Bundesverwaltungsgericht
Urt. v. 09.12.1982, Az.: BVerwG 5 C 103.81
Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Feststellungsklage; Begründung eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses durch die Frage einer wirksamen Mitgliedschaft in einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft; Feststellungsklage in Abgrenzung zum Normenkontrollantrag als richtige Klageart bei der Frage der Rechtsgültigkeit einer Neugliederungsordnung; Voraussetzungen für das Vorliegen eines berechtigten Interesses für eine baldige Feststellung; Körperschaftsmitgliedschaft; Normgültigkeit
Bibliographie
- Gericht
- BVerwG
- Datum
- 09.12.1982
- Aktenzeichen
- BVerwG 5 C 103.81
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1982, 11713
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Düsseldorf - 24.04.1979 - AZ: 3 K 1084/77
- OVG Nordrhein-Westfalen - 22.09.1980 - AZ: 4 A 1849/79
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- DVBl 1983, 552-554 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1983, 2208-2209 (Volltext mit amtl. LS)
- NVwZ 1983, 609 (amtl. Leitsatz)
Verfahrensgegenstand
Verfahrensrecht
Amtlicher Leitsatz
Eine auf Feststellung des Nichtbestehens der Mitgliedschaft in einer öffentlichrechtlichen Körperschaft (hier: Industrie- und Handelskammer) gerichtete Klage ist nicht deswegen unzulässig, weil ihre Begründetheit ausschließlich von der von den Prozeßbeteiligten unterschiedlich beurteilten Gültigkeit einer Rechtsnorm abhängt.
In dem Rechtsstreit
hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 9. Dezember 1982
durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Zehner und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Fink, Rochlitz, Dr. Schwarz und Bermel
für Recht erkannt:
Tenor:
Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. September 1980 wird aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlußentscheidung vorbehalten.
Gründe
I.
Die Klägerin war Mitglied der Industrie- und Handelskammer Solingen, die durch § 1 Abs. 1 der Verordnung des Ministers für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen über die Neugliederung der Industrie- und Handelskammern im Lande Nordrhein-Westfalen vom 1. März 1977 - Neugliederungsverordnung - (GV.NW. S. 95) aufgelöst wurde. Als Rechtsnachfolgerin wurde die beklagte Industrie- und Handelskammer Wuppertal - jetzt umbenannt in Industrie- und Handelskammer Wuppertal-Solingen-Remscheid - bestimmt, innerhalb deren Bezirk die Klägerin eine gewerbliche Niederlassung unterhält. Die Neugliederung trat am 1. April 1977 in Kraft.
Die Klägerin hält die Neugliederungsverordnung für nichtig, weil sie nicht, wie dies § 1 des Gesetzes über die Industrie- und Handelskammern im Lande Nordrhein-Westfalen fordere, zur besseren Durchführung der Kammeraufgaben geboten sei. Sie hat Klage erhoben, mit der sie die Feststellung begehrt, daß sie nicht ab 1. April 1977 Mitglied der Beklagten ist.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe zwar angesichts der gegenwärtigen Ungewißheit, ob die aus der Zugehörigkeit zur Beklagten folgenden Rechte und Pflichten bestünden, ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung. Die Klage sei jedoch unbegründet, weil die in der Neugliederungsverordnung getroffene und nur beschränkt überprüfbare Änderung der Kammerbezirke nicht den Rahmen der dem Verordnungsgeber erteilten Ermächtigung überschreite und nicht gegen höherrangiges Recht verstoße.
Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen. Es hat im wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei unzulässig. Zwischen den Beteiligten bestehe zwar ein Rechtsverhältnis, das Gegenstand einer Feststellungsklage sein könne. Die Klägerin habe jedoch kein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung. Dadurch würde ihre Position in rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Hinsicht nicht nur nicht verbessert, sondern verschlechtert werden. Mit Eintritt der Rechtskraft des begehrten Urteils stehe lediglich fest, daß das streitige Rechtsverhältnis zur Beklagten nicht bestehe, nicht dagegen, daß die Klägerin nunmehr wieder Mitglied der früheren Industrie- und Handelskammer Solingen werde. Diese Kammer sei vielmehr infolge des Gestaltungseffekts der Neugliederungsverordnung tatsächlich und rechtlich nicht mehr existent, solange der Akt der Auflösung nicht mit Erfolg angefochten oder seine Nichtigkeit in einem verfassungsgerichtlichen Verfahren mit allgemeinverbindlicher Wirkung festgestellt sei. Damit verschlechtere sich die Rechtsposition der Klägerin in einem Maße, das auch von der Chance, der Verordnungsgeber könne aufgrund der Gerichtsentscheidung abermals gestaltend tätig werden, nicht aufgewogen werde. Ihre Interessen würden von keiner derjenigen Institutionen, deren Aufgaben es sei, das Gesamtinteresse der gewerblichen Wirtschaft wahrzunehmen, vertreten. Schließlich würde die begehrte Feststellung allgemeinverbindliche Wirkungen erzielen und insoweit Elemente einer für diesen Bereich nicht vorgesehenen abstrakten Normenkontrolle enthalten. Das widerspreche dem Normzweck des § 43 VwGO und begründe daher gleichfalls kein berechtigtes Interesse an der beantragten Feststellung. Daß den betroffenen Kammermitgliedern letztlich kein Rechtsschutz gegen die Neugliederung der Industrie- und Handelskammerbezirke gewährt werde, stelle keinen Verstoß gegen die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG dar.
Gegen dieses Urteil richtet sich die durch das Bundesverwaltungsgericht zugelassene Revision der Klägerin, mit der sie ihren Feststellungsantrag weiterverfolgt. Sie trägt vor: Ihre Klage sei zulässig. Sie wolle damit die Feststellung erreichen, daß sie nicht in einem Mitgliedschaftsverhältnis zur Beklagten stehe. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine solche Klage könne nicht mit der Begründung verneint werden, die begehrte Feststellung bringe ihr keine Vorteile. Sie habe im einzelnen dargelegt, warum sie eine Mitgliedschaft in dieser Kammer nicht wünsche. Die Zulässigkeit der Klage stehe auch in keinem Zusammenhang mit der Frage, ob die begehrte Feststellung zu einem gesetzwidrigen Zustand führe. Im übrigen habe ein anderer Senat des Oberverwaltungsgerichts inzwischen auf eine Klage der Industrie- und Handelskammer Bochum als Vortrage festgestellt, daß hinsichtlich dieser Kammer die Neugliederungsverordnung unwirksam sei, obwohl durch diese Inzidentfeststellung ebenfalls ein unübersichtlicher Zustand bestehe, bis der Gesetzgeber aus dem Urteil die erforderlichen Folgerungen ziehe.
Die Beklagte macht sich im wesentlichen die Auffassung des angefochtenen Urteils zu eigen und trägt ergänzend dazu vor: Das Interesse der Klägerin sei allein darauf gerichtet, daß der Bezirk der Industrie- und Handelskammer, der sie angehöre, in bestimmter Weise abgegrenzt sei. Dieses Interesse sei nicht schutzwürdig. Zudem würde die begehrte Feststellung zu einem gesetzwidrigen Zustand führen, weil nach der insoweit irrevisiblen Auffassung des Berufungsgerichts die Industrie- und Handelskammer Solingen aufgelöst sei. Schließlich seien Klagebegehren, die im Ergebnis darauf hinausliefen, die Rechtmäßigkeit einer Norm zum eigentlichen Gegenstand des Verfahrens zu machen, unzulässig, gleichviel in welche Form sie gekleidet seien.
II.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das Oberverwaltungsgericht (§ 144 Abs. 3 Nr. 2 VwGO).
Das angefochtene Urteil beruht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO) und kann deshalb keinen Bestand haben. Zu Recht wendet sich die Revision gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 VwGO für die Zulässigkeit der Feststellungsklage seien nicht gegeben. Mit dem erstinstanzlichen Urteil ist vielmehr davon auszugehen, daß angesichts der Ungewißheit, ob die Klägerin Mitglied der durch die Neugliederungsverordnung neu geschaffenen Industrie- und Handelskammer Wuppertal geworden ist, die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der Mitgliedschaft im Wege der Feststellungsklage geklärt werden kann.
Das Berufungsgericht hat bereits anerkannt, daß zwischen der Klägerin und der Beklagten ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO besteht. Dem ist zuzustimmen. Der mit gegenseitigen Rechten und Pflichten ausgestattete Status der Mitgliedschaft in einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft begründet, wie das Bundesverwaltungsgericht insbesondere für die Zugehörigkeit zu einem Wasserverband entschieden hat (BVerwGE 25, 151 [156]), ein Rechtsverhältnis, das Gegenstand einer Feststellungsklage sein kann. Mit ihrem Vorbringen, die Neugliederungsverordnung sei nichtig und habe deshalb nicht zur Gründung der beklagten Kammer mit Pflichtmitgliedschaft der in ihrem Gebiet ansässigen Betroffenen führen können, stellt die Klägerin ein Statusverhältnis zu der Beklagten in Abrede. Ein solcher Streit über das Nichtbestehen eines Mitgliedschaftsverhältnisses kann einer gerichtlichen Klärung im Wege einer Klage nach § 43 Abs. 1 VwGO zugeführt werden (vgl. auch Kormann: Änderungen in der Gebietsstruktur von Wirtschaftskammern, GewArch. 1979, 281 [287]; Kopp, VwGO, 5. Aufl. 1981, Rdnr. 12 zu § 43).
An der Zulässigkeit der Feststellungsklage ändert entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nichts, daß die Entscheidung des Rechtsstreits allein davon abhängt, ob die Neugliederungsverordnung rechtsgültig ist. Die Klage wird dadurch nicht zu einer für diesen Bereich nach Landesrecht nicht vorgesehenen Normenkontrollklage nach § 47 VwGO. Richtig ist zwar, daß dort, wo das Gesetz eine Nachprüfung landesrechtlicher Bestimmungen im Wege der Normenkontrolle nicht zuläßt, Klagebegehren, die im Ergebnis darauf hinauslaufen, die Rechtmäßigkeit einer Norm zum eigentlichen Gegenstand eines Verwaltungsstreitverfahrens zu machen, unzulässig sind, gleichviel in welche Form sie gekleidet werden(Beschluß vom 27. November 1964 - BVerwG 7 B 115.62 - [Buchholz 11 Art. 19 GG Nr. 36];Beschluß vom 21. März 1974 - BVerwG 7 B 97.73 - [Buchholz 310 § 42 VwGO Nr. 56]). Darum geht es hier jedoch nicht. Der Umstand allein, daß die zu treffende Entscheidung die Überprüfung einer Norm erfordert und in diesem Bereich konkreter Normenkontrolle ihr eigentlicher Zweck liegt, macht die Klage nicht unzulässig. Dem System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes kann nicht etwa entnommen werden, daß außerhalb des § 47 VwGO die Überprüfung von Rechtsetzungsakten ausgeschlossen sein soll. Es gehört seit jeher zur richterlichen Prüfungskompetenz, auch die Gültigkeit einer Rechtsnorm, insbesondere ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht zu überprüfen, sofern es für den Ausgang des Rechtsstreits hierauf ankommt. Daran hat sich durch die Zulassung der abstrakten Normenkontrolle in den Fällen des § 47 VwGO nichts geändert (vgl. hierzu u.a. BVerwGE 58, 299 [301]; Kopp, a.a.O. Rdnr. 5 zu § 47 mit weiteren Nachweisen). Maßgebend ist, ob mit der Klage lediglich die Klärung einer abstrakten Rechtsfrage aufgrund eines nur erdachten oder eines solchen Sachverhalts erreicht werden soll, dessen Eintritt noch ungewiß ist. In einem solchen Falle dient der Rechtsstreit nicht der Durchsetzung von konkreten Rechten der Parteien, sondern dazu, Rechtsfragen gleichsam um ihrer selbst willen rechtstheoretisch zu lösen (BVerwGE 14, 235 [236]). Anders liegt es hingegen, wenn, wie auch hier, die Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten in der Wirklichkeit gegebenen Sachverhalt streitig ist. Der Feststellung eines solchen Rechtsverhältnisses steht nicht entgegen, daß der Erfolg der Klage ausschließlich von der von den Parteien unterschiedlich beurteilten Rechtsgültigkeit einer Norm abhängt. Damit wird nicht etwa ein über das Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO hinausgehender Rechtsschutz gegen Maßnahmen der Rechtsetzung begehrt, sondern die Rechtmäßigkeit der Norm lediglich als streitentscheidende Vortrage aufgeworfen.
Unzutreffend ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, die begehrte Feststellung werde über den Streitfall hinaus allgemeinverbindliche Wirkungen erzielen und damit in unzulässiger Weise ein dem Verfahrensziel der abstrakten Normenkontrolle nahekommendes Ergebnis bewirken. Die Rechtskraft eines der Klage stattgebenden Urteils beschränkt sich gemäß § 121 VwGO auf das Verhältnis der Prozeßbeteiligten zueinander. Weitergehende Wirkungen hat, worauf die Revision zutreffend hinweist, eine solche Entscheidung nicht. Richtig ist zwar, daß im Falle der Nichtigkeit der Neugliederungsverordnung nicht nur keine Mitgliedschaft der Klägerin bei der Beklagten besteht, sondern daß das gleiche auch für die übrigen Kammerzugehörigen zutrifft. Das ist jedoch keine Rechtswirkung der begehrten Entscheidung, sondern die Folge einer ohnehin bestehenden Rechtslage. Diese zutage treten zu lassen und damit über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus faktisch und präjudiziell Bedeutung zu haben, ist jeder Sachentscheidung eigentümlich, in deren Rahmen eine inzidente Normenkontrolle erfolgt. Die gleichen Folgen hätte übrigens eine Inzidentprüfung, die etwa im Rahmen einer gegen einen Beitragsbescheid der Beklagten gerichteten Anfechtungsklage vorgenommen würde. Hat eine solche Klage Erfolg, weil das Gericht die Neugliederungsverordnung für nichtig hält, so steht damit nur unter den Prozeßbeteiligten fest, daß es an einem wirksamen Gründungsakt des Verordnungsgebers fehlt, der die Beklagte hätte ins Leben rufen können. Welche Auswirkungen eine solche Entscheidung auf das mitgliedschaftliche Verhältnis der übrigen Kammerangehörigen zu der Beklagten haben würde, insbesondere, ob die Beklagte insoweit als fortbestehend angesehen werden müßte, bedarf hier keiner Erörterung. Es kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, die vorliegende Klage sei mit Rücksicht auf ihre präjudizielle Bedeutung für andere nicht an dem Verfahren beteiligte Kammerangehörige unzulässig. Der Gesetzgeber hat vielmehr die in diesem Sinne "allgemeinverbindlichen" Wirkungen einer auf den Feststellungsantrag hin ergehenden Entscheidung in Kauf genommen. Es ist Sache des Verordnungsgebers, die sich daraus ergebenden legislativen und administrativen Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, daß der Pflichtzugehörigkeit dieser Personen und Gesellschaften zu einer Industrie- und Handelskammer (§ 2 des Gesetzes) zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern vom 18. Dezember 1956 - IHKG - (BGBl. I S. 920) Genüge getan wird. Die Zulässigkeit der Klage wird dadurch nicht berührt.
Die übrigen Voraussetzungen des § 43 VwGO für die Zulässigkeit der Feststellungsklage sind ebenfalls gegeben. Eine auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der Mitgliedschaft in einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft gerichtete Klage scheitert, wie das Bundesverwaltungsgericht bereits in seinem Urteil vom 19. Oktober 1966 - BVerwGE 25, 151 (156) [BVerwG 19.10.1966 - IV C 222/65] - ausgeführt hat, auch im Hinblick auf die Möglichkeit, Einzelakte der Körperschaft anzufechten, nicht an der Subsidiaritätsklausel des § 43 Abs. 2 VwGO. Die Feststellungsklage, darauf gerichtet, die Klägerin sei nicht Mitglied der Beklagten, ist das weitaus Umfassendere gegenüber etwa der Anfechtung eines Beitragsbescheides, in welcher die Frage der Mitgliedschaft nur eine Vortrage sein kann.
Der Klägerin fehlt es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch nicht an einem berechtigten Interesse an der baldigen Feststellung. Daß diese Voraussetzung regelmäßig zu bejahen ist, wenn Streit darüber besteht, ob ein Betroffener Mitglied einer bestimmten Körperschaft ist, bedarf keiner näheren Erörterung. Das Berufungsgericht meint jedoch, die Besonderheiten des vorliegenden Falles erforderten eine andere Beurteilung des Feststellungsinteresses, weil die von der Klägerin begehrte Feststellung ihre Position in rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Hinsicht verschlechtere und zu einem von schutzwürdigen Interessen der Klägerin nicht mehr gedeckten gesetzwidrigen Zustand führen würde. Dem kann nicht gefolgt werden.
Das Berufungsgericht hat dabei verkannt, daß die Klägerin mit ihrer Klage nicht das Ziel verfolgt, keiner Kammer anzugehören, was freilich mit § 2 IHKG nicht zu vereinbaren wäre. Ihr geht es vielmehr ausschließlich darum, nicht Mitglied der Beklagten zu sein, weil sie deren Bildung für gesetzwidrig hält. Hierauf und nicht auf die Frage, welche Folgen eintreten, wenn die Klage zum Erfolg führt, ist bei der Prüfung des Feststellungsinteresses abzustellen. Die Klägerin hat im einzelnen dargelegt, daß sie ihre Interessen durch die Beklagte für nicht hinreichend wahrgenommen ansieht und aus diesem Grunde keine Mitgliedschaft in der beklagten Kammer wünscht. Sie will damit geklärt wissen, ob sie Pflichtmitglied einer rechtmäßig gebildeten Kammer geworden ist. Das genügt zur Anerkennung eines berechtigten Interesses an der begehrten Feststellung. Eine weitergehende Prüfung, wie sie das Berufungsgericht vorgenommen hat, ob ein Erfolg der Klage nicht auch Nachteile für die Klägerin bringt, die letztlich ihre Rechtsposition nur verschlechtern könnten, geht über das hinaus, was von der Ermittlung des Feststellungsinteresses her geboten ist, und steht dem Gericht in diesem Zusammenhang nicht zu.
Im übrigen ist aber auch die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts unzutreffend, die begehrte Feststellung fehlender Mitgliedschaft bei der Beklagten werde einen gesetzwidrigen Zustand herbeiführen. Richtig ist zwar, daß das System der flächendeckenden Kammerbezirke und der Pflichtmitgliedschaft aller Gewerbetreibenden in einer Industrie- und Handelskammer (§§ 1, 2 IHKG) einen mitgliedschaftsfreien Status eines Kammerpflichtigen nicht zuläßt. Hierauf zielt die Klage aber auch nicht ab. Trifft die Rechtsansicht der Klägerin zu, die Neugliederungsverordnung sei wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht nichtig, so folgt daraus noch nicht ohne weiteres, daß die Klägerin damit keiner Industrie- und Handelskammer angehört. Die Auffassung des Berufungsurteils, die durch die Neugliederungsverordnung aufgelöste Industrie- und Handelskammer Solingen sei nicht nur tatsächlich, sondern auch rechtlich nicht mehr existent und könne ohne einen entsprechenden Akt des Verordnungsgebers nicht wieder ins Leben gerufen werden, geht offenbar von der Ansicht aus, der Akt der Auflösung jener Kammer teile nicht das rechtliche Schicksal der Neugründung der Beklagten. Ob dem gefolgt werden kann, erscheint zweifelhaft, bedarf hier aber keiner Erörterung. Selbst wenn man mit dem angefochtenen Urteil davon ausgeht, die Wiederherstellung der Industrie- und Handelskammer Solingen mit ihrem früheren Kammerbezirk bedürfe in jedem Falle eines rechtsgestaltenden Aktes des Verordnungsgebers, so liegt es nicht in dessen Ermessen, ob er aus einem der Klage stattgebenden Urteil rechtliche Folgerungen ziehen will. Der Pflichtmitgliedschaft aller Gewerbetreibenden in einer Industrie- und Handelskammer (§ 2 IHKG) entspricht die Verpflichtung des Landesgesetzgebers, die erforderlichen gesetzlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß jeder Pflichtige Mitglied einer bestimmten Industrie- und Handelskammer wird. Der Verordnungsgeber, dem im Lande Nordrhein-Westfalen die Befugnis zur Neugliederung der Kammerbezirke zugewiesen ist, kann deshalb, wie bereits erwähnt, im Falle der Nichtigkeit der Neugliederungsverordnung nicht untätig bleiben, wie offenbar das Oberverwaltungsgericht annimmt. Zumindest muß er, will er von einer nochmaligen Neugestaltung der betroffenen Kammerbezirke absehen, die dann rechtlich noch fortbestehende Industrie- und Handelskammer Solingen in den Stand setzen, ihre gesetzlichen Aufgaben wieder wahrzunehmen.
Das angefochtene Urteil muß sonach aufgehoben werden, damit das Berufungsgericht die noch ausstehende materiellrechtliche Prüfung des Klagebegehrens vornimmt.
Streitwertbeschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 4.000 DM festgesetzt (§ 13 Abs. 1 GKG).
Dr. Fink
Rochlitz
Dr. Schwarz
Bermel