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Kaufvertrag - Gewährleistung

Normen

§§ 433 – 453 BGB

BT-Drs. 19/27434 (zu den am 01.01.2022 in Kraft getretenen Änderungen)

Information

1 Allgemein

Haftung für Mängel bzw. fehlende Eigenschaften der Kaufsache.

Mit der zum 01.01.2022 in Kraft getretenen Schuldrechtsreform wurde auch die Begriffsbestimmung des Sachmangels als Voraussetzung für einen Gewährleistungsanspruch geändert.

2 Kaufvertragliche Gewährleistungsansprüche

Es bestehen folgende kaufvertraglichen Gewährleistungsrechte:

  1. a)
  2. b)

    Rücktritt

    oder

    Minderung

    und (in beiden Fällen) ggf.

    Schadensersatz

    oder

    Aufwendungsersatz

Die Ansprüche Nacherfüllung und Rücktritt/Minderung stehen zueinander in einem Stufenverhältnis: Erst wenn die (erste oder weitere) Nacherfüllung ausgeschlossen ist, kann der Käufer zwischen Rücktritt und Minderung wählen. Daneben hat er bei Vorliegen der Voraussetzungen einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung.

Der (Nach-)Erfüllungsanspruch des Käufers erlischt erst durch eine berechtigte Rücktrittserklärung. Scheitert das Rücktrittsverlangen aus formellen Gründen und kommt es deswegen nicht zu einer Umwandlung des Vertrags in ein Rückgewährschuldverhältnis, so bleibt dem Käufer der (Nach-)Erfüllungsanspruch erhalten (OLG Naumburg 09.04.2015 – 2 U 127/13).

Für eine Fristsetzung genügt es, wenn der Gläubiger durch das Verlangen nach sofortiger, unverzüglicher oder umgehender Leistung oder durch vergleichbare Formulierungen deutlich macht, dass dem Schuldner für die Erfüllung nur ein begrenzter (bestimmbarer) Zeitraum zur Verfügung steht. Der Angabe eines bestimmten Zeitraums oder eines bestimmten (End-)Termins bedarf es nicht (BGH 18.03.2015 – VIII ZR 176/14).

Andererseits hat der Verkäufer bei einem unberechtigten Mangelbeseitigungsverlangen des Käufers einen Schadensersatzanspruch, sofern die Ursache für die Fehlfunktion dem Verantwortungsbereich des Käufers zuzuordnen ist (BGH 23.01.2008 – VIII ZR 246/06).

3 Mangel

3.1 Allgemein

Voraussetzung eines Gewährleistungsanspruchs ist, dass die Kaufsache mit einem Mangel behaftet ist, d.h. fehlerhaft ist. Mangel kann sowohl ein Rechts- als auch ein Sachmangel sein. Bei beiden Mangelarten hat der Käufer dieselben Rechte. Beide Mangelarten sind im Gesetz definiert:

3.2 Sachmangel

Ein Sachmangel ist gemäß § 434 BGB seit dem 01.01.2022 wie folgt definiert:

Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie

  • den subjektiven Anforderungen gemäß § 434 Abs. 2 BGB genügt. Dazu gehören:

    • die vereinbarte Beschaffenheit:

      Beschaffenheit meint dabei jegliche Merkmale einer Sache, die der Sache selbst anhaften oder sich aus ihrer Beziehung zur Umwelt ergeben. Dies können insbesondere, aber nicht ausschließlich, die Art, die Menge, die Qualität, die Funktionalität, die Kompatibilität oder die Interoperabilität sein. Eine Vereinbarung über die Beschaffenheit kann sowohl ausdrücklich als auch konkludent erfolgen.

      Siehe auch das Urteil BGH 15.06.2016 – VIII ZR 134/15.

    • Eignung für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung:

      Nach dem Vertrag vorausgesetzt ist eine Verwendung, wenn der Käufer diese spätestens bei Abschluss des Kaufvertrags dem Verkäufer zur Kenntnis gebracht und dieser der Verwendung zugestimmt hat. Dabei ist nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/27434) keine ausdrückliche Zustimmung des Verkäufers erforderlich. Vielmehr genügt es für die Zustimmung, wenn der Verkäufer in Kenntnis der vom Käufer angestrebten Verwendung den Kaufvertrag abschließt, ohne dem Käufer mitzuteilen, dass die Kaufsache sich nicht für diese Verwendung eignet.

      Der BGH hat zur fehlenden Eignung einer Sache wie folgt Stellung genommen:

      »Vertraglich vorausgesetzt (…) ist die zwar nicht vereinbarte, aber von beiden Vertragsparteien unterstellte Verwendung der Kaufsache, die von der gewöhnlichen Verwendung abweichen kann« (BGH 26.04.2017 – VIII ZR 80/16).

      »Mit der »nach dem Vertrag vorausgesetzten Verwendung« zielt das Gesetz nicht auf konkrete Eigenschaften der Kaufsache ab, die sich der Käufer vorstellt, sondern darauf, ob die Sache für die Nutzungsart (Einsatzzweck) geeignet ist, den die Parteien dem Vertrag zugrunde gelegt haben« (BGH 20.03.2019 – VIII ZR 213/18).

    • es mit dem vereinbarten Zubehör und den vereinbarten Anleitungen übergeben wurde:

      Nummer 3 stellt klar, dass auch ein Fehlen von vertraglich vereinbartem Zubehör oder vereinbarten Anleitungen zu einem Sachmangel der Kaufsache führt. Zu den Anleitungen im Sinne dieser Vorschrift gehören insbesondere auch Montage- oder Installationsanleitungen.

Hinweis:

Weitere Bestimmungen über die subjektiven Anforderungen an die Kaufsache enthält § 475b Abs. 2 BGB, der als Sonderbestimmung für Verbrauchsgüterkaufverträge über Sachen mit digitalen Elementen bestimmt, dass diese wie im Vertrag vereinbart Aktualisierungen erhalten müssen.

und

  • den objektiven Anforderungen gemäß § 434 Abs. 3 BGB genügt. Dazu gehören:

    • Eignung für die gewöhnliche Verwendung:

      Zur Beurteilung der gewöhnlichen Verwendungseignung sind technische Normen oder – in Ermangelung solcher technischen Normen – anwendbare sektorspezifische Verhaltenskodizes zu berücksichtigen.

      Der BGH hat zur fehlenden Eignung einer Sache wie folgt Stellung genommen:

      »die Eignung einer Sache für eine bestimmte Verwendung ist nicht erst zu verneinen, wenn die Tauglichkeit der Kaufsache zu diesem Gebrauch ganz aufgehoben ist, sondern (…) bereits dann, wenn sie lediglich gemindert ist (…). Die Eignung einer Sache zur gewöhnlichen Verwendung ist beispielsweise gemindert oder aufgehoben, wenn mit der üblichen Nutzung des Kaufobjekts erhebliche Gesundheitsgefahren oder das Risiko eines großen wirtschaftlichen Schadens verbunden sind« (BGH 26.04.2017 – VIII ZR 80/16).

      »Die Annahme eines Sachmangels wegen des Fehlens einer Eigenschaft der Kaufsache, die der Käufer nach § 434 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BGB erwarten kann, setzt nicht voraus, dass diese Eigenschaft in dem notariellen Kaufvertrag Erwähnung findet« (BGH 09.02.2018 – V ZR 274/16).

    • Aufweisen einer Beschaffenheit, die bei Sachen derselben Art üblich ist und die der Käufer erwarten kann. Dabei sind die in der Nummer 2 a) bis d) genannten Kriterien zu berücksichtigen.

      Der BGH hat mit der Entscheidung BGH 16.07.2021 – V ZR 119/20 Grundsätze zur Anwendung des Kriteriums »Beeinflussung der Kaufentscheidung durch öffentliche Äußerungen« festgelegt:

      »Der Ausnahmefall des § 434 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 BGB, wonach der Verkäufer für seine unzutreffende öffentliche Äußerung über Eigenschaften der Kaufsache dann nicht haftet, wenn die Äußerung die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte, liegt nur vor, wenn ein Einfluss der öffentlichen Äußerung auf die Kaufentscheidung nachweislich ausgeschlossen ist.«

      »Mit der »Kaufentscheidung« im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 BGB ist der Abschluss des Kaufvertrags gemeint. Maßgeblich für die Beurteilung, ob eine öffentliche Äußerung des Verkäufers über die Eigenschaft eines Grundstücks die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte, ist deshalb nicht der Zeitpunkt, zu dem der Käufer sich entschlossen hat, das Grundstück zu erwerben, sondern der Zeitpunkt der notariellen Beurkundung des Grundstückskaufvertrags.«

    • mit dem Zubehör und einer Anleitung übergeben wurde, die der Käufer erwarten kann:

      Zum Zubehör gehören dabei insbesondere Verpackung, Montage- oder Installationsanleitungen und andere Anleitungen, deren Erhalt der Käufer vernünftigerweise erwarten kann.

    und

  • dem Montageanforderungen gemäß § 434 Abs. 4 BGB genügt. Dazu gehören:

    Nach § 434 Absatz 4 BGB entspricht die Kaufsache den Montageanforderungen, wenn die Montage sachgemäß durchgeführt worden ist oder eine unsachgemäße Montage weder auf einer unsachgemäßen Montage durch den Verkäufer noch auf einem Mangel in der vom Verkäufer übergebenen Anleitung beruht.

    Die Kaufsache ist danach mangelhaft, wenn sie unsachgemäß montiert worden ist und

    1. a)

      die Montage Teil des Kaufvertrags ist und vom Verkäufer oder unter seiner Verantwortung vorgenommen wurde oder

    2. b)

      die vom Käufer vorzunehmende Montage von diesem getätigt wurde und die unsachgemäße Montage auf einen Mangel in der vom Verkäufer zur Verfügung gestellten Anleitung zurückzuführen ist.

    Das vormalige Recht und die Richtlinie bestimmen beide ausdrücklich, dass der Verkäufer auch für einen Mangel verantwortlich ist, wenn er die Montage nicht höchstpersönlich vorgenommen hat, sondern diese unter seiner Verantwortung oder durch einen Erfüllungsgehilfen erfolgte. In solchen Fällen bleibt jedoch grundsätzlich der delegierende Schuldner auch ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung für die vertragsgemäße Erfüllung der Leistung verantwortlich. In § 434 Absatz 4 BGB wurde daher die ausdrückliche Bestimmung einer Verantwortung des Verkäufers auch für Erfüllungsgehilfen gestrichen, ohne dass damit eine inhaltliche Änderung bezweckt ist.

Immobilienkaufvertrag:

»Der Kauf eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück unterliegt unmittelbar den Regelungen über den Sachkauf. Bezugspunkt etwaiger Nacherfüllungsansprüche ist kein Recht, sondern das Grundstück, dessen Miteigentümer der Erwerber werden will« (BGH 14.02.2020 – V ZR 11/18).

Beschaffenheitsvereinbarung:

»Enthält der notarielle Kaufvertrag keine Angaben zur geschuldeten Beschaffenheit eines Grundstücks, kann der Käufer nicht davon ausgehen, dass der Verkäufer eine solche mit ihm vereinbaren wollte« (OLG Dresden 16.01.2020 – 4 U 2183/19).

3.3 Rechtsmangel

Die Kaufsache ist mit einem Rechtsmangel behaftet, wenn

  • Dritte in Bezug auf die Kaufsache Rechte gegen den Käufer geltend machen können oder

  • Dritte mehr als die im Vertrag übernommenen Rechte gegen den Käufer geltend machen können.

Einem Rechtsmangel gleichgestellt ist der Fall, dass im Grundbuch ein Recht eingetragen ist, das nicht besteht.

Auch eine auf dem Grundstück liegende öffentliche Abgabenlast u.Ä. kann einen Rechtsmangel darstellen. Daher bestimmt § 436 Abs. 2 BGB, dass der Verkäufer für öffentliche Abgaben und andere öffentliche Lasten, die zur Eintragung in das Grundbuch nicht geeignet sind, nicht haftet.

Insbesondere durch § 436 Abs. 2 BGB wird der Käufer eines Grundstücks verpflichtet, Erschließungsbeiträge und sonstige Anliegerbeiträge für die Maßnahmen zu tragen, die bis zum Tage des Vertragsschlusses bautechnisch begonnen sind.

3.4 Autokauf – Neuwagen

Eine ausführliche Rechtsprechung besteht zu den Gewährleistungsansprüchen bei einem Neuwagenkauf.

3.5 Autokauf – Gebrauchtwagen

Eine ausführliche Rechtsprechung besteht zu den Gewährleistungsansprüchen bei einem Gebrauchtwagenkauf.

3.6 Unternehmenskauf

Siehe insofern den Beitrag »Unternehmenskauf«.

4 Rücktritt

Siehe insofern den Beitrag »Kaufvertrag - Gewährleistung - Rücktritt«.

5 Kenntnis vom Mangel

Die Rechtsfolgen der Kenntnis des Käufers sind in § 442 BGB geregelt:

Danach sind die Gewährleistungsrechte ausgeschlossen, wenn der Käufer bei Vertragsschluss den Mangel kannte oder er ihm infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist, es sei denn der Verkäufer hat den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für eine Eigenschaft der Kaufsache übernommen.

6 Besichtigungsklausel

Gewährleistungsausschlüsse, die durch die Wendung »wie besichtigt« an eine vorangegangene Besichtigung anknüpfen, beziehen sich in aller Regel nur auf bei der Besichtigung wahrnehmbare, insbesondere sichtbare Mängel der Kaufsache. Wird dabei zugleich der Bezug zu einer Besichtigung des Käufers hergestellt, kommt es auf die Wahrnehmbarkeit des Mangels durch ihn und nicht darauf an, ob eine sachkundige Person den Mangel hätte entdecken oder zumindest auf dessen Vorliegen hätte schließen können und müssen (BGH 06.04.2016 – VIII ZR 261/14).

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