Bundesverwaltungsgericht
Urt. v. 03.06.1971, Az.: BVerwG IV C 28.70
Ermittlung einer erschlossenen Grundstücksfläche
Bibliographie
- Gericht
- BVerwG
- Datum
- 03.06.1971
- Aktenzeichen
- BVerwG IV C 28.70
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1971, 13709
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OVG Niedersachsen - 04.02.1970 - AZ: I OVG A 116/68
Rechtsgrundlage
Fundstellen
- BVerwGE 38, 147 - 152
- BRS 37, 243 - 246
- DÖV 1971, 815-816 (Volltext mit amtl. LS)
- GemTag 1971, 357
- KommStZ 1971, 224
- KommStZ 1972, 199
- MDR 1971, 1039-1040 (Volltext mit amtl. LS)
- VerwAuch 63, 345
- ZMR 1973, 127
- ZMR 1971, 387
Amtlicher Leitsatz
Die Erschließungsbeiträge für ein Eckgrundstück dürfen insgesamt nicht niedriger sein als der Beitrag für gleichartige Grundstücke, die an der Straße mit dem höchsten Erschließungsaufwand liegen (Fortsetzung der Rechtsprechung von BVerwG IV C 98.69).
In nicht beplanten bebauten Gebieten, die vor dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes erschlossen worden sind, kann als Verteilungsmaßstab auch die tatsächliche Nutzung der Grundstücke zugrunde gelegt werden.
Ist die Grundstücksfläche Verteilungsmaßstab, so kann sie allgemein bis zu einer bestimmten Tiefe beschränkt werden.
Eine Eckermäßigung erfolgt in diesem Falle nur insoweit, als die eingeschränkte Grundstücksfläche an mehreren Straßen anliegt.
Der IV. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat
auf die mündliche Verhandlung vom 2. Juni 1971
durch
den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Prof. Külz und
die Bundesrichter Klein, Clauß, Dr. Weyreuther und Prof. Dr. Sendler
für Recht erkannt:
Tenor:
Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein vom 4. Februar 1970 wird aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 3.130 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin wendet sich gegen die Anforderung eines Erschließungsbeitrages in Höhe von 3.128,53 DM. Sie ist Eigentümerin eines zweigeschossig bebauten Grundstückes an der Straße Im Katthagen, die in einem 600 m langen Abschnitt in den Jahren 1953 bis 1966 ausgebaut worden ist. Die östlich des Straßenabschnittes gelegenen Grundstücke gehören überwiegend zum Planungsgebiet Im Katthagen, in dem stadtwärts zweigeschossige, landwärts eingeschossige Wohnbebauung vorgesehen ist. Die westlich gelegenen Grundstücke sowie die Straße selbst sind nicht beplant. Die Verteilung des Erschließungsaufwandes erfolgte dort nach der Satzung unter Zugrundelegung der Grundstücksfläche, die bei zweigeschossig bebauten Grundstücken um 30 Prozent, bei dreigeschossig bebauten um 50 Prozent erhöht wurde. Den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 19. Mai 1967 wies die Beklagte mit Bescheid vom 3. Juni 1967 zurück. Das Verwaltungsgericht Hannover hob jedoch die angefochtenen Bescheide auf, weil die Beklagte die Kosten der Straßenentwässerung zu Unrecht nach einem Einheitssatz berechnet habe, bei der Verteilung des Erschließungsaufwandes nicht die tatsächliche Nutzung, sondern nur die zulässige Nutzung zugrunde gelegt werden dürfe, die in der Satzung vogesehene Ermäßigung für Eckgrundstücke zu deren Begünstigung führen könne, und die Satzung schließlich bei ihrer Anwendung auf Eckgrundstücke insoweit mehrdeutig sei, als eine Grundstückstiefe nur bis zu 50 m zugrunde gelegt werde.
Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat den Erschließungsbeitrag mit Urteil vom 4. Februar 1970 in Höhe von 2.554,65 DM aufrechterhalten. Es geht davon aus, daß die Straße als Erschließungsanlage durch die abgerechneten Bauarbeiten erstmalig hergestellt worden sei und daß es eines Bebauungsplanes in dem im Zusammenhang bebauten Ortsteile nicht bedurft habe. Soweit die Straße in früheren Jahren bis zum Haus Nr. 13 bereits befestigt worden sei, habe dort die ordnungsgemäße Entwässerung noch gefehlt. Auch in diesem Abschnitt habe die Straße daher jetzt nach einem neuen Plan ausgebaut werden können. Der Grundsatz, daß bei Änderungen von Teileinrichtungen keine Beiträge erhoben werden könnten, treffe für diesen Fall nicht zu, da hier keine Teileinrichtung für die Straße in ihrer ganzen Länge fertiggestellt gewesen sei.
Die Verteilung des Aufwandes nach der Grundstücksfläche sei nicht zu beanstanden, obwohl die zulässige Bebauung nur in dem beplanten östlichen Gebiet zugrunde gelegt worden sei, während auf der westlichen Straßenseite die tatsächlich vorhandene Bebauung zugrunde gelegen habe. Zwar gehe die herrschende Meinung davon aus, daß in allen Fällen nur die zulässige Bebauung Grundlage für die Berechnung von Erschließungsbeiträgen sein könne. Das Gesetz kenne indessen eine derartige Begrenzung der gemeindlichen Satzungshoheit nicht. Die gesetzliche Vorschrift, wonach bei neu erschlossenen Gebieten den unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten Rechnung zu tragen sei, sei keine allgemeine Auslegungshilfe für die Verteilung des Erschließungsaufwandes, weil sie nicht eindeutig sei. Unterschiede in der zulässigen Nutzung der Grundstücke könnten nämlich in verschiedener Form vorkommen. So gebe es eine planerische Festsetzung, die innerhalb eines Gebietes unterschiedliche Nutzungen zulasse, ohne zu bestimmen, welche einzelnen Grundstücke in der einen oder der anderen Weise zu nutzen seien, zum Beispiel im Dorfgebiet oder im Mischgebiet. In solchen Fällen könne die unterschiedliche Nutzung nur dadurch berücksichtigt werden, daß man auf die tatsächliche Nutzung des Grundstückes abstelle. Auch soweit das Gesetz in anderen Vorschriften den Begriff der zulässigen Nutzung verwende, könne daraus nicht auf die Unrechtmäßigkeit einer Verteilung des Erschließungsaufwandes nach der tatsächlichen Nutzung im besonderen Falle geschlossen werden. Sicher könne die Aufwandsverteilung nach der tatsächlichen Nutzung in einigen Fällen zu unbilligen Ergebnissen führen, insbesondere wenn in Kürze eine höhere tatsächliche Nutzung zu erwarten sei, wie in entwicklungsfähigen Gebieten. Dort sei aber in der Regel ein Bebauungsplan erforderlich. Andererseits bringe die Verteilung des Aufwandes nach den tatsächlichen Verhältnissen auch Vorteile. Die Feststellung einer in einem unterschiedlich bebauten Gebiet zulässigen weiteren Bebauung sei oft sehr schwierig, während die tatsächlichen Verhältnisse demgegenüber überzeugend festzustellen seien. Nicht beplante bebaute Gebiete befänden sich häufig in einem statischen Zustand, der eine Beplanung entbehrlich mache. So entspreche eine Beitragserhebung nach den tatsächlichen Verhältnissen noch am ehesten den Vorteilen der einzelnen Anlieger. Die Gemeinde wisse am besten, ob es sich im fraglichen Gebiet um ein statisches oder ein dynamisches Baugebiet handele. Ihr diese Beurteilung und danach die Gestaltung ihres Satzungsrechtes zu überlassen, sei der Sinn der gemeindlichen Autonomie. Unerwünschte Ergebnisse im Einzelfall müßten immer in Kauf genommen werden. Damit werde nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen.
Indessen habe die Beklagte das westlich der Straße gelegene Sportplatz- und Schwimmbadgelände zu Unrecht nicht als erschlossen angesehen. Auch dieses Gelände gehöre vielmehr zu den erschlossenen Grundstücken, die in die Berechnung einzubeziehen seien, selbst wenn sie selbst nicht beitragspflichtig würden. Das Schwimmbad selbst sei eine bauliche Anlage, auf diesem Grundstück stünden außerdem ein Umkleidegebäude und ein Wohnhaus für den Platzwart. Das Sportplatzgelände dagegen sei unbebaut. Es könne offenbleiben, ob es deswegen beitragsfrei sei. Auf jeden Fall sei es aber durch die Straße erschlossen. Wenn das Gesetz die Beitragspflicht auf diejenigen erschlossenen Grundstücke beziehe, die baulich oder gewerblich genutzt werden dürfen, so stelle es die Merkmale der Bebaubarkeit und der Erschließung nebeneinander und gehe nicht, wie das Bundesverwaltungsgericht, davon aus, daß eine Erschließung immer der baulichen Nutzung dienen müsse. Die Bebaubarkeit eines Grundstückes könne schon deshalb nicht für den Begriff der Erschließung von Bedeutung sein, weil sich ihre rechtlichen Voraussetzungen ändern könnten. Die tatsächliche Siedlungsentwicklung könne Grundstücke, die zur Zeit nur landwirtschaftlich zu nutzen seien, zu Baugrundstücken machen. Ob ein Grundstück erschlossen werde, könne mithin nur danach beurteilt werden, ob es für seine bestimmungsgemäße Nutzung einen Zugang von der Straße nehmen könne.
Das aber könne nur bei Bahndämmen, Abhängen, Wasserflächen oder dergleichen verneint werden. Rechtliche Gründe seien meist keine dauerhaften Hindernisse der Bebauung und schlössen in der Regel eine spätere Heranziehung der Anlieger zur Beitragsleistung nicht aus. Auf die Erschließung als solche seien sie ohne Einfluß.
Wenn die Grundstücksfläche entsprechend der Satzung nur bis zu einer Tiefe von 50 m von der Erschließungsanlage an zugrunde gelegt worden sei, so könne das nicht beanstandet werden. Bedenklich könne sein, daß in dem beplanten Gebiet eine andere Flächenberechnung gelte. Dort werde diejenige Fläche zugrunde gelegt, für die der Bebauungsplan eine bauliche oder sonstige Nutzung festsetze. Indessen könne hier dahingestellt bleiben, ob diese Bestimmung immer eine angemessene Ermittlung der erschlossenen Grundstücksfläche ermögliche, weil zum Baugebiet und damit zum beitragspflichtigen Grundstück auch die Grundstücksteile gehörten, die nicht bebaut werden dürften, sondern etwa als Hausgärten genutzt würden. Indessen wirke sich im vorliegenden Falle die Flächenvorschrift für beplante Gebiete nicht zum Nachteil der Klägerin aus. Ihr eigenes Grundstück sei nicht tiefer als 50 m, bei den anderen an die Straße angrenzenden Grundstücken seien die Flächen nach den Bestimmungen über Eckgrundstücke halbiert worden, weil sie bis zur Parallelstraße reichten. Das entspreche bei der Lage dieser Grundstücke ihrer nach dem Bebauungsplan zu erwartenden Bebauung und Aufteilung und demgemäß auch dem künftigen Vorteil von beiden Straßen.
Wenn nach § 6 der Ortssatzung für Grundstücke, die durch mehrere Erschließungsanlagen erschlossen werden, die der Berechnung zugrunde zu legende Grundstücksfläche durch die Zahl der angrenzenden Erschließungsanlagen zu teilen sei, wodurch eine Umwälzung des Ausfalls auf die übrigen Anlieger bewirkt werde, so sei das nicht zu beanstanden. Dem Verwaltungsgericht sei freilich zuzustimmen, daß damit tatsächlich eine Besserstellung dieser Eckgrundstücke gegenüber den Mittelgrundstücken möglich sei, weil einmal die Eckvergünstigungen ohne Rücksicht auf das Kostenverhältnis der Straßen zueinander gewährt werden und weil bereits bei der ersten Straße die Kosten auch dann geteilt würden, wenn noch nicht feststehe, ob, in welcher Höhe und wann der Beitrag zu den anderen Straßen erhoben werde. Dadurch werde indessen die Satzung nicht ungültig. Eckgrundstücke seien zwar grundsätzlich für mehrere Straßen beitragspflichtig. Dieser Mehrbelastung entspreche ein mehrfacher Vorteil aber nur in wenigen Fällen, etwa bei Gaststätten oder Läden in Ecklage. Bei Wohngrundstücken bestehe dagegen eine stärkere Belastung, etwa durch die Straßenreinigung. Eine Entlastung der zum Wohnen genutzten Eckgrundstücke sei daher angemessen. Sie könne in verschiedenen Formen erfolgen. Die Regelung der Beklagten habe den Vorteil der Einfachheit. Ihr Nachteil liege in möglichen Besserstellungen einiger Eckgrundstücke. Dieser Nachteil könne aber um so eher hingenommen werden, als seine Folgen sich auf die Gesamtheit der übrigen Anlieger verteilten. Im vorliegenden Falle sei die Eckvergünstigung auch satzungsgemäß errechnet worden. Danach sei die Grundstücksfläche nur mit der Hälfte in die Verteilung einzubeziehen. Zur Grundstücksfläche gehöre auch der Zuschlag wegen mehrgeschossiger Bebauung. Aus der Satzung ergebe sich kein Anhaltspunkt dafür, daß diese Zuschläge nicht ebenfalls gekürzt werden dürften.
Zu beanstanden sei aber die Flächenberechnung der Beklagten beim Zusammentreffen von Tiefenbegrenzung und Eckvergünstigung. Dem Verwaltungsgericht könne nicht gefolgt werden, wenn es § 5 Abs. 3 der Ortssatzung für unklar und daher für ungültig halte. Vielmehr müsse der Richter unklare Vorschriften auslegen. Wenn die Ortssatzung die Anwendung der Tiefenbeschränkung auf 50 m auch bei Eckgrundstücken vorsehe, so sei auch hier sinngemäß davon auszugehen, daß Eckgrundstücke an zwei Straßen insgesamt keinen höheren Beitrag zu zahlen hätten als andere Grundstücke. Sinn der Halbierung bei Eckgrundstücken an zwei Strafen sei, eine doppelte Heranziehung zu vermeiden, sie könne mithin nur angewendet werden, soweit anderenfalls eine doppelte Heranziehung zu erwarten sei, also nur für die Flächen, die innerhalb des von der anderen Straße aus zu rechnenden 50-m-Streifen lägen. Danach seien für drei Grundstücke insgesamt 9.632,5 qm zuviel von der Beitragsfläche abgezogen worden, so daß sich anstelle der mit 42.626,7 qm berechneten Beitragsfläche eine Fläche von 52.259,2 qm ergebe. Für die Klägerin errechne sich danach ein Beitrag von 2.554,65 DM.
Mit der zugelassenen Revision trägt die Klägerin vor, zunächst, fehle es an einer rechtswirksamen Bekanntmachung der Beitragssatzung, so daß diese einer Beitragserhebung nicht zugrunde gelegt werden könne. Es habe auch für die Straße Im Katthager eines Bebauungsplanes bedurft, da die Gemeinde für das östlich angrenzende Gebiet ebenfalls einen Bebauungsplan für erforderlich gehalten habe. Zudem sei die Beitragspflicht auch deswegen noch nicht entstanden, weil der Straßenabschnitt noch nicht endgültig hergestellt sei. Es seien nämlich an bestimmten Stellen der Straße keine befestigten Bürgersteige hergestellt worden, was mit der Ortssatzung nicht in Einklang zu bringen sei. Die jetzt hergestellte Fahrbahn stelle bis zum Grundstück Im Katthagen Nr. 13 auch keine erstmalige, sondern eine anderweite Herstellung dar, da die Fahrbahn vor mehr als 50 Jahren bereits bis dahin entsprechend dem damaligen Anbau endgültig hergestellt worden sei. Gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße das angefochtene Urteil dadurch, daß es im Sinne von § 5 Abs. 1 und 2 der Ortssatzung den Erschließungsaufwand teilweise nach der tatsächlichen und teilweise nach der zulässigen Nutzung der Grundstücke verteile. Die Möglichkeit, die tatsächliche Nutzung zugrunde zu legen, ergebe sich aus dem Gesetz nicht. Es sei ungerecht, an einer überwiegend dreigeschossig bebauten Straße unbebaute Grundstücke wie dreigeschossig bebaute Grundstücke heranzuziehen, während ein aus alter Zeit nur eingeschossig bebautes Grundstück auch nur als solches berücksichtigt werde. Bei Auslegung der Bestimmungen der Ortssatzung über ein Zusammentreffen von Tiefenbegrenzung und Eckvergünstigung sei das Berufungsgericht von der Ortssatzung abgewichen und habe selbst Rechtsnormen gesetzt. Die Ortssatzung sei nicht mehrdeutig, sondern eindeutig in dem Sinne, daß sich für Grundstücke mit größerer Tiefe an mehreren Erschließungsanlagen nicht nur die Beseitigung von Nachteilen, sondern eine ungerechtfertigte Entstellung von Vorteilen gegenüber anderen Grundstücken ergebe. Eine solche Norm aber widerspreche dem Grundsatz der Gleichbehandlung. Schließlich habe das Berufungsgericht auch bei der Kostenentscheidung geirrt, wenn es der Klägerin drei Viertel der Kosten auferlegt habe. Bei einer verhältnismäßigen Teilung der Kosten sei nicht nur der Betrag zu berücksichtigen, den die Beklagte nunmehr als Beitrag fordern könne, sondern zunächst die Tatsache, daß der erlassene Bescheid in seiner Gesamtheit rechtswidrig gewesen sei. Deswegen habe die Beklagte vorweg schon die Hälfte der Kosten zu tragen, während die andere Hälfte dem Endergebnis nach zu verteilen sei.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für richtig. Die rechtmäßige Veröffentlichung der Satzung werde von der Klägerin erstmalig bestritten. Sie könne vom Revisionsgericht nicht überprüft werden, weil insoweit Landesrecht zugrunde liege.
Auch der Ober Bundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht verspricht der Revision keinen Erfolg. Er neigt zwar der Auffassung zu, daß bei endgültiger Fertigstellung eines Teilstückes der Straße dieser Abschnitt getrennt abzurechnen sei. Im vorliegenden Falle sei aber in diesem Abschnitt noch keine ordnungsgemäße Entwässerung vorhanden gewesen, so daß die Straße auch in diesem Abschnitt noch nicht endgültig fertiggestellt gewesen sei. Damit sei die Gesamtabrechnung der Anlage nicht zu beanstanden. Auch im übrigen sei der Begründung des angefochtenen Urteils zu folgen.
II.
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Rückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Bedenken gegen die ordnungsgemäße Veröffentlichung der Beitragssatzung bestehen aus bundesrechtlicher Sicht nicht. Der vom Grundgesetz geforderten Rechtsstaatlichkeit wird auch dann genügt, wenn eine Ortssatzung nur in einer Zeitung veröffentlicht wird. Anhaltspunkte dafür, daß das Berufungsgericht seiner Erforschungspflicht nicht genügt hätte, indem es unterlassen hat, die ortsgesetzliche Vorschrift über die Veröffentlichung im einzelnen zu prüfen, liegen nicht vor, da die Rechtmäßigkeit der Beitragssatzung insoweit im berufungsgerichtlichen Verfahren nicht umstritten war.
Auch eines Bebauungsplanes für die hergestellte Straße hat es nach § 125 Abs. 2 des Bundesbaugesetzes - BBauG - nicht bedurft. Ein Bebauungsplan ist für eine innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles gelegene Straße nach BVerwG IV C 100.68 (DVBl. 1970, 417) dann nicht erforderlich, wenn der Verlauf der Straße festliegt und eine Änderung der Linienführung nicht in Frage steht. Gesetzliche Gründe dafür, die an einem nicht beplanten, im Zusammenhang bebauten Ortsteil entlang verlaufende Straße deswegen nicht zu diesem Ortsteil zu rechnen, weil jenseits der Straße ein Bebauungsplan vorliegt, sind nicht ersichtlich.
Daß die Straße weder insgesamt noch in einem Abschnitt bei dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes als Erschließungsanlage fertiggestellt war, hat das Berufungsgericht entschieden. Nach BVerwG IV C 120.68 (ZMR 1970, 93) kann diese Entscheidung im Revisionsverfahren nicht überprüft werden, da ihr das seinerzeit geltende Landesrecht zugrunde liegt. Zwar können nach BVerwG IV C 82.67 (DVBl. 1969, 271) Kosten auch nicht für Änderungen von Teileinrichtungen verlangt werden, die seinerzeit einmal als endgültig hergestellt angesehen worden sind. Das Berufungsgericht hat jedoch richtig erkannt, daß dies nur für Teileinrichtungen gelten kann, die für die Straße in ihrer ganzen Länge hergestellt worden sind. Als Straße kann dabei freilich auch ein Straßenabschnitt angesehen werden, wenn er nach den natürlichen Gegebenheiten als eine eigene Straße angesehen werden muß, die örtlichen Umstände mithin zu getrennten Abrechnungen dieses Straßenabschnittes zwingen. Anhaltspunkte hierfür sind im vorliegenden Falle nicht gegeben und liegen sicher nicht darin, daß die Straße bis zu einer bestimmten Stelle früher bebaut worden ist als in ihrem weiteren Verlauf. Ohne Rechtsverletzung hat das Berufungsgericht auch festgestellt, daß die Straße durch die nunmehr erfolgten Bauarbeiten endgültig hergestellt ist. Auch nach der Ansicht des erkennenden Senates kann die Tatsache, daß an bestimmten Stellen entgegen dem normalen Ausbauprogramm auf die Anlegung eines Bürgersteiges verzichtet worden ist, der endgültigen Herstellung nicht im Wege stehen, weil nach den Gründen des angefochtenen Urteils sachgerechte Erwägungen dazu geführt haben, an zwei Stellen von der Einrichtung eines Bürgersteiges abzusehen.
Nicht zu beanstanden ist es auch, wenn die Beklagte in dem nicht beplanten westlich der Straße liegenden Gebiet bei Verteilung des Erschließungsaufwandes nicht die zulässige Flächennutzung, sondern die tatsächliche Nutzung zugrunde gelegt hat. Freilich geht das Bundesbaugesetz im allgemeinen davon aus, im Sinne einer gerechten Verteilung des Aufwandes sei die zulässige Flächennutzung zugrunde zu legen. Ausgesprochen ist dieser Grundsatz jedoch nur in § 131 Abs. 3 BBauG für Gebiete, die nach dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes erschlossen werden. Schon daraus mag entnommen werden, daß der Gesetzgeber die Schwierigkeiten erkannt hat, die in bereits erschlossenen Gebieten der Einhaltung dieses Grundsatzes entgegenstehen können. Das gilt insbesondere in nicht beplanten Gebieten, die bereits im Zusammenhang bebaut worden sind und für die die Aufstellung eines Bebauungsplanes nicht erforderlich ist. Dort kann nach § 34 BBauG ein neues Bauvorhaben dann durchgeführt werden, wenn es nach der vorhandenen Bebauung und Erschließung unbedenklich ist. In solchen Gebieten kann es außerordentlich schwierig, wenn nicht gar unmöglich sein, die zulässige Bebauung einer Beitragserhebung zugrunde zu legen. Sind die Grundstücke nämlich in einem solchen Gebiet verschieden baulich genutzt, so müßte unter Berücksichtigung der jeweiligen Umgebung des Grundstückes für jedes einzelne Grundstück festgelegt werden, wieweit es gegenüber der tatsächlich bestehenden baulichen Nutzung weiterhin baulich genutzt werden könnte. Eine solche Arbeitsleistung kann, wenn sie überhaupt möglich ist, der Gemeinde dann nicht zugemutet werden, wenn es sich um ein statisches Gebiet im Sinne des Berufungsgerichts handelt, ein Gebiet also, in dem Bauabsichten gar nicht oder nur ganz vereinzelt auftreten. Das mag auch der Grund dafür gewesen sein, warum der Gesetzgeber nur für neuerschlossene Gebiete vorgeschrieben hat, die Verschiedenheit der zulässigen Nutzung nach Art und Maß zu berücksichtigen. § 131 Abs. 2 Nr. 1 BBauG nennt jedenfalls als Verteilungsmaßstab lediglich Art und Maß der baulichen und sonstigen Nutzung, ohne auf die tatsächliche oder zulässige Nutzung abzustellen. Der Beklagten war es somit nicht verwehrt, in nicht beplanten bebauten Gebieten auf die vorhandene Nutzung abzustellen und lediglich bei noch unbebauten Grundstücken als zulässige Nutzung die überwiegende Zahl der auf den übrigen erschlossenen Grundstücken vorhandenen Vollgeschosse zugrunde zu legen und entsprechend ihrer Ortssatzung zu berücksichtigen. Auch die Tatsache, daß das Gebiet östlich der Straße beplant ist und daß dort bei der Verteilung die im Bebauungsplan vorgesehene zulässige Nutzung zugrunde gelegt worden ist, zwingt nicht dazu, im gegenüberliegenden unbeplanten Gebiet unter völlig anderen Voraussetzungen entsprechend zu verfahren. Das Berufungsgericht hat richtig erkannt, daß die Zugrundelegung der tatsächlichen Nutzung in manchem Falle zu ungerechten Ergebnissen führen mag. Es hat aber auch richtig darauf hingewiesen, daß im umgekehrten Falle ebenfalls ungerechte Entscheidungen getroffen werden müßten, wenn der Eigentümer unter Berücksichtigung von Art und Stil des bisherigen Ausbaues seines Grundstückes gar nicht daran denken würde, die vielleicht zulässige weitere Ausnutzung seines Grundstückes durch bauliche Veränderungen zu erreichen.
Es ist auch nicht zu beanstanden, wenn die Ortssatzung, die für die Verteilung des Erschließungsaufwandes die in § 131 Abs. 2 BBauG vorgesehenen Maßstäbe der Nutzung und der Grundstücksfläche kombiniert, die Fläche nur bis zu einer Tiefe von 50 m von der Erschließungsanlage an zugrunde legt. Der erkennende Senat hat bereits in seinen Entscheidungen über die Eckvergünstigungen von Grundstücken ausgesprochen, daß die in § 131 BBauG vorgesehenen Verteilungsmaßstäbe nicht in ihrem vollen Umfange zugrunde gelegt werden müssen, sondern auch in einem eingeschränkten Umfange angewendet werden können. So ist in der Sache BVerwG IV C 98.69 (Urteil vom 4. September 1970) entschieden worden, daß die gesetzlichen Verteilungsmaßstäbe durchaus in der Form abgewandelt werden können, daß der sich nach dem von der Ortssatzung gewählten Verteilungsmaßstab ergebende Verteilerwert für Eckgrundstücke ermäßigt wird, wenn auch dies in der Ortssatzung allgemein festgelegt ist. In gleicher Weise kann auch der Verteilungsmaßstab der Grundstücksfläche eingeschränkt werden, wenn dies allgemein und unter Berücksichtigung sachlicher Erwägungen geschieht. Eine Tiefenbeschränkung auf 50 m der Grundstücksfläche liegt durchaus im Ermessen des Ortsgesetzgebers, wenn man bedenkt, daß eine bauliche Nutzung über diese Tiefe hinaus in aller Regel nur unter besonderen Umständen zweckmäßig und möglich ist. Der Senat hatte auch keine Bedenken dagegen, daß diese Tiefenbeschränkung nur für das westlich der Straße gelegene nicht beplante Gebiet gilt, während östlich der Straße die im Bebauungsplan vorgesehene Nutzungsfläche zugrunde gelegt wird. Die im Planungsverfahren erfolgte Prüfung der Nutzungsmöglichkeit rechtfertigt diesen Unterschied gegenüber dem nicht beplanten Gebiet, ohne daß sich hieraus eine Verletzung des Gleichheitssatzes ergeben würde.
In die Verteilungsberechnungen müssen auch, wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, das Sportplatz- und Schwimmbadgelände einbezogen werden, weil auch sie erschlossen ins Sinne von § 131 Abs. 1 BBauG sind. Der erkennende Senat hat zwar in der Sache BVerwG IV C 14.68 (BVerwGE 32, 226) ein Landschaftsschutzgebiet nicht als erschlossen im Sinne des Gesetzes angesehen. Er weicht insoweit vom angefochtenen Urteil ab, das rechtliche Hinderungen einer Bebauung nicht als dauerhafte Verhinderungen ansieht, die einer Erschließung entgegenstehen könnten. Indessen sind die verkehrsmäßigen Beziehungen eines Sportplatzes oder Schwimmbades zur anliegenden Straße weit stärkere als die eines Landschaftsschutzgebietes. Auch einer baulichen Nutzung stehen sie viel näher als dieses. Es mag hier dahinstehen, ob Sportplatz und Schwimmbad beitragspflichtig sind, wie der Senat in der Sache BVerwG IV C 10.70 (Urteil vom 3. Juni 1971) für den Friedhof entschieden hat. Als erschlossen müssen sie jedenfalls angesehen werden. Bei der Errechnung ihres Verteilerwertes ist das Berufungsgericht ohne Rechtsverletzung davon ausgegangen, daß eine eingeschossige Bebauung zugrunde zu legen ist, wie sie auf den übrigen Grundstücken überwiegend vorhanden ist. Nicht zu folgen ist aber der Rechtsansicht des Berufungsgerichts über die Ermäßigung für Eckgrundstücke (Grundstücke an mehreren Erschließungsanlagen). Wenn nach der vom Berufungsgericht insoweit gebilligten Ortssatzung Grundstücke an zwei Straßen für jede Straße nur mit der Hälfte des sich errechnenden Verteilerwertes, bei mehr Straßen nur mit einem Drittel oder einem Viertel usw. in die Beitragsberechnung einbezogen werden, so besteht die Möglichkeit, daß das Eckgrundstück insgesamt für alle anliegenden Straßen einen niedrigeren Beitrag zu leisten hat als ein anderes Grundstück an einer dieser Straßen. Das ist dann der Fall, wenn die Straßen nicht gleichwertig ausgebaut werden. Der Eigentümer eines Mittelgrundstückes an der kostspieligsten Straße wird dann höher veranlagt werden als der Eigentümer eines Eckgrundstückes. Das Berufungsgericht glaubt, das in Kauf nehmen zu können, weil die Belästigung, der ein Eckgrundstück ausgesetzt ist, unter Umständen auf Kosten der übrigen Anlieger auch eine solche Besserstellung des Eckgrundstückes bei der Beitragszahlung rechtfertige. Das widerspricht der Entscheidung des erkennenden Senates in der Sache BVerwG IV C 98.69. Danach darf die Ermäßigung für die Eckgrundstücke bestimmte Grenzen nicht überschreiten. Eine dieser Grenzen ist dadurch gegeben, daß der Eigentümer des Eckgrundstückes bei Berücksichtigung der zur Zeit voraussehbaren Ausbaugestaltung aller anliegenden Straßen nach der gegenwärtigen Kostenlage nicht bessergestellt werden darf als der Eigentümer eines Mittelgrundstückes an der kostspieligsten Straße. Ortssatzungen, die wie im vorliegenden Falle eine solche Besserstellung nicht ausschließen, sind nicht nichtig. Indessen gehen die überhöhten Ermäßigungen für Eckgrundstücke nicht zu Lasten der übrigen Anlieger, sondern zu Lasten der Gemeinde. Im vorliegenden Falle sind derartige überhöhte Ermäßigungen zwar nicht schlüssig dargetan worden, nach dem Lageplan aber nicht auszuschließen. Die Notwendigkeit einer Überprüfung in dieser Hinsicht rechtfertigt die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Rückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Ergibt sich danach eine überhöhte Ermäßigung für Eckgrundstücke, so ist der von den Eckgrundstücken zuwenig erhobene Beitrag anteilig vom Beitrag der Klägerin in Abzug zu bringen. Richtig erkannt hat das Berufungsgericht indessen, daß eine Eckermäßigung nur insoweit in Frage kommt, als hier unter Berücksichtigung der Tiefenbeschränkung überhaupt eine Angrenzung an mehrere Straßen vorliegt. Insoweit hat es die Ortssatzung ohne Rechtsverletzung sinngemäß richtig ausgelegt. Gegen die Erhöhung der sich hieraus errechnenden gesamten Beitragsfläche hat sich die Beklagte nicht gewendet.
Auch im übrigen ist das angefochtene Urteil nicht zu beanstanden. Insbesondere hat die Beklagte inzwischen den Aufwand für die Entwässerung nach den tatsächlichen Kosten in den Erschließungsaufwand einbezogen, wie es der Ortssatzung entspricht. Die Kostenverteilung des angefochtenen Urteils entspricht der ständigen Rechtsprechung, wonach die Kosten anteilig nach den Beträgen verteilt werden, mit denen die Parteien obgesiegt haben oder unterlegen sind. Die Klägerin hätte eine andere Kostenverteilung nur dann erreichen können, wenn sie von vornherein einen bestimmten Beitrag anerkannt hätte.
Bei seiner erneuten Entscheidung wird das Berufungsgericht auch über die Kosten des Revisionsverfahrens entscheiden.
Streitwertbeschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 3.130 DM festgesetzt.
Clauß zugleich für den wegen Urlaubs an der Unterschrift verhinderten Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Prof. Külz und für Bundesrichter Dr. Weyreuther
Prof. Dr. Sendler