§ 4 SchulG M-V - Grundsätze für die Verwirklichung des Auftrags der Schulen
Bibliographie
- Titel
- Schulgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern (Schulgesetz - SchulG M-V)
- Amtliche Abkürzung
- SchulG M-V
- Normtyp
- Gesetz
- Normgeber
- Mecklenburg-Vorpommern
- Gliederungs-Nr.
- 223-6
(1) Die Schulen haben die religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen der Schülerinnen und Schüler, Erziehungsberechtigten und Lehrerinnen und Lehrer sowie das verfassungsmäßige Recht der Erziehungsberechtigten auf Erziehung ihrer Kinder zu achten.
(2) Schule und Unterricht sind auf gleiche Bildungschancen für alle Schülerinnen und Schüler auszurichten. Unterricht knüpft an den individuellen Lernausgangslagen und Entwicklungsvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler an und fördert diese auf der Grundlage innerer oder äußerer Differenzierungsmaßnahmen. Unterricht ist so zu gestalten, dass gemeinsames Lernen und Erziehen von Schülerinnen und Schülern in größtmöglichem Ausmaß verwirklicht werden kann. Jede Form äußerer Differenzierung dient ausschließlich der Förderung der einzelnen Schülerinnen und Schüler. Individuelle Förderung ist Aufgabe jeder Schulart. Die Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Teilleistungsstörungen oder mit vermutetem oder festgestelltem sonderpädagogischen Förderbedarf oder mit Hochbegabung basiert auf einem individuellen Förderplan. Förderpläne sind mindestens halbjährlich fortzuschreiben. Die im Förderplan enthaltenen Fördermaßnahmen werden mindestens halbjährlich auf ihre Wirksamkeit geprüft und in der Klassenkonferenz festgelegt. Die Erziehungsberechtigten haben einen Anspruch auf umfassende Beratung. Die Schulen können in eigenem pädagogischem Ermessen darüber hinausgehende Regelungen treffen. Der kooperierende Träger der Jugendhilfe und das Jugendamt sind im Bedarfsfall einzubeziehen.
(3) Allgemeine und berufliche Bildung sind gleichrangig. Dabei ist auf die Beseitigung bestehender Nachteile sowie auf die Überwindung des geschlechtsspezifischen Ausbildungs- und Arbeitsmarktes hinzuwirken. Der Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Bildung ist im Prozess der beruflichen Orientierung angemessen Rechnung zu tragen. Die Schule schafft die Voraussetzungen für eine der Eignung und Leistung der Schülerinnen und Schüler entsprechende Berufsausbildung und Berufsausübung. Die Zusammenarbeit zwischen Schule und Arbeits- und Berufswelt wird durch Praktika und gezielte berufsorientierende Maßnahmen sowie den Gegenstandsbereich Arbeit - Wirtschaft - Technik gefördert.
(4) Das Land, die kommunalen Gebietskörperschaften und die freien Träger wirken bei der Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrags der Schule mit Lehrerinnen und Lehrern, Schülerinnen und Schülern, Erziehungsberechtigten und den für die außerschulische Berufsausbildung Verantwortlichen nach Maßgabe dieses Gesetzes zusammen.
(5) Die Schule, die Erziehungsberechtigten und die Träger der freien und öffentlichen Jugendhilfe wirken bei der Erfüllung des Rechts der Schülerinnen und Schüler auf größtmögliche Entfaltung ihrer Persönlichkeit und Fähigkeiten zusammen. Die Schule achtet das verfassungsmäßige Recht und die Pflicht der Erziehungsberechtigten und kooperiert mit ihnen bei der Erziehung ihrer Kinder. Sie beteiligt die Erziehungsberechtigten an der Gestaltung des Schullebens und nutzt besondere Befähigungen und Erfahrungen für den Unterricht. Insbesondere an schulischen Veranstaltungen außerhalb des Unterrichts sollen Erziehungsberechtigte unmittelbar beteiligt werden. Die Schule ermöglicht den Schülerinnen und Schülern gemäß ihrem Alter und ihrer Entwicklung ein Höchstmaß an Mitwirkung in Unterricht und Erziehung, damit sie ihren Bildungsweg individuell und eigenverantwortlich gestalten und zur Selbstständigkeit gelangen können. Das Wohl der Schülerinnen und Schüler erfordert es, jedem Anschein von Vernachlässigung, Misshandlung oder anderen Gefährdungen des Kindeswohls nachzugehen. Die Schule entscheidet rechtzeitig über die Einbeziehung des Jugendamtes oder anderer zuständiger Stellen. Das Nähere regelt die oberste Schulbehörde, soweit das Jugendamt oder eine andere zuständige Stelle betroffen ist, im Einvernehmen mit diesen, durch Verwaltungsvorschrift.
(6) Schülerinnen und Schüler werden grundsätzlich gemeinsam unterrichtet. Dabei ist der Unterricht so zu gestalten, dass das gemeinsame Lernen mögliche Benachteiligungen der Schülerinnen und Schüler ausgleicht und Chancengleichheit herstellt. Das Prinzip des Gender Mainstreaming ist zu berücksichtigen und alle erziehungsrelevanten Maßnahmen und Strukturen unter Einbeziehung der Geschlechterperspektive zu entwickeln. Sofern es pädagogisch sinnvoll ist, können sie zeitweise auch getrennt unterrichtet werden. Die Entscheidung trifft die Schulkonferenz auf Vorschlag der Fachkonferenz.
(7) Jede Schule ist für die Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrags verantwortlich. Das Ziel ist die Entwicklung der einzelnen Schülerin oder des einzelnen Schülers zu Eigenverantwortlichkeit, Selbstständigkeit und Gemeinschaftsfähigkeit. Die Schule gestaltet den Unterricht und seine Organisation selbstständig und eigenverantwortlich. Die Selbstständige Schule entwickelt ihr pädagogisches Konzept in einem Schulprogramm. Das Land und die Schulträger unterstützen und fördern die Schulen in ihrer Selbstständigkeit und Eigenverantwortung und übertragen ihnen Verantwortung für Personal und Sachbedarf.
(8) Die Schulen und die Schulbehörden sind zu kontinuierlicher Qualitätsentwicklung und -sicherung verpflichtet und wirken mit dem Schulträger zusammen. Zur Sicherung des Bildungs- und Erziehungsauftrags überprüft jede Schule regelmäßig und systematisch die Qualität ihrer Arbeit. Die Qualitätsentwicklung und -sicherung erstreckt sich auf die gesamte Unterrichts- und Erziehungstätigkeit, die Organisation der Schule, das Schulleben sowie die außerschulischen Kooperationsbeziehungen. Die Schulbehörden beraten und unterstützen die Schulen bei der Qualitätsentwicklung und -sicherung.
(9) Die Schülerinnen und Schüler sind auf der Grundlage der Rahmenpläne an der Auswahl der Unterrichtsinhalte zu beteiligen. Die fachlichen und pädagogischen Ziele des Unterrichts sind ihnen zu erläutern.
(10) An ausgewählten Grundschulstandorten werden Lerngruppen zur Förderung von Schülerinnen und Schülern mit besonders stark ausgeprägtem sonderpädagogischen Förderbedarf im Förderschwerpunkt Sprache eingerichtet.
(11) An ausgewählten Grundschulstandorten und an ausgewählten Schulstandorten der weiterführenden allgemein bildenden Schulen (§ 12 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe b, d, e) werden Lerngruppen zur Förderung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung eingerichtet.
(12) An ausgewählten Grundschulstandorten (ab Jahrgangsstufe 3) und Schulstandorten der weiterführenden allgemein bildenden Schulen (§ 12 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe b, d, e) werden Lerngruppen zur individuellen Förderung von Schülerinnen und Schülern mit besonders stark ausgeprägtem sonderpädagogischen Förderbedarf im Förderschwerpunkt Lernen eingerichtet.
(13) An ausgewählten Grundschulstandorten und an ausgewählten Schulstandorten der weiterführenden allgemein bildenden Schulen (§ 12 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe b bis e) werden Schulen mit spezifischer Kompetenz eingerichtet. Hierbei handelt es sich um ein zusätzliches Beschulungsangebot zur Förderung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Förderschwerpunkt Sehen, Hören oder körperliche und motorische Entwicklung.
(14) Die oberste Schulbehörde wird ermächtigt, das Nähere zur Entscheidung und zum Verfahren über den Besuch
- 1.
von Lerngruppen (Absatz 10, 11 und 12) und
- 2.
von Schulen mit spezifischer Kompetenz (Absatz 13)
sowie das Verfahren zur Feststellung von Teilleistungsstörungen durch Rechtsverordnung zu regeln. § 38 bleibt unberührt.