertes Rechtsgebiet.

      Gebrauchsmuster- oder Gemeinschaftsgeschmacksmusterschutzsachen (nunmehr als eingetragenes Design bezeichnet) können nicht allein wegen ihres Gegenstands pauschal als überdurchschnittlich umfangreich oder schwierig bewertet werden (BGH 13.11.2013 - X ZR 171/12).

  • Bedeutung der Angelegenheit

  • Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers

Hinweis:

Soweit der BGH in den Urteilen BGH 13.01.2011 - IX ZR 110/10 und BGH 08.05.2012 - VI ZR 273/11 festgestellt hatte, dass die Erhöhung der 1,3-fachen Regelgebühr auf eine 1,5-fache Gebühr durch den Rechtsanwalt einer gerichtlichen Überprüfung entzogen und von dem ersatzpflichtigen Dritten hinzunehmen ist, wurde diese Rechtsprechung mit dem Urteil BGH 05.02.2013 - VI ZR 195/12 ausdrücklich aufgegeben.

Zu den Besonderheiten der Abrechnung der Rechtsanwaltsvergütung nach einem Verkehrsunfall siehe den Beitrag "Verkehrsunfall - Rechtsanwaltsgebühren".

Liegt dem Mandatsverhältnis ein Auftrag mehrerer Auftraggeber zugrunde, so erhöht sich die Gebühr gemäß Nr. 1008 Vergütungsverzeichnis zum RVG für jeden weiteren Auftraggeber um 0,3.

2.2 Im Widerspruchsverfahren

Zur Bestimmung der konkreten Geschäftsgebühr ist wie folgt vorzugehen:

  1. a)

    In einem ersten Schritt ist die Gebühr ausgehend von der Mittelgebühr zu bestimmen.

  2. b)

    Liegt diese über der Schwellengebühr, ist in einem zweiten Schritt zu beurteilen, ob es bei der ermittelten Gebühr bleibt. Dies ist der Fall, wenn der Umfang und/oder die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit mehr als durchschnittlich sind. Ist dem nicht so, wird die an sich zutreffende Gebühr in Höhe des Betrages der Schwellengebühr gekappt.

    Dies führt zu einer Gebühr in Höhe von 240,00 EUR, wenn beispielsweise jedes der vier in § 14 Absatz 1 Satz 1 RVG genannten Bemessungskriterien durchschnittlich ist. Sind aber z.B. der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit leicht überdurchschnittlich, die Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber leicht unterdurchschnittlich und die übrigen Kriterien durchschnittlich, so ist eine Gebühr in Höhe von 280,00 EUR billig, obwohl die Tätigkeit des Rechtsanwalts im Ergebnis ebenfalls dem Durchschnitt zuzuordnen ist (BSG 01.07.2009 - B 4 AS 21/09).

2.3 Gegenstandswert

Gemäß § 23 Absatz 1 Satz 3 RVG bestimmt sich der Gegenstandswert für die außergerichtliche Vertretung nach den Vorschriften des GKG.

2.4 Ausnahme: Einfache Schreiben

Beschränkt sich jedoch der dem Rechtsanwalt erteilte Auftrag darauf, ein Schreiben einfacher Art zu erstellen, das weder schwierige rechtliche Ausführungen noch größere sachliche Auseinandersetzungen enthält, steht ihm gemäß Nr. 2301 VV der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG die Geschäftsgebühr lediglich mit einem Gebührensatz von 0,3 zu.

Hinweis:

Siehe insofern den Beitrag "Rechtsanwaltsvergütung - einfache Schreiben".

3 Terminsgebühr

Auch im Rahmen der außergerichtlichen Vertretung kann eine Terminsgebühr abgerechnet werden, wenn der Rechtsanwalt von dem Mandanten zuvor einen unbedingten Auftrag zur Führung des jeweiligen Prozesses bzw. Verfahrens bekommen hat und er anschließend außergerichtlich mit der Gegenseite zur Vermeidung oder Erledigung des Prozesses / Verfahrens eine Besprechung durchführt. Dabei reicht ein (dokumentiertes) Telefonat.

Aber eine Terminsgebühr kann nicht neben der Geschäftsgebühr abgerechnet werden, die außergerichtlliche Vertretung muss abgeschlossen sein. Rechtsgrundlage ist Absatz 3 der Vorbemerkung 3 zum Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses (Anlage 2 RVG).

4 Anrechnung von Gebühren

Siehe den Beitrag "Rechtsanwaltsvergütung - Anrechnung".

5 Prüfung der Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels

Die Prüfung der Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels wird mit einer Gebühr in Höhe von 0,5 bis 1,0 vergütet. Unerheblich ist, ob nach dem Ergebnis der Prüfung das Rechtsmittel einzulegen ist oder nicht.

Die Gebühr ist gemäß Nr. 2100 Vergütungsverzeichnis zum RVG auf eine spätere Verfahrensgebühr (Rechtsanwaltsvergütung - Gerichtliche Tätigkeit) anzurechnen.

6 Entwurf eines Testaments

Siehe insofern den Beitrag "Rechtsanwaltsvergütung - Beratung".

7 Gutachten

Der Rechtsanwalt soll für die Ausarbeitung eines schriftlichen Gutachtens gemäß § 34 RVG auf eine Gebührenvereinbarung hinwirken. Wird keine Vereinbarung getroffen, erhält der Rechtsanwalt Gebühren nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts, d.h. die Gebühren bestimmen sich nach § 612 BGB.

8 Vergütung bei einem Verfahren vor einer kirchlichen Schlichtungsstelle

In vielen kirchlichen Kollektivvereinbarungen / Arbeitsvertragsregelungen ist die Verpflichtung der Parteien geregelt, vor der Inanspruchnahme eines staatlichen Arbeitsgerichts zunächst die kirchliche Schlichtungsstelle anzurufen und ein Schlichtungsverfahren durchzuführen (siehe z.B. § 22 AVR-Caritas).

Der BGH hat nunmehr erstmals eine Entscheidung über die Vergütung für die Führung des kirchlichen Schlichtungsverfahrens getroffen: Danach besteht für den Verfahrensbevollmächtigten kein Anspruch auf die Geschäftsgebühr. Begründet wird die Entscheidung damit, dass Nr. 2303 Nr. 4 VV ein Verfahren vor einer gesetzlich eingerichteten Einigungs-, Güte- oder Schiedsstelle voraussetzt (BGH 15.12.2010 - IV ZR 96/10).

Dem Rechtsanwalt verbleibt insofern nur der Abschluss einer Vergütungsvereinbarung. Ist der kirchliche Arbeitnehmer rechtsschutzversichert, sind diese Kosten von ihm selbst zu tragen oder sie werden ggf. von den Rechtsschutzversicherung aus Kulanz übernommen.

metis