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Bundesverfassungsgericht
Beschl. v. 01.07.2020, Az.: 1 BvR 1489/20
Erschöpfung des fachgerichtlichen Rechtswegs in einer Sorgerechtssache i.R.d. Grundsatzes der Subsidiarität auch im vorgelagerten verfassungsgerichtlichen Eilrechtsschutzverfahren
Gericht: BVerfG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 01.07.2020
Referenz: JurionRS 2020, 26630
Aktenzeichen: 1 BvR 1489/20
ECLI: ECLI:DE:BVerfG:2020:rk20200701.1bvr148920

Verfahrensgang:

vorgehend:

AG Coburg - 18.06.2020 - AZ: 001 F 356/20

Fundstelle:

FamRB 2021, 59-60

BVerfG, 01.07.2020 - 1 BvR 1489/20

Tenor:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

[Gründe]

1

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist unzulässig. Seine Begründung zeigt nicht in der gebotenen Weise das Vorliegen der Voraussetzungen aus § 32 Abs. 1 BVerfGG auf.

2

1. Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Auch im vorgelagerten verfassungsgerichtlichen Eilrechtsschutzverfahren gilt der Grundsatz der Subsidiarität (vgl. § 90 Abs. 2 BVerfGG). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kommt daher nur in Betracht, wenn der Antragsteller bestehende Möglichkeiten, fachgerichtlichen Eilrechtsschutz zu erlangen, ausgeschöpft hat (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Dezember 2019 - 2 BvQ 91/19 -, Rn. 2; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 11. Juni 2020 - 1 BvQ 66/20 -, Rn. 2; stRspr), sofern ihm dies nicht ausnahmsweise unzumutbar ist (vgl. § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG sowie BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 9. April 2020 - 1 BvQ 27/20 -, Rn. 3; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 11. Juni 2020 - 1 BvQ 66/20 -, Rn. 2). Ein Antragsteller hat regelmäßig vorzutragen, dass der Grundsatz der Subsidiarität dem verfassungsgerichtlichen Eilrechtsschutz nicht entgegensteht (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Erstens Senats vom 13. August 2019 - 1 BvQ 66/19 -, Rn. 3).

3

2. Diesen Anforderungen genügt der Antrag nicht.

4

Die Antragstellerin hat selbst dargelegt, dass die im fachgerichtlichen Verfahren bestehenden Rechtsschutzmöglichkeiten nicht erschöpft sind. Da der Beschluss des Familiengerichts vom 18. Juni 2020 auf der Grundlage von § 54 Abs. 1 FamFG ohne vorherige mündliche Verhandlung ergangen ist, eröffnet § 54 Abs. 2 FamFG die Möglichkeit einer erneuten gerichtlichen Entscheidung nach mündlicher Verhandlung. Eine solchen Antrag hat die Antragstellerin bei dem Familiengericht gestellt. Warum es unzumutbar sein sollte, die erneute fachgerichtliche Entscheidung vor der Inanspruchnahme verfassungsgerichtlichen Eilrechtsschutzes abzuwarten, legt die Antragstellerin nicht dar. Für ihre Behauptung, es sei zu befürchten, dass das Familiengericht nicht rechtzeitig entscheiden werde, benennt sie keinerlei Gründe. Im Übrigen wäre der fachgerichtliche Rechtsweg auch nach einer auf Grund mündlicher Verhandlung ergangenen Entscheidung (§ 54 Abs. 2 FamFG) nicht erschöpft. Da das Familiengericht nach dem eindeutigen Inhalt des Beschlusses vom 18. Juni 2020 eine vorläufige Entscheidung über einen Teil des elterlichen Sorgerechts getroffen hat, ist die Beschwerde nach § 57 Satz 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 58 FamFG statthaft (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 18. März 2019 - 1 BvQ 90/18 -, Rn. 13 m.w.N.). Die Begründung des Antrags zeigt auch insoweit nicht auf, aus welchen Gründen die Erschöpfung des fachgerichtlichen Rechtswegs unzumutbar sein soll; ebenso wenig, dass der Antragstellerin ein schwerer oder unabwendbarer Nachteil entstünde, falls sie zunächst auf den Rechtsweg verwiesen werde (§ 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG).

5

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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