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Bundessozialgericht
Beschl. v. 27.09.2024, Az.: B 9 V 7/24 B

Bezeichnung des Verfahrensmangels i.R.e. Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision; Gewährung einer Beschädigtengrundrente

Bibliographie

Gericht
BSG
Datum
27.09.2024
Aktenzeichen
B 9 V 7/24 B
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2024, 23938
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:BSG:2024:270924BB9V724B0

Verfahrensgang

vorgehend
SG Saarland - 06.03.2020 - AZ: S 18 VE 618/12
LSG Saarland - 20.03.2024 - AZ: L 5 VE 1/20

Der 9. Senat des Bundessozialgerichts hat am 27. September 2024 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kaltenstein sowie die Richter Othmer und Dr. Röhl
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 20. März 2024 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

I

1

Die Beteiligten streiten in der Hauptsache über die Gewährung einer Beschädigtengrundrente nach dem Opferentschädigungsgesetz.

2

Mit Urteil vom 20.3.2024 hat das LSG einen Anspruch des Klägers auf Entschädigungsleistungen verneint. Nach dem Beweisergebnis könne keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für den Zusammenhang zwischen den in Betracht kommenden längerfristigen Schädigungsfolgen und dem Angriff als wesentliche Ursache festgestellt werden. Auf psychischem Gebiet lägen keine Schädigungsfolgen vor. Eine Posttraumatische Belastungsstörung sei nicht nachgewiesen.

3

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde zum BSG eingelegt. Das LSG habe seine Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) verletzt, weil es kein weiteres Gutachten eingeholt habe.

II

4

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung verfehlt die gesetzlichen Anforderungen, weil sie den allein behaupteten Verfahrensmangel nicht ordnungsgemäß bezeichnet hat (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).

5

1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG), müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel dabei auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

6

Wird - wie durch den Kläger - ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) gerügt, muss die Beschwerdebegründung hierzu folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren und bis zuletzt aufrechterhaltenen Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zur weiteren Sachaufklärung drängen müssen, (3) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf einer angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme von seinem Standpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (zum Ganzen BSG Beschluss vom 20.2.2019 - B 9 SB 67/18 B - juris RdNr 6 mwN).

7

Diese Darlegungsanforderungen an eine Sachaufklärungsrüge erfüllt die Beschwerde nicht. Es fehlt bereits an der erforderlichen zusammenhängenden, vollständigen, chronologisch geordneten und aus sich heraus verständlichen Darstellung der Verfahrens- und Prozessgeschichte sowie des vom LSG festgestellten Sachverhalts und damit der Tatumstände, die nach der materiellen Rechtsauffassung des LSG zu weiterer Sachaufklärung Anlass hätten geben können (vgl stRspr; zB BSG Beschluss vom 11.4.2022 - B 9 SB 59/21 B - juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 16.2.2017 - B 9 V 48/16 B - juris RdNr 10). Es ist nicht Aufgabe des BSG, sich im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens die maßgeblichen Tatsachen aus dem angegriffenen Urteil und/oder den Gerichts- und Verwaltungsakten selbst herauszusuchen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 6.8.2019 - B 9 V 14/19 B - juris RdNr 4; BSG Beschluss vom 14.2.2019 - B 9 SB 51/18 B - juris RdNr 23).

8

Die Beschwerdebegründung beschränkt sich darauf, die offenbar bereits im Berufungsverfahren geäußerte Kritik an den vom LSG durchgeführten Ermittlungen in wenigen Sätzen zu wiederholen, ohne indes zuvor den Ablauf des Verwaltungs- und des erstinstanzlichen Verfahrens oder Gegenstand und Ergebnis dieser Ermittlungen im Gesamtzusammenhang nachvollziehbar darzulegen. Jedenfalls der Hinweis auf Schriftsätze und Ausführungen aus dem Berufungsverfahren genügt dafür nicht. Auf dieser lückenhaften Tatsachengrundlage ist es dem Senat verwehrt, den von dem Kläger gerügten Verfahrensmangel eines Verstoßes gegen § 103 SGG allein anhand der Beschwerdebegründung zu beurteilen.

9

Ohnehin hat der Kläger auch keinen bis zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG zu Protokoll aufrechterhaltenen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag iS der § 160 Abs 2 Nr 3, § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 403 ZPO bezeichnet, der das LSG zu weiteren Ermittlungen hätte drängen können. Warum ein Beweisantrag in seinem Fall entgegen der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung in § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG verzichtbar sein solle, erschließt sich aus den Darlegungen des Klägers nicht. Allein der Hinweis auf den Widerspruch zwischen dem in der ersten Instanz nach § 109 SGG auf seinen Antrag und dem vom LSG von Amts wegen eingeholte Sachverständigengutachten sowie auf dessen vermeintliche Mängel genügt hierfür nicht. Denn die Würdigung voneinander abweichender Gutachtenergebnisse oder ärztlicher Auffassungen gehört wie die anderer sich widersprechender Beweisergebnisse zur Beweiswürdigung selbst. Diese ist von dem LSG als letztes Tatsachengericht durchzuführen (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) und kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG). Liegen bereits mehrere Gutachten vor, ist das Tatsachengericht nur dann zu weiteren Beweiserhebungen verpflichtet, wenn die vorhandenen Gutachten ungenügend sind (§ 118Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 412 Abs 1 ZPO), weil sie grobe Mängel oder unlösbare Widersprüche enthalten oder von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde des Gutachters geben (stRspr; zB BSG Beschluss vom 15.7.2022 - B 1 KR 9/22 B - juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 23.6.2021 - B 1 KR 56/20 B - juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 19.11.2007 - B 5a/5 R 382/06 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 8 f).

10

Solche Umstände hat der Kläger in der Beschwerdeschrift lediglich behauptet, jedoch nicht substantiiert in der Zusammenschau mit den Feststellungen des LSG und den Ausführungen des Gutachters dargelegt. Jedenfalls hätte es ihm oblegen, das LSG durch einen substantiierten und bis zuletzt aufrechterhaltenen Beweisantrag im Einzelnen auf die vermeintlichen Mängel hinzuweisen und damit zu weiteren Ermittlungen zu drängen (vgl BSG Beschluss vom 5.12.2022 - B 9 V 30/22 B - juris RdNr 13 mwN).

11

Sofern der Kläger im Übrigen mit der Würdigung der Gutachten durch das LSG nicht einverstanden ist und ihm das Ergebnis anderer Gutachten und ärztliche Stellungnahmen entgegenhält, wendet er sich gegen die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts (vgl § 128 Abs 1 Satz 1 SGG). Diese kann aber - wie oben bereits ausgeführt - gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG mit der Nichtzulassungsbeschwerde weder unmittelbar noch mittelbar angegriffen werden (stRspr; zB BSG Beschluss vom 23.11.2023 - B 9 V 8/23 B - juris RdNr 9 mwN).

12

Dass der Kläger die Entscheidung des LSG inhaltlich für unrichtig hält, ist für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unerheblich und kann als solches nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl stRspr; zB BSG Beschluss vom 28.10.2020 - B 10 EG 1/20 BH - juris RdNr 11).

13

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).

14

2. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 Satz 2 und 3 SGG).

15

3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Kaltenstein
Othmer
Röhl