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Bundessozialgericht
Beschl. v. 03.09.2015, Az.: B 5 R 148/15 B
Rente wegen Erwerbsminderung; Verfahrensrüge; Prozessordnungsgemäßer Beweisantrag
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 03.09.2015
Referenz: JurionRS 2015, 25232
Aktenzeichen: B 5 R 148/15 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Rheinland-Pfalz - 23.02.2015 - AZ: L 4 R 427/13

SG Mainz - AZ: S 15 R 631/11

Rechtsgrundlage:

§ 160 Abs. 2 Nr. 3 SGG

BSG, 03.09.2015 - B 5 R 148/15 B

Redaktioneller Leitsatz:

1. Der Antrag, das Ergebnis eines Sachverständigengutachtens in einem anderen, nicht das Rentenversicherungsrecht betreffenden Rechtsstreit abzuwarten, ist kein prozessordnungsgemäßer Beweisantrag.

2. Es ist allenfalls eine Anregung an das Gericht, in bestimmter Weise zu verfahren.

in dem Rechtsstreit

Az: B 5 R 148/15 B

L 4 R 427/13 (LSG Rheinland-Pfalz)

S 15 R 631/11 (SG Mainz)

.........................,

Kläger und Beschwerdeführer,

Prozessbevollmächtigter: ...........................................,

gegen

Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz,

Eichendorffstraße 4 - 6, 67346 Speyer,

Beklagte und Beschwerdegegnerin.

Der 5. Senat des Bundessozialgerichts hat am 3. September 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dr. B e r c h t o l d sowie die Richter Dr. K o l o c z e k und K a r m a n s k i

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. Februar 2015 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Gründe

1

Mit Urteil vom 23.2.2015 hat das LSG Rheinland-Pfalz einen Anspruch des Klägers auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung verneint.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er beruft sich auf Verfahrensfehler.

3

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.

4

Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),

- das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder

- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).

5

Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 S 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.

6

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

7

Der Kläger rügt einen Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG). Das LSG habe § 103 SGG dadurch verletzt, dass es unterlassen habe, das Ergebnis der Begutachtung durch Prof. Dr. R. im Unfallrentenverfahren vor dem SG (Termin: 12.3.2015) abzuwarten bzw eine nochmalige Untersuchung seiner Wegefähigkeit zu veranlassen.

8

Der Kläger hat bereits nicht dargetan, im Berufungsverfahren einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag gestellt zu haben. Zur Darlegung eines prozessordnungsgemäßen Beweisantrags muss nicht nur die Stellung des Antrags, sondern auch aufgezeigt werden, über welche im Einzelnen bezeichneten Punkte mit welchen Beweismitteln der ZPO Beweis erhoben werden sollte. Denn Merkmal eines Beweisantrags ist eine bestimmte Tatsachenbehauptung und die Angabe des Beweismittels für diese Tatsache (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 6 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

9

Der Antrag, das Ergebnis eines Sachverständigengutachtens in einem anderen, nicht das Rentenversicherungsrecht betreffenden Rechtsstreit abzuwarten, ist kein prozessordnungsgemäßer Beweisantrag. Es ist allenfalls eine Anregung an das Gericht, in bestimmter Weise zu verfahren. Soweit es um den Antrag einer nochmaligen Untersuchung der Wegefähigkeit geht, hat der Kläger weder die zu beweisenden Tatsachen angegeben noch ein Beweismittel ordnungsgemäß bezeichnet. Zwar kann seinem Vorbringen entnommen werden, dass er die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt hat. Der in prozessordnungsgerechter Weise gestellte Beweisantrag zum Sachverständigenbeweis (§ 118 Abs 1 S 1 SGG iVm § 403 ZPO) im Leistungsminderungsrecht der Rentenversicherung erfordert indes die Benennung eines geeigneten Sachverständigen seiner medizinischen Ausrichtung nach (Fichte, SGb 2000, 653, 654 f mit Hinweis auf BSG vom 4.11.1999 - B 7 AL 6/99 B - RdNr 5; Senatsbeschluss vom 19.6.2013 - B 5 R 86/13 B - RdNr 11). Diesbezüglich führt die Beschwerdebegründung nichts aus. Dies gilt auch für den (hilfsweise) weiter gestellten Antrag, zur Untersuchung der Konzentrationsfähigkeit ein arbeitsmedizinisches, neurologisches oder psychiatrisches Gutachten einzuholen.

10

Sofern der Kläger vorträgt, im Schriftsatz vom 6.2.2015 beantragt zu haben, die behandelnde Fachärztin Dr. S. als sachverständige Zeugin zu vernehmen, hat er ua nicht dargelegt, den Beweisantrag bis zum Schluss des Berufungsverfahrens aufrechterhalten zu haben.

11

Ein Beweisantrag hat im sozialgerichtlichen Verfahren Warnfunktion und soll der Tatsacheninstanz unmittelbar vor der Entscheidung vor Augen führen, dass die gerichtliche Aufklärungspflicht von einem Beteiligten noch nicht als erfüllt angesehen wird. Wird ein Beweisantrag in einem vorbereitenden Schriftsatz gestellt, so ist er dann nicht iS des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG übergangen worden, wenn den näheren Umständen zu entnehmen ist, dass er in der maßgebenden mündlichen Verhandlung nicht weiterverfolgt wurde. Dies ist bei rechtskundig vertretenen Beteiligten - wie dem Kläger - regelmäßig anzunehmen, wenn in der letzten mündlichen Verhandlung nur noch ein Sachantrag gestellt und der Beweisantrag nicht wenigstens hilfsweise wiederholt wird (BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 35 S 73 mwN). Hierzu hat der Kläger nichts vorgetragen. Sofern schließlich beantragt worden ist, ein Gutachten nach § 109 SGG bei Frau Dr. S. einzuholen, scheitert eine solche Rüge schon an § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG. Danach kann ein Verfahrensmangel auf eine Verletzung des § 109 SGG nicht gestützt werden.

12

Das Erfordernis, einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag zu stellen, kann auch nicht mit der Rüge umgangen werden, das LSG habe Hinweispflichten aus § 106 Abs 1, § 112 Abs 2 S 2 SGG verletzt, weil es von Amts wegen nicht auf die Stellung angemessener und sachdienlicher Anträge hingewirkt habe (BSG SozR 1500 § 160 Nr 13; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, Vor § 60 RdNr 1h und Leitherer, aaO, § 160 RdNr 18c mwN). Hält das Tatsachengericht eine Beweisaufnahme für notwendig, so hat es keinen entsprechenden Beweisantrag herbeizuführen, sondern den Beweis von Amts wegen auch ohne Antrag zu erheben. Lehnt es die Beweiserhebung dagegen ab, muss es nicht kompensatorisch auf einen Beweisantrag hinwirken und damit helfen, eine Nichtzulassungsbeschwerde vorzubereiten (BSG SozR 1500 § 160 Nr 13; Becker, SGb 2007, 328, 331; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX RdNr 132).

13

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

14

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dr. Berchtold
Dr. Koloczek
Karmanski

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