Rechtswörterbuch

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach Themen im Rechtswörtebuch zu suchen!

Duldung - Ausländerrecht

 Normen 

§ 60a  - 60d AufenthG

BT-Drs. 19/10047 (zu den am 21.08.2019 in Kraft getretenen Änderungen)

BT-Drs. 19/8286 ( zu den §§ 60c und 60d)

 Information 

1. Allgemein

Mit dem Instrument der Duldung wird den obersten Landesbehörden die Möglichkeit eröffnet anzuordnen, für bestimmte Ausländergruppen aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland die Abschiebung für einen Zeitraum von (grundsätzlich) höchstens drei Monaten auszusetzen.

Das Verfahren ist Teil des Verwaltungsvollstreckungsverfahrens zur Abschiebung des Ausländers. Die Duldung ist kein Aufenthaltstitel, sondern Teil der Abschiebung.

Der Ausländer hat einen Anspruch auf die Erteilung einer Duldungsbescheinigung.

Ende 2022 lebten ca. 248.000 geduldete Ausländer in Deutschland. Der größte Teil hiervon hielt sich dabei jedoch bereits länger als sechs Jahre in Deutschland auf.

Es gibt es vier Formen der Duldung:

Geduldete, die sich am 31. Oktober 2022 seit fünf Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufgehalten hatten, haben Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis in der Form des Chancen-Aufenthaltsrechts.

2. Die allgemeine Duldung (§ 60a AufenthG)

2.1 Voraussetzungen

Bei den zu einer Duldung führenden Voraussetzungen wird zwischen inländischen und zielstaatenspezifischen Gründen unterschieden. Je nach den der Duldung zugrunde liegenden Gründen kann es sich bei der Entscheidung über die Duldung um eine Ermessensentscheidung oder eine gebundene Entscheidung handeln:

Beispiele für das Vorliegen der Duldungsvoraussetzungen sind:

  • Krankheits-/Schwangerschaftsbedingte Reiseunfähigkeit

  • Unzulängliche medizinische Versorgung im Zielstaat

  • Vorliegen eines posttraumatischen Belastungssyndroms

2.2 Verlängerung der Duldung

Sofern ein länger als drei Monate dauernder Zeitraum in Betracht kommt, gilt § 23 AufenthG.

2.3 Erwerbstätigkeit

Ausländern, die eine Duldung besitzen, kann gemäß § 32 BeschV eine Zustimmung zur Ausübung einer Beschäftigung erteilt werden, wenn sie sich seit drei Monaten erlaubt, geduldet oder mit einer Aufenthaltsgestattung im Bundesgebiet aufhalten. Dies gilt auch für eine Tätigkeit als Leiharbeitnehmer (Arbeitnehmerüberlassung). Die Zustimmung zur Ausübung einer Beschäftigung wird ohne Vorrangprüfung erteilt.

Die Regelung des Beschäftigungsverbotes für Geduldete, die ihr Ausreisehindernis selbst zu vertreten haben, findet sich in § 33 BeschV.

3. Duldung für Personen mit ungeklärter Identität (§ 60b AufenthG)

3.1 Allgemein

Eine Duldung mit dem Zusatz "für Personen mit ungeklärter Identität" wird gemäß § 60b Abs. 1 AufenthG von Amts wegen von der zuständigen Ausländerbehörde erteilt, wenn die Abschiebung des betreffenden Ausländers aus von ihm selbst zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, weil einer der zwei im Satz 1 genannten Tatbestände vorliegt:

  • Die erste Tatbestandsvariante besteht darin, dass der Ausländer das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt.

  • Die zweite Tatbestandsvariante besteht in der Nichtvornahme zumutbarer Handlungen zur Erfüllung der besonderen Passbeschaffungspflicht nach Absatz 2 Satz 1 und Absatz 3 Satz 1.

3.2 Besondere Passbeschaffungspflicht

Durch § 60b Abs. 2 und 3 AufenthG wird für die Personengruppe mit ungeklärter Identität eine besondere Passbeschaffungspflicht festgeschrieben, die auf vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer Anwendung findet.

3.3 Erfüllung der Passbeschaffungspflicht

Entschließt sich der Ausländer, die zumutbaren Handlungen nachzuholen, ist die Verletzung der Mitwirkungspflicht geheilt und dem Ausländer wird gemäß § 60b Abs. 4 AufenthG die Duldung ohne den Zusatz "für Personen mit ungeklärter Identität" ausgestellt.

3.4 Anrechnung der Zeiten

Nach dem neuen § 60b Abs. 5 Satz 1 Aufenthaltsgesetz werden dem Ausländer die Zeiten, in denen er die Duldung mit dem Zusatz "für Personen mit ungeklärter Identität" besaß, hinsichtlich der diversen Anrechnungsvorschriften nicht als Zeiten der Duldung angerechnet. Dies gilt für Ausländer, die Inhaber einer Duldung mit dem Zusatz "für Personen mit ungeklärter Identität" sind, für Zeiten ab der Ausstellung dieser Bescheinigung, und für ehemalige Inhaber für die Zeiten ab der Ausstellung bis hin zur Ausstellung der Duldung ohne einen solchen Zusatz.

Bedeutung hat die Nichtanrechnung nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/10047) beispielsweise im Hinblick auf die §§ 25a und 25b AufenthG. Kommt es auf Zeiten der ununterbrochenen Duldung an, führt der Besitz der Duldung mit dem Zusatz "für Personen mit ungeklärter Identität" nicht zu einer Unterbrechung der Inhaberschaft einer Duldung, aber zu einer Nichtzählung der Zeit dieser Inhaberschaft. Es werden also vor allem nach einer Heilung im Sinne des Absatzes 4 nicht Duldungszeiten von Null an neu gezählt, wenn der Ausländer vor der Erteilung einer Duldung mit dem Zusatz "für Personen mit ungeklärter Identität" bereits Duldungszeiten zurückgelegt hatte. Die vor der Erteilung zurückgelegten Zeiten zählen weiterhin, aber nicht die Zeiten der Inhaberschaft der Duldung mit dem Zusatz "für Personen mit ungeklärter Identität".

3.5 Erwerbstätigkeit

Der neue § 60b Abs. 5 Satz 2 AufenthG untersagt die Erlaubnis einer Erwerbstätigkeit, also einer selbstständigen Tätigkeit oder einer Beschäftigung, bei Inhabern einer Duldung mit dem Zusatz "für Personen mit ungeklärter Identität".

4. Ausbildungsduldung (§ 60c AufenthG)

Bei Vorliegen der in § 60c AufenthG aufgeführten Voraussetzungen haben Asylbewerber einen Anspruch auf eine Duldung, wenn sie

  • eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf aufgenommen haben und durchführen oder

  • eine Assistenz- oder Helferausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf aufgenommen haben, an die eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf, für den die Bundesagentur für Arbeit einen Engpass festgestellt hat, anschlussfähig ist und dazu eine Ausbildungsplatzzusage vorliegt.

5. Beschäftigungsduldung (§ 60d AufenthG)

Einem ausreisepflichtigen Ausländer und seinem Ehegatten oder seinem Lebenspartner, die bis zum 1. August 2018 in das Bundesgebiet eingereist sind, ist in der Regel eine Duldung nach § 60a Abs. 2 S. 3 AufenthG für 30 Monate zu erteilen, wenn die in § 60d AufenthG aufgeführten Voraussetzungen vorliegen, so u.a. der Ausländer seit mindestens 18 Monaten eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von mindestens 35 Stunden pro Woche ausübt und der Lebensunterhalt des ausreisepflichtigen Ausländers innerhalb der letzten zwölf Monate vor Beantragung der Beschäftigungsduldung durch seine Beschäftigung gesichert ist.

Durch die gewählte Formulierung wird ausdrücklich darauf abgestellt, dass dort, wo Erteilungsvoraussetzungen auf den Ausländer, den Ehegatten oder den Lebenspartner Bezug nehmen, diese Voraussetzungen von beiden Personen zu erfüllen sind.

 Siehe auch 

Abschiebung

Abschiebungsandrohung

Ausreisepflicht - Ausländerrecht

Chancen-Aufenthaltsrecht