Suche

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach den neuesten Urteilen in unserer Datenbank zu suchen!

Bundesverfassungsgericht
Beschl. v. 23.07.2020, Az.: 2 BvR 1233/20
Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung bei hinreichender Begründung gegen die Fortdauer der Untersuchungshaft
Gericht: BVerfG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 23.07.2020
Referenz: JurionRS 2020, 29811
Aktenzeichen: 2 BvR 1233/20
ECLI: ECLI:DE:BVerfG:2020:rk20200723.2bvr123320

Verfahrensgang:

vorgehend:

OLG Sachsen-Anhalt - 16.06.2020 - AZ: 1 Ws (s) 179/20

LG Magdeburg - 03.06.2020 - AZ: 21 Ks 4/19

LG Magdeburg - 30.04.2020 - AZ: 21 Ks 4/19

BVerfG, 23.07.2020 - 2 BvR 1233/20

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

[Gründe]

1

Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG sind nicht erfüllt. Zwar erscheint die Dauer der Untersuchungshaft von bereits rund siebeneinhalb Jahren bedenklich. Ihre verfassungsrechtliche Rechtfertigung ist jedoch im Einzelfall nicht von vornherein ausgeschlossen. Die nur äußerst knappe Begründung der Verfassungsbeschwerde erlaubt keine verantwortbare verfassungsrechtliche Überprüfung der angefochtenen Entscheidungen (vgl. BVerfGE 105, 252 <264>; 130, 1 <21>; BVerfGK 14, 402 <417>; 19, 362 <363>). Die Verfassungsbeschwerde ist daher unzulässig (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG).

2

Soweit die Verfassungsbeschwerde einen Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot in Untersuchungshaftsachen geltend macht, stellt sie den Verfahrensgang und die prozessuale Lage, die den einzelnen Hauptverhandlungstagen zugrunde gelegen hat, nicht einmal kursorisch nachvollziehbar dar. Die bloße Bezugnahme auf die durchschnittliche Dauer der einzelnen Verhandlungstage ist nicht aussagekräftig, da ohne eine zusätzliche Schilderung des Ablaufs der jeweiligen Verhandlungstage nicht geprüft werden kann, ob die Ursache für eine frühzeitige Beendigung eines Verhandlungstags im Verantwortungsbereich der Justiz oder des Beschwerdeführers wurzelt (vgl. BVerfGK 12, 166 <167>). Auch eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung durch die Revisionsverfahren ist nicht erkennbar. Dass den Landgerichten eklatante Gesetzesverletzungen, etwa bei schwerwiegenden, offensichtlich der Justiz anzulastenden Verfahrensfehlern (vgl. BVerfGK 2, 239 <251>; 7, 21 <35 ff.>), unterlaufen oder die Revisionsverfahren ihrerseits nicht hinreichend beschleunigt bearbeitet worden wären, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

3

Auch soweit der Beschwerdeführer durch die Auflistung von Unterschieden zur Strafhaft anspricht, dass die ganz überwiegende oder gar vollständige Verbüßung einer verhängten Freiheitsstrafe durch Anrechnung der Untersuchungshaft in ein Spannungsverhältnis zum Resozialisierungszweck der Strafhaft tritt (vgl. BVerfGK 7, 140 <161 f.>), versäumt er es, sich mit den angegriffenen Entscheidungen inhaltlich auseinanderzusetzen (vgl. BVerfGE 130, 1 [BVerfG 07.12.2011 - 2 BvR 2500/09; 2 BvR 1857/10] <21>). Auf die Gründe des Nichtabhilfebeschlusses des Landgerichts vom 3. Juni 2020 und der Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts vom 16. Juni 2020 geht die Verfassungsbeschwerde nicht substantiiert ein. Sie setzt sich insbesondere nicht mit der ausführlichen Begründung der Gerichte auseinander, dass eine Fluchtgefahr fortbestehe, zumal die Feststellungen zum Tatgeschehen in Rechtskraft erwachsen seien, eine Reststrafenaussetzung zur Bewährung nach § 57 Abs. 1 StGB nicht in Betracht komme und dementsprechend noch mit der Vollstreckung einer Restfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten zu rechnen sei.

4

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

5

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Hinweis: Das Dokument wurde redaktionell aufgearbeitet und unterliegt in dieser Form einem besonderen urheberrechtlichen Schutz. Eine Nutzung über die Vertragsbedingungen der Nutzungsvereinbarung hinaus - insbesondere eine gewerbliche Weiterverarbeitung außerhalb der Grenzen der Vertragsbedingungen - ist nicht gestattet.