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§ 23 PolG
Polizeigesetz (PolG)
Landesrecht Baden-Württemberg

ZWEITER ABSCHNITT: – Maßnahmen der Polizei → Dritter Unterabschnitt: – Datenerhebung

Titel: Polizeigesetz (PolG)
Normgeber: Baden-Württemberg
Amtliche Abkürzung: PolG
Gliederungs-Nr.: 2050
Normtyp: Gesetz

§ 23 PolG – Besondere Bestimmungen über den Einsatz technischer Mittel zur Datenerhebung in oder aus Wohnungen (1)

(1) Red. Anm.:

Außer Kraft am 16. Januar 2021 durch Artikel 5 Satz 2 des Gesetzes vom 6. Oktober 2020 (GBl. S. 735). Zur weiteren Anwendung s. Artikel 4 des Gesetzes vom 6. Oktober 2020 (GBl. S. 735)

(1) Der Polizeivollzugsdienst kann personenbezogene Daten in oder aus Wohnungen durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel nach § 22 Abs. 1 Nr. 2 über die in den §§ 6 und 7 sowie unter den Voraussetzungen des § 9 über die dort genannten Personen erheben, wenn andernfalls die Abwehr einer unmittelbar bevorstehenden Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leben, Gesundheit oder Freiheit einer Person gefährdet oder erheblich erschwert würde. Die Datenerhebung darf auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.

(2) Die Datenerhebung nach Absatz 1 darf nur angeordnet werden, soweit nicht auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass durch die Überwachung Daten erfasst werden, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind. Abzustellen ist dabei insbesondere auf die Art der zu überwachenden Räumlichkeiten und das Verhältnis der dort anwesenden Personen zueinander.

(3) Die Datenerhebung nach Absatz 1 bedarf der Anordnung durch die in § 74a Abs. 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes genannte Kammer des Landgerichts, in dessen Bezirk die zuständige Polizeidienststelle ihren Sitz hat. Sie muss, soweit bekannt, Name und Anschrift der Person enthalten, gegen die sich die Maßnahme richtet. In der Anordnung sind Art, Umfang und Dauer der Maßnahme schriftlich zu bestimmen. Sie ist auf höchstens drei Monate zu befristen. Eine Verlängerung um jeweils nicht mehr als einen Monat ist zulässig, solange die Voraussetzungen für die Maßnahme fortbestehen. Die Anordnung ist mit Gründen zu versehen. § 31 Abs. 5 Satz 2 bis 4 ist entsprechend anzuwenden. Bei Gefahr im Verzug kann die Maßnahme von einer der in § 22 Abs. 6 genannten Personen angeordnet werden; diese Anordnung bedarf der Bestätigung des in Satz 1 genannten Gerichts. Sie ist unverzüglich herbeizuführen.

(4) Einer Anordnung durch das Gericht bedarf es nicht, wenn technische Mittel ausschließlich zur Sicherung der bei einem polizeilichen Einsatz tätigen Person verwendet werden; § 22 Abs. 6 gilt entsprechend.

(5) Die Datenerhebung nach Absatz 1 ist unverzüglich zu unterbrechen, sofern sich während der Überwachung Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Daten, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, erfasst werden. Sie darf fortgesetzt werden, wenn zu erwarten ist, dass die Gründe, die zur Unterbrechung geführt haben, nicht mehr vorliegen. Bis zum Zeitpunkt der Unterbrechung erhobene Daten, die dem Kernbereich der privaten Lebensgestaltung zuzurechnen sind, dürfen nicht verwertet werden und sind unverzüglich zu löschen. Die Löschung ist zu protokollieren. Die Maßnahme ist abzubrechen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht mehr vorliegen. Der Abbruch ist dem Gericht mitzuteilen.

(6) Die Betroffenen sind von Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 1 und Absatz 4 zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung des Zwecks der Maßnahme oder der bei dem polizeilichen Einsatz eingesetzten Personen geschehen kann. Ist wegen desselben Sachverhalts ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die betroffene Person eingeleitet worden, ist die Unterrichtung in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft nachzuholen, sobald der Stand des Ermittlungsverfahrens dies zulässt. Erfolgt die Benachrichtigung nicht innerhalb von sechs Monaten nach Beendigung der Maßnahme, bedarf die weitere Zurückstellung der richterlichen Zustimmung. Die richterliche Entscheidung ist vorbehaltlich einer anderen richterlichen Anordnung jeweils nach einem Jahr erneut einzuholen. Eine Unterrichtung kann mit richterlicher Zustimmung auf Dauer unterbleiben, wenn

  1. 1.

    überwiegende Interessen einer betroffenen Person entgegenstehen oder

  2. 2.

    die Identität oder der Aufenthalt einer betroffenen Person nur mit unverhältnismäßigem Aufwand ermittelt werden können oder

  3. 3.

    seit Beendigung der Maßnahme fünf Jahre verstrichen sind.

Über die Zustimmung entscheidet das in Absatz 3 genannte Gericht. Bedurfte die Maßnahme nicht der richterlichen Anordnung, ist für die Zustimmung das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Polizeidienststelle ihren Sitz hat, die die Maßnahme angeordnet hat.

(7) Nach Absatz 1 und 4 erlangte personenbezogene Daten sind besonders zu kennzeichnen. Nach einer Übermittlung ist die Kennzeichnung durch die Empfänger aufrechtzuerhalten. Nach Absatz 1 und 4 erlangte personenbezogene Daten dürfen für den Zweck gespeichert, verändert und genutzt werden, für den sie erhoben wurden. Die Speicherung, Veränderung, Nutzung und Übermittlung ist auch zulässig, soweit dies

  1. 1.

    zur Abwehr einer anderen unmittelbar bevorstehenden Gefahr im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 oder

  2. 2.

    zur Aufklärung von Straftaten, die nach der Strafprozessordnung in der jeweils geltenden Fassung die Wohnraumüberwachung rechtfertigen,

erforderlich ist. Die anderweitige Speicherung, Veränderung, Nutzung und Übermittlung personenbezogener Daten, die aus einer Maßnahme nach Absatz 4 erlangt worden sind, ist nur zulässig, soweit dies zu den in Satz 4 genannten Zwecken erforderlich ist und wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzug ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen. Im Übrigen sind personenbezogene Daten aus einer Maßnahme nach Absatz 4 oder solche, die ausschließlich in Absatz 1 Satz 2 genannte Personen betreffen, unverzüglich, spätestens jedoch zwei Monate nach Beendigung der Maßnahme zu löschen.

(8) Die Landesregierung unterrichtet den Landtag jährlich über den nach Absatz 1 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 4 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Landtag bestimmtes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus.