KANZLEI für Familienrecht in Bonn, Schwerpunkt: interkulturelle Ehen

02.12.20131133 Mal gelesen

Und es macht einen großen Unterschied, ob einer der Parteien im "Heimatland" die Scheidung als erster einreicht, oder nicht. Nicht selten ist hier zeitnahes Handeln für den Ausgang des Verfahrens entscheidend.

In dem Zusammenhang ist auch aktuell ein interessanter Beschluss des OLG Nürnberg zu beachten: 10 UF 1073/13  vom 31.10.2013

Wurde vor dem 21.06.2012 eine Trennung von Ehegatten nach türkischem Recht ausgesprochen, so findet auf einen nach dem 21.06.2012 anhängig gemachten und (auch) auf den Ablauf der Trennungszeit gestützten Scheidungsantrag ebenfalls türkisches Scheidungsrecht Anwendung  Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts war zulässig. Die Anwendung deutschen Rechts wurde ihm vorenthalten wurde und es ist nicht auszuschließen, dass ihm daraus Nachteile hinsichtlich der Scheidungsfolgen erwachsen, namentlich im Rahmen von in der Türkei angestrengten Verfahren. In der Sache hat die Beschwerde jedoch keinen Erfolg, weil zutreffend türkisches Ehescheidungsrecht zur Anwendung kam.

Das anzuwendende Ehescheidungsrecht richtet sich zunächst danach, ob die sog. Rom III-VO zur Anwendung kommt. Die Übergangsbestimmung stellt auf den Stichtag 21.06.2012 ab.

Die Verordnung gilt  nur ab diesem Tage eingeleitete Verfahren. Das hiesige Verfahren wurde mit den Schriftsätzen vom 11.02.2013  eingeleitet. Der Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens ist für die Übergangsbestimmung  hingegen nicht relevant, da es sich um ein separates, mit dem Endbeschluss vom 10.02.2012 abgeschlossenes Verfahren handelte.  Aufgrund der Verfahrenseinleitung nach dem 21.06.2012 ist daher der Anwendungsbereich der Rom III-VO grundsätzlich eröffnet gewesen. Allerdings ging es nach Auffassung des Senats um die Umwandlung einer Trennung ohne Auflösung des Ehebandes in eine Ehescheidung. Dies führt  zur Anwendung desjenigen Rechts auf die Ehescheidung, welches bereits auf die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes Anwendung fand, also der Anwendung türkischen Rechts (nach Art. 14, 17 EGBGB, vgl. oben). Art. 9 Abs. 2 der Rom III-VO griff nicht, denn das türkische Ehescheidungsrecht sieht auch die Umwandlung einer Trennung in eine Ehescheidung vor.

Nach Art. 167 des türkischen Zivilgesetzbuches ist ein Ehegatte, der berechtigt ist, Scheidungsklage zu erheben, auch berechtigt, auf Trennung zu klagen. Ist ein Scheidungsgrund erwiesen, spricht das Gericht nach Art. 170 des türkischen Zivilgesetzbuches in einem solchen Fall die Trennung aus. Gemäß Art. 172 des türkischen Zivilgesetzbuches können beide Ehegatten die Scheidung schon dann verlangen, wenn während der festgesetzten Trennungszeit die eheliche Lebensgemeinschaft nicht wieder hergestellt wurde.

Bei dieser Regelung handelt es sich nach Auffassung des Senats um einen Fall der Umwandlung einer Trennung ohne Auflösung des Ehebandes in eine Ehescheidung, da für den Fall der Nichtwiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft die Trennung ohne weitere Voraussetzungen ihren Fortgang in die Scheidung nimmt.  Dass das türkische Recht auch eine Scheidung wegen Zerrüttung kennt, steht der Anwendung des Art. 9 Abs. 1 der Rom III-VO nicht entgegen.

Im Sinne von Art. 9 Abs. 1 der Rom III-VO bilden gerichtliche Trennung und Ehescheidung somit eine Einheit, so dass unter Wahrung der Kontinuität das auf die Trennung tatsächlich angewandte Recht zur Anwendung kommt und nicht das nach Art. 8 der Rom III-VO eigentlich anzuwendende Recht.

Bonn, RA Sagsöz, Dezernat Familienrecht  - Sekretariat: 0228 9619720

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