Bundesverwaltungsgericht
Urt. v. 11.04.1986, Az.: BVerwG 7 C 50.83
Wasserversorgung; Benutzungszwang; Wasserpreis
Bibliographie
- Gericht
- BVerwG
- Datum
- 11.04.1986
- Aktenzeichen
- BVerwG 7 C 50.83
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1986, 12487
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Hannover - 09.07.1980 - AZ: 1 VG A 55/78
- OVG Niedersachsen - 27.01.1983 - AZ: 3 OVG A 121/80
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- BWGZ 1987, 102
- JuS 1987, 502-503
- NVwZ 1986, 754-756 (Volltext mit amtl. LS)
- RdL 1986, 160-162
Amtlicher Leitsatz
§ 3 Abs. 1 AVBWasserV schließt einen auf Landesrecht gestützten Zwang zur umfassenden Benutzung einer gemeindlichen Wasserversorgungsanlage nicht generell aus; er gestattet eine solche Anordnung jedoch nicht schon aus Gründen eines möglichst kostengünstigen Wasserbezugs, sondern nur dann, wenn ohne einen solchen Zwang für den Verbraucher untragbare Wasserpreise zu befürchten wären.
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 11. April 1986
durch
den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Prof. Dr. Sendler und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Klamroth, Willberg, Dr. Franßen und Seebass
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein vom 27. Januar 1983 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gründe
I.
Der als Landwirt tätige Kläger wendet sich gegen eine Verfügung der Beklagten vom 8. Dezember 1977, durch die ihm aufgegeben worden ist, den auf seiner Hofstelle vorhandenen und zum Tränken des Viehbestandes benutzten Brunnen bis zum 15. Januar 1978 stillzulegen und sodann das gesamte auf seinem Grundstück benötigte Trink- und Gebrauchswasser aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage der Beklagten zu beziehen. Der Kläger, der sein im Haushalt benötigtes Trinkwasser bereits dieser Anlage entnimmt, erhob Widerspruch. Dieser wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 7. März 1978 unter Hinweis auf ihre Satzung über den Anschluß der Grundstücke an die öffentliche Wasserversorgung und über die Abgabe von Wasser vom 18. Dezember 1974 (WVS) zurückgewiesen; nach § 7 WVS sei der gesamte auf einem angeschlossenen Grundstück anfallende Bedarf an Trink- und Gebrauchswasser aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage zu beziehen.
Der Kläger, der in seinem Widerspruchsschreiben zugleich einen - hilfsweise gestellten - Antrag auf teilweise Befreiung vom Benutzungszwang gemäß § 8 WVS enthalten sieht, hatte mit seiner daraufhin erhobenen Klage in erster Instanz keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht wies sowohl den auf Aufhebung des Bescheides vom 8. Dezember 1977 zielenden Hauptantrag wie auch den Hilfsantrag des Klägers zurück, mit dem der Beklagte zur Befreiung vom Benutzungszwang verpflichtet werden sollte.
Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung des Klägers hatte teilweise Erfolg. Das Berufungsgericht hob den angefochtenen Bescheid insoweit auf, als der Kläger über den 31. Dezember 1981 hinaus verpflichtet worden ist, seine eigene Hauswasserversorgungsanlage stillzulegen und das gesamte Brauchwasser aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage zu beziehen; im übrigen wies es die Berufung zurück. Es hat dazu ausgeführt: Die streitige Verfügung der Beklagten sei nur bis Ende 1981 rechtmäßig gewesen; bis zu diesem Zeitpunkt habe sie ihre Rechtsgrundlage in der den Benutzungszwang regelnden Vorschrift des § 7 WVS gefunden. Ein Anspruch auf Befreiung vom Benutzungszwang gemäß § 8 WVS habe dem Kläger bezüglich des Wasserverbrauchs in seinem landwirtschaftlichen Betrieb nicht zugestanden. Seit dem genannten Zeitpunkt müsse jedoch § 3 der vom Bundeswirtschaftsminister aufgrund des § 27 des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz) vom 9. Dezember 1976 erlassenen Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV) vom 20. Juni 1980 (BGBl. I S. 750) beachtet werden. Danach sei das Wasserversorgungsunternehmen gehalten, dem Kunden im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren die Möglichkeit einzuräumen, den Wasserbezug auf einen von ihm gewünschten Verbrauchszweck oder auf einen Teilbedarf zu beschränken. Dies gelte gemäß § 35 Abs. 1 AVBWasserV auch für öffentlich-rechtlich geregelte Versorgungsverhältnisse; insoweit hätten bestehende Rechtsvorschriften gemäß Absatz 2 der Vorschrift bis zum 1. Januar 1982 angepaßt werden müssen. Eine solche Anpassung habe die Beklagte versäumt. Die in den §§ 7 und 8 WVS getroffenen Regelungen ließen nicht erkennen, daß allein der lückenlose Benutzungszwang für die Beklagte wirtschaftlich zumutbar im Sinne von § 3 Abs. 1 AVBWasserV sei; die Beklagte habe sich dieser für ihr Versorgungsgebiet vom Bundesrecht her gebotenen Frage gar nicht erst gestellt.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte die vom Berufungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Sie erstrebt die Wiederherstellung des verwaltungsgerichtlichen Urteils und rügt insbesondere die Verletzung des § 3 Abs. 1 AVBWasserV in Verbindung mit § 35 Abs. 1 AVBWasserV. Das Berufungsgericht verkenne, daß die in Rede stehenden Vorschriften bei verfassungskonformer Anwendung einem den gesamten Wasserverbrauch erfassenden Benutzungszwang jedenfalls dann nicht entgegenstünden, wenn die gemeindliche Einrichtung einem dringenden öffentlichen Bedürfnis im Sinne von § 8 Nr. 2 der Niedersächsischen Gemeindeordnung entspreche. In dem angefochtenen Urteil sei des weiteren nicht ausreichend beachtet worden, daß für eine Gemeinde die Auflockerung des umfassend angeordneten Benutzungszwangs schon dann "wirtschaftlich unzumutbar" im Sinne von § 3 Abs. 1 AVBWasserV sei, wenn ein solcher Zwang - wie hier - erforderlich erscheine, um eine rentable Wasserversorgung zu gewährleisten. Bei einer anderen Auslegung seien die in Rede stehenden Vorschriften der Verordnung von der Ermächtigungsvorschrift des § 27 Satz 3 AGB-Gesetz nicht mehr gedeckt; sie verstießen gegen die bundesverfassungsrechtliche Garantie der gemeindlichen Selbstverwaltung sowie gegen das Willkürverbot.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen; er verteidigt das angefochtene Urteil.
Der Oberbundesanwalt beteiligt sich am Verfahren; er hält das Berufungsurteil im Ergebnis für zutreffend.
II.
Die Revision hat keinen Erfolg; das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht nicht.
1.
Das Berufungsgericht geht davon aus, daß die Vorschrift des § 3 Abs. 1 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV) vom 20. Juni 1980 (BGBl. I S. 750) die öffentlich-rechtlich geregelte Wasserversorgung nach Maßgabe der in § 35 Abs. 1 AVBWasserV getroffenen Regelung auch dann erfaßt, wenn diese auf einem landesrechtlich angeordneten Benutzungszwang beruht. Die gegen diesen Ausgangspunkt des Berufungsurteils vorgebrachten Bedenken der Revision greifen nicht durch. Nach § 3 Abs. 1 der vom Bundeswirtschaftsminister aufgrund des § 27 des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz) vom 9. Dezember 1976 (BGBl. I S. 3317) erlassenen Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser ist das Wasserversorgungsunternehmen gehalten, dem Kunden im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren die Möglichkeit einzuräumen, den Wasserverbrauch auf einen von ihm gewünschten Verbrauchszweck oder einen Teilbedarf zu beschränken. Rechtsvorschriften, die das Versorgungsverhältnis öffentlich-rechtlich regeln, sind gemäß § 35 Abs. 1 AVBWasserV entsprechend zu gestalten, wobei die Regelungen des Verwaltungsverfahrens sowie gemeinderechtliche Vorschriften zur Regelung des Abgabenrechts unberührt bleiben. Bereits bestehende satzungsrechtliche Regelungen waren gemäß § 35 Abs. 2 AVBWasserV bis zum 1. Januar 1982 an die Vorschriften der Verordnung anzupassen. Die Revision meint, einer solchen Anpassung habe es im vorliegenden Fall nicht bedurft. Wenn nämlich - wie hier - die landesrechtlichen Voraussetzungen für einen satzungsrechtlich angeordneten Benutzungszwang - also das insbesondere nach § 8 Nr. 2 der Niedersächsischen Gemeindeordnung (NGO) erforderliche "dringende öffentliche Bedürfnis" - vorlägen, stehe zugleich auch fest, daß die damit verbundene Vollversorgung nach § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 35 Abs. 1 AVBWasserV gerechtfertigt sei; in derartigen Fällen erscheine die Beschränkung auf einen bestimmten Verbrauchszweck oder einen Teilbedarf für das Wasserversorgungsunternehmen stets als "wirtschaftlich unzumutbar" im Sinne von § 3 Abs. 1 AVBWasserV. Für eine derartige Ausdehnung eines aus Gründen der Erhaltung und Förderung der Volksgesundheit nach dem einschlägigen Landesrecht angeordneten Benutzungszwangs spreche vor allen Dingen der Gesichtspunkt, die öffentliche Wasserversorgung für den einzelnen Verbraucher möglichst kostengünstig zu gestalten; demzufolge schreibe § 35 Abs. 1 AVBWasserV für öffentlich-rechtlich geregelte Versorgungsverhältnisse nur eine entsprechende Geltung der in der Verordnung getroffenen Regelungen vor. Bei einer anderen Auslegung seien überdies die genannten Vorschriften von der Gesetzgebungskompetenz des Bundes in Art. 74 Nr. 11 GG nicht mehr gedeckt; sie verstießen zugleich gegen die bundesverfassungsrechtliche Garantie der gemeindlichen Selbstverwaltung in Art. 28 Abs. 2 GG.
Diese Auffassung der Revision ist schon von ihrem verfassungsrechtlichen Ausgangspunkt her nicht zu billigen. Sie verkennt demzufolge auch die Bedeutung, die die in Rede stehenden bundesrechtlichen Vorschriften für die Auslegung von landesrechtlichen Regelungen haben, die die Anordnung eines die Wasserversorgung betreffenden Benutzungszwangs ermöglichen.
Die §§ 3 und 35 Abs. 1 AVBWasserV beruhen auf der - weit auszulegenden - Kompetenz des Bundes zur konkurrierenden Gesetzgebung im Bereich des Rechts der Wirtschaft (vgl. BVerfG (VorprA), Beschluß vom 2. November 1981 - 2 BvR 671/81 - JZ 1982, 288). Dem läßt sich - wie die Revision es tut - nicht entgegenhalten, daß die Öffentlich-rechtlich ausgestaltete Wasserversorgung zur "Daseinsvorsorge" gehöre. Dieser Begriff hat keinen kompetenzrechtlichen Gehalt; er ist überdies angesichts der Organisationsfreiheit der Versorgungsträger auch nicht geeignet, die in öffentlich-rechtlicher Form durchgeführte Wasserversorgung dem auf Art. 74 Nr. 11 GG gestützten Zugriff des Bundesgesetzgebers zu entziehen. Hierfür ist auch nicht von Bedeutung, ob die genannte Betätigung, weil (auch) auf Gewinnerzielung gerichtet, erwerbswirtschaftlicher Natur ist oder nicht (vgl. Maunz/Dürig/Herzog, Kommentar zum Grundgesetz, Band III, Art. 74 Rdn. 154). Ebensowenig verbietet - wiederum entgegen der Annahme der Revision - die bundesverfassungsrechtliche Garantie der gemeindlichen Selbstverwaltung in Art. 28 Abs. 2 GG eine Auslegung der §§ 3 und 35 Abs. 1 AVBWasserV, die zu Modifizierungen eines nach Landesrecht möglichen Benutzungszwangs führt; die Anordnung eines solchen Benutzungszwangs bedarf einer gesetzlichen Ermächtigung, gehört mithin nicht zum Inhalt der gemeindlichen Satzungshoheit und ist damit auch nicht von der Garantie des Art. 28 Abs. 2 GG umschlossen.
2.
Der Senat hat bereits in seinem Beschluß vom 24. Januar 1986 - BVerwG 7 CB 51. und 52.85 - näher dargelegt, daß § 3 AVBWasserV einer landesrechtlichen Vorschrift nicht entgegensteht, die - wie § 8 Nr. 2 NGO - den Gemeinden die Möglichkeit eröffnet, die Benutzung einer Wasserversorgungsanlage als einer der Volksgesundheit dienenden Einrichtung bei einem dringenden öffentlichen Bedürfnis durch Satzung vorzuschreiben. Daran ist festzuhalten. § 3 Abs. 1 AVBWasserV schließt jedoch eine satzungsrechtliche Regelung aus, die im Interesse eines möglichst kostengünstigen Wassertarifs eine Vollversorgung durch einen umfassenden Benutzungszwang sichern soll und damit dem Kunden die Möglichkeit einer Teil- oder Zusatzversorgung aus Gründen nimmt, die dem Zweck der in § 3 Abs. 1 AVBWasserV getroffenen Regelung zuwider laufen. Diese Regelung bezweckt einen Ausgleich zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an einer möglichst sicheren, kostengünstigen und zu weitgehend gleichen Bedingungen erfolgenden Wasserversorgung einerseits und den Individualinteressen der einzelnen Verbraucher an einer Berücksichtigung ihrer jeweils besonderen Bedürfnisse und Wünsche andererseits (vgl. BVerfG a.a.O. S. 289); letztere sollen (nur) dann zurückstehen müssen, wenn ihre Berücksichtigung für das Versorgungsunternehmen wirtschaftlich unzumutbar ist. Hiermit ist es unvereinbar, das für die satzungsrechtliche Anordnung eines Benutzungszwangs erforderliche Merkmal des dringenden öffentlichen Bedürfnisse im Sinne von § 8 Nr. 2 NGO in der von der Revision für zutreffend erachteten Weise, nämlich so zu interpretieren, daß damit zugleich die Frage der wirtschaftlichen Zumutbarkeit oder Unzumutbarkeit einer Teil- oder Zusatzversorgung in einer für das Wasserversorgungsunternehmen günstigen und für den Verbraucher ungünstigen Weise beantwortet ist. In diesem Falle liefe nämlich § 3 Abs. 1 AVBWasserV bei jeder nach Landesrecht zulässigen Anordnung eines umfassenden Benutzungszwangs leer - und zwar gleichgültig, ob das Versorgungsverhältnis als solches öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich ausgestaltet ist -, weil ein Bezug von Mehrmengen, gleichgültig welchen Zwecken das entnommene Wasser im einzelnen dienen soll, stets dazu führen würde, daß der auf den einzelnen cbm Wasser entfallende " Anteil der fixen Kosten abnimmt und damit insgesamt eine preisgünstigere Versorgung möglich wird. Demgemäß kann ein aus Gründen der Volksgesundheit für den Trinkwasserbedarf nach Landesrecht gerechtfertigter Benutzungszwang auf den Brauchwasserbereich ganz oder teilweise nur dann erstreckt werden, wenn entweder für eine solche Erstreckung ebenfalls Gründe der Volksgesundheit sprechen oder wenn die Trinkwasserversorgung selbst hiervon abhängt - sei es, weil erst auf diese Weise die erforderlichen Durchsatzmengen gewonnen werden können, sei es, weil eine nur das Trinkwasser betreffende Versorgung den Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren verläßt, weil sie die finanziellen Kapazitäten des Versorgungsträgers überfordert oder zu erträglichen Preisen nicht möglich ist.
3.
Diesen Grundsätzen wird die der angefochtenen Verfügung zugrundeliegende Satzung der Beklagten nicht gerecht; sie ist entgegen § 35 Abs. 2 AVBWasserV nicht bis zum 1. Januar 1982 an die Vorschriften der §§3 Abs. 1 und 35 Abs. 1 AVBWasserV angepaßt worden. Das Vorbringen der Revision, einer solchen Anpassung habe es hier nicht bedurft, weil nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nur der lückenlose und damit auf eine Vollversorgung aller oder nahezu aller Grundstücke gerichtete Benutzungszwang eine "einerseits rentable und andererseits zu einem erträglichen Wassergeld erfolgende Versorgung des Gemeindegebiets mit Trink- und Gebrauchswasser ... bis Ende 1981" (vgl. S. 10 des Urteilsabdrucks) ermöglicht habe, wird den Ausführungen des Berufungsgerichts nicht gerecht. Die von der Revision zitierte Passage der Urteilsgründe soll - wie insbesondere aus den Bemerkungen des Berufungsgerichts auf S. 14 des Urteilsabdrucks deutlich wird - nicht besagen, daß allein der lückenlose Benutzungszwang in dem erwähnten Sinne für die Beklagte wirtschaftlich zumutbar gemäß § 3 Abs. 1 AVBWasserV gewesen sei; das Berufungsgericht vermißt im Gegenteil insoweit gerade eine diesbezügliche Prüfung der Beklagten. Die von der Revision in den Vordergrund gestellte Bemerkung des Berufungsgerichts beruht demgemäß auf einer bis zum 1. Januar 1982 möglichen, seither aber bundesrechtlich nicht mehr zulässigen Auslegung des § 8 Nr. 2 NGO, die es für eine umfassende Anordnung des Benutzungszwangs ausreichen läßt, daß ein dringendes öffentliches Bedürfnis für eine Wasserversorgung bestand, ohne daß es darauf ankam, welchem Zweck das entnommene Wasser im einzelnen dienen sollte. Dieser Verzicht auf jede Zweckdifferenzierung ist jedoch - wie bereits dargelegt - mit § 3 Abs. 1 AVBWasserV nicht mehr vereinbar. Dies hat das Berufungsgericht zutreffend erkannt.
4.
Da die Beklagte ihrer Pflicht zur Satzungsanpassung gemäß § 35 Abs. 2 AVBWasserV nicht nachgekommen ist, stellt der in § 7 dieser Satzung nach wie vor angeordnete umfassende Benutzungszwang keine ausreichende Rechtsgrundlage für die dem Kläger auferlegte Verpflichtung dar, das auf seinem Grundstück zum Tränken des Viehbestandes benötigte Brauchwasser aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage zu entnehmen, denn die genannte Satzungsbestimmung verstößt in ihrer derzeitigen Fassung gegen Bundesrecht. Dieser Verstoß läßt sich auch nicht durch eine unmittelbare Anwendung des § 3 Abs. 1 AVBWasserV ausräumen. Eine solche unmittelbare Anwendung hätte nämlich zur Folge, daß § 7 der derzeitigen Satzung in einer Weise modifiziert würde, die im Ergebnis auf eine unzulässige, weil nur durch den Satzungsgeber mögliche Änderung der Vorschrift hinausliefe. Dementsprechend verlangt § 35 Abs. 1 AVBWasserV bei öffentlichrechtlich geregelter Wasserversorgung eine den Vorschriften der Verordnung entsprechende Gestaltung der einzelnen satzungsrechtlichen Bestimmungen und § 35 Abs. 2 AVBWasserV bei alten Satzungen eine entsprechende Anpassung; überdies läßt sich nur auf diese Weise dem Zweck des § 3 Abs. 1 AVBWasserV genügen, das Verbraucherinteresse angemessen zu berücksichtigen. Es ist Sache der Beklagten, ihre Satzung so zu fassen, daß unter Berücksichtigung der in ihrem Versorgungsbereich herrschenden Verhältnisse eine Einschränkung des Benutzungszwangs nach Maßgabe des für sie wirtschaftlich Zumutbaren erfolgen kann, falls ein Verbraucher nur einen Teil- oder Zusatzbedarf durch ihre Anlage decken will. Die zu diesem Zweck erforderliche Prüfung kann dazu führen, daß der Benutzungszwang für Brauchwasser entweder generell oder nur nach Maßgabe einer Einzelprüfung entfällt, wobei Berufungsfälle den Rahmen dessen, was im Sinne von § 3 Abs. 1 AVBWasserV als wirtschaftlich zumutbar anzusehen ist, mitbestimmen können. Ohnehin hat der Satzungsgeber insoweit einen gewissen Beurteilungsspielraum; dieser zwingt jedenfalls dann nicht, von einem umfassenden Benutzungszwang abzusehen und einem Antrag auf Teil- oder Zusatzversorgung im Einzelfall zu entsprechen, wenn dies zu für den Verbraucher nicht mehr tragbaren Wasserpreisen führen würde. Hierfür kann auch von Bedeutung sein, ob nach den gemeinderechtlichen Vorschriften zur Regelung des Abgabenrechts unterschiedliche Tarife für eine Teil- und eine Vollversorgung möglich sind und ob der Investitionsaufwand für die Wasserversorgungsanlage und das Verteilernetz ganz oder überwiegend durch am Verbrauch orientierte Gebühren oder durch verbrauchsunabhängige Anschlußbeiträge gedeckt wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Streitwertbeschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 4 000 DM festgesetzt.
Klamroth
Willberg
Dr. Franßen
Seebass