Bundesverfassungsgericht
Urt. v. 12.01.1983, Az.: 2 BvL 23/81
Schornsteinfeger ; Betrauung durch Vesorgungsanstalt ; Bundesverwaltung; Zulassung einer Richtervorladung; Zuweisung von Verwaltungsaufgaben; Verwaltungskompetenzen; Organisatorischer Gestaltungsbereich; Grundsatz eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung; Gerichtliche Zwischenentscheidung
Bibliographie
- Gericht
- BVerfG
- Datum
- 12.01.1983
- Aktenzeichen
- 2 BvL 23/81
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1983, 11454
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 38 Abs. 2 SchfG
- § 80 BVerfGG
- Art. 83 GG
- Art. 87 Abs. 2 GG
- Art. 100 GG
Fundstellen
- BVerfGE 63, 1 - 44
- DVBl 1983, 539-544 (Volltext mit amtl. LS)
- NVwZ 1983, 537-542 (Volltext mit amtl. LS)
Amtlicher Leitsatz
1. Die durch § 38 II vorgesehene "Betrauung" der Bayersichen Versicherungskammer mit der Geschäftsführung der Versorgungsanstalt der deutschen Bezirksschornsteinfeger ist mit Art. 87 II GG vereinbar; sie betrifft einen geschichtlich vorgegebenen und sachlich eng umgrenzten Bereich der Bundesverwaltung.
2. Das BVerfG kann bei Prüfung der Zulassung einer Richtervorladung die Beurteilung verfassungsrechtlicher Fragen, auf die das vorgelegte Gericht sein Erwägungen zur Entscheidungserheblichkeit gestützt hat, umfassend nachprüfen; im Einzelfall kann es indes zweckmäßiger sein, diese Prüfung der Entscheidung zur Begründetheit der Vorlage vorzubehalten.
3. Grundsätzlich gilt, daß der Verwaltungsträger, dem durch eine Kompetenznorm des Grundgesetzes Verwaltungsaufgaben zugewiesen sind, diese Aufgaben durch eigene Verwaltungseinrichtungen - mit eigenem personellen und sächlichen Mitteln - wahrnimmt.
4. Für das Abgehen vom "Grundsatz eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung" bedarf es eines besonderen sachlichen Grundes.
5. Das GG beläßt den zuständigen Organen des Bundes einen Spielraum für die organisatorische Ausgestaltung der in seine Zuständigkeit fallenden Verwaltungseinrichtungen; dem Bund steht insoweit ein weiterer organisatorischer Gestaltungsbereich zu. Der Spielraum findet n den Kompetenz- und Organisationsnormen der Art. 83 ff. seine Grenzen.
6. Auch für eine gerichtliche Zwischenentscheidung, durch die das Verfahren im gegebenen Rechtszug noch nicht abgeschlossen wird (hier: Pflegerbestellung zu verfahrensrechtlichen Zwecken), kann es auf die Verfassungsmäßigkeit einer gesetzlichen Bestimmung i. S. des Art. 100 I GG unerläßlich ankommen.
7. Die Inanspruchnahme von persönlichen und sächlichen Mitteln einer Landesbehörde durch den Bund, wie sie § 38 II SchornsteinfegerG vorsieht, bedarf der Zustimmung des die Behörde tragenden Landes.
8. Dem Grundgedanken einer Kompetenznorm (wie auch der finanziellen Lastenaufteilung zwischen Bund und Ländern), die für eine Materie dem Bund die Verwaltungskompetenz zuordnet, widerspräche es, würden in weitem Umfang Einrichtungen der Landesverwaltung für Zwecke der Bundesverwaltung herangezogen.