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Bundessozialgericht
Urt. v. 16.12.2015, Az.: B 6 KA 10/15 R
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Urteil
Datum: 16.12.2015
Referenz: JurionRS 2015, 39136
Aktenzeichen: B 6 KA 10/15 R
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Rheinland-Pfalz - 18.12.2014 - AZ: L 7 KA 22/13

SG Mainz - 10.04.2013 - AZ: S 14 KA 39/11

BSG, 16.12.2015 - B 6 KA 10/15 R

in dem Rechtsstreit

Az: B 6 KA 10/15 R

L 7 KA 22/13 (LSG Rheinland-Pfalz)

S 14 KA 39/11 (SG Mainz)

...............................................,

Kläger und Revisionskläger,

Prozessbevollmächtigte: .........................................,

gegen

Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz - Hauptverwaltung,

Isaac-Fulda-Allee 14, 55124 Mainz,

Beklagte und Revisionsbeklagte.

Der 6. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. Dezember 2015 durch die Richterin Dr. D ü r i n g als Vorsitzende, die Richter E n g e l h a r d und R a d e m a c k e r sowie die ehrenamtlichen Richter N a c k e und W a l d h e r r

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 18. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe

I

1

Streitig sind sachlich-rechnerische Richtigstellungen der vertragsärztlichen Abrechnungen des Klägers in den Quartalen II/2009 bis IV/2009 betreffend die Kostenpauschale nach der Gebührenordnungsposition (GOP) 40100 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (EBM-Ä).

2

Der Kläger nimmt als Arzt für Laboratoriums- und Transfusionsmedizin an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Mit Bescheiden vom 20.8.2009 (Quartal II/2009), 10.12.2009 (Quartal III/2009) und 4.2.2010 sowie 16.3.2010 (Quartal IV/2009) setzte die Beklagte die Ansätze der GOP 40100 EBM-Ä in 45 715 Fällen (Quartal II/2009), 54 065 Fällen (Quartal III/2009) bzw 57 084 Fällen (Quartal IV/2009) mit der Begründung ab, diese GOP sei nur einmal im Behandlungsfall und nicht neben den GOP der Abschnitte 32.2.1 bis 32.2.7 EBM-Ä berechnungsfähig. Soweit der Kläger neben der GOP 40100 EBM-Ä hilfsweise die GOP 40120 EBM-Ä abgerechnet hatte, wurde diese von der Beklagten vergütet. Die Widersprüche des Klägers gegen die Streichung der GOP 40100 EBM-Ä wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.1.2011 zurück.

3

Mit Urteil vom 10.4.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe die Kostenpauschale zu Recht abgesetzt, sofern sie in demselben Behandlungsfall neben einer GOP der Abschnitte 32.2.1 bis 32.2.7 oder mehrmals im Behandlungsfall abgerechnet worden sei. Die Regelung sei formell rechtmäßig. Reine Kostenpauschalen könnten von den Partnern der Bundesmantelverträge auf der Grundlage der §§ 82 Abs 1, 87 Abs 1 SGB V vereinbart werden. Da sich die Bundesmantelvertragspartner im Wege der schriftlichen Beschlussfassung den Beschluss der Arbeitsgemeinschaft Ärzte/Ersatzkassen zu eigen gemacht hätten, mache der Kläger zu Unrecht geltend, ein unzuständiges Gremium habe die Änderung der Kostenpauschale beschlossen. Unschädlich sei, dass der veröffentlichte Text tatsächlich zu einem späteren Zeitpunkt von den Partnern der Bundesmantelverträge unterzeichnet worden sei. Aus der schriftlichen Beschlussfassung und dem Vorbehalt der endgültigen Unterzeichnung ergebe sich, dass die Willensbildung abgeschlossen gewesen sei und nur noch das Unterschriftsverfahren gefehlt habe.

4

Auch in materieller Hinsicht sei die Einschränkung der Berechnungsfähigkeit der Kostenpauschale nach GOP 40100 EBM-Ä im Rahmen des den Bundesmantelvertragspartnern zukommenden Gestaltungsspielraums nicht zu beanstanden. Gründe für die Einschränkung seien einerseits die Berücksichtigung der in den Vergütungen bereits enthaltenen Logistikkosten und andererseits die bundesweit zu beobachtenden Folgen der Einführung der Direktabrechnung von Laborgemeinschaften gewesen, insbesondere die Fallzahlausweitungen bei den Laborfacharztpraxen.

5

Das LSG hat mit Urteil vom 18.12.2014 die Berufung zurückgewiesen und zur Begründung auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Grund für die streitige Abrechnungsregelung der GOP 40100 EBM-Ä sei gewesen, im Rahmen der Laborreform 2008 keinen Anreiz für die vermehrte Versendung von Laborleistungen des Allgemeinlabors an fachärztliche Laborarztpraxen zu setzen. Durch die Einführung der Direktabrechnung der Laborgemeinschaften zum 1.10.2008 sei deren Betrieb unattraktiver geworden, sodass zu befürchten gewesen sei, dass sich Laborgemeinschaften auflösen und die vormals in den Laborgemeinschaften erbrachten Leistungen des Allgemeinlabors an fachärztliche Laborarztpraxen überwiesen würden. Um der sich abzeichnenden Fallzahlausweitung entgegenzuwirken und zugleich die regionalen Versorgungsstrukturen in Form der Laborgemeinschaften zu erhalten, hätten die Partner der Bundesmantelverträge die Berechnungsfähigkeit der GOP 40100 EBM-Ä eingeschränkt. Diese Gründe gälten gerade auch in den sogenannten Mischfällen, in denen innerhalb eines Behandlungsfalls neben Leistungen des Speziallabors zusätzlich Basislaborleistungen an fachärztliche Laborarztpraxen überwiesen würden. Der Einwand des Klägers, er könne es als fachärztlicher Laborarzt nicht beeinflussen, wieviele und welche Laboraufträge er erhalte, verfange demgegenüber nicht. Typischerweise hätten Laborärzte in ihrer weiteren Funktion als laborärztliche Betreiber von Laborgemeinschaften maßgeblichen Einfluss auf Bestand und Arbeitsweise der Laborgemeinschaft. Dies habe der Normgeber im Rahmen der Steuerungsfunktion, die den Abrechnungsregelungen des EBM-Ä zukomme, berücksichtigen dürfen. Verfolge die Einschränkung der Abrechnungsregelung der GOP 40100 EBM-Ä damit legitime Steuerungsziele, sei ein Verstoß gegen höherrangige Rechtsvorschriften nicht gegeben. Die Honorarrückgänge des Klägers im streitigen Zeitraum gegenüber den Vorjahresquartalszahlen ließen eine Gefährdung seiner Praxis nicht erkennen. So verzeichne der Kläger zwar im Quartal II/2009 einen Honorarrückgang um 16,5 vH gegenüber dem Quartal II/2008, im Quartal III/2009 habe der Rückgang des Honorars im Vergleich zum Quartal III/2008 jedoch nur noch 8,93 vH betragen und im Quartal IV/2009 habe der Kläger sogar eine Honorarsteigerung um 1,81 vH gegenüber dem Quartal IV/2008 zu verzeichnen gehabt.

6

Zur Begründung seiner hiergegen eingelegten Revision trägt der Kläger vor, der Bewertungsausschuss (BewA) und nicht die Partner der Bundesmantelverträge seien zur Änderung der Kostenpauschale zuständig gewesen. Hier habe der Arbeitsausschuss die GOP geändert, dem eine Entscheidungskompetenz fehle. Die Unterzeichnung durch die Partner der Bundesmantelverträge heile die fehlende Berechtigung des Arbeitsausschusses nicht. Die Neuregelung widerspreche dem Regelungsauftrag des § 87 Abs 2 Satz 2 SGB V und setze Anreize für vermeidbare Mehrfachinvestitionen. Sie stelle keine sinnvolle Maßnahme zur Leistungssteuerung dar. Ein Laborarzt sei an den Überweisungsauftrag gebunden und verpflichtet, die angeforderten Laborparameter zu untersuchen. Zur Erreichung des verfolgten Ziels sei die Neuregelung bereits ungeeignet. Der Ausschluss der Abrechenbarkeit der Transportkosten bei Mischaufträgen verhindere nicht die Erbringung und Abrechnung von Leistungen des Basislabors durch Laborärzte, gesteuert werde nur die Kombination aus Basis- und Speziallaborleistungen. In den Leistungen des Speziallabors seien keine Kosten für Versand und Transport enthalten. Der Ansatz der GOP 40120 EBM-Ä könne den Wegfall der GOP 40100 EBM-Ä nicht kompensieren. Für eine Differenzierung zwischen reinen Speziallaborleistungen und Mischaufträgen gebe es keinen sachlichen Grund. Bei allen Speziallaborleistungen, so auch bei Mischaufträgen, entstünden erheblich höhere Logistikkosten als bei Basislaborleistungen. Der Erhalt von Laborgemeinschaften werde nicht gefördert, weil es Laborärzte nicht in der Hand hätten, ob der einsendende Arzt die Basisuntersuchung an das Labor überweise oder in einer Laborgemeinschaft erbringe.

7

Der Kläger beantragt,

die Urteile des LSG Rheinland-Pfalz vom 18.12.2014 und des SG Mainz vom 10.4.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung ihrer Bescheide vom 20.8.2009, 29.10.2009 bzw 10.12.2009 und 4.2.2010 bzw 16.3.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.1.2011 zu verurteilen, die Leistung nach der GOP 40100 EBM-Ä auch in den Fällen zu vergüten, in denen in demselben Behandlungsfall Leistungen des Spezial- und des Basislabors erbracht wurden.

8

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für rechtmäßig. Die Neuregelung habe sich nicht negativ auf die Honorare des Klägers ausgewirkt, die langfristig betrachtet gestiegen seien.

II

10

Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Das LSG hat die Berufung des Klägers zu Recht zurückgewiesen. Die sachlich-rechnerische Richtigstellung hinsichtlich der Kostenpauschale der GOP 40100 EBM-Ä für die Quartale II bis IV/2009 ist nicht zu beanstanden.

11

1. Eine Beiladung des BewA oder der Partner des Bundesmantelvertrages ist nicht notwendig gewesen. Nach der Rechtsprechung des Senats besteht in Verfahren, in denen die Wirksamkeit einer für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsnorm umstritten ist, keine Notwendigkeit, die an der Normsetzung Beteiligten beizuladen (vgl zusammenfassend BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 12; zu Beiladungsfragen bei Streit um die Wirksamkeit einer Regelung des EBM-Ä s zuletzt Urteil des Senats vom 28.10.2015 - B 6 KA 42/14 R - RdNr 21, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 3 RdNr 6; Nr 25 RdNr 11; § 85 Nr 39 RdNr 28; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 13 RdNr 11; Nr 8 RdNr 13). Es liegt lediglich ein Fall einfacher Beiladung vor. Eine einfache Beiladung der Partner der Bundesmantelverträge, nicht aber des BewA als Vertragsorgan, ist, wenn eine Bestimmung des bundesrechtlichen EBM-Ä den Kern des Rechtsstreits bildet, im Regelfall sachgerecht (vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 3 RdNr 6; Nr 25 RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 39 RdNr 28; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 13).

12

2. Die Beklagte hat den Honorarbescheid des Klägers zu Recht sachlich-rechnerisch richtiggestellt, soweit in Mischfällen die Kostenpauschale der GOP 40100 EBM-Ä abgerechnet worden war.

13

a) Gemäß § 106a Abs 1 SGB V prüfen die Kassenärztlichen Vereinigungen (KÄVen) und die Krankenkassen die Rechtmäßigkeit und Plausibilität der Abrechnungen in der vertragsärztlichen Versorgung. Aufgrund von § 106a Abs 2 Satz 1 Teilsatz 1 SGB V (idF des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 [BGBl I 2190], insoweit in der Folgezeit unverändert) ist die Beklagte berechtigt und verpflichtet, die vom Vertragsarzt eingereichten Honorarforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf richtigzustellen. Die Voraussetzungen hierfür lagen vor. Die Abrechnung des Klägers war unrichtig, soweit er die GOP 40100 EBM-Ä neben Leistungen des Abschnitts 32.2.1 bis 32.2.7 EBM-Ä abgerechnet hat.

14

GOP 40100 EBM-Ä lautete in den Quartalen II bis IV/2009 wie folgt:

"Kostenpauschale für Versandmaterial, Versandgefäße usw. sowie für die Versendung bzw. den Transport von Untersuchungsmaterial, ggf. auch von infektiösem Untersuchungsmaterial, einschl. der Kosten für die Übermittlung von Untersuchungsergebnissen der

- Laboratoriumsdiagnostik, ggf. einschl. der Kosten für die Übermittlung der Gebührenordnungspositionen und der Höhe der Kosten überwiesener kurativ-ambulanter Auftragsleistungen des Abschnitts 32.3,

- Histologie,

- Zytologie,

- Zytogenetik und Molekulargenetik,

einmal im Behandlungsfall 2,60 €.

Die Kostenpauschale 40100 ist in demselben Behandlungsfall nicht neben Gebührenordnungspositionen der Abschnitte 32.2.1 bis 32.2.7 berechnungsfähig."

15

b) Der der GOP 40100 EBM-Ä zum 1.4.2009 hinzugefügte Abrechnungsausschluss ist formell rechtmäßig. Er ist von den dafür zuständigen Partnern des Bundesmantelvertrages beschlossen worden. Dass die in § 50 Ersatzkassenvertrag-Ärzte vorgesehene Arbeitsgemeinschaft Ärzte/Ersatzkassen die Anmerkung formuliert hat, ist insofern unschädlich. Wie sich aus der Veröffentlichung (DÄ 2008, PP, 542) ergibt, hat die Arbeitsgemeinschaft die Formulierung zwar vorbereitet, die Partner des Bundesmantelvertrags haben aber die Regelung in ihren Willen aufgenommen. Der Beschluss der Bundesmantelvertragspartner war gleichlautend mit dem Beschluss der Arbeitsgemeinschaft. Dass die Partner des Bundesmantelvertrags und nicht der BewA die Kostenpauschalen festgesetzt haben, ist nicht zu beanstanden (vgl BSG Urteil vom 19.8.2015 - B 6 KA 34/14 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen - RdNr 34 unter Hinweis auf BSGE 97, 170 = SozR 4-2500 § 87 Nr 13, RdNr 30). Begründet hat der Senat dies (aaO) für den Fall der Modifizierung der Bewertungen der Kostenerstattungen und Kostenpauschalen durch Regelungen der Honorarverteilung aufgrund von Vorgaben des BewA damit, dass der BewA nach § 87 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V im EBM-Ä den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges, "in Punkten ausgedrücktes" Verhältnis zueinander zu bestimmen hatte, Sachkostenpauschalen aber in Euro-Beträgen bewertet werden. Dementsprechend hat der Senat die Vertragspartner auf Bundesebene generell auch für berechtigt gehalten, ergänzende Regelungen zu einzelnen Abrechnungspositionen zu treffen (vgl BSGE 97, 170 = SozR 4-2500 § 87 Nr 13, RdNr 30 unter Hinweis auf BSG SozR 3-2500 § 72 Nr 11 S 29). Erst durch das Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 16.7.2015 (BGBl I 1211) wurde § 87 Abs 1 Satz 1 SGB V dahin ergänzt, dass durch den BewA ein EBM-Ä "einschließlich der Sachkosten" zu vereinbaren ist (vgl dazu auch BT-Drucks 18/4095 S 93 zu § 87). Damit liegt nunmehr die Zuständigkeit für die Formulierung von Kostenpauschalen allein beim BewA.

16

Die Regelung ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil zum Zeitpunkt der Publikation der Beschluss von den Partnern des Bundesmantelvertrages noch nicht unterschrieben war. Nach der Rechtsprechung des Senats ist zwar für das Zustandekommen eines öffentlich-rechtlichen Vertrages nach § 56 SGB X die Schriftform vorgeschrieben, die nach § 61 Satz 2 SGB X iVm § 126 BGB auch die Unterzeichnung des Vertragstextes erfordert. Sofern aber die Willensbildung zum Zeitpunkt der Bekanntgabe abgeschlossen ist und der publizierte Text der tatsächlich zu einem späteren Zeitpunkt unterzeichneten Vereinbarung entspricht, was hier nicht in Frage gestellt wird, steht die fehlende Unterzeichnung einer ordnungsgemäßen Bekanntgabe nicht entgegen (vgl BSG SozR 4-2500 § 84 Nr 2 RdNr 20). Es ist nicht zu beanstanden, dass in dieser Situation im Interesse der Betroffenen eine Veröffentlichung bereits vor dem formellen Abschluss der Vereinbarung erfolgte.

17

c) Der Abrechnungsausschluss umfasst auch sog Mischfälle, in denen sowohl Leistungen des Allgemein- als auch des Speziallabors erbracht wurden.

18

Für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 13 RdNr 21 unter Hinweis auf BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 4 mwN; BSGE 88, 126, 127 [BSG 16.05.2001 - B 6 KA 20/00 R] = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 146; BSG SozR 4-5540 § 44 Nr 1 RdNr 13; BSG Beschluss vom 12.12.2012 - B 6 KA 31/12 B - Juris RdNr 4; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 28 RdNr 11) in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich. Dies gründet sich zum einen darauf, dass das vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen dient und es vorrangig Aufgabe des Normgebers des EBM-Ä - also in der Regel des BewA gemäß § 87 Abs 1 SGB V - ist, Unklarheiten zu beseitigen (etwa BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 4; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 28 RdNr 11). Zum anderen folgt die primäre Bindung an den Wortlaut aus dem Gesamtkonzept des EBM-Ä als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse oder Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt (BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 28 RdNr 11). Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Leistungstatbestände ist nur dann, wenn der Wortlaut eines Leistungstatbestandes zweifelhaft ist und es einer Klarstellung bedarf. Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen ebenfalls in Betracht, kann allerdings nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben (etwa BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 4 mwN; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 4 RdNr 12; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 5 RdNr 11 und Nr 10 RdNr 10, jeweils mwN; BSG SozR 4-5540 § 44 Nr 1 RdNr 13; BSG Beschluss vom 12.12.2012 - B 6 KA 31/12 B - Juris RdNr 4; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 28 RdNr 11). Diese Grundsätze gelten auch für Kostenerstattungstatbestände, sofern sie eine Pauschalerstattung vorsehen (BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 28 RdNr 11; BSG SozR 4-5531 Nr 7120 Nr 1 RdNr 11; BSG Urteil vom 25.8.1999 - B 6 KA 57/98 R - Juris RdNr 14 = MedR 2000, 201, 202 [BSG 25.08.1999 - B 6 KA 57/98 R]; BSG SozR 3-5533 Nr 7103 Nr 1 S 6; BSGE 97, 170 = SozR 4-2500 § 87 Nr 13, RdNr 34; BSG SozR 4-5540 § 44 Nr 1 RdNr 13). Die Anmerkung zu einer Position des EBM-Ä hat denselben Rang wie die Leistungslegende (BSG Beschluss vom 11.12.2013 - B 6 KA 37/13 B - Juris RdNr 5; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 10 RdNr 16; BSG SozR 4-5531 Nr 7120 Nr 1 RdNr 13 ff) und ist daher auch wie diese auszulegen.

19

Bei der GOP 40100 EBM-Ä handelt es sich um einen pauschalen Kostenerstattungstatbestand. Sie ist nicht auf die Erstattung des konkreten Kostenaufwands angelegt, der mit der Versendung der einzelnen Laborprobe verbunden ist, sondern beinhaltet eine umfassende Kostenpauschale für den Komplex Versendung von Untersuchungsmaterial einschließlich Untersuchungsergebnisse (vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 28 RdNr 16; so bereits zu der im Wesentlichen gleichlautenden Vorgängerregelung Nr 7103 EBM-Ä aF: BSG SozR 4-5531 Nr 7120 Nr 1 RdNr 12 ff; BSG Beschluss vom 23.5.2007 - B 6 KA 91/06 B - Juris RdNr 6; BSG Urteil vom 25.8.1999 - B 6 KA 57/98 R - MedR 2000, 201; BSG SozR 3-5533 Nr 7103 Nr 1 S 6, 9). Mit ihrem Ansatz ist der gesamte Versendungsaufwand des Laborarztes im Zusammenhang mit der Versendung von Untersuchungsmaterial und Berichten abgegolten. Dem Laborarzt werden mit der GOP 40100 EBM-Ä nicht die tatsächlich entstehenden Kosten erstattet, sondern ein hiervon unabhängiger Pauschalbetrag, der sich auch dann nicht erhöht, wenn in einem Quartal mehrere Gewebeproben eines Patienten zu transportieren sind (vgl BSG SozR 4-5531 Nr 7120 Nr 1 RdNr 14; BSG SozR 3-5533 Nr 7103 Nr 1 S 9 zu Nr 7103 EBM-Ä aF). Nach den im Urteil des Senats vom 11.10.2006 zur Neuregelung der Vergütung von Laborleistungen zum 1.7.1999 beispielhaft dargestellten Abrechnungsergebnissen der dortigen Klägerin (BSGE 97, 170 = SozR 4-2500 § 87 Nr 13, RdNr 53) machten die Erstattungen für Versandmaterial und Porto etwa 10 % des vertragsärztlichen Umsatzes der Laborärzte aus. Das entspricht den Aussagen im Honorarbericht der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für das Quartal III/2012 (http://www.kbv.de/html/index.php, Aufruf 8.12.2015), wonach im Bundesdurchschnitt ein Betrag in Höhe von 1,21 Euro je Behandlungsfall auf die Kostenpauschalen des Kapitels 40 EBM-Ä entfiel. Dafür war insbesondere die GOP 40100 EBM-Ä verantwortlich. Es war dies der zweitgrößte Anteil am Honorarumsatz je Behandlungsfall nach den Leistungen des Kapitels 32 EBM-Ä, auf die im Bundesdurchschnitt 21,81 Euro entfielen (S 98 aaO).

20

aa) Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut werden vom Abrechnungsausschluss auch Mischfälle erfasst, in denen Leistungen des Basis- und des Speziallabors abgerechnet werden. Nicht berechnungsfähig ist die Kostenpauschale nach ihrem Wortlaut "neben" GOP der Abschnitte 32.2.1 bis 32.2.7 EBM-Ä. Die Abschnitte 32.2.1 bis 32.2.7 EBM-Ä enthalten die allgemeinen Laboratoriumsuntersuchungen mit Ausnahme der Laborpauschalen im Zusammenhang mit präventiven Leistungen, die sich - ab dem Quartal IV/2009 - im Abschnitt 32.2.8 EBM-Ä finden. Die Kostenpauschale ist mithin nicht abrechenbar, wenn in demselben Behandlungsfall eine Leistung des Allgemeinlabors abgerechnet wird. Der Abrechnungsausschluss gilt nicht nur für den Fall, dass ausschließlich Leistungen des Allgemeinlabors abgerechnet werden. Ein solches einschränkendes Verständnis lässt der Wortlaut nicht zu. Der Ausschluss knüpft vielmehr allein an die Abrechnung einer GOP aus den Leistungen des Allgemeinlabors an. Eine Unterscheidung zwischen Fällen, in denen ausschließlich Leistungen des Allgemeinlabors abgerechnet werden und Fällen, in denen Leistungen des Allgemeinlabors und des Speziallabors abgerechnet werden, wird nicht getroffen.

21

bb) Unabhängig davon, dass nach dem eindeutigen Wortlaut kein Raum mehr für eine entstehungsgeschichtliche Auslegung ist, würde eine solche zu keinem anderen Ergebnis führen. Nach dem übereinstimmend bekundeten Willen der Partner des Bundesmantelvertrags sollte der Abrechnungsausschluss dazu dienen, der Mengenentwicklung bei der Abrechnung der Kostenpauschale entgegenzuwirken. Es entstand nach der Einführung der Direktabrechnung ein Anreiz zu einer Leistungsverlagerung, die tatsächlich stattgefunden hat (vgl Köhler/Hess, Kölner Kommentar zum EBM, Stand: 1.1.2015 zu GOP 40100 S 4; Imbeck, Direktabrechnung durch Laborgemeinschaften, MedR 2009, 10, 11), wie auch vom Kläger zutreffend vorgetragen. Das Ziel der Einführung der Direktabrechnung durch die Laborgemeinschaft und die gleichzeitig eingeführte Begrenzung der Vergütung auf die der Laborgemeinschaft tatsächlich entstandenen Kosten bestand wesentlich darin, sog Kick-Back-Modelle zu unterbinden (vgl DÄ 2008, A-1654) und den behandelnden Ärzten trotzdem nicht vollständig die Möglichkeit zu nehmen, Laborleistungen über ihre Laborgemeinschaft zu beziehen (vgl dazu BSG SozR 4-5540 § 25 Nr 1 RdNr 26). Die Entwicklung der Laborgemeinschaften war zuvor nämlich dadurch gekennzeichnet, dass diese zunehmend von Laborärzten betreut wurden, die in den Laboren die medizinische Führung und das wirtschaftliche Risiko übernahmen (vgl BSG aaO unter Hinweis auf Halbe/Keller in Halbe/Schirmer, Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, Stand November 2015, C 1800 RdNr 10, 55; vgl auch bereits BSG SozR 3-5533 Nr 7103 Nr 1 S 6). Im Zusammenhang damit entwickelten sich offenbar nicht nur in Einzelfällen sog Kick-BackModelle, bei denen die von Laborärzten betreuten Laborgemeinschaften ihren Mitgliedern allgemeine Laboruntersuchungen zu Preisen anboten, die niedriger waren als die Vergütung, die die Untersuchung veranlassenden Mitglieder der Laborgemeinschaft gegenüber der für sie zuständigen KÄV abrechnen konnten. Im Gegenzug konnten die die Laborgemeinschaft betreuenden Laborärzte damit rechnen, dass die Mitglieder der Laborgemeinschaft Leistungen des Speziallabors, die sie nicht selbst und auch nicht über die Laborgemeinschaft erbringen und abrechnen durften, an sie überwiesen (vgl DÄ 2008, A-1654 f).

22

(1) Da mithin die durch diese Modelle geschaffene Möglichkeit der Gewinnerzielung durch den Betrieb von Laborgemeinschaften infolge der Direktabrechnung gegenüber der für den Sitz der Laborgemeinschaft zuständigen KÄV wegfiel, fand eine Verlagerung der Leistungen des Allgemeinlabors zu fachärztlichen Laboren statt. Dass hiermit eine vermehrte Abrechnung der GOP 40100 EBM-Ä, die bis zum 31.3.2009 für Laborärzte uneingeschränkt auch neben Leistungen des Allgemeinlabors ansetzbar war, einherging, liegt auf der Hand. Bei einer gleichbleibenden Menge an Laborleistungen stand dem die steuernde Wirkung von Laborbudget und Wirtschaftlichkeitsbonus nicht entgegen (vgl dazu BSGE 97, 170 = SozR 4-2500 § 87 Nr 13). Der Zielsetzung, der Mengenentwicklung bei der Abrechnung der GOP 40100 EBM-Ä entgegenzuwirken und gleichzeitig weiterhin Anreize für die Durchführung von Leistungen des Allgemeinlabors in der Vertragsarztpraxis oder der Laborgemeinschaft zu setzen, entspricht es, wenn jedwede Erbringung von Leistungen des Allgemeinlabors - isoliert oder in Kombination mit Leistungen des Speziallabors - die Abrechenbarkeit der Kostenpauschale ausschließt. Zwar hätte bereits der Ausschluss allein für Leistungen des Allgemeinlabors eine mengenbegrenzende Wirkung gehabt. Abgesehen davon, dass dies bereits in der Leistungslegende ("Auftragsleistungen des Abschnitts 32.3") angelegt ist, wäre die Steuerung der Abrechnungshäufigkeit der GOP 40100 EBM-Ä aber nicht in gleichem Maße gegeben gewesen. In diesem Fall hätte ein Anreiz bestanden, eine weitere Leistung des Speziallabors zu erbringen und auf diese Weise die Abrechnungsfähigkeit der Kostenpauschale herbeizuführen. Dies ist nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil Laborärzte ausschließlich auf Überweisung tätig werden. Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Laborärzte trotz ihrer Bindung an den Überweisungsauftrag in gewissen Grenzen den Umfang der von ihnen erbrachten Leistungen selbst (mit)bestimmen können (vgl BSG Beschluss vom 28.10.2009 - B 6 KA 15/09 B - unter Hinweis auf BSGE 97, 170 = SozR 4-2500 § 87 Nr 13, RdNr 50; zuletzt BSG Urteil vom 19.8.2015 - B 6 KA 34/14 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen - Juris RdNr 54).

23

(2) Nicht nachvollziehbar ist, dass durch den Abrechnungsausschluss eine Doppelabrechnung verhindert werden sollte. Es ist nicht ersichtlich, dass in den GOP für Leistungen des Allgemein- und Speziallabors Kosten für Versand- und Transportkosten enthalten sind. Nach Ziffer 7.1 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM-Ä sind in den GOP - soweit nichts anderes bestimmt ist - enthalten: Versand- und Transportkosten, ausgenommen jene, die bei Versendung von Arztbriefen (...) und im Zusammenhang mit Versendungen im Rahmen der Langzeit-EKG-Diagnostik, Laboratoriumsuntersuchungen, Zytologie, Histologie, Zytogenetik und Molekulargenetik, Strahlendiagnostik, Anwendung radioaktiver Substanzen sowie der Strahlentherapie entstehen. Da der Begriff der "Laboratoriumsuntersuchungen" die Leistungen des Kapitels 32 EBM-Ä umfasst, ist nach dieser Regelung in keiner GOP dieses Kapitels ein Kostenanteil für Transport und Versand enthalten. Die Existenz der Kostenpauschale, die vor der Neuregelung zum 1.4.2009 von Laborärzten auch neben Leistungen des Allgemeinlabors abgerechnet werden durfte, bestätigt diesen Befund. Ansonsten müsste davon ausgegangen werden, dass die Vertragspartner seit 1998 bewusst eine Doppelabrechnung hingenommen hätten. Soweit die Bundesmantelvertragspartner vertreten, in den GOP des Allgemeinlabors seien 8 Pfennig "Logistikkosten" einkalkuliert, ist im Übrigen bereits nicht klar, welche Kosten damit umfasst sind. Selbst wenn man aber davon ausgeht, dass damit auch die Transportkosten gemeint waren, konnte es zu einer Doppelabrechnung allenfalls hinsichtlich der Kosten für das Allgemeinlabor kommen. Da unstreitig in den GOP des Speziallabors keine Transport- und Versandkosten enthalten sind, schied insoweit eine Doppelabrechnung beim Ansatz der Kostenpauschale 40100 EBM-Ä aus. Angesichts des "Logistikkostenanteils" von 8 Pfennig und der Bewertung der GOP 40100 EBM-Ä mit 2,60 Euro geht der Abrechnungsausschluss im Übrigen deutlich über die Beseitigung einer etwaigen Doppelberechnung hinaus.

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(3) Ebensowenig verfängt der Gesichtspunkt, es hätten regionale Versorgungsstrukturen erhalten werden sollen. Laborgemeinschaften sind in aller Regel genauso überregional aufgestellt wie Laborarztpraxen. Bei der Verteilung von Laborleistungen, die regelmäßig ohne Patientenkontakt erbracht werden, geht es auch unter versorgungspolitischen Gesichtspunkten nicht um den Erhalt ortsnaher Gemeinschaften oder Praxen.

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cc) Auch eine systematische Auslegung würde nicht zu dem Ergebnis führen, dass in Mischfällen eine Abrechnung der Nr 40100 EBM-Ä möglich ist. Die Systematik der GOP des Abschnitts 40 EBM-Ä - Kostenpauschalen - gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Abrechnungsausschluss nur isoliert abgerechnete Leistungen des Allgemeinlabors betrifft.

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dd) Schließlich steht der Auffassung des Klägers der Grundsatz entgegen, wonach die Gerichte grundsätzlich nicht mit punktuellen Entscheidungen in das Gefüge des EBM-Ä eingreifen dürfen (vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 13 RdNr 35 unter Hinweis auf BSG SozR 5530 Allg Nr 1 S 4; BSGE 46, 140, 143 [BSG 26.04.1978 - 6 RKa 11/77] = SozR 5533 Nr 45 Nr 1 S 4; BSGE 58, 35, 37 f [BSG 05.02.1985 - 6 RKa 37/83] = SozR 5557 Nr 1 Nr 1 S 3 f; BSG Urteil vom 5.5.1988 - 6 RKa 13/87 - Juris RdNr 13; BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 5 S 22; BSG Beschluss vom 21.10.1992 - 6 BKa 2/92 - Juris RdNr 6; BSGE 83, 205, 208 [BSG 20.01.1999 - B 6 KA 46/97 R] = SozR 3-2500 § 85 Nr 29 S 214). Dem System autonomer Festlegung der Leistungsbewertungen entspricht die Anerkennung eines weiten Regelungsspielraums, der von den Gerichten zu respektieren ist. Ausnahmen davon kommen nach der Rechtsprechung des Senats nur in seltenen Fälle in Betracht, in denen die zur Bewertung der ärztlichen Leistungen berufenen Selbstverwaltungsorgane ihren Regelungsspielraum überschritten oder ihre Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgeübt haben (BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 13 RdNr 35 unter Hinweis auf BSG SozR 5530 Allg Nr 1 S 4; BSG SozR 3-5533 Nr 115 Nr 1 S 2 mwN; BSGE 83, 218, 220 [BSG 20.01.1999 - B 6 KA 9/98 R] = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 109 mwN; BSGE 83, 205, 208 [BSG 20.01.1999 - B 6 KA 46/97 R] = SozR 3-2500 § 85 Nr 29 S 214 f). Dies ist insbesondere der Fall, wenn sich die Selbstverwaltungsorgane bei dem ihnen aufgetragenen Interessenausgleich von sachfremden Erwägungen haben leiten lassen, indem sie etwa eine ärztliche Minderheitsgruppe bei der Honorierung willkürlich benachteiligt haben (BSG SozR 5530 Allg Nr 1 S 4; BSG SozR 3-5533 Nr 115 Nr 1 S 2; BSGE 83, 218, 220 [BSG 20.01.1999 - B 6 KA 9/98 R] = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 109 mwN). Die Gestaltungsfreiheit des Normgebers besteht grundsätzlich auch im Bereich der Kosten (vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 15 RdNr 24). Die Gerichte haben nicht darüber zu entscheiden, ob eine Regelung versorgungspolitisch uneingeschränkt sinnvoll ist (vgl BSG Urteil vom 28.10.2015 - B 6 KA 42/14 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen - Juris RdNr 38), sondern allein darüber, ob der Normgeber bei seiner Gestaltung die ihm durch das Gesetz gesetzten Grenzen eingehalten hat. Das ist hier der Fall. Der Abrechnungsausschluss der GOP 40100 EBM-Ä verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Soweit der Kläger geltend macht, es werde unter Verstoß gegen § 87 Abs 2 Satz 2 SGB V in unwirtschaftlicher Weise ein Anreiz für Mehrfachinvestitionen gesetzt, ist bereits nicht erkennbar, worin ein solcher Anreiz bestehen soll, da lediglich einer Verlagerung von bisher in Laborgemeinschaften erbrachten Leistungen in Facharztpraxen entgegengewirkt werden sollte.

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(1) Ein rechtswidriger Eingriff in die durch Art 12 Abs 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit des Klägers liegt nicht vor. Mit dem Abrechnungsausschluss in Mischfällen wird der Laborarzt nicht in unzulässiger Weise an der Durchführung von Leistungen des Allgemeinlabors gehindert, sondern nur der Kombination von Allgemein- und Speziallabor zum Zweck der Abrechnung der Kostenpauschale entgegengewirkt. Anders als bei dem vom Senat beanstandeten Überweisungsverbot für Basislaboruntersuchungen (BSGE 78, 91 [BSG 20.03.1996 - 6 RKa 21/95] = SozR 3-5540 § 25 Nr 2) hindert der Abrechnungsausschluss der GOP 40100 EBM-Ä den Laborarzt weder rechtlich noch tatsächlich, Leistungen des Allgemeinlabors zu erbringen. Diese können vielmehr weiterhin an den Laborarzt überwiesen werden und werden ihm auch weiterhin vergütet. Tatsächlich hat, wovon die Beteiligten übereinstimmend ausgehen, eine Verlagerung der Leistungen des Allgemeinlabors auf die laborärztlichen Praxen stattgefunden. Im Zusammenhang mit der ausschließlichen Erbringung von Leistungen des Allgemeinlabors reklamiert der Kläger die Kostenpauschale auch nicht.

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Der Abrechnungsausschluss führt nicht dazu, dass Leistungen der Laborärzte nicht angemessen vergütet würden. Im Hinblick auf die vorrangige Funktionszuweisung an den BewA nach § 87 SGB V, den Inhalt der abrechenbaren Leistungen und ihre Punktzahlen zu bestimmen - bzw im hier noch maßgeblichen Zeitraum - an die Partner der Bundesmantelverträge für die Bestimmung von Kostensätzen, sowie an die Vertragsparteien der Gesamtverträge, nach Maßgabe des § 85 Abs 3 SGB V aF die Gesamtvergütungen zu bemessen, kann das Niveau von Vergütungen erst dann von den Gerichten im Hinblick auf § 72 Abs 2 SGB V iVm Art 12 Abs 1 GG beanstandet werden, wenn die Funktionsfähigkeit der Versorgung mangels ausreichenden finanziellen Anreizes, vertragsärztlich tätig zu werden, gefährdet wäre (vgl BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 13 RdNr 39; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 61 RdNr 20; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 127 f, 140; BSGE 93, 258 = SozR 4-2500 § 85 Nr 12, RdNr 24 ff; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 17 RdNr 23 ff; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 26 RdNr 27; BSGE 78, 191, 199 [BSG 08.05.1996 - 6 RKa 49/95] = SozR 3-2200 § 368i Nr 1 S 10; BSGE 75, 187, 189 f [BSG 12.10.1994 - 6 RKa 5/94] = SozR 3-2500 § 72 Nr 5 S 6 f; BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 5 f mwN). Anhaltspunkte für eine solche Situation sind nicht ersichtlich. Da die Vergütung nicht für jede Leistung kostendeckend sein muss und sich die Frage der Kostendeckung auch nicht auf die bei einem einzelnen Arzt anfallenden Kosten beziehen kann, ergibt sich selbst aus einer etwaigen Kostenunterdeckung bei einzelnen Leistungen kein zwingender Grund für eine bestimmte Auslegung des Gebührentatbestandes (BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 13 RdNr 39; BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 6).

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Es bestehen auch keine Zweifel daran, dass die Regelung bei einer Gesamtabwägung (vgl BVerfGE 101, 331, 347) die Grenze des Zumutbaren nicht überschreitet und insgesamt verhältnismäßig ist. Ihre Eignung und Erforderlichkeit im Hinblick auf das angestrebte Ziel und damit letztlich die Sicherung der Wirtschaftlichkeit und Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung (vgl dazu zuletzt BSGE 115, 235 = SozR 4-2500 § 135 Nr 21, RdNr 32 mwN) ergeben sich aus den zur Entstehungsgeschichte dargelegten Erwägungen. Die Honorareinbußen durch den Abrechnungsausschluss in Mischfällen sind bereits deshalb begrenzt, weil die Pauschale der GOP 40100 EBM-Ä weiterhin abrechenbar ist bei Leistungen des Speziallabors. Die wirtschaftliche Bedeutung wird auch am Verhältnis der hier streitigen Kürzungssumme von ca 327 000 Euro zum Gesamthonorar des Klägers in den streitbefangenen Quartalen von ca 4 400 000 Euro deutlich. Nach prozentualen Verlusten in den Quartalen IV/2008 bis III/2009 im Vergleich zu den jeweiligen Vorjahresquartalen waren in der Folgezeit erneut Steigerungen beim Honorar und den abgerechneten Kosten zu verzeichnen. Die Honorareinbußen der Laborärzte wurden zudem gemindert durch die Verlagerung von Leistungen des Allgemeinlabors in die fachärztlichen Laborpraxen. Zu einem gewissen Anteil erfolgt darüber hinaus eine Kompensation des Abrechnungsausschlusses durch eine vermehrte Abrechenbarkeit der GOP 40120 EBM-Ä (so auch SG Marburg Urteil vom 18.4.2012 - S 12 KA 166/11 - Juris RdNr 32). Diese GOP, die nicht neben der GOP 40100 EBM-Ä abgerechnet werden darf, beinhaltet eine Kostenpauschale für die Versendung bzw den Transport von Briefen und/oder schriftlichen Unterlagen bis 20 g (zB im Postdienst Standardbrief) oder für die Übermittlung eines Telefax ("kleine" Portopauschale vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 28 RdNr 15). Zwar kann nach dem auch hier maßgeblichen Wortlaut nur der Transport von schriftlichen Unterlagen über diese GOP abgerechnet werden (vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 28), was nur einen Teil der von der GOP 40100 EBM-Ä abgedeckten Leistungen ausmacht. Auch ist die GOP 40120 lediglich mit 55 Cent bewertet. Die Portopauschale kann jedoch, anders als die GOP 40100 EBM-Ä, mehrfach im Behandlungsfall abgerechnet werden.

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(2) Der Abrechnungsausschluss verstößt auch nicht gegen den Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG. Dieser ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (stRspr, vgl BVerfGE 133, 377 RdNr 76; BVerfGE 131, 239, 256 [BVerfG 19.06.2012 - 2 BvR 1397/09]; BVerfGE 126, 400, 418; BVerfGE 124, 199, 219 f [BVerfG 07.07.2009 - 1 BvR 1164/07]; BVerfGE 110, 274, 291; BVerfGE 109, 96, 123 = SozR 4-5868 § 1 Nr 2 RdNr 69; BVerfGE 107, 205, 213 = SozR 4-2500 § 10 Nr 1 RdNr 31; BVerfGE 100, 195, 205 [BVerfG 02.02.1999 - 1 BvL 8/97]; BVerfGE 95, 39, 45 [BVerfG 08.10.1996 - 1 BvL 15/91]; BVerfGE 87, 1, 36 = SozR 3-5761 Allg Nr 1 S 7; BVerfGE 84, 133, 157 [BVerfG 24.04.1991 - 1 BvR 1341/90]; BVerfGE 85, 191, 210; BVerfGE 55, 72, 88). Dabei ist eine strenge Prüfung vorzunehmen, wenn verschiedene Personengruppen ungleich behandelt werden (zu den Stufen der Prüfungsintensität vgl Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 13. Aufl 2014, Art 3 RdNr 20 ff), während bei der Ungleichbehandlung von Sachverhalten eine großzügigere Prüfung geboten ist.

31

Bei der vom Kläger geltend gemachten Ungleichbehandlung handelt es sich um eine solche Ungleichbehandlung von Sachverhalten, denn der Abrechnungsausschluss knüpft nicht an Personenmerkmale an. Es werden hier keine Personen, sondern vielmehr Sachverhalte ungleich behandelt: Einerseits die Abrechnung von Leistungen ausschließlich des Speziallabors und andererseits die kumulative Abrechnung von Leistungen des Spezial- und des Allgemeinlabors. Nach dem deshalb hier anzulegenden "Willkürmaßstab" (vgl BVerfGE 118, 1, 26 f; BVerfGE 60, 329, 346; BVerfGE 55, 72, 89) ist die Ungleichbehandlung dieser Sachverhalte aus den oben genannten Gründen nicht zu beanstanden. Sachlicher Grund für den Abrechnungsausschluss auch bei Mischfällen war die Kostendämpfung gerade im Hinblick auf die Abrechnung der Kostenpauschale. Zur Absicherung dieses vor dem Hintergrund des in der vertragsärztlichen Versorgung geltenden Wirtschaftlichkeitsgebots (vgl dazu zuletzt BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 53) legitimen Ziels sowie der damit verbundenen Intention, dass Leistungen des Allgemeinlabors weiterhin in Laborgemeinschaften kostengünstig durchgeführt werden sollten, war die Einbeziehung von Mischfällen in den Abrechnungsausschluss sachlich gerechtfertigt. Ansonsten hätte ein Anreiz für die fachärztlichen Laborpraxen bestanden, in Fällen, in denen Leistungen des Allgemeinlabors selbst zu erbringen waren, durch die gleichzeitige Abrechnung von Speziallaborleistungen den Abrechnungsausschluss zu umgehen.

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Kläger die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).

Dr. Düring
Engelhard
Rademacker
Nacke
Waldherr

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