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Bundessozialgericht
Beschl. v. 06.08.2009, Az.: B 3 KR 4/09 B
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 06.08.2009
Referenz: JurionRS 2009, 23961
Aktenzeichen: B 3 KR 4/09 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

SG Nürnberg - 23.04.2007 - AZ: S 11 KR 246/06

LSG Bayern - 22.01.2009 - AZ: L 4 KR 298/07

BSG, 06.08.2009 - B 3 KR 4/09 B

in dem Rechtsstreit

Az: B 3 KR 4/09 B

L 4 KR 298/07 (Bayerisches LSG)

S 11 KR 246/06 (SG Nürnberg)

.......................................,

Klägerin und Beschwerdeführerin,

Prozessbevollmächtigter: .............................................,

g e g e n

AOK Bayern - Die Gesundheitskasse,

Carl-Wery-Straße 28, 81739 München,

Beklagte und Beschwerdegegnerin.

Der 3. Senat des Bundessozialgerichts hat am 6. August 2009 durch den Vorsitzenden Richter Dr. H a m b ü c h e n sowie die Richter S c h r i e v e r und Dr. S c h ü t z e

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 22. Januar 2009 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

I

1

Die Klägerin begehrt die Versorgung mit einem weiteren Aktivrollstuhl.

2

Die Klägerin leidet an den Folgen einer Poliomyelitis. Sie ist an den Rollstuhl gebunden und dazu von der Beklagten mit zwei Aktivrollstühlen versorgt. Unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung beantragte sie im November 2005 die Versorgung mit einem weiteren Rollstuhl. Zur Begründung verwies sie darauf, einer der beiden vorhandenen Rollstühle sei in erheblichem Umfang reparaturbedürftig und müsse deshalb ersetzt werden. Antrag, Klage (Urteil des Sozialgerichts vom 23.4.2007) und Berufung (Urteil des Landessozialgerichts [LSG] vom 22.1.2009) sind erfolglos geblieben. Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, dass im Rahmen der Hilfsmittelversorgung der gesetzlichen Krankenversicherung kein Anspruch auf Doppelversorgung bestehe. Nach den maßgebenden Hilfsmittelrichtlinien komme eine Mehrfachversorgung nur in Betracht, wenn dies aus hygienischen Gründen notwendig oder aufgrund der besonderen Beanspruchung durch den Versicherten zweckmäßig und wirtschaftlich sei. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor. Insbesondere bestehe ein Anspruch auf eine weitere Versorgung nicht deshalb, weil die Klägerin einen zweiten Wohnsitz habe; dieser bestehe heute nicht mehr. Schließlich sei auch kein Bestandsschutz derart gegeben, dass im Hinblick auf die bereits erfolgte Doppelversorgung ein Ersatz des defekten Zweit-Rollstuhls beansprucht werden könne.

3

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil, wobei sie sich auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache beruft.

II

4

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht in der durch §§ 160 Abs 2, 160a Abs 2 SGG normierten Form begründet worden ist. Sie ist deshalb ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1, § 169 SGG). Die Klägerin weist zwar auf gesetzliche Zulassungsgründe hin, nämlich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG. Jedoch ist der Zulassungsgrund nicht so dargelegt, wie § 160a Abs 2 Satz 3 SGG dies verlangt.

5

1. Zur formgerechten Darlegung der Grundsätzlichkeit der Rechtssache muss erläutert werden, dass und warum in dem angestrebten Revisionsverfahren eine Rechtsfrage erheblich sein würde, die über den Einzelfall hinaus allgemeine Bedeutung hat (vgl BVerfG SozR 1500 § 160a Nr 44; BSG SozR 1500 § 160a Nr 39) und klärungsbedürftig ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 13). Klärungsbedürftigkeit ist grundsätzlich nicht gegeben, wenn die aufgeworfene Rechtsfrage höchstrichterlich bereits entschieden ist (BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8). Um gleichwohl eine fortbestehende Klärungsbedürftigkeit darzutun, muss unter Auswertung der bisherigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) substantiiert vorgetragen werden, dass neue, bisher noch nicht berücksichtigte Argumente bestehen oder dass gegen die Entscheidungen des BSG von dritter Seite, etwa im Schrifttum, in nicht unerheblichem Umfang Kritik vorgebracht worden ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 65). Diese Anforderungen betreffen die gesetzliche Form iS von § 169 SGG.

6

2. Diesen Anforderungen genügt das Beschwerdevorbringen nicht. Die Beschwerde sieht es als Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung an, 1. "ob es tatsächlich richtig ist, hier einen Bestandschutz zu Gunsten der Klägerin zu verneinen," und ob sie 2. "im Reparaturfalle dann eben einfach 1 bis 2 Wochen unversorgt in ihrer Wohnung verbleiben" müsse. Die grundsätzliche Bedeutung dieser Fragen ist - falls es sich überhaupt um Rechtsfragen handelt - nicht hinreichend dargelegt.

7

Soweit die Beschwerde die Frage des Bestandsschutzes aufwirft, mangelt es an ausreichenden Darlegungen zu deren allgemeiner Bedeutung über den Einzelfall hinaus. Ob und inwieweit einem Verwaltungsakt Regelungswirkung und damit Bestandsschutz über die Bewilligung der beanspruchten Leistung - hier: des Aktivrollstuhls - hinaus zukommt, ist zunächst eine Frage seiner Auslegung und damit der Rechtsanwendung im Einzelfall; diese ist vom LSG als letzter Tatsacheninstanz entschieden worden. Falls mit der Beschwerde darüber hinaus eine allgemeine Klärung der Frage angestrebt sein sollte, ob einem Bewilligungsbescheid auch unabhängig von der darin im Einzelfall verkörperten Erklärung bestandsschützende Regelungswirkungen im Sinne der Rechtsauffassung der Klägerin zukommt, hätte hierfür eine der Klärung durch das BSG zugängliche Rechtsgrundlage angegeben und dargelegt werden müssen, inwieweit sie diese Rechtsfolge trägt. Dies kann der Beschwerde indes nicht entnommen werden. Im Gegenteil beruft sich die Klägerin ausdrücklich auf die Verwaltungspraxis der Beklagten und damit gerade nicht auf eine bundesrechtliche Rechtsvorschrift, aus der die von ihr erstrebte Rechtsfolge hergeleitet werden könnte.

8

Es mangelt der Beschwerdebegründung ebenfalls an ausreichenden Darlegungen zur allgemeinen Bedeutung über den Einzelfall hinaus sowie auch zur Entscheidungserheblichkeit, soweit mit der Beschwerde die weitere Frage aufgeworfen wird, ob die Klägerin es hinnehmen muss, im Reparaturfall ein bis zwei Wochen unversorgt, also ohne Rollstuhl, zu bleiben. Grundsätzlich hat die Klägerin zwar nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs 4 SGB V ausgeschlossen sind. Dazu rechnet, wie das LSG zutreffend festgestellt hat, die Versorgung mit einem Aktivrollstuhl; dieser Anspruch besteht generell auch während der Reparatur des Hilfsmittels. Daraus kann ein Anspruch auf eine dauerhafte Zweitversorgung als Vorsorge für den Reparaturfall jedoch nur erwachsen, wenn die Versorgung mit einem Ersatzgerät für die Dauer einer Reparatur im Einzelfall aus besonderen Gründen ausgeschlossen erscheint. Dass insoweit allgemeiner Klärungsbedarf besteht, kann der Beschwerde nicht entnommen werden. Hierzu hätte in Bezug auf die Klärungsfähigkeit einer solchen Frage in dem hier angestrebten Revisionsverfahren zunächst dargelegt werden müssen, dass und aus welchen Gründen die Klägerin aus Gründen einer vorsorglichen Ersatzversorgung für Reparaturfälle notwendig im Voraus mit einem Zweit-Rollstuhl ausgestattet werden muss. Dies ist nicht geschehen. Zudem fehlen substantiierte Darlegungen, inwieweit diese Frage allgemeine Bedeutung über den Einzelfall hinaus besitzt, denn die Klägerin befasst sich nahezu ausschließlich mit der Würdigung ihres konkreten Einzelfalls und trägt nichts dazu vor, dass und wie sich etwaige Rechtsfragen in verallgemeinerungsfähiger Weise klären lassen könnten (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 5. Aufl 2008, IX. Kap RdNr 60 mwN). Das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde dient aber nicht dazu, die sachliche Richtigkeit der LSG-Entscheidung in vollem Umfang nachzuprüfen (Krasney/Udsching, aaO, IX. Kap RdNr 182 mwN). Deshalb wären die Voraussetzungen zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung selbst dann nicht gegeben, wenn das LSG in der Sache falsch entschieden hätte (BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).

9

3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dr. Hambüchen
Schriever
Dr. Schütze

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