Bundesverwaltungsgericht
Urt. v. 27.06.1985, Az.: BVerwG 8 C 30.84
Baurecht; Erschließungsbeitrag; Bestimmung; Grundstück
Bibliographie
- Gericht
- BVerwG
- Datum
- 27.06.1985
- Aktenzeichen
- BVerwG 8 C 30.84
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1985, 12559
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Regensburg - 20.01.1982 - AZ: RO 3 K 81 A. 0409
- VGH Bayern - 02.12.1982 - AZ: 6 B 82 A. 376
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- BVerwGE 71, 363 - 369
- BRS 43, 164 - 168
- DVBl 1985, 1180-1182 (Volltext mit amtl. LS)
- DÖV 1986, 379-380
- KStZ 1986, 51-52
- NVwZ 1986, 305-306 (Volltext mit amtl. LS)
- ZMR 1985, 426-428
- ZfBR 1985, 238-240
Verfahrensgegenstand
Aufrechterhaltung eines angefochtenen Bescheids mit anderer Begründung
Amtlicher Leitsatz
Ist in einem beplanten Gebiet ein zwischen zwei (parallelen) Anbaustraßen durchlaufendes Grundstück an jeder Straße selbständig und ungefähr gleichgewichtig bebaubar, so daß sich aufgrund der Festsetzungen der Eindruck aufdrängt, daß es sich planerisch um zwei voneinander vollauf unabhängige Grundstücke handelt, erschließen die Straßen je nur einen Teil des Grundstücks. Die Erschließungswirkung der Straßen erstreckt sich dann, sofern nicht besondere Umstände, insbesondere der Inhalt des Bebauungsplans, zu einer anderen Abgrenzung führt, bis zu einer angenommenen ("Teilungs-")Grenze, die durch die Mittellinie zwischen den das Grundstück erschließenden Parallelstraßen gebildet wird.
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 27. Juni 1985 in Regensburg
durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Weyreuther und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Noack, Dr. David, Dr. Kleinvogel und Dr.
Silberkuhl
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 2. Dezember 1982 wird, soweit sie den Erschließungsbeitragsbescheid der Beklagten für die Breslauer Straße betrifft, zurückgewiesen.
Im übrigen wird das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs aufgehoben. Die Sache wird insoweit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die gesamten Kosten des Verfahrens bleibt der Schlußentscheidung vorbehalten.
Gründe
I.
Der Kläger ist Eigentümer des unbebauten beplanten, 1.247 qm großen Grundstücks FlNr. ... der Gemarkung ... Das Grundstück grenzt im Norden an die ... im Westen an die ... Straße und im Süden an den ... Der Bebauungsplan läßt eine Bebauung mit zwei Wohngebäuden, die mit ihren Giebelfronten versetzt aneinanderliegen, sowie mit zwei Doppelgaragen, von denen eine zur ... und eine zum ... hin orientiert ist, zu. Nach Herstellung der vorgenannten Straßen zog die Beklagte den Kläger mit drei Bescheiden vom 7. Januar 1978 zu Erschließungsbeiträgen heran, und zwar für die ... in Höhe von 11.373,40 DM, für die ... Straße in Höhe von 12.901,69 DM und für den ... in Höhe von 17.067,77 DM. Der Beitragsberechnung legte sie entsprechend der Eckbaustellenvergünstigung ihrer Satzung jeweils nur zwei Drittel der Grundstücksfläche zugrunde.
Das Verwaltungsgericht hat auf die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage, mit welcher der Kläger die Aufhebung der Bescheide und hilfsweise einen Teilerlaß der festgesetzten Erschließungsbeiträge aus Billigkeitsgründen begehrte, die Bescheide durch Urteil vom 20. Januar 1982 aufgehoben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat auf die Berufung der Beklagten die Klage durch Urteil vom 2. Dezember 1982 abgewiesen. Zur Begründung hat er im wesentlichen ausgeführt:
Die vom Verwaltungsgericht für erforderlich gehaltene beitragsrechtliche Teilung des Grundstücks komme nicht in Betracht. Im Erschließungsbeitragsrecht sei grundsätzlich von dem bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff auszugehen. Die Rechtsprechung lasse eine Ausnahme von diesem Grundsatz nur dann zu, wenn die Anwendung des bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriffs nach Inhalt und Sinn des Erschließungsbeitragsrechts gröblich unangemessen wäre. Daran fehle es hier. Auch der Grundgedanke aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Februar 1977 - BVerwG IV C 35.74 -, wonach beplante Grundstücke einer Beitragspflicht nur unterlägen, soweit für sie eine bauliche Nutzung festgesetzt sei, sei hier nicht anwendbar. Das Grundstück des Klägers sei in seiner Gesamtheit bebaubar. Der Bebauungsplan zwinge nicht zu einer Teilung des Grundstücks. Gegenteiliges folge nicht aus der vorgesehenen Lage der Garagen jeweils an der ... und am ... Diese Standorte seien sinnvoll, weil zur ... Straße orientierte Garagen bei der Zu- und Abfahrt Probleme der Verkehrssicherheit aufwerfen würden. Das Grundstück erlange auch von der dritten Straße, der ... Straße, her Vorteile. Die auf dem Grundstück des Klägers zugelassene Bebauung rechtfertige eine Zweiteilung der Grundstücksfläche auch deshalb nicht, weil sie nicht zu einem bestimmten Grenzverlauf zwinge. Ein Zwang zur beitragsrechtlichen Teilung des Grundstücks könne schließlich auch deshalb nicht bejaht werden, weil Ausnahmen beim Vollzug des Erschließungsbeitragsrechts im Interesse der Gemeinden möglichst vermieden werden müßten.
Die Ablehnung eines Teilerlasses der festgesetzten Erschließungsbeiträge sei ebenfalls gerechtfertigt. Zwar stelle der vom Kläger insgesamt verlangte Beitrag eine starke Belastung dar, die für den Quadratmeter Grundstücksfläche etwa 150 v.H. des Kaufpreises erreiche. Von einer unbilligen Härte könne jedoch nicht gesprochen werden, weil der Kläger beim Verkauf von Grundbesitz an die Beklagte das hier in Rede stehende Grundstück zurückbehalten und dabei gewußt habe, daß dieses Grundstück an drei Straßen angrenzen werde.
Dagegen richtet sich die vom Bundesverwaltungsgericht zugelassene Revision des Klägers, mit welcher dieser die Verletzung materiellen Bundesrechts rügt und die Aufhebung des Berufungsurteils sowie die Zurückweisung der Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts, hilfsweise die Verpflichtung der Beklagten zu einem teilweisen Erlaß der festgesetzten Erschließungsbeiträge begehrt.
Die Beklagte tritt der Revision entgegen.
II.
Die Revision hat keinen Erfolg, soweit sie den Erschließungsbeitragsbescheid für die ... Straße betrifft (§ 144 Abs. 2 VwGO). Das angefochtene Urteil verletzt insoweit kein Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Im übrigen führt die Revision des Klägers zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das Berufungsurteil beruht in seinen Ausführungen zur Frage des Erschlossenseins des Grundstücks durch die ... und durch den ... auf einer Verletzung von Bundesrecht. Die abschließende Behandlung des Falles erfordert weitere tatsächliche Feststellungen. Das nötigt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 144 Abs. 3 Nr. 2 VwGO).
Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, das Grundstück des Klägers, das zwischen der ... im Norden und dem zu dieser Straße etwa parallel verlauf enden ... im Süden "durchläuft" und im Westen zusätzlich noch an die ... Straße grenzt, sei durch jede dieser Straßen jeweils hinsichtlich seiner gesamten Fläche im Sinne des § 131 Abs. 1 BBauG erschlossen. Diese Annahme ist, soweit sie sich auf das Erschlossensein durch die ... und den ... bezieht, mit § 131 Abs. 1 BBauG nicht vereinbar. Zwar trifft es zu, daß bei § 131 Abs. 1 BBauG im Tatbestandsmerkmal "Grundstück" auf das sog. Buchgrundstück abzustellen (und davon auch bei der hier gegebenen Sachlage keine Ausnahme zu machen) ist. Dennoch ergeben sich von Fall zu Fall gewisse Eingrenzungen aus dem - davon unabhängigen - Tatbestandsmerkmal "erschlossen".
Die Erschließung im Sinne des § 131 Abs. 1 BBauG besteht darin, einem Grundstück die Erreichbarkeit der Erschließungsanlage in einer auf die bauliche oder gewerbliche Nutzbarkeit des Grundstücks gerichteten Funktion zu vermitteln (Urteil vom 10. Juni 1981 - BVerwG 8 C 20.81 - BVerwGE 62, 308 [315] m.weit.Nachw.). Ein Grundstück ist deshalb durch eine Anbaustraße im Sinne des § 131 Abs. 1 BBauG nur erschlossen, wenn ihm durch diese Straße entweder eine Bebaubarkeit oder eine der Bebaubarkeit erschließungsbeitragsrechtlich gleichstehende Nutzbarkeit vermittelt wird und es deshalb fähig ist, einer Beitragspflicht nach § 133 Abs. 1 BBauG zu unterliegen. Es ist jedoch erschlossen nur, soweit diese Voraussetzungen vorliegen (s. Urteile vom 10. Juni 1981 a.a.O. S. 315, vom 19. Februar 1982 - BVerwG 8 C 27.81 - BVerwGE 65, 61 [BVerwG 19.02.1982 - 8 C 27/81] [66 f.] und vom 19. März 1982 - BVerwG 8 C 35.81 u.a. - Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 47 S. 48 [50], sämtlich zur sog. Tiefenbegrenzung). Der in dieser Weise einem Grundstück vermittelte Erschließungsvorteil rechtfertigt den Ausgleich durch den Erschließungsbeitrag.
In beplanten Gebieten ist grundsätzlich die gesamte vom Bebauungsplan erfaßte Fläche des Grundstücks für erschlossen im Sinne des § 131 Abs. 1 BBauG zu halten, weil wegen der Grundflächen- und Geschoßflächenzahlen die zulässige bauliche Nutzung von der Grundstücksgröße abhängig ist und damit diese Grundstücksgröße gewissermaßen voraussetzt (Urteile vom 19. Februar 1982 a.a.O. S. 67 und vom 25. Januar 1985 - BVerwG 8 C 106.83 - UA S. 10 f.). Ähnliches gilt - im Grundsatz - für mehrfach erschlossene Grundstücke. Liegt ein Grundstück an mehreren Anbaustraßen, so ist es, wenn dem Grundstück die beitragsrechtlich relevante Nutzbarkeit durch jede dieser Straßen vermittelt wird, grundsätzlich durch jede dieser Straßen hinsichtlich seiner gesamten Fläche erschlossen. Bei der Beurteilung der Frage des Erschlossenseins durch eine hinzutretende Anbaustraße müssen - im "Ob" und auch im "Inwieweit" - andere für das Grundstück schon bestehende Anbaustraßen hinweggedacht werden (Urteile vom 10. Februar 1978 - BVerwG 4 C 4.75 - Buchholz 406.11 § 127 BBauG Nr. 29 S. 22 [24] und vom 26. September 1983 - BVerwG 8 C 86.81 - BVerwGE 68, 41 [45]).
Der Grundsatz, daß mehrfach erschlossene Grundstücke von jeder erschließenden (Anbau-)Straße jeweils in ihrer gesamten Fläche erschlossen werden, bedarf noch aus einem weiteren Grunde der Unterstreichung: Die Annahme einer nur begrenzten Erschließungswirkung ist geeignet, das zu unterlaufen, was von der Maßgeblichkeit des (formalen) Buchgrundstücksbegriffs an Berechenbarkeit ausgeht. Zu einer ins Gewicht fallenden "Aufweichung" darf es jedoch nicht kommen, weil damit in den Tatbestand des § 131 Abs. 1 BBauG ein die Rechtsanwendung durchgreifend erschwerender Widerspruch hineingeriete.
Es gibt aber dennoch Fallgestaltungen, bei denen angenommen werden muß, daß ein Grundstück nur hinsichtlich einer Teilfläche erschlossen ist und deshalb auch nur mit einer Teilfläche an der Verteilung des beitragsfähigen Erschließungsaufwands teilnimmt. In räumlicher Hinsicht kann das der Fall sein, wenn der Bebauungsplan für eine Teilfläche des Grundstücks die Bebaubarkeit z.B. infolge der Festsetzung als Grünfläche ausschließt (Urteil vom 25. Februar 1977 - BVerwG IV C 35.74 - Buchholz 406.11 § 133 BBauG Nr. 60 S. 28 [30]) oder wenn in unbeplanten Gebieten bei einzelnen übertiefen Grundstücken hinsichtlich der Übertiefe ein Erschließungsvorteil wegen Fehlens der Ausnutzbarkeit (eindeutig) nicht gegeben ist (Urteil vom 10. Juni 1981 a.a.O. S. 315). Ferner kann ein Grundstück nur hinsichtlich eines rechnerisch zu ermittelnden Teils seiner Fläche erschlossen sein, wenn die volle Ausschöpfung des im Bebauungsplan zugelassenen Maßes der baulichen Nutzung durch eine für das Grundstück bestehende öffentlich-rechtliche Baubeschränkung verhindert wird (Urteile vom 9. Dezember 1983 - BVerwG 8 C 112.82 - BVerwGE 68, 249 [263 f.] und vom 25. Januar 1985 - BVerwG 8 C 106.83 - UA S. 11 f.).
Entsprechendes muß gelten, wenn im Fall der Mehrfacherschließung eines Grundstücks in beplanten Gebieten sich die von einer oder mehreren Anbaustraßen ausgehende Erschließungswirkung erkennbar eindeutig nur auf eine Teilfläche des Grundstücks erstreckt. Eine solche eingeschränkte Erschließungswirkung kann mit Blick auf Fallgestaltungen der hier zu beurteilenden Art freilich nicht bereits deshalb angenommen werden, weil ein Grundstück zwischen zwei Parallelstraßen "durchläuft". Auch ein solches Grundstück ist grundsätzlich hinsichtlich seiner gesamten Fläche durch jede dieser Straßen erschlossen. Es gibt indes Ausnahmen. Ist ein zwischen zwei ("Parallel-")Straßen durchlaufendes Grundstück nach den Festsetzungen im Bebauungsplan an jeder dieser Straßen selbständig und ungefähr gleichgewichtig - sozusagen "spiegelbildlich" - bebaubar, so daß sich aufgrund der Festsetzungen der Eindruck aufdrängt, daß es sich planerisch um zwei voneinander vollauf unabhängige Grundstücke handelt, und erstreckt sich deshalb die von jeder der Parallelstraßen ausgehende Erschließungswirkung erkennbar eindeutig nur auf eine Teilfläche des Grundstücks, so gebietet sich, dem bei der Handhabung des Tatbestandsmerkmals "erschlossen" Rechnung zu tragen. Dies findet seine Rechtfertigung auch darin, daß sich ein derart durchlaufendes, an jeder Straße selbständig bebaubares Grundstück von den anderen, ihrerseits nicht durchlaufenden Grundstücken des Erschließungsgebiets allein darin unterscheidet, daß es nicht wie diese - "formal" - geteilt ist. Auf die formal fehlende Teilung kann es jedoch ausschlaggebend nicht ankommen, wenn sich die sachliche Teilung eindeutig aus dem Inhalt des Bebauungsplans ergibt. Der Angemessenheit, in einem solchen Fall dem Eigentümer des "durchlaufenden" Grundstücks eine nur begrenzte Erschließungswirkung der Straßen zugute zu halten, korrespondiert, daß - auf diesen Blickwinkel kommt es im Erschließungsbeitragsrecht häufig an (vgl. z.B. Urteil vom 23. März 1984 - BVerwG 8 C 65.82 - Buchholz 406.11 § 127 BBauG Nr. 42 S. 19 [23]) - die Eigentümer der übrigen erschlossenen, nicht durchlaufenden Grundstücke bei dieser Sachlage nicht schutzwürdig erwarten können, daß das durchlaufende, an beiden Straßen selbständig bebaubare Grundstück dennoch auch mit seiner an der jeweils anderen Straße liegenden Teilfläche in die Verteilung des Erschließungsaufwands einbezogen wird und so die Beitragsbelastung für die übrigen Grundstücke mindert.
Dieser Ansatz führt im vorliegenden Fall dazu, daß das Grundstück des Klägers sowohl durch die ... als auch durch den ... nur teilweise erschlossen wird. Nach den Festsetzungen des Bebauungsplans ... besteht das Grundstück aus zwei selbständigen Bauplätzen mit je einem gleich großen Wohngebäude (Erdgeschoß und ein Obergeschoß) und je einer Doppelgarage. Die Lage der Baukörper und insbesondere die Lage der Garagen machen deutlich, daß die jeweils selbständige Bebaubarkeit mit Blick auf die verkehrliche Erschließung einerseits zu der ... und andererseits zum ... hin orientiert ist.
Die Erschließungswirkung erstreckt sich bei Fallgestaltungen der hier zu beurteilenden Art, sofern nicht besondere Umstände vorliegen, regelmäßig nur bis zu einer angenommenen ("Teilungs-")Grenze, die durch die Mittellinie zwischen den das Grundstück erschließenden Parallelstraßen gebildet wird. Das gilt allerdings nur als Regel. Insbesondere aus dem Bebauungsplan kann sich die Angemessenheit eines davon abweichenden Grenzverlaufs ergeben. So ist es auch im vorliegenden Fall. Der Bebauungsplan ... hat die Linie, auf der die Baukörper der beiden Wohngebäude versetzt aneinanderstoßen, als Baulinie festgesetzt mit der Rechtsfolge, daß die Wohngebäude jeweils auf dieser Linie errichtet werden müssen (§ 23 Abs. 2 BauNVO). Das legt nahe, die jeweils von der ... und vom ... ausgehende Erschließungswirkung bis zu der Linie anzunehmen, die aus der Baulinie und deren Verlängerung bis zu den seitlichen Grundstücksgrenzen gebildet wird.
Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben, soweit es die Erschließungsbeitragsbescheide für die Egerlandstraße und für den Amselweg betrifft. Diese Bescheide sind insoweit fehlerhaft, als mit ihnen jeweils ein Erschließungsbeitrags festgesetzt ist, für dessen Ermittlung die von diesen beiden Straßen nicht erschlossene Teilfläche des Grundstücks einbezogen wurde. Das führt indessen nicht zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils, das diese Bescheide insgesamt aufgehoben hat. Die Verwaltungsgerichte haben einen fehlerhaften Erschließungsbeitragsbescheid - ganz oder teilweise - aufrechtzuerhalten, wenn sich ergibt, daß dies mit einer fehlerfreien Begründung möglich ist, vorausgesetzt allerdings, daß der Bescheid durch die Berücksichtigung der geänderten Begründung nicht in seinem Wesen verändert wird (Urteil vom 27. Januar 1982 - BVerwG 8 C 12.81 - BVerwGE 64, 356 [358]). Eine Wesensveränderung der angefochtenen Bescheide kommt hier nicht in Betracht. Von der geänderten Begründung (Reduzierung auf einen Grundstücksteil) wird der Bezugsgegenstand der Bescheide nicht berührt. Es wird vielmehr nur der flächenmäßigen Begrenzung des Erschlossenseins Rechnung getragen. Das kann freilich im anhängigen Revisionsverfahren nicht abschließend geschehen, weil es dafür weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf. Die Sache ist daher insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Das Berufungsurteil hat Bestand, soweit es den Erschließungsbeitragsbescheid für die ... Straße betrifft. Seine Annahme, das Grundstück des Klägers sei durch diese Anbaustraße im Sinne des § 131 Abs. 1 BBauG in vollem Umfang erschlossen, entspricht der Rechtslage. Insoweit hat auch keinen Erfolg, daß der Kläger hilfsweise die Verpflichtung der Beklagten zu einem teilweisen Erlaß des festgesetzten Erschließungsbeitrags begehrt. Der Senat folgt dem Berufungsgericht im Ergebnis in dessen Annahme, daß eine unbillige Härte im Sinne des § 135 Abs. 5 BBauG nicht vorliegt. Allerdings kann diese Annahme entgegen dem Berufungsurteil nicht damit begründet werden, der Kläger habe beim Verkauf von Grundbesitz an die Beklagte das hier in Rede stehende Grundstück zurückbehalten und dabei gewußt, daß es an drei Straßen angrenzen werde. Dieser Annahme ist jedoch ohnedies die Grundlage entzogen. In Anbetracht der dargelegten Rechtslage wird das Grundstück des Klägers je teilweise nicht durch drei, sondern jeweils durch zwei Anbaustraßen erschlossen, nämlich infolge der begrenzten Erschließungswirkung der ... und des ... einerseits durch die ... und die ... und andererseits durch die ... Straße und den ... Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann in der Heranziehung eines von zwei Anbaustraßen erschlossenen Grundstücks zu Erschließungsbeiträgen für jede dieser Straßen grundsätzlich eine unbillige Härte im Sinne des § 135 Abs. 5 BBauG nicht gesehen werden (Urteil vom 12. Juni 1970 - BVerwG IV C 5.68 - Buchholz 406.11 § 130 BBauG Nr. 6 S. 3 [9], Beschlüsse vom 23. April 1969 - BVerwG IV B 19.69 - und vom 14. August 1984 - BVerwG 8 B 59.84 -). Daran ist festzuhalten.
Streitwertbeschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 41.342 DM festgesetzt.
Noack
Dr. David
Dr. Kleinvogel
Dr. Silberkuhl