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§ 33 SOG M-V
Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Mecklenburg-Vorpommern (Sicherheits- und Ordnungsgesetz - SOG M-V)
Landesrecht Mecklenburg-Vorpommern

Abschnitt 3 – Verarbeitung personenbezogener Daten (§§ 25 - 49) → Unterabschnitt 2 – Maßnahmen der Datenerhebung (§§ 27 - 35)

Titel: Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Mecklenburg-Vorpommern (Sicherheits- und Ordnungsgesetz - SOG M-V)
Normgeber: Mecklenburg-Vorpommern
Amtliche Abkürzung: SOG M-V
Gliederungs-Nr.: 2011-3
Normtyp: Gesetz

§ 33 SOG M-V – Besondere Mittel der Datenerhebung (5)

(1) Besondere Mittel der Datenerhebung sind

  1. 1.

    die planmäßig angelegte Beobachtung, die durchgehend länger als 24 Stunden dauert oder an mehr als zwei Tagen stattfinden soll (längerfristige Observation),

  2. 2.

    der verdeckte Einsatz technischer Mittel, insbesondere solcher zur Bild- und Tonaufnahme oder Bild- und Tonaufzeichnung,

  3. 3.

    der Einsatz von Personen, deren Zusammenarbeit mit der Polizei den Betroffenen und Dritten (§ 3 Absatz 4 Nummer 2) nicht bekannt ist (Vertrauenspersonen),

  4. 4.

    der Einsatz von Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten unter einer ihnen verliehenen, auf Dauer angelegten, veränderten Identität (verdeckt Ermittelnde).

(2) Mittel des Absatzes 1 können von der Polizei nur zur Abwehr einer im einzelnen Falle bevorstehenden Gefahr der Begehung von Straftaten von erheblicher Bedeutung (§ 49) angewandt werden, sofern die Aufklärung des Sachverhaltes zum Zwecke der Verhütung solcher Straftaten oder ihrer möglichen Verfolgung ansonsten unmöglich oder wesentlich erschwert wäre und zugleich tatsächliche Anhaltspunkte in Bezug auf die Beteiligung bestimmter Personen den gezielten Einsatz der Maßnahme ermöglichen und auf diese beschränken. In diesem Fall kann die Polizei mit den Mitteln des Absatzes 1 Daten erheben über

  1. 1.

    Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie eine Straftat nach Satz 1 begehen oder sich an einer solchen beteiligen werden oder

  2. 2.

    Personen nach § 27 Absatz 3 Nummer 2.

Mittel nach Absatz 1 können bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 67a Absatz 1 auch gegenüber den dort genannten Personen sowie Personen nach § 27 Absatz 3 Nummer 2 eingesetzt werden, wenn die Aufklärung des Sachverhaltes zum Zwecke der Verhütung terroristischer Straftaten (§ 67c) oder ihrer möglichen Verfolgung ansonsten unmöglich oder wesentlich erschwert wäre. Dies gilt in den Fällen der §§ 67a Absatz 1, 67c Halbsatz 1 Nummer 1 nur, sofern eine im einzelnen Falle bevorstehende Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit eines Staates oder einer internationalen Organisation oder für die Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland besteht. Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis bleiben unberührt.

(3) Abweichend von Absatz 2 können Mittel nach Absatz 1 Nummer 2 eingesetzt werden, wenn dies ausschließlich dem Schutz der bei einem polizeilichen Einsatz tätigen Personen dient.

(4) Die Maßnahmen nach Absatz 1 und 3 dürfen auch durchgeführt werden, wenn Dritte (§ 3 Absatz 4 Nummer 2) unvermeidbar betroffen sind.

(5) Verdeckt Ermittelnde dürfen unter der Legende mit Einverständnis der berechtigten Person deren Wohnung betreten. Im Übrigen richten sich die Befugnisse verdeckt Ermittelnder nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften.

(6) Soweit es für den Aufbau und zur Aufrechterhaltung der Legende verdeckt Ermittelnder unerlässlich ist, können entsprechende Urkunden hergestellt, verändert und gebraucht werden. Die Unerlässlichkeit stellt die Behörde fest, die die verdeckt Ermittelnden einsetzt. Verdeckt Ermittelnde dürfen unter der Legende zur Erfüllung ihres Auftrages am Rechtsverkehr teilnehmen.

(5) Red. Anm.:

Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

Vom 3. April 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 98)

Aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Dezember 2022 - 1 BvR 1345/21 - wird folgende Entscheidungsformel veröffentlicht:

  1. 1.

    § 33 Absatz 2 Satz 3, § 33c Absatz 1 Satz 2, § 33d Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 35 Absatz 1 Satz 2 jeweils in Verbindung mit § 67a Absatz 1, soweit darin auf § 67c Halbsatz 1 Nummer 1 verwiesen wird, sowie § 33b Absatz 1 Satz 2 und § 35 Absatz 1 Satz 1, soweit er in Verbindung mit § 7 Absatz 1 Nummer 4 die Vorsorge für die Verfolgung künftiger Straftaten umfasst, und § 44 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Mecklenburg-Vorpommern (Sicherheits- und Ordnungsgesetz - SOG MV) in der Fassung des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Mecklenburg-Vorpommern und zur Änderung anderer Gesetze vom 27. April 2020 (Gesetz- und Verordnungsblatt Mecklenburg-Vorpommern Seite 334) verstoßen gegen Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1, Artikel 10 Absatz 1 und Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes und sind nichtig.

  2. 2.
  3. 3.

    Bis zu einer Neuregelung, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2023, gelten die für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärten Vorschriften mit den folgenden Maßgaben fort:

    Maßnahmen gemäß § 33 Absatz 2 Satz 1, gemäß § 33c Absatz 5 Alternative 2 und gemäß § 33d Absatz 3 Satz 3 in Verbindung mit § 33c Absatz 5 Alternative 2 des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Mecklenburg-Vorpommern dürfen nur ergriffen werden, wenn eine wenigstens konkretisierte Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit der Person, für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Sachen von bedeutendem Wert besteht, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten ist, wie zum Beispiel wesentliche Infrastruktureinrichtungen oder sonstige Anlagen mit unmittelbarer Bedeutung für das Gemeinwesen.

    Eine Ausnahme von dem Gebot des Abbruchs der Datenerhebung bei Eindringen in den grundrechtlich geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung nach § 26a Absatz 3 Satz 1 Halbsatz 2 des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Mecklenburg-Vorpommern darf, soweit sie dem Schutz der verdeckt Ermittelnden selbst oder einer Vertrauensperson selbst dient, nur erfolgen, wenn ansonsten eine Gefahr für deren Leib oder Leben besteht. Wenn ein Abbruch unterbleibt, müssen die Kernbereichsrelevanz vor der Weitergabe der Information überprüft, der fehlende Abbruch dokumentiert, festgehaltene kernbereichsrelevante Informationen sofort gelöscht oder auf sonstige Weise vernichtet und dies ebenfalls dokumentiert werden.

    Maßnahmen gemäß § 35 Absatz 1 Satz 1 des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Mecklenburg-Vorpommern dürfen nur ergriffen werden, wenn eine wenigstens konkretisierte Gefahr für ein Rechtsgut von mindestens erheblichem Gewicht besteht.

Die vorstehende Entscheidungsformel hat gemäß § 31 Absatz 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes Gesetzeskraft.