Bundesverwaltungsgericht
Urt. v. 06.02.1975, Az.: BVerwG 2 C 68/73
Beamtenverhältnis auf Probe; Ausbildungsabschnitte; Ausbildungsstätte; Übernahme in Beamtendienst; Freiheitliche demokratische Grundordnung; Persönliches Eignungsmerkmal; Verfassungstreue; Verfassungstreuepflicht; Verbotsverfahren; Versagung des rechtlichen Gehörs; Anrufung des Großen Senats
Bibliographie
- Gericht
- BVerwG
- Datum
- 06.02.1975
- Aktenzeichen
- BVerwG 2 C 68/73
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1975, 11020
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- BVerwGE 47, 330
- NJW 1975, 1135
Amtlicher Leitsatz
1. Der im Beamtenverhältnis auf Probe vor der 2. Prüfung für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen im Lande Rheinland-Pfalz zu absolvierende 2. Ausbildungsabschnitt ist eine Ausbildungsstätte i.S. des GG Art. 12 Abs. 1.
2. Die von Bewerbern um Übernahme in den Beamtendienst geforderte Gewähr des jederzeitigen Eintretens für die freiheitliche demokratische Grundordnung i.S. des Grundgesetzes ist ein persönliches Eignungsmerkmal i.S. des GG Art. 33 Abs. 2 und hat daher Verfassungsrang.
3. "Gewähr bieten" bedeutet das Fehlen von Zweifeln an der Verfassungstreue eines Bewerbers; zu Zweifeln Anlaß gebende Umstände sind vom Dienstherrn darzutun; die Widerlegung ist Sache des Bewerbers.
4. Die Verfassungstreuepflicht gilt grundsätzlich für alle Arten von Beamtenverhältnissen. Nur bei Ausbildungsverhältnissen können sich im Hinblick auf GG Art. 12 Abs. 1 aus Art und Umfang der übertragenen hoheitsrechtlichen Befugnisse und aus der geringen Selbständigkeit ihrer Wahrnehmung - Ausnahmen ergeben. Die Tätigkeit im Probe-(Ausbildung-)dienst für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen im Lande Rheinland-Pfalz gehört nicht zu diesen Ausnahmen; hier verstößt die Forderung nach uneingeschränkter Verfassungstreue auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
5. Das Verbotsverfahren nach GG Art. 21 Abs. 2 und die Beurteilung der beamtenrechtlichen Verfassungstreue (GG Art. 33 Ab. 2) sind nach Gegenstand und Voraussetzungen verschieden; die Mitgliedschaft und Betätigung eines Beamtenbewerbers in einer nicht verbotenen Partei schließen es daher nicht aus, die damit zusammenhängenden tatsächlichen Umstände unter dem Gesichtspunkt seiner Eignung zum Beamten zu überprüfen.
6. Die Forderung nach Gewähr der Verfassungstreue bei Beamtenbewerbern verstößt nicht gegen Grundrechte.
7. Zur Versagung des rechtlichen Gehörs.
8. Zu den Voraussetzungen für die Anrufung des Großen Senats.