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Razzia

 Normen 

§ 163b StPO

§ 163c StPO

§§ 102 ff. StPO

§ 23 BPolG§ 45 f. BPolG

Baden-Württemberg: § 26 PolG,BW, § 31 PolG,BW
Bayern: Art. 13 f. PAG,BY, Art. 23 f. PAG,BY
Berlin: § 21 ASOG Bln, § 36 f. ASOG Bln
Brandenburg: § 12 BbgPolG,BB, § 23 f. BbgPolG,BB
Bremen: § 11 BremPolG, § 21 f. BremPolG
Hamburg: § 12 SOG,HH, § 16 f. SOG,HH
Hessen: § 18 HSOG, § 38 f. HSOG
Mecklenburg-Vorpommern: § 29 SOG M-V, § 59 f. SOG M-V
Niedersachsen: § 13 NPOG, § 24 f. NPOG
Nordrhein-Westfalen: § 12 PolG NRW, § 41 f. PolG NRW
Rheinland-Pfalz: § 10 POG,RP, § 20 f. POG,RP
Saarland: § 9 SPolG,SL, § 19 f. SPolG,SL
Sachsen: § 19 SächsPolG,SN, § 25 SächsPolG,SN
Sachsen-Anhalt: § 20 SOG LSA, § 43 f. SOG LSA
Schleswig-Holstein: § 181 LVwG,SH, § 208 f. LVwG,SH
Thüringen: § 14 PAG,TH, § 25 f. PAG,TH

 Information 

Sonderform der Identitätsfeststellung.

Eine Razzia ist eine planmäßig durchgeführte Aktion zur Identitätsprüfung eines größeren Personenkreises, der sich an einem von der Polizei abgesperrten Ort aufhält. Weiteres Wesensmerkmal einer Razzia ist der überraschend erfolgende Zugriff.

Da die Razzia einen Eingriff in die Bewegungsfreiheit darstellt, bedarf es hierzu einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Zwar gibt es in den Polizeigesetzen der Länder keine ausdrückliche Rechtsgrundlage für eine Razzia als Standardmaßnahme, jedoch wird dem Erfordernis einer Ermächtigungsgrundlage durch die Rechtsgrundlage für die Identitätsfeststellung von Personen - was den Kern der Razzia ausmacht - Genüge getan.

Wird die Razzia in einem Gebäude (und nicht etwa auf einem Platz) durchgeführt (Normalfall), ist noch eine weitere Ermächtigungsnorm notwendig (siehe u.a. § 41 PolG NRW, § 31 PolG,BW, § 24 NPOG,NI).

Hinweis:

Wird eine Razzia in einer Veranstaltung durchgeführt, die eine öffentliche Versammlung darstellt, richtet sich die Rechtmäßigkeit der Razzia nach dem Versammlungsgesetz bzw. den Versammlungsgesetzen der Länder, die als Spezialregelung die Anwendung der Polizeigesetze ausschließen.

Haben sich beispielsweise die Teilnehmer einer öffentlichen Versammlung bereits zusammengefunden, kommt ein Einschreiten unter den Voraussetzungen der §§ 12a Abs. 3, 13 VersammlG / BayVersG bzw. der entsprechenden Vorschriften der anderen Versammlungsgesetze der Länder (siehe Versammlungsfreiheit) in Betracht.

§§ 12a Abs. 3, 13 VersammlG ermächtigen zwar grundsätzlich zur Auflösung, in § 13 Abs. 1 S. 2 VersammlG aber auch zu anderen, weniger weitgehenden Maßnahmen, wie etwa einer Razzia. Hierfür müssen aber in jedem Fall die Voraussetzungen einer der Nrn. 1-4 des § 13 Abs. 1 VersammlG vorliegen.

Rechtmäßig ist die Durchführung einer Razzia nur dann, wenn der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt wurde. Es müssen daher Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass:

  • Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben,

  • sich Personen ohne erforderliche Aufenthaltserlaubnis treffen,

  • sich Straftäter verbergen oder

  • Personen in verbotener Weise der Prostitution nachgehen.

Hinweis:

Erfordert die Feststellung der Identität einer Person deren Durchsuchung, ist zu beachten, dass grundsätzlich nur Personen von Personen gleichen Geschlechts untersucht werden dürfen.

Von der Razzia im präventiv-polizeilichen Rahmen ist die Razzia zu Zwecken der Strafverfolgung zu unterscheiden. Ausdrückliche Regelungen sind hierzu in der StPO nicht vorhanden. Da die Razzia typischerweise in Gebäuden stattfindet, stellt § 103 Abs. 1 S. 2 StPO eine grundsätzlich zu beachtende Vorschrift für die Zulässigkeit solcher Razzien dar. Des Weiteren sind insbesondere die in §§ 163b, 163c StPO enthaltenen Regelungen über die Identitätsfeststellung und die Freiheitsentziehung zum Zwecke der Identitätsfeststellung zu beachten.

 Siehe auch 

Festhaltung - polizeiliche

Observation

Strafverfolgungsvorsorge

BVerwG 25.08.2004 - 6 C 26/03 (Razzia in Vereinslokal)

Graf: Identitätsfeststellung von Verdächtigen gem. § 163b I StPO; Kriminalistik 2006, 283

Pewestorf/Söllner/Tölle: Polizei- und Ordnungsrecht; 3. Auflage 2022