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Bundesverfassungsgericht
Beschl. v. 14.05.2018, Az.: 2 BvF 1/15
Wiederholung der einstweiligen Anordnung für die Dauer von weiteren sechs Monaten bis zur Entscheidung in der Hauptsache
Gericht: BVerfG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 14.05.2018
Referenz: JurionRS 2018, 16206
Aktenzeichen: 2 BvF 1/15
ECLI: ECLI:DE:BVerfG:2018:fs20180514.2bvf000115

Fundstellen:

BVerfGE 149, 48 - 49

BGBl I 2018, 854

FuBW 2018, 529-530

FuHe 2018, 705-706

FuNds 2018, 483-484

BVerfG, 14.05.2018 - 2 BvF 1/15

Redaktioneller Leitsatz:

  1. 1.

    § 19 des Gesetzes über den registergestützten Zensus im Jahre 2011 (Zensusgesetz 2011, nachfolgend genannt: ZensG 2011) wird bis zur Entscheidung in der Hauptsache, längstens für die Dauer von sechs Monaten, außer Vollzug gesetzt.

  2. 2.

    Der Antrag, § 19 ZensG 2011 für nichtig zu erklären, ist weder von vornherein unzulässig noch offensichtlich unbegründet. Er wirft gewichtige und schwierige verfassungsrechtliche Fragen auf. Diese ergeben sich insbesondere im Zusammenhang mit den in der Hauptsache ebenfalls angegriffenen Regelungen des § 7 Abs. 1 und Abs. 2 ZensG 2011 und § 2 Abs. 2 und Abs. 3 StichprobenV, die zusammen mit anderen Vorschriften die Grundlage für die Erhebung von Daten für den Zensus 2011 bildeten und deren Verfassungswidrigkeit zwangsläufig auch zur Verfassungswidrigkeit von § 19 ZensG 2011 führte. Wäre die Datenerhebung im Rahmen des Zensus 2011 verfassungswidrig, so schlüge dies auch auf die Speicherung der ohne verfassungsmäßige Grundlage erhobenen Daten durch.

  3. 3.

    Der Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung bringt keinen erheblichen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Auskunftspersonen mit sich und stellt die Entscheidung des Gesetzgebers, diesen Eingriff auf wenige Jahre Speicherdauer zu beschränken, nicht grundsätzlich in Frage. Die Vorteile, die die Außervollzugsetzung von § 19 ZensG 2011 für die Rechtsschutzmöglichkeiten der Gemeinden mit sich bringt, haben demgegenüber ein erheblich höheres Gewicht. Die für die Außervollzugsetzung von § 19 ZensG 2011 sprechenden Gründe haben auch das besondere Gewicht, das erforderlich ist, damit das Bundesverfassungsgericht vor abschließender Klärung der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes in begrenztem Umfang in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers und seine originäre Zuständigkeit eingreifen darf. Auch unter Berücksichtigung der gemäß § 20 Abs. 2 S. 2 GG gebotenen Zurückhaltung ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung, die § 19 ZensG 2011 vorläufig außer Vollzug setzt, zur Abwehr möglicher schwerer Nachteile für die betroffenen Gemeinden dringend geboten.

In dem Verfahren
zur verfassungsrechtlichen Prüfung,
a) ob § 7 Absatz 1 und Absatz 2 des Gesetzes über den registergestützten Zensus im Jahre 2011 (Zensusgesetz 2011) vom 8. Juli 2009 (BGBl I S. 1781) sowie § 2 Absatz 2 und Absatz 3 der Verordnung über Verfahren und Umfang der Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis zum Zensusgesetz 2011 (Stichprobenverordnung Zensusgesetz 2011) vom 25. Juni 2010 (BGBl I S. 830) mit Artikel 80 Absatz 1 Satz 1, Satz 2 und Satz 4 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 1, Absatz 2 Satz 2 und Absatz 3, Artikel 19 Absatz 4 Satz 1, Artikel 103 Absatz 1, Artikel 28 Absatz 2 Satz 1, Artikel 3 Absatz 1 und Artikel 107 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig sind,
b) ob § 19 des Gesetzes über den registergestützten Zensus im Jahre 2011 (Zensusgesetz 2011) vom 8. Juli 2009 (BGBl I S. 1781) mit Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 in Verbindung mit Artikel 103 Absatz 1, Artikel 28 Absatz 2 Satz 1, Artikel 3 Absatz 1 und Artikel 107 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig ist
Antragsteller: Senat von Berlin (Senatskanzlei),
vertreten durch den Regierenden Bürgermeister,
Jüdenstraße 1, 10178 Berlin,
- Bevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Reiner Geulen und Prof. Dr. Remo Klinger, Schaperstaße 15, 10719 Berlin -
hier: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
hat das Bundesverfassungsgericht - Zweiter Senat -
unter Mitwirkung der Richterinnen und Richter
Präsident Voßkuhle,
Huber,
Hermanns,
Müller,
Kessal-Wulf,
König,
Maidowski
am 14. Mai 2018 beschlossen:

Tenor:

Die einstweilige Anordnung vom 26. August 2015 wird für die Dauer von weiteren sechs Monaten, längstens jedoch bis zur Entscheidung in der Hauptsache, wiederholt (§ 32 Abs. 6 Satz 2 BVerfGG).

Gründe

I.

1

Das Bundesverfassungsgericht hat durch einstweilige Anordnung vom 26. August 2015 § 19 des Gesetzes über den registergestützten Zensus im Jahre 2011 (Zensusgesetz 2011) vom 8. Juli 2009 (BGBl I S. 1781) bis zur Entscheidung in der Hauptsache, längstens für die Dauer von sechs Monaten, außer Vollzug gesetzt. Mit Beschlüssen vom 15. Februar 2016, 20. Juli 2016, 22. Dezember 2016, 13. Juni 2017 und 1. Dezember 2017 wurde diese einstweilige Anordnung jeweils für die Dauer von weiteren sechs Monaten, längstens jedoch bis zur Entscheidung in der Hauptsache, wiederholt (§ 32 Abs. 6 Satz 2 BVerfGG).

II.

2

Das Bundesverfassungsgericht kann eine einstweilige Anordnung dann wiederholen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für den erstmaligen Erlass einer solchen Anordnung noch gegeben sind (vgl. BVerfGE 21, 50 <50>; 89, 113 <115 f.>; 97, 102 <102>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 9. Juni 2004 - 2 BvQ 70/03 -, juris, Rn. 3; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 11. November 2013 - 2 BvR 547/13 -, juris, Rn. 6). Dies ist der Fall; zur Begründung wird auf den Beschluss vom 26. August 2015 verwiesen.

3

Die mit Beschluss vom 1. Dezember 2017 wiederholte einstweilige Anordnung vom 26. August 2015 tritt mit Ablauf des 1. Juni 2018 außer Kraft (§ 32 Abs. 6 Satz 1 BVerfGG). Da mit der Verkündung der Entscheidung in der Hauptsache bis zu diesem Zeitpunkt nicht zu rechnen ist und die gesetzlichen Voraussetzungen für den erstmaligen Erlass einer einstweiligen Anordnung vor der abschließenden Klärung der Rechtslage durch die anstehende Entscheidung unverändert gegeben sind, ist eine weitere Wiederholung der einstweiligen Anordnung vom 26. August 2015 (§ 32 Abs. 6 Satz 2 BVerfGG) spätestens zum 1. Juni 2018 angezeigt. Insoweit wird ebenfalls auf den Beschluss vom 26. August 2015 Bezug genommen.

Voßkuhle

Huber

Hermanns

Müller

Kessal-Wulf

König

Maidowski

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