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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 28.08.2012, Az.: BVerwG 1 WB 52.11
Erforderlichkeit eines Mandats des Deutschen Bundestages bei Zuweisung i.R.d. Operation "UNIFIED PROTECTOR (OUP)"
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 28.08.2012
Referenz: JurionRS 2012, 26589
Aktenzeichen: BVerwG 1 WB 52.11
ECLI: [keine Angabe]

BVerwG, 28.08.2012 - BVerwG 1 WB 52.11

In dem Wehrbeschwerdeverfahren
des Herrn Oberleutnant ...,
...,
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Oberstleutnant i.G. Petrasch und
den ehrenamtlichen Richter Oberleutnant Mielke
am 28. August 2012
beschlossen:

Tenor:

Der Antrag wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I

1

Der Antragsteller beanstandet, dass er auf der Grundlage einer Weisung des Bundesministeriums der Verteidigung (Referatsleiter im Führungsstab der Luftwaffe Fü L ...) zur Personalverstärkung zum Dienstältesten Deutschen Offizier/Deutscher Anteil C. nach ..., Italien, kommandiert, dort aber im Rahmen der Operation UNIFIED PROTECTOR (OUP) tatsächlich dem C.O. zugewiesen worden sei, ohne dass die Bundesregierung zuvor ein Mandat des Deutschen Bundestages auf der Grundlage des "Gesetzes über die parlamentarische Beteiligung bei der Entscheidung über den Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Ausland (Parlamentsbeteiligungsgesetz)" eingeholt habe. Mit der Operation UNIFIED PROTECTOR bezweckte die NATO unter anderem, die vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gegen Libyen beschlossene Flugverbots-Zone durchzusetzen.

2

Der 1984 geborene Antragsteller ist Soldat auf Zeit in der Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes der Luftwaffe. Seine Dienstzeit ist auf zwölf Jahre festgesetzt und wird voraussichtlich mit Ablauf des 30. Juni 2016 enden. Er wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2010 zum Oberleutnant ernannt. Seit dem 1. Juli 2010 wird der Antragsteller als ...offizier bei der ...staffel ...geschwader ... in N. verwendet.

3

Mit E-Mail-Schreiben vom 9. Juni 2011 teilte der Führungsstab der Streitkräfte - Fü S ... - im Bundesministerium der Verteidigung dem Führungsstab der Luftwaffe - Fü L ... - mit, dass beabsichtigt sei, auf Basis der derzeit gültigen Leitungsweisung die Operation UNIFIED PROTECTOR unverändert durch temporäre Besetzungen von freien und nicht besetzten Peacetime Establishment (PE)-Dienstposten zu unterstützen. Eine Besetzung von Crisis Establishment (CE)-Dienstposten sei hingegen nicht möglich, weil dazu ein Mandat des Deutschen Bundestages erforderlich sei. Der Dienstälteste Deutsche Offizier/Deutscher Anteil C. habe insgesamt elf Dienstposten identifiziert, die vorübergehend bzw. permanent (da Deutschland im Peacetime Establishment ohnehin zugeordnet) besetzt werden könnten. Fü L ... werde gebeten, die Abstellung von Personal und die mögliche Besetzung der PE-Dienstposten zu prüfen und Fü S ... über das Ergebnis zu informieren.

4

Diesem Auftrag lag nach Mitteilung des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 (seit dem 1. April 2012: R II 2) - Folgendes zugrunde: Im März 2011 sei von den Hauptquartieren der NATO, die die Operation UNIFIED PROTECTOR zur Umsetzung der Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen 1973 (2011) in Libyen durchführten, beim Bundesministerium der Verteidigung angefragt worden, ob zur personellen Verstärkung deutsches Personal kommandiert werden könne, um dort eine 24-Stunden-Schichtfähigkeit zu gewährleisten. Daraufhin hätten der zuständige Staatssekretär im Bundesministerium der Verteidigung am 25. März 2011 und der Bundesminister der Verteidigung am 9. Mai 2011 gebilligt, dass deutsches Personal grundsätzlich zur Verstärkung der mit der Durchführung der Operation UNIFIED PROTECTOR beauftragten ständigen integrierten und multinational besetzten Hauptquartiere eingesetzt werden könne. Am 1. Juni 2011 habe der NATO-Rat die Verlängerung der Operation UNIFIED PROTECTOR unter Beibehaltung des Operationsplans bis Ende September 2011 beschlossen. Um die Durchhaltefähigkeit der Einsatzführung zu gewährleisten, sei die Ablauforganisation in den an der Einsatzführung beteiligten Hauptquartieren strukturell von Peacetime Establishment (Friedensstruktur) zu Crisis Establishment (Krisenstruktur) umgewandelt worden. Dabei habe es sich um eine rein interne Umorganisation gehandelt, d. h. lediglich eine personaltechnische, administrative Anpassung innerhalb ständiger integrierter und multinational besetzter Hauptquartiere, um die quantitative Verstärkung der bestehenden Strukturen zu erleichtern. Neue bzw. eigenständige, d.h. eigens für einen konkreten Einsatz gebildete Hauptquartiere der NATO wie beispielsweise in Afghanistan seien zur Führung der Operation UNIFIED PROTECTOR nicht eingerichtet worden. Die Operation werde auch weiterhin aus den ständigen integrierten sowie multinational besetzten Stäben beziehungsweise Hauptquartieren der NATO heraus geführt.

5

Mit E-Mail-Schreiben vom 21. Juni 2011 meldete der Führungsstab der Luftwaffe - Fü L ... - dem Führungsstab der Streitkräfte - Fü S ... - zum Betreff "Personalunterstützung C." fünf namentlich benannte Offiziere (darunter den Antragsteller) und sechs namentlich benannte Unteroffiziere, die für die Kommandierung zum C. zur Verfügung stünden. Er teilte mit, dass alle elf Dienstposten wie gefordert ab Mitte Juli besetzt werden könnten.

6

Nach Mitteilung des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - billigte der zuständige Staatssekretär im Bundesministerium der Verteidigung am 22. Juni 2011 die Fortsetzung der bisherigen personellen Unterstützung auch unter Berücksichtigung der Umwandlung von Peacetime Establishment in Crisis Establishment für weitere 90 Tage.

7

Auf Weisung des Führungsstabs der Streitkräfte erließ daraufhin der Referatsleiter Fü L ... unter dem 24. Juni 2011 zum Betreff "Personalverstärkung C." eine "Weisung zur Umsetzung", in der er das Luftwaffenführungskommando anwies, die bereits vorab geprüfte Gestellung von elf PE-Dienstposten im C. in den angegebenen Zeitlinien für zunächst drei Monate umzusetzen. Zur Begründung wies er unter anderem darauf hin, dass aufgrund des bereits seit mehreren Monaten anhaltenden Einsatzes der Operation UNIFIED PROTECTOR die aktuelle Personalbesetzung einzelner Hauptquartiere, insbesondere beim C., nicht ausreiche, um den erforderlichen 24-Stunden-Schichtbetrieb durchhaltefähig sicherzustellen.

8

In Umsetzung dieser Weisung ordnete das Personalamt der Bundeswehr mit Verfügung vom 1. Juli 2011 die Kommandierung des Antragstellers vom ... 2011 bis zum ... 2011 zum Dienstältesten Deutschen Offizier/Deutscher Anteil C. (Dienststellen-ID: ...) in P., Italien, an. Als Grund der Kommandierung war "Personelle Unterstützung" angegeben. Mit der 1. Korrektur vom 18. Juli 2011 änderte das Personalamt auf Weisung des Luftwaffenführungskommandos das Ende des Kommandierungszeitraums auf den ... 2011 und vermerkte als Grund der Kommandierung "Einsatz im Rahmen von UNIFIED PROTECTOR".

9

Mit einer an seinen nächsten Disziplinarvorgesetzten, den Dienstältesten Deutschen Offizier/Deutscher Anteil C., gerichteten Beschwerde vom 20. Juli 2011 legte der Antragsteller dar, dass es in P. derzeit drei militärische Führungsstrukturen gebe: H., C. und C. O.. Er beanstandete, dass der ihm nach seinem Dienstantritt tatsächlich zugewiesene Dienstposten nicht Teil des Peacetime Establishments im Bereich C. sei, sondern Teil des C. O. (Dienststellen-ID: ...) für den Libyen-Einsatz. Auch die mit ihm kommandierten deutschen Soldaten seien nicht im Bereich C., sondern auf Dienstposten für den Libyen-Einsatz im Bereich C. O. eingesetzt. Aus seiner Sicht leisteten dort deutsche Soldaten außerhalb ständig bestehender multinationaler Stäbe und Hauptquartiere des Bündnisses Dienst im Einsatz. Dafür bedürfe es eines Mandats des Deutschen Bundestages.

10

Auf die Bitte des Dienstältesten Deutschen Offiziers, die Bearbeitung der Beschwerde zu übernehmen, wies das Kommando 1. Luftwaffendivision mit EMail-Schreiben vom 25. Juli 2011 auf die Zuständigkeitsregelungen nach der Wehrbeschwerdeordnung hin; es empfahl, die Beschwerde zuständigkeitshalber dem Führungsstab der Luftwaffe zuzuleiten, der die Entscheidung zur Personalunterstützung getroffen habe. Dieser Empfehlung folgte der Dienstälteste Deutsche Offizier mit seiner Telefax-Vorlage vom 26. Juli 2011.

11

Mit E-Mail-Schreiben vom selben Tag leitete auch der Antragsteller seinen Rechtsbehelf an den Führungsstab der Luftwaffe - Fü L ... - weiter und betonte, dass das Unterstützungspersonal und die aus den NATO-Hauptquartieren entsandten deutschen Soldaten zweifellos Dienst im Einsatz leisteten. Für C. O. sei in P. ein eigenständiger "Battlestaff" etabliert worden. Dem Einsatz deutscher Soldaten fehle jegliche politische Legitimation. Dem Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 -, an den die Beschwerde sodann abgegeben worden war, teilte der Antragsteller mit E-Mail-Schreiben vom 5. August 2011 mit, dass seine Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt werden solle. Er betonte, für seinen Rechtsbehelf sei ausschlaggebend gewesen, dass die Papierlage nicht bzw. nicht mehr mit der praktischen Umsetzung des Einsatzes des deutschen Verstärkungspersonals in P. konform sei. Er sei nicht - wie angekündigt - auf einem PE-Dienstposten im Bereich C., sondern auf einem CE-Dienstposten bei C. O. eingesetzt. Ziel seiner Beschwerde sei es im Übrigen, nicht nur seinen persönlichen Einsatz bei C. O. aus rechtlicher Sicht in Frage stellen, sondern den des gesamten deutschen Personals. Er wolle allerdings vorerst keinen Antrag auf Gewährung des Auslandsverwendungszuschlags stellen, weil er eine vernünftige Lösung für alle deutschen Soldaten anstrebe.

12

Diesen Antrag auf Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hat der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit seiner Stellungnahme vom 28. September 2011 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

13

Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens bekräftigt der Antragsteller sein Beschwerdevorbringen und betont, dass er als Beschwerdegegenstand den Umstand sehe, dass er - bei formaler Kommandierung zum C. - tatsächlich bei C. O., also auf einem CE-Dienstposten eingesetzt worden sei. Hierfür sei ein Mandat des Deutschen Bundestages erforderlich. Während der Operation UNIFIED PROTECTOR seien in P. drei Einheiten bzw. Verbände ansässig gewesen: neben der H. (Italienische Luftwaffe) regulär das C. und zusätzlich ein als C. O. bezeichneter "Battlestaff", der die militärischen Führungsgrundgebiete umfasst habe und zur Führung der Operation UNIFIED PROTECTOR eingerichtet worden sei. Während dieser Operation habe das Personal des C. - anders als das Personal C. O. - keinen Einsatzschichtdienst geleistet. De facto seien deutsche Soldaten bei C. O. wie die Soldaten anderer Nationen auch im Einsatz gewesen, ohne einen entsprechenden rechtlichen Status inne zu haben.

14

Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

15

Er interpretiert das Vorbringen des Antragstellers als Antrag festzustellen, dass die Bundesregierung verpflichtet gewesen wäre, vor der Kommandierung des Antragstellers und zehn weiterer Soldatinnen bzw. Soldaten zum C. den Deutschen Bundestag auf der Grundlage des Parlamentsbeteiligungsgesetzes konstitutiv zu beteiligen. Er hält diesen Antrag für unzulässig. Der Antragsteller habe sein Begehren vorrangig durch einen gegen die Kommandierung gerichteten Anfechtungsantrag verfolgen können. Es treffe zwar zu, dass der Antragsteller auf der Grundlage der Weisung des BMVg - FüL ... - vom 24. Juni 2011 auf einen PE-Dienstposten (...) bei C. kommandiert, tatsächlich jedoch auf Weisung des Director of Operations C. auf einem CE-Dienstposten (...) eingesetzt worden sei. Dieses Verfahren habe man auch bei neun anderen deutschen Soldaten angewendet, die jeweils auf PE-Dienstposten kommandiert, vor Ort aber auf geeignete CE-Dienstposten zur Unterstützung der Operation UNIFIED PROTECTOR eingesetzt worden seien. Damit sei lediglich der bereits geschilderten internen Umstrukturierung Rechnung getragen worden. Dem Antragsteller fehle im Übrigen im Hinblick auf seine Rüge unterlassener Beteiligung des Deutschen Bundestages die notwendige Antragsbefugnis, weil eine Verletzung eigener Rechte für ihn von vornherein nicht in Betracht komme. Die verfassungsrechtlichen Beteiligungsrechte des Deutschen Bundestages, wie sie in § 1 des Parlamentsbeteiligungsgesetzes ihren Ausdruck fänden, wären ausschließlich vom Parlament selbst gegenüber der Bundesregierung geltend zu machen. Die Entscheidung des Bundesministers der Verteidigung über eine Kommandierung unterliege hingegen nicht dem Parlamentsvorbehalt. Eine gegebenenfalls noch fehlende Zustimmung des Bundestages lasse gegenüber den betroffenen Soldaten die rechtliche Wirksamkeit einer Entscheidung des Bundesministers der Verteidigung als Rechtsgrundlage für Personalverfügungen unberührt. In Bezug auf die zehn ebenfalls kommandierten Soldatinnen bzw. Soldaten bestehe keine Antragsbefugnis des Antragstellers, weil dieser nur die Verletzung eigener Rechte geltend machen könne.

16

Die NATO hat die Operation UNIFIED PROTECTOR am 31. Oktober 2011 beendet.

17

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - Az.: ... - und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

18

Der Antragsteller hat - trotz gerichtlicher Aufforderung - keinen konkreten Sachantrag gestellt. Sein Rechtsschutzbegehren bedarf deshalb der Auslegung.

19

1.

Soweit der Antragsteller im Schriftsatz vom 5. August 2011 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts wünscht und zugleich betont, mit seiner Beschwerde rüge er nicht lediglich seinen persönlichen Einsatz bei C. O., sondern den des gesamten deutschen Personals, ist sein darauf bezogener Rechtsschutzantrag unzulässig.

20

Dem Antragsteller fehlt insoweit die erforderliche Antragsbefugnis.

21

Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO (hier in Verbindung mit § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO) kann ein Soldat die Wehrdienstgerichte anrufen, wenn sein Antrag bzw. seine Beschwerde eine Verletzung seiner Rechte oder eine Verletzung von Pflichten eines Vorgesetzten ihm gegenüber zum Gegenstand hat, die im Zweiten Unterabschnitt des Ersten Abschnitts des Soldatengesetzes mit Ausnahme der §§ 24, 25, 30 und 31 geregelt sind. Das gerichtliche Verfahren nach der Wehrbeschwerdeordnung dient damit ausschließlich dem individuellen subjektiven Rechtsschutz des Soldaten; es ist kein Instrument einer objektiven Rechtskontrolle oder einer allgemeinen Aufsicht über die Bundeswehr oder etwa einer "Popularklage". Der Soldat kann nur ein ihm persönlich zustehendes Recht ("sein Recht") beziehungsweise eine Verletzung ihm persönlich dienender Pflichten ("Pflichten ... ihm gegenüber") geltend machen (stRspr: vgl. z.B. Beschlüsse vom 16. Januar 2008 - BVerwG 1 WB 29.07 - Rn. 35 <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 67> und vom 24. Mai 2011 - BVerwG 1 WB 39.10 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 79 Rn. 17; vgl. auch Dau, WBO, 5. Auflage 2009, § 1, Rn. 99).

22

Diese gesetzliche Einschränkung des Antragsrechts auf den Individualrechts-schutz kennzeichnet nicht erst das gerichtliche Verfahren nach der Wehrbeschwerdeordnung. Vielmehr ist schon das vor- und außergerichtliche Beschwerderecht eines Soldaten durch § 1 Abs. 4 Satz 1 WBO auf die Individual-beschwerde beschränkt. Nach dieser Vorschrift sind gemeinschaftliche Beschwerden unzulässig. Sofern der Antragsteller seine Beschwerde so verstanden wissen will, dass er sie zugleich im Namen der mit ihm nach P. kommandierten deutschen Soldaten führt, die ebenfalls Beschwerde mit derselben Begründung erhoben haben, ist sein Rechtsbehelf auch gemäß § 1 Abs. 4 WBO unzulässig. Eine unzulässige gemeinschaftliche Beschwerde liegt auch dann vor, wenn sich aus den gesamten Umständen ergibt, dass sich der Beschwerdeführer nicht allein für seine Person beschwert, sondern zugleich auch für mehrere Kameraden, die sich durch denselben Beschwerdeanlass unrichtig behandelt fühlen (Dau, a.a.O. § 1 Rn. 262). Deshalb kann der Antragsteller behauptete Rechtsverletzungen in der Person anderer Soldaten nicht - auch nicht im Wege der Prozessstandschaft - im eigenen Namen geltend machen.

23

2.

Sollte das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers - wovon der Bundesminister der Verteidigung in der Vorlage an den Senat ausgeht - auf die Weisung des Referatsleiters Fü L ... vom 24. Juni 2011 und auf die Rüge zu beziehen sein, vor dieser Weisung habe die Bundesregierung den Deutschen Bundestag nach dem Parlamentsbeteiligungsgesetz beteiligen müssen, kommt hinsichtlich der gerichtlichen Kontrolle der Weisung und ihrer gesetzlichen Voraussetzungen zwar grundsätzlich eine sachliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts in Betracht. Die Weisung vom 24. Juni 2011, die sich auch auf die strittige Kommandierung des Antragstellers erstreckt, erfolgte "im Auftrag" des Bundesministeriums der Verteidigung; sie ist daher im Wege des so genannten Organhandelns dem Bundesminister der Verteidigung zuzurechnen (vgl. dazu Be-schluss vom 30. November 2006 - BVerwG 1 WB 59.05 - BVerwGE 127, 203 = Buchholz 450.1 § 19 WBO Nr. 1 = NZWehrr 2007, 160; Dau, WBO, a.a.O. § 21 Rn. 8). Gegen Entscheidungen oder Maßnahmen des Bundesministers der Verteidigung kann gemäß § 21 Abs. 1 WBO unmittelbar die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt werden.

24

Gegen diese Weisung ist ein Rechtsschutzantrag des Antragstellers jedoch aus folgenden Gründen unzulässig:

25

Im Rahmen des § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO (hier in Verbindung mit § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO) kann ein Soldat Maßnahmen und Entscheidungen seiner militärischen Vorgesetzten oder einer Dienststelle der Bundeswehr mit vergleichbaren Weisungsbefugnissen nur dann einer gerichtlichen Prüfung unterziehen, wenn diese unmittelbar gegen ihn gerichtet sind oder sonst in Form einer Rechtsverletzung und eines Pflichtenverstoßes in seine Rechtssphäre hineinwirken. Wendet sich der Soldat hingegen gegen eine Maßnahme, die ausschließlich an seine Vorgesetzten oder an andere Dienststellen der Bundeswehr gerichtet ist, ohne ihn konkret und unmittelbar in eigener Person zu betreffen, ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung unzulässig. Das Wehrbeschwerdeverfahren dient nicht dazu, das Handeln oder die Anordnungen beziehungsweise Erlasse von Vorgesetzten oder Dienststellen der Bundeswehr im Allgemeinen zu überprüfen (stRspr: vgl. z.B. Beschluss vom 27. November 2007 - BVerwG 1 WB 58.06, 64.06 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 66 Rn. 37 m.w.N.). Die Weisung vom 24. Juni 2011 war nicht an den Antragsteller gerichtet, sondern an das Luftwaffenführungskommando. Sie stellte - wie im Betreff ausdrücklich festgelegt - eine Weisung zur Umsetzung dar; die Umsetzung sollte durch entsprechende Kommandierungsverfügungen erfolgen. Die Weisung war deshalb nicht isoliert gerichtlich anfechtbar.

26

Die anschließend erlassene Kommandierungsverfügung des Personalamts vom 1. Juli 2011 hat der Antragsteller nicht angefochten, zumal mit ihr - auch in der Fassung der 1. Korrektur - seine Kommandierung auf einen Peacetime Establishment-Dienstposten bei C. angeordnet worden ist. Dieser Regelungsinhalt der Verfügung, den der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - in seinem Schriftsatz vom 3. Mai 2012 bestätigt hat, wird vom Antragsteller ausdrücklich akzeptiert.

27

3.

Maßgeblich stützt der Antragsteller sein Rechtsschutzbegehren auf die Rüge, dass ein Widerspruch zwischen der "Papierlage" seiner Kommandierung und deren praktischer Umsetzung beim Einsatz des deutschen Verstärkungspersonals in P. bestehe. Das hat er in seinen Schriftsätzen vom 5. August 2011 und vom 9. Mai 2012 unterstrichen. Damit wendet er sich in der Sache mit einem Anfechtungsantrag - bzw. nach dem Ende seiner Kommandierung am ... 2011 mit einem Fortsetzungsfeststellungsantrag - gegen die Anordnung oder Einsatzweisung eines Vorgesetzten in P., nicht auf dem verfügten PE-Dienstposten im Bereich C., sondern tatsächlich auf einem CE-Dienstposten im Bereich C. O. Dienst zu leisten. Dass "vor Ort" in P. eine derartige Einsatzweisung des "Direc-tor of Operations beim C." an den Antragsteller ergangen ist, hat der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - in seinem Schriftsatz vom 3. Mai 2012 bestätigt.

28

Dieser Antrag ist ebenfalls unzulässig.

29

Sollte es sich bei der angefochtenen Anordnung um eine Einsatzweisung des truppendienstlichen (Disziplinar-)Vorgesetzten des Antragstellers gehandelt haben, ist für deren gerichtliche Kontrolle das Bundesverwaltungsgericht sachlich nicht zuständig (dazu a). Sollte es sich dabei um den Befehl oder die Weisung eines Soldaten ausländischer Streitkräfte handeln, sind die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO nicht erfüllt (dazu b).

30

a)

Der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - hat mit Schriftsatz vom 16. Februar 2011 (richtig: 2012) auf eine entsprechende Anfrage des Gerichts im Einzelnen dargelegt, dass der Dienstälteste Deutsche Offizier C. in seiner Eigenschaft als damaliger truppendienstlicher Vorgesetzter des Antragstellers dem Kommandeur der 1. Luftwaffendivision unterstellt gewesen sei. Er hat ausgeführt, soweit sich die Beschwerde des Antragstellers auch gegen eine Einsatzweisung dieses Vorgesetzten hinsichtlich einer Verwendung des Antragstellers im Rahmen der NATO-Operation UNIFIED PROTECTOR richte, sei die Entscheidungszuständigkeit des Kommandeurs 1. Luftwaffendivision gegeben. Nächsthöherer Vorgesetzter des Kommandeurs 1. Luftwaffendivision sei danach der Befehlshaber des Luftwaffenführungskommandos, der im Falle eines zurückweisenden Beschwerdebescheids des Kommandeurs 1. Luftwaffendivision über eine diesbezügliche weitere Beschwerde zu entscheiden hätte. Gegen eine zurückweisende weitere Beschwerdeentscheidung des Befehlshabers des Luftwaffenführungskommandos sei sodann der Rechtsweg zum Truppendienstgericht gemäß § 17 Abs. 1 WBO eröffnet.

31

Nach diesen nachvollziehbaren Darlegungen kommt eine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts nach § 21 Abs. 1 WBO oder nach § 22 WBO für den so verstandenen Rechtsschutzantrag des Antragstellers nicht in Betracht.

32

In diesem Zusammenhang ist eine teilweise Verweisung des Rechtsstreits an das zuständige Truppendienstgericht nicht in Erwägung zu ziehen, weil die Voraussetzungen für die Annahme eines gerichtlichen Untätigkeitsantrags gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 WBO noch nicht erfüllt sind (vgl. dazu z.B. Beschlüsse vom 16. September 2004 - BVerwG 1 WB 22.04 - und vom 11. November 2004 - BVerwG 1 WB 51.04 -). Der Befehlshaber des Luftwaffenführungskommandos war mit dem Beschwerdeverfahren des Antragstellers bisher nicht befasst. Ihm kann deshalb nicht Untätigkeit vorgehalten werden. Zweifelhaft ist überdies, ob zuvor der Kommandeur der 1. Luftwaffendivision als zuständige Beschwerdestelle inhaltlich mit der Beschwerde des Antragstellers befasst war. Denn das Kommando 1. Luftwaffendivision hat am 25. Juli 2011 seine Zuständigkeit - unter dieser Prämisse zu Unrecht - abgelehnt und die Beschwerde ohne eigene Sachprüfung an den Dienstältesten Deutschen Offizier zurückgegeben.

33

Bei dieser Sachlage ist, soweit es sich um eine Weisung des Disziplinarvorge-setzten des Antragstellers handelt und wenn Letzterer es weiterhin wünscht, noch über die Beschwerde in dem oben dargelegten Beschwerdeweg von den zuständigen Vorgesetzten zu entscheiden. Dem Antragsteller bleibt es für den Fall der Erfolglosigkeit dieses Beschwerdewegs unbenommen, das Truppendienstgericht mit einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung anzurufen.

34

b)

Für die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes gegenüber dem Befehl eines Soldaten ausländischer Streitkräfte sind die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 WBO nicht erfüllt. Für den Senat ist nicht ersichtlich und vom Antragsteller auch nicht geltend gemacht, dass ein solcher Soldat Vorgesetzter im Sinne der Vorgesetztenverordnung (§ 1 Abs. 3 SG und § 17 Abs. 1 WBO) war (vgl. dazu auch Walz/Eichen/Sohm, SG, 2. Aufl. 2010, § 1 Rn. 56, Fn. 71, nach § 1 Rn. 4 Fn. 12).

35

4.

In der Sache weist der Senat den Antragsteller darauf hin, dass der Deutsche Bundestag, dessen Mitentscheidungsrecht in Angelegenheiten der auswärtigen Gewalt durch den wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalt gemäß § 1 Abs. 2 Parlamentsbeteiligungsgesetz geschützt wird (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 7. Mai 2008 - 2 BvE 1/03 - BVerfGE 121, 135 = [...] Rn. 58), wegen des Einsatzes deutscher Soldaten im Rahmen der Operation UNIFIED PROTECTOR kein Organstreitverfahren gegen die Bundesregierung beim Bundesverfassungsgericht geführt hat. In aktueller wehrrechtlicher Literatur wird das Erfordernis der Zustimmung des Deutschen Bundestages zu dem strittigen Einsatz deutscher Soldaten für die Operation UNIFIED PROTECTOR abgelehnt (vgl. Wiefelspütz, "Die Operation Unified Protector (Libyen) und die Beteiligung des Deutschen Bundestages" in: NZWehrr 2012, Seite 45 ff.).

36

5.

Dem Antragsteller sind keine Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, weil die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 in Verbindung mit § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO nicht vorliegen.

37

Der Senat hat im Hinblick auf das Rechtsschutzbegehren zu 3) eine - anteilige -Kostenbelastung des Bundes gemäß § 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 155 Abs. 4 VwGO erwogen. Dafür war maßgeblich, dass der Antragsteller ohne die insoweit fehlerhafte Empfehlung des Kommandos 1. Luftwaffendivision zur Frage der Zuständigkeit seine Beschwerde nicht mit E-Mail-Schreiben vom 26. Juli 2011 an das Bundesministerium der Verteidigung - Fü L ... - weitergeleitet und möglicherweise das gerichtliche Antragsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht eingeleitet hätte, wenn der Bundesminister der Verteidigung auf das Schreiben des Antragstellers vom 5. August 2011, mit dem dieser den Widerspruch zwischen der "Papierlage" und dem tatsächlichen Vollzug seiner Kommandierung als sein zentrales Rechtsschutzanliegen konkretisiert hat, sogleich einen rechtlichen Hinweis auf den richtigen Beschwerdeweg gegen die örtliche Einsatzweisung gegeben hätte.

38

Es kann im Ergebnis offen bleiben, ob § 155 Abs. 4 VwGO auch im Wehrbeschwerdeverfahren anwendbar ist (ebenfalls offen gelassen, aber unterstellt im Beschluss vom 3. Juni 2009 - BVerwG 1 WB 2.09 - Rn. 13).

39

Die Anwendungsschranke des § 23a Abs. 2 WBO gilt allerdings nur für Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung, die an das kontradiktorische Verfahren anknüpfen und deshalb der Eigenart des (gerichtlichen) Wehrbeschwerdeverfahrens entgegenstehen. Zu den im gerichtlichen Verfahren nach der Wehrbeschwerdeordnung nicht anwendbaren kostenrechtlichen Vorschriften gehören danach § 154 Abs. 1 VwGO und § 162 Abs. 3 VwGO, weil sie mit der normativen Bezugnahme auf die "unterliegende Partei" an das kontradiktorische Verfahren gebunden sind (vgl. z.B. Beschluss vom 13. April 2011 - BVerwG 1 WB 21.10 - Rn. 64). Die Kostenvorschrift in § 155 Abs. 4 VwGO knüpft hingegen neutral an die "Beteiligten" an; sie geht als lex specialis bzw. als Generalklausel allen sonstigen Kostenregelungen vor (Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 155 Rn. 19; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 155 Rn. 77; Eyermann/ Rennert, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 155 Rn. 10; OVG Münster, Beschluss vom 20. November 2001 - 13 B 1116/01 - NVwZ-RR 2002, 702 = [...] Rn. 6, 7).

40

Ihre Anwendung setzt aber voraus, dass zusätzliche ausscheidbare Kosten für einzelne Prozesshandlungen oder Verfahrensabschnitte von einem Beteiligten verursacht und tatsächlich entstanden sind (Kopp/Schenke, a.a.O.; So-dan/Ziekow, a.a.O. Rn. 80). Dass in dem möglicherweise entbehrlich gewesenen Antragsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht derartige Kosten entstanden sind, ist nicht ersichtlich. Das gerichtliche Antragsverfahren ist nach § 20 Abs. 4 WBO i.V.m. § 137 Abs. 1 WDO gebührenfrei. Der Antragsteller hat sich nicht durch einen Bevollmächtigten im Verfahren vertreten lassen.

Dr. von Heimburg

Dr. Frentz

Dr. Langer

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