Bewertung
WertR
1 Allgemein
Der Wert eines Wirtschaftsguts / Grundstücks / Immobilie kann aus den verschiedensten Gründen zu ermitteln sein. In Betracht kommen u.a. der Verkauf, eine Erbschaft, die Bilanzerstellung, eine Enteignung, die Beleihung von Grundstücken, die Bilanzierung, eine Zwangsversteigerung oder die Besteuerung.
Es besteht kein allgemeiner Wert - je nach dem zugrunde liegenden Zweck bestehen unterschiedliche Wertbegriffe, so z.B. der Verkehrswert, der Einheitswert, der Beleihungswert, der Versicherungswert. Die Bewertung richtet sich dabei nach den gesetzlichen Vorgaben bzw. Grundsätzen der Bewertung des jeweiligen Sachgebiets. Ein allgemeines Bewertungsrecht besteht nicht. Je nach Objekt und Auftrag stehen dem Sachverständigen unterschiedliche Methoden zur Verfügung.
2 Steuerrecht
Rechtsgrundlage der Ermittlung von steuerlichen Bemessungsgrundlagen ist das Bewertungsgesetz.
Ziel ist die Ermittlung des Wertes von wirtschaftlichen Einheiten zur Bemessung der Höhe der verschiedenen Steuerarten wie der Grundsteuer oder der Erbschaftsteuer.
Aktuelle Rechtslage:
Mit den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts vom 10. April 2018 - 1 BvL 11/14, 1 BvL 12/14, 1 BvL 1/15, 1 BvR 639/11 und 1 BvR 889/12 hatte das Bundesverfassungsgericht die bis dahin geltende Berechnung der Einheitswerte als Bemessungsgrundlage der Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt.
Die Bewertung des Grundbesitzes für die Grundsteuer ab 1. Januar 2022 wird sich nach den §§ 218 - 266 BewG sowie der Anlagen 27 ff. richten. Allerdings haben die Bundesländer bis zum 31. Dezember 2024 die Möglichkeit, vom Bundesrecht abweichende Regelungen vorzubereiten, sodass dann erst ab 1. Januar 2025 die neuen Regelungen zur Grundsteuer - entweder bundesgesetzlich oder landesgesetzlich - in Kraft treten.
Bis zu diesem Zeitpunkt können die vormaligen Regelungen weiter angewendet werden, da nach dem Urteil des BVerfG nach der Verkündung einer Neuregelung die beanstandeten Regelungen für weitere fünf Jahre ab der Verkündung, längstens aber bis zum 31. Dezember 2024 angewandt werden dürfen.
3 Handelsrecht
Im Rahmen der Erstellung einer Handelsbilanz sind die Vermögensgegenstände zum Bilanzstichtag einzeln zu bewerten. Dabei sind gemäß § 252 ff. HGB die Grundsätze ordnungsgemäßer Bilanzierung anzuwenden.
4 Immobilien / Grundstücke
Bei der Immobilienwertermittlung / eines Grundstücks ist zwischen Preis und Marktwert sowie dem Verkehrswert zu unterscheiden. Der Preis bildet sich u.a. aufgrund von Angebot und Nachfrage und wird durch weitere subjektive Faktoren wie z.B. dem Liebhaberwert (z.B. bei Wohngebäuden im Außenbereich, insbesondere mit der Möglichkeit zur Pferdehaltung) oder den finanziellen Verhältnissen von Käufer und Verkäufer beeinflusst.
Der Verkehrswert ist gemäß § 194 BauGB der stichtagsbezogene Wert eines Grundstücks, bestimmt durch den Preis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre.
In der Immobilienwertermittlungsverordnung sind die Grundsätze der Immobilienwertermittlung festgelegt.
5 Bewertung einer freiberuflichen Praxis allgemein
Der Bewertung einer freiberuflichen Praxis zum Stichtag kann im Rahmen des Zugewinnausgleichs regelmäßig der Zeitraum der letzten drei bis fünf Jahre zugrunde gelegt werden. Eine Zwischenbilanz zum Stichtag ist grundsätzlich nicht erforderlich (BGH 22.11.2017 - XII ZB 230/17).
6 Bewertung einer Rechtsanwaltskanzlei
Im Unterschied zum Unternehmenskauf ist bei der Bewertung einer Rechtsanwaltskanzlei aufgrund der Übergabe oder des Verkaufs zu beachten, dass die Arbeit sehr personenbezogen ist. Anders jedoch als in einer Steuerberater- oder Wirtschaftsprüferkanzlei fehlt es zumeist an Dauermandanten.
Allgemein bestimmt sich der Wert einer Kanzlei / einer Praxis als Summe aus dem Substanzwert und dem Ertragswert:
Zum Substanzwert gehören die Wirtschaftsgüter sowie die noch offenen Forderungen und noch nicht abgerechneten Tätigkeiten.
Der Ertragswert wird grundsätzlich nach dem Umsatzverfahren ermittelt:
Dabei werden die drei letzten Jahresumsätze zusammengerechnet, zusätzlich wird der Umsatz des letzten Jahres doppelt gerechnet. Abzuziehen sind rein personenbezogene Erträge, z.B. aus der Tätigkeit des Rechtsanwalts als juristischer Autor.
Diese Summe wird dann durch vier geteilt, die Umsatzsteuer ist abzuziehen.
Der erreichte Wert ist mit einem Bewertungsfaktor für den Good will zu multiplizieren, der zwischen 0,5 und 1,5 anzusetzen ist. Kriterien für die Höhe des Bewertungsfaktors sind u.a. die Lage, das Alter des Inhabers, die persönliche Leistung des Inhabers und der Mitarbeiter, die Bestehensdauer, die Mandantenstruktur.
Von dem Ergebnis ist ein sogenannter kalkulatorischer Anwaltslohn in Höhe von einem halben bis einem ganzen Richtergehalt zuzüglich 40 % für die Anwaltsversorgung abzuziehen.
Teilweise wird zusätzlich noch ein Risikofaktor in Höhe von ca. 20 % abgezogen.
Abweichungen von diesen Grundsätzen sind gerechtfertigt bei stark spezialisierten Kanzleien, internationalen Kanzleien sowie überprofessionellen Kanzleien.
Zudem ist zum Stichtag der Bewertung eine Abgrenzungsbilanz zu erstellen (siehe dazu auch BGH 09.02.2011 - XII ZR 40/09).
Hinweis:
Siehe den von dem Institut für Wirtschaftsprüfer verabschiedeten Bewertungsstandard: IDW S 13: "Besonderheiten bei der Unternehmensbewertung zur Bestimmung von Ansprüchen im Familien- und Erbrecht".