Demuth in RTL-Nachtjournal zu Richtervorbehalt bei Blutproben

20.01.20102003 Mal gelesen

Das Nachtjournal hatte über das derzeitige juristische Gerangel um die Frage der Anordnungskompetenz zur Entnahme einer Blutprobe nach polizeilichen Alkoholkontrollen berichtet.

 

Die Rechtsunsicherheit war entstanden, weil Gerichte wie das Oberlandesgericht Hamm und das Bundesverfassungsgericht in jüngeren Entscheidungen eine strengere Beachtung des strafprozessual vorgesehenen Richtervorbehaltes angemahnt hatten. Danach ist die Entnahme der Blutprobe als "Eingriff in die körperliche Unversehrtheit" eine Angelegenheit, die nur ein Richter beschließen darf. Die ermittelnden Polizeibeamten haben nur im Ausnahmefall der "Gefahr im Verzug" eine eigene Kompetenz zur Anordnung der ärztlichen Blutentnahme. Doch in der Praxis ist die Ausnahme längst zur Regel geworden, denn woher soll ein Polizist, angesichts des chronischem Personalmangels der Justiz, bei nächtlichen Kontrollen einen Richter nehmen.

 

In Hamburg hat die für die Polizei zuständige Innenbehörde nun Konsequenzen aus diesem Problem gezogen: Die Hamburger Polizei lässt seit November 09 kaum noch Blutproben machen, mit der Folge, dass viele verdächtige Fahrer derzeit ungeschoren davon kommen. In NRW sind die Beamten angewiesen worden in jedem Fall ins Protokoll aufzunehmen, dass man sich zwar bemüht habe, aber keinen Richter erreichen konnte. Ob diese Vorgehensweise gerichtsfest ist, bleibt allerdings zweifelhaft. So fordert der Verkehrsstrafrechtler Demuth als Ausweg aus dem Dilemma: "Entweder der Gesetzeber muss handeln und den Richtervorbehalt im Gesetz abschaffen oder die Justiz muss handeln und flächendeckend für jeden Gerichtsbezirk organisieren, dass rund um die Uhr ein Richter für die Polizeibeamten sofort erreichbar ist. Was aber entschieden abzulehnen ist", so der Düsseldorfer Strafverteidiger, "sind Vorschläge wie der von NRW-Innenminister Wolf, dass die Atemanalyse künftig die Blutprobe als Beweismittel ersetzen soll. Ein Plus an Verkehrssicherheit darf nicht mit einem Minus bei der Rechtstaatlichkeit des Verfahrens erkauft werden."