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Autokauf - Gebrauchtwagen

Autor:
 Normen 

§§ 433 – 453 BGB

 Information 

1. Einführung

Insbesondere bei dem Kauf eines gebrauchten PKW kommt es zu sehr oft zu Rechtsstreitigkeiten.

2. Standzeit

Anders als bei Neuwagen und »Jahreswagen«, bei denen vor der Erstzulassung eine Standzeit von höchstens zwölf Monaten hinzunehmen ist, lassen sich bei (sonstigen) Gebrauchtwagen keine allgemein gültigen Aussagen dahin treffen, ab welcher Grenze eine Standzeit eine Beschaffenheit darstellt, die nicht mehr üblich ist und die der Käufer auch nicht erwarten musste (BGH 29.06.2016 – VIII ZR 191/15).

3. Beschaffenheitsvereinbarung »reparierter Blechschaden«

Als »Blechschäden« werden umgangssprachlich und damit nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont Schäden bezeichnet, die, bezogen auf das Gesamtfahrzeug, an der Oberfläche bleiben und eine Betroffenheit grundlegender Fahrzeugstrukturen weder beim Schadenseintritt noch im Zuge dessen Behebung bewirken. Eine Beschaffenheitsvereinbarung, wonach der Schaden repariert sei, ist dahin zu verstehen, dass eine ordnungsgemäße Reparatur stattgefunden habe (OLG Düsseldorf 30.10.2014 – I-3 U 10/13).

4. Oldtimer

Ob und inwieweit sich aus der Modellbezeichnung eines Oldtimers im Kaufvertrag eine Beschaffenheitsvereinbarung hinsichtlich des technischen Zustands oder hinsichtlich des Vorhandenseins bestimmter historischer Fahrzeugteile ergibt, richtet sich nach den üblichen Erwartungen von Kaufinteressenten auf dem Oldtimermarkt.

Bei einem restaurierten Oldtimer ist das Vorhandensein des Originalmotors – wenn nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist – in der Regel keine Beschaffenheit, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist, und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Soweit die Originalität der Fahrzeugteile eines Oldtimers nicht Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung ist, besteht keine Pflicht des Verkäufers, den Käufer vor Abschluss des Vertrages – ungefragt – über nachträgliche technische Veränderungen an dem Fahrzeug aufzuklären (OLG Karlsruhe 20.11.2014 – 9 U 234/12).

Mit der im schriftlichen Kaufvertrag enthaltenen Klausel »positive Begutachtung nach § 21c StVZO (Oldtimer) im Original« haben die Parteien eine Beschaffenheitsvereinbarung dahin gehend geschlossen, dass das Fahrzeug sich in einem Zustand befindet, der die wenige Wochen vor Abschluss des Kaufvertrages erfolgte positive Begutachtung als Oldtimer nach § 21c StVZO rechtfertigt (BGH 13.03.2013 – VIII ZR 172/12).

Auch wenn ein Fahrzeug als »Oldtimer mit Macken« sowie als »fahrbereit« verkauft wird, ist mit der vorausgesetzten oder üblichen Beschaffenheit nicht widersprechenden (Verschleiß-) Erscheinungen zu rechnen. Durch die Erklärung, ein verkauftes Fahrzeug sei »fahrbereit«, übernimmt der Verkäufer die Gewähr dafür, dass das Fahrzeug nicht mit Mängeln behaftet ist, aufgrund derer es bei einer Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO als »verkehrsunsicher« eingestuft werden müsste, weil es mit gravierenden Mängeln behaftet ist, die zu einer unmittelbaren Verkehrsgefährdung führen können (OLG Düsseldorf 11.04.2013 – I-3 U 31/12).

5. Fehlen einer Herstellergarantie

Das Bestehen einer Herstellergarantie für ein Kraftfahrzeug stellt in der Regel ein Beschaffenheitsmerkmal der Kaufsache dar, sodass dessen Fehlen – bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen dieser Vorschrift – einen Sachmangel begründet (BGH 15.06.2016 – VIII ZR 134/15).

6. Fehlende Betriebserlaubnis für die Felgen der Winterräder

»Ob ein in der Vornahme einer nicht genehmigten nachträglichen Veränderung an einem Fahrzeug liegender Sachmangel als geringfügig einzustufen und damit als unerhebliche Pflichtverletzung im Sinne des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB zu werten ist, kann angesichts der in § 19 Abs. 2, 5 StVZO angeordneten Rechtsfolgen nicht losgelöst von den Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StVZO beurteilt werden« (BGH 11.12.2019 – VIII ZR 361/18).

7. Widerruf eines über ein Internetportal geschlossenen Kaufvertrages

Das OLG Celle hat den Begriff des für den Fernabsatz organisiertes Vertriebssystem als Voraussetzung für die Annahme eines Fernabsatzvertrags definiert:

»Ein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebssystem ist bei der systematischen Nutzung von Fahrzeugvermittlungsportalen durch einen Gebrauchtwagenhändler anzunehmen, wenn dessen personelle und sachliche Organisation grundsätzlich darauf eingestellt ist, auf elektronischem oder telefonischem Wege eingehende Kundenanfragen dergestalt zu bearbeiten, dass ein Vertragsschluss unter ausschließlicher Nutzung von Fernkommunikationsmitteln erzielt wird. Auf die Anzahl der tatsächlich auf diese Weise abgeschlossenen Verträge kommt es demgegenüber nicht an« (OLG Celle 03.06.2020 – 7 U 1903/19).

8. Nachweis eines gutgläubigen Erwerbs bei gefälschten Papieren

»Beruft sich der Erwerber eines gebrauchten Fahrzeugs auf den gutgläubigen Erwerb, trägt derjenige, der den guten Glauben in Abrede stellt, die Beweislast dafür, dass der Erwerber sich die Zulassungsbescheinigung Teil II zur Prüfung der Berechtigung des Veräußerers nicht hat vorlegen lassen. Den Erwerber trifft allerdings regelmäßig eine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der Vorlage und Prüfung der Zulassungsbescheinigung Teil II« (BGH 23.09.2022 – V ZR 148/21).

 Siehe auch 

Abrechnung auf Neuwagenbasis

Autokauf – Neuwagen

Inzahlunggabe – Fahrzeug

Kaufvertrag

Kaufvertrag – Gewährleistung

Kaufvertrag – Schadensersatzpflicht

Kfz-Leasing

Nacherfüllung

Reinking/Eggert: Der Autokauf; 15. Auflage 2024

Schröder: Der Gewährleistungsausschluss beim Gebrauchtwagenkauf im unternehmerinschen Verkehr; Neue Juristische Wochenschrift – NJW 2023, 256