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Bundesverfassungsgericht
Beschl. v. 15.04.2005, Az.: 2 BvR 487/05

Anforderungen an die wegen der fehlenden Annahme eines Beweisverwertungsverbotes gewonnenen Erkenntnisse i.R.e. Wohnungsdurchsuchung erhobenenen Verfassungsbeschwerde

Bibliographie

Gericht
BVerfG
Datum
15.04.2005
Aktenzeichen
2 BvR 487/05
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2005, 36903
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG München - 04.08.2004 - AZ: 1 KLs 34 Js 40396/03
BGH - 13.01.2005 - AZ: 1 StR 531/04

Verfahrensgegenstand

a) den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 13. Januar 2005 - 1 StR 531/2004 -,

b) das Urteil des Landgerichts München II vom 4. August 2004 - 1 KLs 34 Js 40396/03 - und
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung

In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde
des Herrn E ..., ...
hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts
durch
denVizepräsidenten Hassemer,
die Richterin Osterloh und
den Richter Mellinghoff
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG
in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl. I S. 1473)
am 15. April 2005
einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie den Begründungsanforderungen der §§ 23 Abs. 1 Satz 2, 92 BVerfGG nicht entspricht.

2

1.

Der Beschwerdeführer rügt, die Entscheidungen verletzten seine Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte, weil sie kein Beweisverwertungsverbot für die bei der Durchsuchung seiner Wohnung und der Wohnung seiner Eltern gewonnenen Erkenntnisse angenommen hätten. Die Annahme eines Verwertungsverbots sei geboten gewesen, denn die Durchsuchung verstoße im Hinblick auf die zwischen Planung und Anordnung der Maßnahme liegende Zeitspanne sowie wegen des nur mündlich ergangenen, auf einer unzulänglichen Tatsachengrundlage beruhenden und nicht von dem Ermittlungsrichter dokumentierten Durchsuchungsbeschlusses gegen die in der Entscheidung BVerfGE 103, 142 ff. aufgestellten Grundsätze.

3

Ob die konkrete Anordnung der Durchsuchung tatsächlich den Garantiegehalt des Art. 13 Abs. 1, Abs. 2 GG verkannt hat, kann dahinstehen, denn die Rüge ist nicht in zulässiger Weise erhoben. Der Beschwerdeführer trägt keine Argumente vor, weshalb aus dem von ihm bemängelten Handeln der Strafverfolgungsbehörden verfassungsrechtlich zwingend ein Beweisverwertungsverbot zu folgen hätte (Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 9. März 2000 - 2 BvR 1087/91 -, zit. nach [...], und vom 14. Dezember 2004 - 2 BvR 1249/04 -, NJW 2005, S. 656 <657>). Aus der bloßen Unzulässigkeit oder Rechtswidrigkeit einer Ermittlungsmaßnahme ergibt sich bereits einfachrechtlich nicht ohne weiteres ein Beweisverwertungsverbot (vgl. BGHSt 38, 214 <219>). Um dem Sustantiierungserfordernis im Verfassungsbeschwerdeverfahren zu genügen, hätte der Beschwerdeführer Argumente für das Bestehen eines Verwertungsverbotes vortragen und aufzeigen müssen, inwiefern die Ablehnung eines solchen Verbots verfassungsrechtlich verbürgte Rechte des Beschwerdeführers verletzen könnte (vgl. Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 1. März 2000 - 2 BvR 2017/94 u.a. -, StV 2000, S. 233 <234> und vom 27. April 2000 - 2 BvR 1990/96 -, StV 2000, S. 467 <468>). Dazu wird es in der Regel erforderlich sein, sich näher mit dem Argumentationsgang der angegriffenen Entscheidung auseinanderzusetzen (vgl. Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 27. April 2000 - 2 BvR 1990/96 -, in: StV 2000, S. 467 f.; und vom 14. Dezember 2004 - 2 BvR 1249/04 -, NJW 2005, S. 656 <657>). Dieses Erfordernis gewinnt umso mehr an Bedeutung, als es noch keine verfassungsrechtlichen Maßstäbe für die Beantwortung der Frage gibt, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Beweisverwertungsverbot im Strafverfahren in Betracht kommt (vgl. BVerfGE 44, 353 <370 ff.>; 56, 37 <50 ff.>; 80, 367 <373 ff.>).

4

Zwar erwähnt der Beschwerdeführer die Entscheidung BVerf- GE 103, 142 ff. Aus ihr lässt sich aber ohne weitere Argumentation nichts für die Annahme eines Beweisverwertungsverbots bei Verfahrensfehlern im Zusammenhang mit dem Erlass eines richterlichen Durchsuchungsbeschlusses gewinnen.

5

2.

Auch die Rüge, der die Durchsuchung anordnende Ermittlungsrichter sei unter Verstoß gegen das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) nicht vernommen worden, genügt nicht den Begründungsanforderungen der §§ 23 Abs. 1 Satz 2, 92 BVerfGG. Zum einen ist der aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitete Grundsatz des fairen Verfahrens für Angriffe gegen die Beweiswürdigung - auch im Freibeweisverfahren zu Verfahrenshandlungen - die sachnächste Vorschrift (vgl. BVerfGK 1, 145 <149>). Zum anderen lässt die Begründung jede Auseinandersetzung mit der Ablehnung des Hilfsbeweisantrags durch das Landgericht vermissen. Der Beschwerdeführer teilt zudem nicht mit, welches andere Beweisergebnis er erreichen wollte.

6

3.

Sofern der Beschwerdeführer die Feststellung des Urteils angreift, "bei der Persönlichkeit des Angeklagten ist auszuschließen, dass er einen Mitwisser eingeschaltet hat", und behauptet, dabei handele es sich um rein spekulative Überlegungen hypothetischer Natur, setzt er seine Wertung an die Stelle der Überzeugung des Gerichts. Er verkennt dabei, dass die Aufhebung einer fachgerichtlichen Entscheidung nicht bereits deshalb in Betracht kommt, weil bei der Beweiswürdigung eine andere Schlussfolgerung des Fachgerichts möglich gewesen wäre (BVerfGE 18, 85 <92>; stRspr); Voraussetzung ist vielmehr, dass sich das Tatgericht so weit von seiner Verpflichtung entfernt hat, in Wahrung der Unschuldsvermutung bei jedem Beschuldigten auch die Gründe, die gegen die mögliche Täterschaft sprechen, wahrzunehmen, aufzuklären und zu erwägen, dass der rationale Charakter der Entscheidung verloren gegangen scheint und sie keine tragfähige Grundlage mehr für den Schuldspruch sein kann (vgl. BVerfGK 1, 145 <152>). Anhaltspunkte dafür zeigt das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht auf.

7

4.

Der Beschwerdeführer rügt ferner einen Verstoß gegen seine Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte durch die Verwertung seiner Aussagen vom 23. November 2003, die unter Verstoß gegen die Belehrungspflicht nach §§ 163a Abs. 4 Satz 2, 136 Abs. 1 Satz 2 StPO zustande gekommen seien. Er habe von Anfang an als Beschuldigter und nicht als Zeuge vernommen werden müssen.

8

Auch dieser Vortrag bleibt ohne verfassungsrechtliche Substanz. Selbst wenn man einen Verstoß der Strafverfolgungsbehörden gegen die Pflicht der Belehrung über seine Beschuldigtenrechte annehmen wollte, trägt der Beschwerdeführer nicht vor, weshalb die Nichtberücksichtigung eines daraus folgenden Beweisverwertungsverbots von Verfassungs wegen zu beanstanden wäre.

9

5.

Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).

10

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Hassemer
Osterloh
Mellinghoff