Bundessozialgericht
Beschl. v. 31.03.2025, Az.: B 5 R 159/24 B
Aufhebung eines Bescheids über die Gewährung einer großen Witwenrente aufgrund von Einkommensanrechnung; Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde
Bibliographie
- Gericht
- BSG
- Datum
- 31.03.2025
- Aktenzeichen
- B 5 R 159/24 B
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2025, 13341
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:BSG:2025:310325BB5R15924B0
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Itzehoe - 03.03.2021 - AZ: S 3 R 357/18
- LSG Schleswig-Holstein - 17.07.2024 - AZ: L 7 R 77/21
Rechtsgrundlagen
Redaktioneller Leitsatz
Aus § 106 Abs. 1 SGG folgt keine Pflicht, den sich selbst vertretenden sachkundigen Kläger auf mögliche Mängel der Beschwerdebegründung hinzuweisen.
Der 5. Senat des Bundessozialgerichts hat am 31. März 2025 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kaltenstein sowie die Richterin Prof. Dr. Körner und den Richter Dr. Uyanik
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 17. Juli 2024 wird verworfen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 28 003,91 Euro festgesetzt.
Gründe
I
Zwischen den Beteiligten ist in der Hauptsache im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens streitig die Aufhebung eines Bescheids der Beklagten über die Gewährung einer großen Witwenrente aufgrund von Einkommensanrechnung. Der Kläger macht geltend, daraus folgende Rückerstattungsansprüche seien an ihn abgetreten worden. Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Gerichtsbescheid des SG vom 3.3.2021; Urteil des LSG vom 17.7.2024).
Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Kläger Beschwerde eingelegt. Er macht eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und einen Verfahrensmangel geltend.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig und daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. § 169 SGG). Sie ist nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Form begründet.
Die vom Kläger zunächst geltend gemachte grundsätzlich Bedeutung der Rechtssache legt er nicht hinreichend dar. Grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine abstrakt-generelle Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus allgemeine Bedeutung hat und aus Gründen der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung einer Klärung durch das Revisionsgericht bedarf (Klärungsbedürftigkeit) und fähig (Klärungsfähigkeit) ist. In der Beschwerdebegründung ist daher zunächst aufzuzeigen, welche rechtliche Frage sich zu einer bestimmten revisiblen Norm iS des § 162 SGG stellt. Sodann ist anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung darzutun, weshalb deren Klärung erforderlich und im angestrebten Revisionsverfahren zu erwarten ist. Schließlich ist aufzuzeigen, dass der angestrebten Entscheidung eine über den Einzelfall hinausgehende Breitenwirkung zukommt (stRspr; zB BSG Beschluss vom 25.8.2022 - B 5 R 11/22 B - juris RdNr 12 mwN). Diese Darlegungsanforderungen sind nicht erfüllt.
Der Kläger trägt vor, es sei zu klären, "ob und in welchem Umfang Ansprüche auf Rückforderung von zu Unrecht gezahlten Sozialleistungen abtretbar sind", "welche Anforderungen an den Nachweis einer Bevollmächtigung zu stellen sind, insbesondere in Fällen, in denen die Prozessführung durch einen Vergleich nachträglich legitimiert wird" sowie "ob der Zessionar durch einen Parteiwechsel oder eine Klageänderung in das Verfahren eintreten kann, auch wenn die übrigen Beteiligten einer solchen Änderung widersprechen". Damit formuliert er schon keine aus sich heraus verständlichen abstrakten Rechtsfragen zur Auslegung, zur Anwendbarkeit oder zur Vereinbarkeit revisibler (Bundes-)Normen mit höherrangigem Recht, an der das Beschwerdegericht die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen könnte (vgl speziell zu dieser Anforderung zB BSG Beschluss vom 22.4.2020 - B 5 R 266/19 B - juris RdNr 5 mwN).
Auch hat der Kläger zur (abstrakten) Klärungsbedürftigkeit nicht ausreichend vorgetragen. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn die Antwort nicht außer Zweifel steht, sich zB nicht unmittelbar und ohne Weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt oder nicht bereits höchstrichterlich entschieden ist. In der Beschwerdebegründung muss deshalb unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG und des BVerfG zu dem Problemkreis substantiiert vorgebracht werden, dass zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung getroffen wurde oder durch schon vorliegende Urteile und Beschlüsse die nunmehr maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet wurde (vgl stRspr; zB BSG Beschluss vom 7.1.2025 - B 5 R 145/24 B - juris RdNr 7 mwN). In der Beschwerdebegründung finden sich jedoch keinerlei Ausführungen zu bereits ergangener höchstrichterlicher Rechtsprechung.
Mit seinem Vorbringen, das LSG habe es unterlassen, den Sachverhalt vollständig aufzuklären, hat der Kläger auch keinen Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) aufgrund eines Verstoßes gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) hinreichend bezeichnet. Aus der Beschwerdebegründung geht schon nicht hervor, ob und mit welchem Inhalt der Kläger vor dem LSG einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag gestellt und in der mündlichen Verhandlung am 17.7.2024 aufrechterhalten hat. Die Bezeichnung eines solchen Beweisantrags gehört jedoch zu den grundlegenden Anforderungen an eine Rüge der Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 3.5.2023 - B 5 R 52/23 B - juris RdNr 7).
Mit seinen weiteren Ausführungen, er habe aus eigenem (abgetretenen) Recht eine Forderung gegen die Beklagte in dem zugrunde liegenden Rechtsstreit geltend machen dürfen, wendet sich der Kläger gegen eine vermeintlich fehlerhafte Entscheidung des Berufungsgerichts. Auf eine inhaltliche Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung kann eine Nichtzulassungsbeschwerde von vornherein nicht gestützt werden (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 19.1.2022 - B 5 R 199/21 B - juris RdNr 15 mwN).
Der schriftsätzlich formulierten Bitte um einen richterlichen Hinweis, sofern weitere Ausführungen für erforderlich gehalten werden, war nicht zu entsprechen. Aus § 106 Abs 1 SGG folgt keine Pflicht, den sich selbst vertretenden sachkundigen Kläger (§ 73 Abs 4 Satz 5 SGG) auf mögliche Mängel der Beschwerdebegründung hinzuweisen (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 15.4.2024 - B 5 R 132/23 B - juris RdNr 11 mwN).
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG i.V.m. § 154 Abs 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG i.V.m. § 47 Abs 1 Satz 1 und Abs 3, § 52 Abs 3 Satz 1, § 63 Abs 2 Satz 1 GKG.