Widerruf bei Fehlerhaftigkeit einer Widerrufsbelehrung eines Verbraucherdarlehensvertrages; keine Vorfälligkeitsentschädigung u.s.w.

Kredit und Bankgeschäfte
20.01.2015376 Mal gelesen
Fehlerhafte Belehrungen bei Verbraucherdarlehensverträgen, die Praxis der Banken und die Fragen und rechtlichen Problemen, die sich den Darlehensnehmern stellen.

Vorab die Klarstellung, dass bei einer Fehlerhaftigkeit der Belehrung ein Widerruf möglich ist und die weitere Verfolgung der Rechte daraus ein Selbstläufer ist hat mit der Realität bzw. Praxis nicht allzuviel zu tun. Dies einfach deshalb, da die Banken aufgrund eines Widerrufs und den daraus entstehenden Widerrufsfolgen bei Anerkennung des Widerrufs in massenhaften Fällen tief in die "Tasche" greifen müssten. Es geht nicht nur um ein paar Millionen EUR und deshalb wird von der Bankseite alles versucht damit diese im Einzelfall möglichst gut oder mit wenigen Kosten herauskommt.

Weiter gibt es auch nicht die Gleichung, dass eine Fehlerhaftigkeit automatisch einen rechtswirksamen Widerruf zur Folge hat. Es kommt immer auf den Einzelfall an, d.h. insbesondere auf die konkreten Fehler in der Belehrung.

Vorgerichtlich legen die Banken seit Monaten bzw. mehr als einem halben Jahr eine härtere Gangart ein. Dies hat sogar zur Folge, dass Banken in Einzelfällen auf Anschreiben überhaupt nicht reagieren, ganz abgesehen davon, dass Banken gesetzte Fristen kaum einhalten. Die Folge ist Verunsicherung. Aufgrund der Kosten für die Banken betreiben die Banken im vorgerichtlichen Bereich sozusagen einen "Kuhmarkt", d.h. der Bank geht es nicht primär darum, ob die Belehrung z.B. eklatant fehlerhaft ist und für den Einzelfall z.B. sogar eine Rechtsprechung des BGH existiert und einschlägig ist u.s.w. Die Banken haben ihre internen Kriterien bzw. Vorgaben und handeln dementsprechend. In den allermeisten Fällen bekommen die Kunden nach einem erteilten Widerruf deshalb eine vorformulierte Standardablehnung.

Die Rechtsprechung zu den Widerrufsbelehrungen bei Verbraucherdarlehen ist nach wie vor insgesamt nicht abgeschlossen.

Aktuell ist z.B. auch ein Urteil des Landgerichts Hamburg vom 3.9.2014, AZ: 329 O 87/14 zu erwähnen.

Laut dem Urteil des LG Hamburg greift die Schutzwirkung zugunsten der Bank nur ein, wenn ein Formular verwendet wird, das dem Muster inhaltlich und auch in der äußeren Gestaltung insgesamt entspricht.

Die Einrede der Verwirkung (Recht kann nicht mehr geltend gemacht werden) wird mittlerweile in vielen Fällen von den Banken eingebracht. Das Landgericht Hamburg sagt hierzu aus, dass die Bank kein Vertrauenstatbestand erworben hat, wenn die Bank die fehlerhafte Belehrung nicht nachgebessert/berichtigt hat bzw. dies steht einem Vertrauenstatbestand zugunsten der Bank entgegen. Weiter stellte das Gericht fest, dass das bloße Verstreichen von Zeit keine Verwirkung (Zeitmoment) zur Folge hat.

Weiter enthält das Urteil eine klare Feststellung dahingehend, dass der Darlehensnehmer keine Pflichten verletzt hat und ein widersprüchliches Verhalten (Vertragserfüllung und spätere Widerrufserklärung) keine Pflichtverletzung darstellt.

Wie lange nach Vertragserfüllung noch der Widerruf erklärt werden kann auch dazu hat das Gericht eine Aussage getroffen. Eine solche Frage und dem Eintritt der Verwirkung würde sich das Gericht erst stellen, wenn zwischen der Erfüllung des Darlehensvertrages und dem erklärten Widerruf jedenfalls mehr als 5 Jahre verstrichen sind.

Für den Verkäufer einer Immobilie stellt sich immer wieder die Frage (dies belegen die Anfragen), ob und wann er einen Widerruf erklären soll. Hierzu muss im Einzelfall beraten werden, da mehrere Aspekte hierbei zu beachten sind.

Grundsätzlich ist jedoch "trotz" dem Urteil des LG Hamburg festzustellen, dass ein Widerruf jedenfalls nicht unnötig in die Zukunft verschoben werden soll.

Zu den hier in Kürze dargelegten Fragen gibt es auch eine ganze Anzahl von anderen unterinstanzlichen Urteilen. Eine Einheitlichkeit zu den Fragen, insbesondere zur Frage einer Verwirkung ist nicht gegeben.

Die erste und wichtigste Hürde für einen Darlehensnehmer ist zunächst festzustellen, ob die Belehrung fehlerhaft ist. Und in einem weiteren Schritt stellt sich die Frage zum weiteren konkreten Vorgehen. Zu beiden Punkten kann nur empfohlen werden eine anwaltliche Beratung und Vertretung in Anspruch zu nehmen. Wobei nochmals erwähnt sei, dass der Darlehensnehmer in den allermeisten Fällen -siehe hierzu ganz oben- selbst das Problem nicht lösen kann, da er standardgemäß eine Ablehnung erhält.

Rechtsanwalt Peter Ganz-Kolb

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Schwerpunktmäßig ist RA Ganz-Kolb auf dem Gebiet des Kapitalanlagerechts, des Bankrechts und des Anlegerschutzes tätig. Durch fachspezifische Tätigkeiten bei Banken etc. (z. B. 7-jährige Tätigkeit bei einem großen Discount-Broker/Wertpapierbank) sind auch umfangreiche und praktische Produktkenntnisse, Kenntnisse der Vertriebsabläufe etc. vorhanden. Dies beginnt bei einer atypisch stillen Beteiligung und endet bei den Zertifikaten.