Bundesgerichtshof
Urt. v. 13.04.2021, Az.: KZR 19/20
„LKW-Kartell II“
Ersatz kartellbedingten Schadens im Zusammenhang mit dem Erwerb mehrerer LKW
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 13.04.2021
- Aktenzeichen
- KZR 19/20
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2021, 36625
- Entscheidungsname
- LKW-Kartell II
- ECLI
- ECLI:DE:BGH:2021:130421UKZR19.20.0
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Kiel - 18.04.2019 - AZ: 6 O 108/18
Rechtsgrundlage
- Art. 101 AEUV
Fundstellen
- BB 2021, 2177
- DZWIR 2021, 697-698
- EuZW 2021, 988-1000
- GRUR-Prax 2021, 617
- MDR 2021, 1407
- NZKart 2021, 566-574
- WM 2022, 1696-1709
- WRP 2021, 1588-1600
- WuW 2021, 569-580
Amtlicher Leitsatz
- a)
Der Erfahrungssatz, dass im Rahmen eines Kartells erzielte Marktpreise im Schnitt über denjenigen liegen, die sich ohne die wettbewerbsbeschränkende Absprache gebildet hätten, ist auch bei der Abstimmung von Listenpreisen eines Produkts durch Hersteller zu beachten, wenn die Listenpreise die Grundlage der Preisgestaltung auf der Herstellerebene bilden und Listenpreiserhöhungen für die nicht am Kartell beteiligten Vertriebsunternehmen der Hersteller oder deren Produkte vertreibende selbständige Händler, die die Transaktionspreise mit den Abnehmern vereinbaren, Kostensteigerungen bei der Produktion indizieren.
- b)
Die Sechsmonatsfrist des § 204 Abs. 2 BGB beginnt bei Kartellschadensersatzansprüchen, deren Verjährung wegen der Einleitung eines Verfahrens durch die Europäische Kommission wegen eines Kartellverstoßes gemäß § 33 Abs. 5 GWB 2005 gehemmt wird, nicht mit der Bekanntgabe des Bußgeldbescheids, sondern mit dem Ablauf der Frist für die Erhebung der Nichtigkeitsklage nach Art. 263 Abs. 4 AEUV.
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. April 2021 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, den Richter Dr. Tolkmitt sowie die Richterinnen Dr. Picker, Dr. Rombach und Dr. Allgayer
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision wird das Urteil des Kartellsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 17. Februar 2020 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die beklagte Daimler AG auf Ersatz kartellbedingten Schadens im Zusammenhang mit dem Erwerb mehrerer Lastkraftwagen in Anspruch.
Die Beklagte ist einer der führenden LKW-Hersteller im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Mit - auf einem Vergleich (Settlement) mit den Betroffenen beruhenden - Beschluss vom 19. Juli 2016 stellte die Europäische Kommission fest, dass die Beklagte und mindestens vier weitere LKW-Hersteller, nämlich MAN, Volvo/Renault, Iveco und DAF, die ebenso wie Scania Streithelferinnen der Beklagten sind, durch Absprachen über Preise und Bruttolistenpreiserhöhungen für mittelschwere und schwere Lastkraftwagen sowie über den Zeitplan und die Weitergabe der Kosten für die Einführung von Emissionstechnologien für diese Fahrzeuge nach den Abgasnormen EURO 3 bis EURO 6 gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 EWR-Abkommen verstoßen haben. Für die Zuwiderhandlung, die sich über den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum erstreckte und vom 17. Januar 1997 bis zum 18. Januar 2011 andauerte, verhängte die Kommission gegen die Beklagte ein Bußgeld von gut einer Milliarde Euro.
Die Klägerin betreibt eine Spedition. Sie erwarb im März 2001 bei der Beklagten ab Werk einen Lastkraftwagen der Marke Mercedes-Benz, Typ 1828 L 4x2 5100 ATEGO. Im November 2003 wurden unter der Anschrift der Klägerin zwei weitere Lastkraftwagen dieses Typs bei der Beklagten erworben und einem Unternehmen "W. " in Rechnung gestellt. Ferner erwarb die Klägerin im Zeitraum zwischen September 2004 und August 2006 bei selbständigen DAF-Vertragshändlern drei Lastkraftwagen des Typs DAF FA LF45 sowie drei weitere Lastkraftwagen des Typs DAF FA XT95.
Die Klägerin, die mit ihrer am 28. Februar 2018 eingegangenen und der Beklagten am 20. März 2018 zugestellten Klage zunächst die Feststellung begehrt hat, dass die Beklagte ihr den durch den Erwerb unter anderem der vorgenannten Lastkraftwagen aufgrund von Kartellabreden entstandenen Schaden zu ersetzen habe, verlangt Zahlung von Schadensersatz in Höhe von gut 50.000 € wegen der genannten neun Erwerbsvorgänge. Sie berechnet ihren Schaden auf der Grundlage einer - anhand einer auf allgemeinen Marktdaten beruhenden Vergleichsmarktanalyse ermittelten - Preisüberhöhung bei den Produkten der Beklagten und der Streithelferinnen in Höhe von 7.007,49 € für bis Ende 2003 verkaufte Lastkraftwagen und von 5.231,76 € für ab 2004 verkaufte Lastkraftwagen.
Das Landgericht hat die Klage für dem Grunde nach gerechtfertigt erklärt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen und von den Streithelferinnen unterstützten Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die vollständige Klagabweisung.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Die Beklagte und die Streithelferinnen hätten, wie durch den Beschluss der Europäischen Kommission vom 19. Juli 2016 bindend festgestellt sei, gegen das Kartellverbot des Art. 101 AEUV und dessen Vorgängernormen vorsätzlich verstoßen, indem sie unter anderem Bruttolistenpreiserhöhungen vereinbart oder jedenfalls miteinander abgestimmt hätten. Angesichts des Vorwurfs der Kollusion und der Feststellung, dass die Beteiligten die Risiken des Wettbewerbs wissentlich durch die praktische Zusammenarbeit ersetzt hätten, so dass die Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels spürbar geworden sei, sei nicht nur ein bloßer Informationsaustausch festgestellt worden. Die in Streit stehenden Erwerbsvorgänge seien von dem Kartellverstoß betroffen, da sie sachlich, zeitlich und räumlich in den Bereich der im Kommissionsbeschluss festgestellten Absprachen fielen. Durch ihre Absprachen hätten die Kartellanten die Preisgestaltung und die üblichen Preisbewegungen für Lastkraftwagen im Europäischen Wirtschaftsraum zu ihren Gunsten verfälscht. Bruttolistenpreise seien der Ausgangspunkt für die Preisgestaltung der LKW-Produzenten und bestimmten das Preisniveau, von dem aus die Preise auf den nachgelagerten Marktstufen gebildet würden; sie fänden sich insofern notwendig auch in den von den Endkunden zu zahlenden Marktpreisen rechnerisch anteilig wieder. Die Abstimmung von Bruttolistenpreisen erlaube es, die bei Marktbedingungen bestehende Unsicherheit über das Steuerungsverhalten der Konkurrenten in Bezug auf die Weitergabe von Kostensteigerungen auszuschalten; aus ihr folge daher eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass die abgestimmten prozentualen Preiserhöhungen im zeitlichen Verlauf kumulativ höher ausfielen, als sie dies unter Marktbedingungen täten. Die gegen die Effektivität des Absprachemechanismus vorgebrachten Einwände der Beklagten und der Streithelferinnen griffen nicht durch. Sie beruhten teilweise auf unrichtigen oder implausiblen tatsächlichen Voraussetzungen, indem sie von einem bloßen Informationsaustausch und anderweitigen Zwecken des Austauschs ausgingen, den sachlichen, räumlichen und zeitlichen Umfang des Kartells in Frage stellten sowie eine Preisbildung ausschließlich "bottom up" annähmen. Zudem ließen sie die Wirkweise des konkreten Kartells unberücksichtigt und blieben abstrakt und theoretisch; teilweise widersprächen sie zudem den Feststellungen der Kommission.
Der Klägerin stehe dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch zu, da nach einer umfassenden Würdigung aller Umstände davon auszugehen sei, dass aufgrund der Absprachen zwischen den Kartellbeteiligten die von den Endkunden zu zahlenden Marktpreise für Lastkraftwagen gestiegen seien, entsprechende Geschäfte ohne den Wettbewerbsverstoß also jeweils zu günstigeren Konditionen hätten abgeschlossen werden können, und dass der Klägerin daher aus der Abwicklung der in Streit stehenden Erwerbsvorgänge in irgendeiner Höhe ein Schaden entstanden sei. Die von der Beklagten und den Streithelferinnen beigebrachten ökonomischen Gutachten führten nicht zu einer anderen Beurteilung, da diese unzutreffend von einem bloßen Informationsaustausch ausgegangen seien. Die erforderliche Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts bestehe auch bei den indirekten Erwerbsvorgängen betreffend die DAF-Lastkraftwagen, welche die Klägerin bei selbständigen Händlern erworben habe; es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass auf der Zwischenstufe Preiserhöhungen aufgrund einer unabhängigen besonderen Marktstellung der Händler autonom und unabhängig von den kartellbedingten Preiserhöhungen erfolgt sein könnten.
Der Einwand der Beklagten, die Klägerin habe ihren etwaigen Schaden über ihre Preise an ihre Kunden weitergegeben, greife nicht durch. Im Streitfall spreche zwar nach den Grundsätzen kaufmännischer Vernunft prima facie einiges dafür, dass die Klägerin die Kosten, die ihr durch den Erwerb der Lastkraftwagen entstanden seien, insgesamt und somit unter Einschluss der kartellbedingten Mehrkosten über ihre Preise an ihre Kunden weitergegeben habe. Eine Berücksichtigung dieses Effekts im Wege der Vorteilsausgleichung scheide indes aus, weil der Kartellverstoß dann für die Schädiger praktisch folgenlos bliebe und sie dadurch unbillig begünstigt würden. Denn weder werde die Klägerin von ihren Abnehmern auf Erstattung überhöhter Preisanteile, noch würden die Beklagte oder die Streithelferinnen in nennenswertem Umfang von in der Wertschöpfungskette den Fahrzeugkäufern nachfolgenden Unternehmen in Anspruch genommen.
Die geltend gemachten Ansprüche seien schließlich auch nicht verjährt.
II. Dies hält revisionsrechtlicher Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Schadensersatzanspruch dem Grunde nach nicht bejaht werden.
1. Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass sich die mögliche Anspruchsgrundlage für die Klageansprüche nach dem im jeweiligen Belieferungszeitpunkt geltenden Recht richtet (st. Rspr., vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 23. September 2020 - KZR 35/19, BGHZ 227, 84 Rn. 16 mwN - LKW-Kartell) und als Anspruchsgrundlage für die Schäden aus den Erwerbsvorgängen in den Jahren 2001 bis 2004 § 33 Satz 1, 2. Halbsatz i.V.m. § 1 GWB in der vom 1. Januar 1999 bis 30. Juni 2005 geltenden Fassung und für die Erwerbsvorgänge in den Jahren 2005 und 2006 § 33 Abs. 3 GWB in der vom 1. Juli 2005 bis zum 29. Juni 2013 geltenden Fassung (GWB 2005) in Betracht kommt. Danach ist derjenige, der vorsätzlich oder fahrlässig gegen eine drittschützende Vorschrift des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen oder die Vorgaben in Art. 81, 82 EGV (jetzt: Art. 101, 102 AEUV) verstößt, zum Ersatz des aus dem Verstoß entstandenen Schadens verpflichtet.
2. Mit Recht hat das Berufungsgericht auch einen schuldhaften Verstoß der Beklagten gegen Art. 81 EGV und Art. 101 Abs. 1 AEUV sowie die entsprechenden Normen im nationalen Kartellrecht festgestellt und dabei angenommen, dass die Beklagte über einen längeren Zeitraum an wettbewerbsbeschränkenden Absprachen beteiligt war.
a) Die Europäische Kommission hat im Beschluss vom 19. Juli 2016 festgestellt, dass die Beklagte und ihre Streithelferinnen zu 1 bis 3 und 7 bis 10 im Zeitraum vom 17. Januar 1997 bis zum 18. Januar 2011 eine fortdauernde komplexe Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV begangen haben, bestehend aus verschiedenen Handlungen, die entweder als Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen einzustufen sind und mit deren Hilfe die Kartellbeteiligten die Risiken des Wettbewerbs wissentlich durch die praktische Zusammenarbeit ersetzt haben. Die Kommission hat das Verhalten der Kartellbeteiligten als Preiskoordinierungen eingeordnet, die in der praktizierten Weise zu den schädlichsten Einschränkungen des Wettbewerbs gehörten. Die Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV bestand nach den Feststellungen im Kommissionsbeschluss in einem kollusiven Verhalten bei der Preissetzung und der Anhebung von Bruttolistenpreisen ("collusive arrangements on pricing and gross price increases") für mittelschwere und schwere Lastkraftwagen sowie in der Koordinierung des Marktverhaltens der Kartellbeteiligten bei den Zeitplänen und der Weitergabe der Kosten für die Einführung von Emissionstechnologien für solche Lastkraftwagen nach den Abgasnormen EURO 3 bis 6. Das kollusive Verhalten umfasste Vereinbarungen ("agreements") und/oder abgestimmte Verhaltensweisen ("concerted practices") bei Preissetzungen und Listenpreiserhöhungen mit dem Ziel, die Bruttopreise im Europäischen Wirtschaftsraum anzugleichen, sowie über den Zeitplan und die Weitergabe der Kosten für die Einführung von Emissionstechnologien nach den Abgasnormen EURO 3 bis 6.
Die Kartellbeteiligten tauschten Preislisten und Informationen über Bruttopreise untereinander aus, sie besprachen detailliert ihre jeweiligen zukünftigen Listenpreiserhöhungen, und in einigen Fällen vereinbarten sie diese auch. Gelegentlich wurden unter Beteiligung von Vertretern der Hauptverwaltungen sämtlicher Beteiligter auch Nettopreise für einige Länder beraten. Zusätzlich zu Vereinbarungen über die Höhe der Preissteigerungen informierten sich die Beteiligten regelmäßig wechselseitig über ihre geplanten Bruttolistenpreiserhöhungen. Sie einigten sich außerdem auf den jeweiligen Zeitplan für die Einführung der EURO-Emissionsstandards und den damit verbundenen Preisaufschlag. Ferner tauschten sie sich über ihre jeweiligen Lieferfristen und länderspezifische allgemeine Marktprognosen, aufgeschlüsselt nach Ländern und LKW-Kategorien, aus. Die bevorstehende Euro-Einführung wurde unter Einbindung aller Beteiligten zu Diskussionen über die Reduzierung von Rabatten genutzt. Nach Umstellung auf den Euro und mit der erstmaligen Erstellung gesamteuropäischer Preislisten für fast alle Hersteller tauschten sich die an den Absprachen beteiligten Unternehmen systematisch über ihre jeweils geplanten Listenpreiserhöhungen aus.
Die Absprachen versetzten die Unternehmen zumindest in die Lage, die ausgetauschten Informationen bei ihren internen Planungsprozessen und der Planung zukünftiger Listenpreiserhöhungen für das kommende Kalenderjahr zu berücksichtigen. Die durch die jeweilige Hauptverwaltung festgelegten Listenpreise waren wiederum bei allen beteiligten LKW-Herstellern der Ausgangspunkt der Preisgestaltung; sodann wurden die Verrechnungspreise für die Einfuhr der Lastkraftwagen in verschiedene Märkte durch eigene oder fremde Vertriebsunternehmen und anschließend die von den Händlern auf nationalen Märkten zu zahlenden Preise festgelegt. Die Endkundenpreise wurden schließlich entweder durch einen Händler oder - bei direktem Verkauf an Händler oder Flotten-Kunden - unmittelbar durch den Hersteller verhandelt und festgelegt.
b) Diese Feststellungen sind für den vorliegenden Rechtsstreit gemäß § 33 Abs. 4 GWB 2005 bindend.
aa) Der Umfang der Bindungswirkung nach § 33 Abs. 4 Satz 1 GWB 2005 hängt von den in der Entscheidung der Kartellbehörde oder der Europäischen Kommission getroffenen tatsächlichen Feststellungen ab. Maßgeblich ist danach, in welchem Umfang eine Zuwiderhandlung gegen Kartellrecht im Tenor oder in den tragenden Gründen der abschließenden Entscheidung festgestellt worden ist. Die Bindungs- oder Feststellungswirkung erstreckt sich mithin auf alle Feststellungen tatsächlicher und rechtlicher Natur, mit denen die Wettbewerbsbehörde einen Verstoß gegen das materielle Wettbewerbsrecht begründet (st. Rspr., vgl. zuletzt vgl. BGHZ 227, 84 Rn. 24 mwN - LKW-Kartell). Darüber hinausgehende Beschreibungen und Erwägungen erfasst sie hingegen nicht, und auch Fragen der Schadenskausalität sowie der Schadenshöhe nehmen nicht an ihr teil, sondern unterliegen der freien Beweiswürdigung des Gerichts (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur siebten Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, BT-Drucks. 15/3640, S. 54).
bb) Die Bindungswirkung ist, wie der Senat bereits entschieden hat, im Streitfall nicht deshalb ausgeschlossen oder beschränkt, weil der Kommissionsbeschluss vom 19. Juli 2016 im Rahmen eines Vergleichsverfahrens nach Art. 10a der Verordnung (EG) Nr. 773/2004 (VO (EG) 773/2004) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 622/2008 ergangen ist (vgl. BGHZ 227, 84 Rn. 25 ff. - LKW-Kartell).
3. Das Berufungsgericht hat die Klägerin auch zutreffend als von der Kartellabsprache betroffen und damit anspruchsberechtigt angesehen.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist Voraussetzung des haftungsbegründenden Tatbestands eines kartellrechtlichen Schadensersatzanspruchs sowohl nach § 33 Satz 1 GWB 1999 als auch nach § 33 Abs. 3, Abs. 1 GWB 2005, dass dem Anspruchsgegner ein wettbewerbsbeschränkendes Verhalten anzulasten ist, das - vermittelt durch den Abschluss von Umsatzgeschäften oder in anderer Weise - geeignet ist, einen Schaden des Anspruchstellers unmittelbar oder mittelbar zu begründen. Für die Feststellung dieser Voraussetzung gilt der Maßstab des § 286 ZPO. Nichts anderes gilt für einen Anspruch, der auf einem Verstoß gegen Art. 101 AEUV respektive Art. 81 EGV beruht. Auf die weitergehende Frage, ob sich die Kartellabsprache auf den in Rede stehenden Beschaffungsvorgang, welchen der Anspruchsteller seinem Schadensersatzbegehren zugrunde legt, tatsächlich nachteilig ausgewirkt hat und das Geschäft damit in diesem Sinn "kartellbefangen" oder "kartellbetroffen" war, kommt es im Rahmen der Prüfung der haftungsbegründenden Kausalität hingegen nicht an. Die Anforderungen an die Haftungsbegründung tragen damit dem Umstand Rechnung, dass das Kartellverbot als Gefährdungstatbestand bereits die Absprache zwischen den Wettbewerbern wegen des damit verbundenen Eingriffs in die Freiheit des Wettbewerbsprozesses und der sich daraus ergebenden Störung insbesondere des wettbewerblichen Preisbildungsmechanismus ohne Rücksicht auf die aus ihr folgenden unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen auf die Marktakteure sanktioniert, die ohnehin nur mit erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden können. Angesichts der Besonderheiten des nicht gegen einzelne Marktteilnehmer, sondern die Marktgegenseite gerichteten kartellrechtlichen Deliktstatbestands bedarf es daher auch nicht der Feststellung einer konkret-individuellen Betroffenheit (st. Rspr., vgl. zuletzt BGHZ 227, 84 Rn. 31 mwN - LKW-Kartell; BGH, Urteil vom 10. Februar 2021 - KZR 63/18, WRP 2021, 920 Rn. 15, 41 - Schienenkartell VI).
b) Im Streitfall sind diese Voraussetzungen ohne weiteres erfüllt, weil die Klägerin mit den neun in Streit stehenden Lastkraftwagen unmittelbar oder mittelbar von der Beklagten und ihrer Streithelferin DAF und damit von am Kartell beteiligten Unternehmen Waren erworben hat, die Gegenstand des Austauschs über zukünftige Preislisten und Listenpreiserhöhungen sowie der weiteren festgestellten wettbewerbsbeschränkenden Verhaltensweisen und damit Gegenstand der Kartellabsprache waren. Dabei hat sich das Berufungsgericht auch hinsichtlich der beiden LKW, die einem Unternehmen "W. " in Rechnung gestellt wurden, rechts- und verfahrensfehlerfrei von einem Erwerb durch die Klägerin überzeugt.
c) Wie der Senat bereits in einem Parallelverfahren in Bezug auf das in Rede stehende Kartell entschieden hat, ist für die Betroffenheit unerheblich, ob und inwieweit die Transaktionspreise der vom jeweiligen Anspruchssteller - hier der Klägerin - erworbenen Fahrzeuge durch die Kartellabsprache beeinflusst waren. Es genügt, dass diese Fahrzeuge auf den Grundmodellen ("Ecktypen") aufbauten, deren Listenpreise Gegenstand der Absprachen waren, da die durch das Kartell bewirkte Verfälschung der Bedingungen des Marktgeschehens damit jedenfalls geeignet war, sich auf die individuellen Transaktionspreise für Fahrzeuge der kartellbeteiligten LKW-Hersteller auszuwirken. Hieraus ergibt sich zugleich, dass Mitglieder der Marktgegenseite, die wie die Klägerin Fahrzeuge der Kartellbeteiligten erworben haben, von dem Kartellverstoß so betroffen waren, dass nachteilige Folgen für ihre Vermögenslage eintreten konnten. Weiterer Feststellungen zu den Auswirkungen auf einzelne Transaktionen bedarf es für die haftungsbegründende Kausalität nicht (vgl. BGHZ 227, 84 Rn. 33 - LKW-Kartell).
4. Die vom Berufungsgericht gegebene Begründung trägt jedoch nicht die Feststellung, dass der Klägerin aufgrund der Kartellabsprache zwischen den beteiligten Unternehmen - mit der für ein Zwischenurteil nach § 304 ZPO erforderlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BGH, Urteil vom 28. Januar 2020 - KZR 24/17, BGHZ 224, 281 Rn. 28 mwN - Schienenkartell II) - ein Schaden entstanden ist.
a) Ohne Erfolg bleibt allerdings die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe bei seiner Würdigung nicht den Erfahrungssatz heranziehen dürfen, dass Preiskoordinierungen zwischen Herstellern eines Produktes im Schnitt zu Transaktionspreisen für dieses Produkt führen, die über denjenigen Preisen liegen, welche sich ohne die wettbewerbsbeschränkende Absprache im Wettbewerb gebildet hätten.
aa) Das Berufungsgericht hat in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs angenommen, zugunsten des Abnehmers eines an einer Kartellabsprache beteiligten Unternehmens streite eine auf der hohen Wahrscheinlichkeit eines solchen Geschehens beruhende tatsächliche Vermutung - im Sinne eines Erfahrungssatzes - dafür, dass die im Rahmen des Kartells erzielten Preise im Schnitt über denjenigen liegen, die sich ohne die wettbewerbsbeschränkende Absprache gebildet hätten. Grundlage dieses Erfahrungssatzes ist die wirtschaftliche Erfahrung, dass die Gründung und Durchführung eines Kartells regelmäßig einen Mehrerlös der daran beteiligten Unternehmen zur Folge hat. Durch Kartellabsprachen sind die beteiligten Unternehmen jedenfalls in einem gewissen Umfang der Notwendigkeit enthoben, sich im Wettbewerb zur Erlangung von Aufträgen gegen konkurrierende Unternehmen durchzusetzen, und Unternehmen, die sich aufgrund solcher Absprachen nicht dem Wettbewerb, insbesondere dem Preiswettbewerb, stellen müssen, werden im Regelfall keinen Anlass sehen, bestehende Preissenkungsspielräume zu nutzen (vgl. zuletzt BGHZ 227, 84 Rn. 40 - LKW-Kartell mwN).
bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht die Geltung dieser tatsächlichen Vermutung im Streitfall nicht deshalb für ausgeschlossen erachtet, weil sich die Beklagte und ihre Streithelferinnen darauf berufen, die zwischen ihnen getroffenen Absprachen stellten lediglich einen Informationsaustausch dar.
(1) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, aufgrund des Beschlusses der EU-Kommission stehe bindend fest, dass die Kartellanten unter anderem Bruttolistenpreiserhöhungen vereinbart oder doch jedenfalls miteinander abgestimmt hätten. Entgegen dem Verständnis der Beklagten und der Streithelferinnen ergebe sich aus dem Beschluss nicht, dass die Kartellanten die Informationen über ihre Bruttolistenpreise lediglich unzulässig "ausgetauscht" hätten. Der - von den Kartellanten akzeptierte - Vorwurf laute vielmehr in der maßgeblichen englischen Fassung auf "collusion", also auf "geheime Absprache", "geheime Zusammenarbeit" oder "geheimes Einverständnis". Auch sei die Einordnung des festgestellten Verhaltens durch die Beklagte als bloßer Informationsaustausch ohne jede Synchronisierung mit der rechtlichen Würdigung der Kommission, dass das Verhalten entweder unter den Begriff der Vereinbarungen oder denjenigen der aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen zu subsumieren sei, nicht vereinbar. Eine bewusste und gewollte durchgreifende Koordinierung ergebe sich zudem aus den weiteren tatbestandlichen Feststellungen der Kommission, wonach sich die Kommunikation stets auf Bruttolistenpreise konzentriert habe und regelmäßig unterjährige ausführliche Gespräche, E-Mail-Kontakte und Telefongespräche stattgefunden hätten. Daraus folge, dass sich die Beteiligten nicht nur etwa wechselseitig über ihre je individuellen bereits feststehenden Absichten im Voraus oder nachträglich informiert, sondern dass sie im Vorfeld systematisch ihre zukünftigen geplanten Bruttolistenpreisänderungen miteinander abgesprochen und synchronisiert hätten.
(2) Diese Ausführungen lassen Rechtsfehler nicht erkennen. Sie stehen in Einklang mit der vom Senat bereits in einem anderen Rechtsstreit vorgenommenen rechtlichen Würdigung der im Kommissionsbeschluss vom 19. Juli 2016 - bindend - festgestellten Verhaltensweisen der Beklagten und ihrer Streithelferinnen, von welcher abzurücken kein Anlass besteht. Danach unterscheiden sich die zwischen der Beklagten und den Streithelferinnen getroffenen Absprachen fundamental von einem bloßen Informationsaustausch und stellen vielmehr eine Koordinierung zukünftiger Listenpreise und deren Erhöhung durch Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen dar (vgl. BGHZ 227, 84 Rn. 43 - LKW-Kartell).
cc) Frei von Rechtsfehlern ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass die Heranziehung des Erfahrungssatzes im Streitfall nicht deshalb ausscheidet, weil sich die Kartellbeteiligten im Wesentlichen nicht über die von den Endkunden zu zahlenden Preise, sondern über Listenpreise sowie deren Heraufsetzung verständigt haben.
(1) Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt, die Abstimmung von Bruttolistenpreisen sei ein besonders wirksames Instrument zur Beeinflussung von Marktpreisen, weil Bruttolistenpreise Ausgangspunkt für die Preisgestaltung der LKW-Produzenten seien und das Ausgangsniveau bestimmten, von dem aus die Preise auf den nachgelagerten Marktstufen gebildet würden. Schon deshalb erschließe sich nicht, dass diese Preise lediglich eine "interne Referenzgröße" oder "Benchmark zu Controlling-Zwecken" gewesen sein sollten, wie die Beklagte geltend mache. Sie leiteten vielmehr die Preisverhandlungen mit der nationalen Vertriebseinheit und den Absatzmittlern an und seien damit, wie die Beklagte selbst ausführe, das Basisniveau, aus dem vermittels eines prozentualen Händlernachlasses der zu verhandelnde Händlereinkaufspreis berechnet werde. Der so ermittelte Händlereinkaufspreis bestimme sodann mit, welche Preise und welche Nachlässe der Händler vernünftigerweise und mit Rücksicht auf seine eigenen Interessen dem Endkunden gewähren könne. Dies gelte nicht nur bei gebundenen Vertragshändlern, sondern auch bei selbständigen Händlern. Daher sei der Bruttolistenpreis ein wesentliches Instrument zur Preiskalkulation aller Kartellanten und finde sich als ein entsprechender Bruchteil auch in den vom Endkunden zu bezahlenden Nettopreisen rechnerisch notwendig wieder.
Der Bruttolistenpreis spiele für die individuellen Preisverhandlungen zwischen Händler und Kunden auch dann eine Rolle, wenn der Kunde ihn nicht kenne. Denn solche Verhandlungen seien nicht nur durch die Zahlungsbereitschaft des Kunden geprägt, sondern gleichermaßen durch den - im Streitfall von dem von den Kartellabsprachen infizierten Händlereinkaufspreis beeinflussten - kalkulatorischen Spielraum des Händlers. Dass in Einzelfällen ein Kunde mit entsprechender Marktmacht erreichen könne, dass der Händler "seine Marge ganz oder teilweise an ihn weitergebe", sei bereits deshalb unbeachtlich, weil die Annahme einer solchen Marktmacht bei der Klägerin, die in einem Zeitraum von 10 Jahren einschließlich der sieben geleasten Fahrzeuge insgesamt 16 LKW abgenommen habe, fernliege. Vereinbarungen über die einvernehmliche Steuerung von Bruttolistenpreisen erlaubten es, die Unsicherheit auszuschalten, die bei Marktbedingungen über das Steuerungsverhalten der Konkurrenten bestünden, von denen man nicht sicher wissen könne, ob und in welchem Umfang sie Kostenerhöhungen durch Inflation, Produktionskosten, technische Verbesserungen und anderes in ihre Preisbildung einfließen ließen. Aus ihnen folge mithin eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass die abgestimmten Preiserhöhungen jedenfalls tendenziell und im zeitlichen Verlauf kumulativ höher ausfielen als sie unter Wettbewerbsbedingungen ausgefallen wären.
Für einen Kartelleffekt spreche im Streitfall zudem, dass der Anteil der Marktabdeckung unter Einschluss der Streithelferin Scania mit mindestens 92 % sehr hoch und der für die Umsetzung der Absprachen erforderliche Informationsaustausch angesichts der geringen Zahl der beteiligten Unternehmen und deren Kommunikationskompetenzen als Großkonzerne ohne Einschränkung möglich gewesen seien. Auch bestünden keine durchgreifenden Anhaltspunkte für eine mangelnde Kartelldisziplin; zu Abweichungen von den gemeinsam verabredeten Vorgaben fehle jeder Vortrag. Auch der Umstand, dass Händler bei der Preisgestaltung erhebliche Spielräume hätten und im Hinblick auf zu erwartende Erlöse aus Wartung, Reparatur oder Service ihre Marge ganz oder teilweise an den Kunden weitergeben könnten, hindere die Annahme eines wahrscheinlichen Preiseffekts nicht, da nicht anzunehmen sei, dass Händler regelmäßig so verführen. Dafür, dass diese sich bei den in Rede stehenden Erwerbsvorgängen der Klägerin so verhalten hätten, trügen die Beklagte und ihre Streithelferinnen nichts vor.
Die Besonderheiten auf dem vielgestaltigen LKW-Markt stünden einem Preiserhöhungseffekt nicht entgegen. Dass die Marktpreise nicht nur durch die anfänglich allein kommunizierten Preise der Basismodelle, sondern auch durch die unterschiedlichen und unterschiedlich teuren Aufbauten und sonstigen Ausstattungen bestimmt würden, ändere nichts daran, dass sich bei den Endpreisen das kartellbedingt erhöhte Preisniveau der Basismodelle niederschlage. Gegen eine durchgreifende Beeinträchtigung des Wettbewerbes spreche auch nicht, dass durch die Absprachen der Wettbewerb nicht vollständig außer Kraft gesetzt worden sei, sondern es während der Dauer des Kartells gewisse Schwankungen der Marktanteile bei den Kartellanten gegeben habe. Angesichts der Wirkungsweise des hier in Streit stehenden Kartells, die in der allseitig abgestimmten Beeinflussung des endpreiswirksamen Ausgangsniveaus und damit der Ermöglichung einer tendenziell höheren Rendite bei jedem einzelnen LKW-Verkauf und für jeden Kartellanten bestanden habe, sei eine Ausschaltung des Wettbewerbes um Marktanteile für die Erreichung des Ziels höherer Gewinne nicht erforderlich gewesen.
(2) Dies hält rechtlicher Überprüfung stand.
(a) Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, dass der Erfahrungssatz, dass im Rahmen eines Kartells erzielte Preise im Schnitt über denjenigen liegen, die sich ohne die wettbewerbsbeschränkende Absprache gebildet hätten, auch bei dem in Streit stehenden Kartell zu beachten und daher bei der tatrichterlichen Prüfung zu berücksichtigen ist, ob das kollusive Verhalten der Beklagten und ihrer Streithelferinnen ein Unternehmen geschädigt hat, das im Kartellzeitraum ein von den Kartellbeteiligten hergestelltes Fahrzeug bei einem der Kartellanten erworben hat (BGHZ 227, 84 Rn. 40 ff. - LKW-Kartell). Denn aufgrund des im Kommissionsbeschluss vom 19. Juli 2016 bindend festgestellten Verhaltens der Kartellbeteiligten, die über einen Zeitraum von 14 Jahren Informationen über Bruttolistenpreise ausgetauscht, diese Preise und ihre künftige Erhöhung erörtert sowie ihre zukünftige Listenpreissetzung sowohl durch Vereinbarungen als auch durch abgestimmte Verhaltensweisen koordiniert und darüber hinaus Zeitpunkt und Umfang der Preisaufschläge für die Einführung der neuen EURO-Emissionsstandards gemeinsam festgelegt haben, mussten sich diese in erheblich geringerem Umfang dem Preiswettbewerb stellen und hatten weniger Anreiz, bestehende Preissenkungsspielräume zu nutzen (BGHZ 227, 84 Rn. 43 - LKW-Kartell). Dass die Wahrscheinlichkeit eines Anstiegs der Marktpreise auch dann zu bejahen ist, wenn die Abstimmung der Kartellteilnehmer, wie im Streitfall, im Wesentlichen "nur" Listenpreise betrifft, liegt darin begründet, dass Listenpreiserhöhungen bei funktionierendem Wettbewerb Kostensteigerungen bei der Fahrzeugproduktion indizieren und daher jedenfalls potentiell und in gewissem Umfang geeignet sind, auf die - hochkomplexen und daher unmittelbar auf der Ebene der Hersteller kaum koordinierbaren - einzelnen Transaktionspreise durchzuschlagen (BGHZ 227, 84 Rn. 48 - LKW-Kartell).
(b) Der hiergegen von der Revision unter Bezugnahme auf hierzu vorgelegte ökonomische Gutachten erhobene Einwand, zwischen den Listenpreisen, die den Gegenstand der Absprachen gebildet hätten, und den von den Abnehmern gezahlten Transaktionspreisen bestehe kein Zusammenhang, greift nicht durch. Die getroffenen Feststellungen rechtfertigen nicht die Annahme, der Heranziehung des Erfahrungssatzes im Streitfall stehe entgegen, dass ein Einfluss koordinierter Listenpreiserhöhungen auf die Transaktionspreise ökonomisch grundsätzlich nicht plausibel sei.
Nach den - bindenden - Feststellungen der Kommission bildeten bei den am Kartell beteiligten LKW-Herstellern die durch die jeweilige Hauptverwaltung festgelegten Listenpreise typischerweise den Ausgangspunkt der Preisgestaltung, was notwendig bedeutet, dass sie sich - in irgendeiner Weise - auf die von den Kunden zu zahlenden Transaktionspreise auswirkten. Aus dem von der Beklagten betonten Umstand, die Marktpreisbildung hänge von zahlreichen Faktoren ab und der Listenpreis, der typischerweise erheblich über den von den Abnehmern gezahlten Transaktionspreisen liege, sei nur einer dieser Faktoren, die zudem von Fall zu Fall unterschiedlich gewichtet sein können, kann allenfalls gefolgert werden, dass das Verhältnis zwischen Listen- und Marktpreis variabel ist und kein "systematischer" oder fester Zusammenhang besteht. Er hindert jedoch nicht die Annahme, dass die Kartellabsprache mit hoher Wahrscheinlichkeit die auf dem Markt erzielten Transaktionspreise nachteilig beeinflusst hat.
Dass auch bei den von der Beklagten und ihren Streithelferinnen vertriebenen Produkten ein entsprechender Zusammenhang zwischen Listen- und Marktpreisen bestand, ergibt sich, wie in der mündlichen Verhandlung erörtert, aus dem Vortrag der Beklagten und ihrer Streithelferin DAF. Nach der Darstellung in dem von der Beklagten vorgelegten - und damit qualifizierten Parteivortrag bildenden - Gutachten der E.CA Economics GmbH vom 14. November 2018 mit dem Titel "Plausibilität von Nettopreissteigerungen infolge von bruttolistenpreisbezogenen Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht" (Anlage GL 27 - fortan: E.CA-Gutachten I) wurden seit Einführung des "Europäischen Listenpreises" (ELP) im Jahr 2006 diese Bruttolistenpreise von der Daimler-Zentrale durch ein Steering Committee Pricing (SCP) festgelegt, das sowohl über inflatorische als auch über technische Bruttolistenpreisänderungen entschied. Mit der ersten Kategorie wurden erwartete steigende Einstandskosten im Preissystem abgebildet, die zweite - möglichst gemeinsam mit der ersten umgesetzte Kategorie - spiegelte technische Änderungen des Produkts wider, die die Herstellungskosten oder den Kundennutzen bzw. die Wertschätzung des Produkts durch den Kunden änderten. Auf der Grundlage dieser "Europäischen Listenpreise" wurden die Preise der ersten Vertriebsstufe zwischen der Zentrale und den nationalen Tochterunternehmen der Beklagten (Market Performance Centers, im Folgenden: MPC- oder Großhandels-Ebene) oder auf einigen europäischen Märkten den Generalvertretern der Beklagten als für den betroffenen nationalen Teilmarkt geltende "Nationale Listenpreise" (NLP) ausgehandelt. Die Entscheidungen der Zentrale wurden dabei zunächst als "Planungsprämissen" an die MPC-Ebene weitergegeben und sodann mit dieser verhandelt, was unter Berücksichtigung der jeweiligen Markt-, Vertriebs- und Umsatzsituation zu spezifischen Preislistenanpassungen führte. Diese Anpassungen bezogen sich auf durchschnittliche Nachlässe, die die MPC-Ebene den Händlern als zweiter Vertriebsstufe gewährte und die in der Regel als Prozentsatz des Bruttolistenpreises definiert wurden. Ferner wurde ein maximaler Nachlass pro Verkauf festgelegt. Alle Vereinbarungen bedurften der Genehmigung durch den Bereichsvorstand der Beklagten. Die Großhandels-Ebene verhandelte sodann die Preise mit den einzelnen (unselbständigen) Händlern. Sie entschied dabei in der Regel selbst darüber, wie die mit der Daimler-Zentrale vereinbarten Nachlässe auf Basisnachlässe, Kampagnennachlässe oder individuelle Geschäfte aufgeteilt wurden, solange der durchschnittliche Nachlass nicht die entsprechende Zielvereinbarung überschritt und kein einzelner Nachlass über dem Maximalwert lag. Nur mit Genehmigung der Zentrale durfte - etwa bei einem großen Flottengeschäft - der Maximalwert überschritten werden. Die vor 2006 üblichen Preisbildungsschritte werden als "relativ ähnlich" bezeichnet, und ähnlich wird die Festsetzung eines Europäischen Listenpreises und die Ableitung (länderspezifischer) Händlernettopreise durch Rabattierungsmechanismen auch in dem Gutachten der Compass Lexecon Belgium S.p.r.l. (Anlage DAF 7 - fortan: CL-Gutachten) für DAF beschrieben.
Der eigene Vortrag der Beklagten bestätigt mithin, dass Listenpreiserhöhungen eines LKW-Herstellers (erwartete) Kostensteigerungen bei der Fahrzeugproduktion abgebildet haben und schon wegen des bei funktionierendem Wettbewerb im Grundsatz zwingenden Zusammenhangs zwischen den Kosten der Leistungserbringung und dem hierfür erzielbaren Preis auf die Transaktionspreise durchzuschlagen geeignet waren, sofern nicht der Hersteller die Listenpreiserhöhung durch einen höheren Rabatt gegenüber der ersten Vertriebsstufe (vollständig) wieder "zurücknahm" - was die Listenpreiserhöhung ihres Sinns beraubt hätte - oder eine Vertriebsstufe die indizierte Kostensteigerung (vollständig) "auf die eigene Marge nahm". Weder die Großhandels-Ebene noch nachfolgende Handels- und Vertriebsstufen verfügten jedoch über Kenntnisse, die sie befähigt hätten, Erhöhungen der (rabattierten) Bruttolistenpreise, die sich aus erhöhten Einstandskosten der Hersteller ableiteten, von solchen suprakompetitiven Erhöhungen zu unterscheiden, die nur wegen der Koordination von Bruttolistenpreiserhöhungen unter den Herstellern und der hohen Marktabdeckung des Kartells von diesen gesetzt werden konnten. Auswirkungen von Bruttolistenpreiserhöhungen auf die Transaktionspreise wären mithin nur dann unwahrscheinlich, wenn der Zusammenhang zwischen den Kosten der Herstellung eines Produkts und dem Preis, der für dieses Produkt auf dem Markt erzielbar ist, grundsätzlich oder aufgrund der besonderen Bedingungen des in Rede stehenden Marktes für diesen fraglich wäre. Dafür ist jedoch, wie ausgeführt, weder etwas festgestellt noch als vorgetragen aufgezeigt.
Im Streitfall wurde die Koordinierung von Bruttolistenpreiserhöhungen zudem dadurch verstärkt, dass auch die Einführung von Fahrzeugen, die der jeweils nächsten EURO-Abgasnorm entsprachen und damit technische Lösungen zur weiteren Reduzierung der Schadstoffemission verwirklichen mussten, die sich sowohl auf die Herstellungskosten als auch auf den Kundennutzen auswirkten, koordiniert wurden. Dadurch wurde ein Gleichlauf von zu erwartender Kosten- und Preisentwicklung sowohl bei den Fahrzeugen erzielt, die noch der alten Schadstoffklasse entsprachen, als auch bei denjenigen, die bereits die Anforderungen der neuen Abgasnorm erfüllten.
In diesem Zusammenhang rügt die Revision ohne Erfolg, die Kommission habe lediglich für die Einführung der Abgasnorm EURO 3 eine Vereinbarung über deren Zeitpunkt und die Bandbreite des Preisaufschlags festgestellt. In der grundlegenden Beschreibung der erfolgten Kartellverstöße in Randnummer 50 hat die Kommission vielmehr dargelegt, dass die Bruttolistenpreiskoordinierung Absprachen oder abgestimmte Verhaltensweisen der Kartellbeteiligten umfasste, um den Zeitpunkt und die Überwälzung der Kosten für die Einführung der von den Abgasnormen EURO 3 bis 6 geforderten Schadstoffreduktionstechnologien anzugleichen ("in order to align ... the timing and the passing on of costs for the introduction ...").
(c) Vor diesem Hintergrund besteht für den Senat auch kein Anlass, von der Einschätzung abzuweichen, dass der auf verschiedene wirtschaftswissenschaftliche Gutachten gestützte Einwand der Beklagten gegen die Heranziehung des Erfahrungssatzes, die Koordinierung von Bruttolistenpreisen und deren Erhöhung erfülle keine der Voraussetzungen, die nach wirtschaftswissenschaftlicher Erkenntnis für eine erfolgreiche Koordinierung von Transaktionspreisen erforderlich sei, nicht durchgreift. Denn dieser Einwand geht am Wirkungsmechanismus des LKW-Kartells vorbei.
Der Transaktionspreis, also der Preis, den ein Erwerber eines Lastkraftwagens mit dem Händler vereinbart, von dem er das Fahrzeug erwirbt, ist durch die Hersteller unmittelbar nicht koordinierbar. Denn sie haben nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten und ihrer Streithelferinnen und den Feststellungen des Berufungsgerichts auf diesen Preis keinen direkten Einfluss. Der Händler wiederum hat keinen Einfluss auf seine Einstandskosten, die wesentlich durch die Einstandskosten der Großhandels-Ebene bestimmt werden, die diese mit der Zentrale des Herstellers vereinbart hat. Sowohl für den Händler als auch für den Großhändler kann es, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, im Einzelfall sinnvoll erscheinen, eine Erhöhung seiner Einstandskosten (teilweise) "auf seine Marge zu nehmen". Als regelmäßige "Strategie" kommt dies jedoch schon für den einzelnen Händler sinnvollerweise nicht in Betracht, da dies dauerhaft für ihn nicht auskömmlich wäre, und schon gar nicht kann es, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat, als naheliegend angesehen werden, dass sämtliche Händler regelhaft in dieser Weise verführen.
Für den Händler wie für den Großhändler besteht hierzu auch kein Anlass. Insbesondere besteht bei ihm nicht die Interessenlage, die einen Kartellbeteiligten dazu veranlassen kann, unter Bruch der Kartelldisziplin von einer vereinbarten Preiserhöhung zugunsten einer Ausweitung seines eigenen Umsatzes abzuweichen. Denn mangels Kenntnis der Kartellabsprachen und angesichts der nahezu vollständigen Marktabdeckung durch das Kartell kann der (Groß-)Händler den Preis, den er selbst zahlen muss, nicht als einen über dem Wettbewerbspreis liegenden Preis erkennen. Er kann insbesondere nicht zwischen solchen Preiserhöhungen unterscheiden, die sich aus den dargestellten inflatorischen oder technischen Bruttolistenpreisänderungen ergeben, und solchen, die infolge der Koordinierung der Bruttolistenpreisänderungen über diejenigen Listenpreise hinausgehen, die die Hersteller ohne die wettbewerbsbeschränkenden Absprachen und Verhaltensweisen gesetzt hätten.
dd) Es begründet danach auch keinen Rechtsfehler der tatrichterlichen Würdigung, dass das Berufungsgericht die tatsächliche Vermutung, dass die von den Erwerbern der von den Kartellbeteiligten hergestellten Lastkraftwagen zu zahlenden Marktpreise über denjenigen lagen, die sich ohne die wettbewerbsbeschränkende Absprache gebildet hätten, auch in denjenigen Fällen herangezogen hat, in denen die - neuen - Fahrzeuge nicht unmittelbar vom Hersteller, sondern von einem rechtlich selbständigen Händler erworben wurden.
(1) Das Berufungsgericht hat zu den genauen Umständen der Erwerbe der sechs DAF-Lastkraftwagen durch die Klägerin, die zwischen September 2004 und August 2006 erfolgt sind, keine Feststellungen getroffen. Zugunsten der Beklagten ist daher der revisionsrechtlichen Prüfung zugrundezulegen, dass die von der Klägerin erworbenen Fahrzeuge in einem ersten Schritt von der Streithelferin zu 1 oder zu 2 oder einer anderen Konzerngesellschaft des DAF-Konzerns an einen rechtlich selbständigen LKW-Händler und sodann in einem zweiten Schritt von diesem an die Klägerin veräußert worden sind, diese Erwerbsvorgänge mithin keine Direkterwerbe, sondern indirekte oder mittelbare Erwerbe von Kartellbeteiligten darstellen, bei denen ein Schaden der Klägerin eine Schadensabwälzung durch den Händler auf den Endabnehmer voraussetzt.
(2) Eine solche Weitergabe einer Erhöhung seiner Einstandskosten durch den Händler durfte das Berufungsgericht nach dem von ihm rechtsfehlerfrei zugrunde gelegten Wirkungsmechanismus des Kartells jedoch ohne weiteres als hochwahrscheinlich ansehen.
(a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Ursächlichkeit einer Kartellabsprache für die Preisbildung auf nachfolgenden Marktstufen anhand des Preisniveaus zu ermitteln, das sich dort ohne die kartellbedingte Überteuerung eingestellt hätte. Da die Preisbildung üblicherweise von zahlreichen Faktoren der Marktstruktur und der jeweiligen kaufmännischen Strategie beeinflusst wird und die Möglichkeit besteht, dass der Preissetzungsspielraum des Abnehmers auf der vorgelagerten Marktstufe nicht auf der durch das Kartell geschaffenen Marktlage, sondern auf einer davon unabhängigen, besonderen Marktstellung oder anderen Gegebenheiten des Anschlussmarkts beruht, bedarf es für den erforderlichen Ursachenzusammenhang grundsätzlich der Feststellung, dass eine festgestellte Preiserhöhung gerade auf das Kartellgeschehen und nicht auf andere preisbildende Faktoren zurückgeht (BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - KZR 75/10, BGHZ 190, 145 Rn. 46 - ORWI). Dabei spricht es für eine Kostenwälzung, wenn die meisten der auf der nächsten Marktstufe als Anbieter auftretenden Nachfrager den Kartellpreis entrichten müssen und der Wettbewerb auf dem Anschlussmarkt ansonsten funktionsfähig ist.
(b) Im Streitfall liegt bereits die beschriebene klare Trennung verschiedener Marktstufen nicht vor. Anders als in dem der ORWI-Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt repräsentieren die selbständigen LKW-Händler keine durchgängig zwischen Hersteller und "Enderwerber" geschaltete Marktstufe. Vielmehr sind sie in die Vertriebsstruktur der Hersteller eingebunden, die ihre Produkte teilweise direkt oder indirekt über unselbständige Händler selbst vertreiben. Denn der Fahrzeugerwerb durch die Endkunden erfolgt teils direkt beim Hersteller, wobei diese Direktveräußerungen teilweise über Absatzmittler, also als Vertreter der Hersteller agierende Händler, vermittelt werden, teils bei selbständigen Händlern, die die Fahrzeuge auf eigene Rechnung veräußern. In beiden Fällen bildet der auf der Großhandelsebene zugrunde gelegte "Nationale Listenpreis" die Grundlage für die Preisvereinbarung, bei der die gegebenen Spielräume für die Einräumung von Nachlässen - entweder gegenüber dem Händler oder unmittelbar gegenüber dem Endkunden - genutzt werden konnten. Sofern der Endkunde vom Händler erwarb, konnte dieser zwar weitere Nachlässe einräumen. Wie ausgeführt (Rn. 44), rechtfertigt dies jedoch nicht die Annahme, dass deswegen kartellbedingte Erhöhungen der Einstandskosten nicht weitergegeben wurden.
(c) Dementsprechend hat das Berufungsgericht die in der ORWI-Entscheidung formulierten Voraussetzungen für eine zu erwartende Schadensweitergabe auch unabhängig davon, ob die selbständigen LKW-Händler als "echte" Marktstufe zwischen Herstellern und Endkunden einzuordnen sind, rechtsfehlerfrei vornehmlich deshalb als erfüllt angesehen, weil die äußerst hohe Marktabdeckung des Kartells dazu führte, dass die Händler nahezu ausnahmslos Abnehmer der Kartellanten waren und die Marktgegenseite praktisch keine Ausweichmöglichkeiten hatte. Bei solchen Konditionen wäre jedenfalls die Annahme, dass von den Herstellern bewirkte Preiserhöhungen regelhaft und vollständig auf der Ebene der (selbständigen) Händler "hängenblieben", völlig unplausibel.
b) Das Berufungsgericht hat seine Feststellung, der Klägerin sei wahrscheinlich ein Schaden entstanden, auch in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf eine Gesamtwürdigung der für oder gegen einen durch das Kartell verursachten Schaden sprechenden Umstände gestützt und dabei der tatsächlichen Vermutung kein unzutreffendes Gewicht beigemessen.
aa) Zutreffend ist das Berufungsgericht im Grundsatz davon ausgegangen, dass die Feststellung, ob der Preis, den ein an einer Kartellabsprache beteiligtes Unternehmen mit einem Abnehmer vereinbart, höher ist, als er ohne die Kartellabsprache wäre, oder allgemein das Preisniveau, welches sich auf einem von einer Kartellabsprache betroffenen Markt einstellt, über demjenigen Preisniveau liegt, das sich ohne die Absprache eingestellt hätte, vom Tatrichter unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung zu treffen ist und dass dieser, da Preise und Preisniveau unter nicht manipulierten Marktbedingungen notwendigerweise hypothetisch sind, dabei sämtliche Umstände in den Blick nehmen muss, die Bedeutung für die Abschätzung haben können, wie sich das Marktgeschehen ohne die Kartellabsprache wahrscheinlich entwickelt hätte (vgl. zuletzt BGHZ 227, 84 Rn. 56 - LKW-Kartell; BGHZ 224, 281 Rn. 34 f. - Schienenkartell II, jew. mwN).
bb) Im Rahmen der Abwägung der für und gegen einen wahrscheinlichen Schadenseintritt sprechenden Umstände hat das Berufungsgericht der tatsächlichen Vermutung für einen Anstieg des Marktpreisniveaus bei Lastkraftwagen und damit für einen Schaden der Klägerin entgegen der Rüge der Revision auch kein unzutreffend hohes Gewicht beigemessen.
(1) Die auf Feststellungen zu Art, Umfang und Dauer der Bruttopreislistenkoordinierung in Verbindung mit dem abgestimmten Verhalten bei der Einführung neuer Abgasnormen und der Weitergabe der Kosten hierfür gestützte Bewertung, die tatsächliche Vermutung für einen Preiseffekt der Absprachen habe im Streitfall erhebliches Gewicht, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat aus dieser Bewertung weder den Schluss gezogen, der Vermutung komme ein feststehender, beispielsweise in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes bemessener Anteil unter den abzuwägenden Indizien zu, noch hat es daraus gefolgert, dass an seitens der Beklagten und der Streithelferinnen vorgebrachte Gegenindizien höhere Anforderungen zu stellen oder diese sogar überhaupt nicht zu berücksichtigen wären. Vielmehr hat es mit seiner Wertung rechtsfehlerfrei zum Ausdruck gebracht, dass das Gewicht des Erfahrungssatzes entscheidend von der konkreten Ausgestaltung des Kartells und seiner Praxis abhängt und sich erhöht, je länger und nachhaltiger ein Kartell praktiziert wurde und je größer daher die Wahrscheinlichkeit ist, dass es Auswirkungen auf das Preisniveau gehabt hat, welches sich infolge der Ausschaltung oder zumindest starken Dämpfung des Wettbewerbs eingestellt hat, und dass daher im Streitfall gewichtige Anhaltspunkte für eine nachteilige Auswirkung der gegen Art. 101 AEUV verstoßenden Absprache der Beklagten und der Streithelferinnen auf das Marktpreisniveau sprächen.
(2) Entgegen der Rüge der Revision hat das Berufungsgericht die von der Beklagten vorgetragenen, gegen einen Schadenseintritt sprechenden Indizien auch nicht lediglich als Einwendungen gegen die - feststehende - Vermutung eines kausalen Schadens geprüft. Vielmehr hat es ausdrücklich aus der Gesamtschau der für und gegen einen Schadenseintritt sprechenden Umstände einschließlich des Erfahrungssatzes die Schlussfolgerung gezogen, ein Preiseffekt der Kartellabsprache sei wahrscheinlich. Dass das Berufungsgericht im Rahmen seiner Gesamtabwägung die von Beklagtenseite vorgebrachten Indizien zunächst auf ihre Substanz und Tragfähigkeit geprüft hat, ist notwendiger Teil des vom Tatrichter vorzunehmenden Bewertungsprozesses. Insofern ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht einige der von der Beklagten und ihren Streithelferinnen vorgetragenen Indizien - zum Teil vor dem Hintergrund des Erfahrungssatzes - für nicht beachtlich gehalten hat.
57 Dies gilt namentlich für den Einwand der Beklagten, der Wettbewerb zwischen den Kartellanten sei auch während des Kartellzeitraums nicht vollständig außer Kraft gesetzt worden, den das Berufungsgericht mit der Begründung als irrelevant angesehen hat, die (vollständige) Ausschaltung des Wettbewerbes um Marktanteile sei weder notwendige noch hinreichende Bedingung für das Funktionieren des von den beteiligten Unternehmen implementierten Mechanismus und entsprechend lasse sich mit dem Fortbestand eines gewissen Wettbewerbs unterhalb der allseits nützlichen Preiserhöhungsabsprachen ein Kartelleffekt nicht entscheidend infrage stellen. Eine solche Wertung hat der Senat bereits in anderem Zusammenhang gebilligt (BGHZ 227, 84 Rn. 92 - LKW-Kartell). Auch hieran ist festzuhalten. Es entsprach gerade der Wirkungsweise des Kartells, das über die Koordinierung von Bruttolistenpreiserhöhungen die direkte Koordinierung der Transaktionspreise weder erreichen noch auch nur anstreben konnte, dass der Wettbewerb zwischen den Herstellern nicht vollständig ausgeschaltet, sondern nur gedämpft und aus der Sicht der Kartellbeteiligten idealerweise gemeinsam auf ein sich in den Bruttopreislisten widerspiegelndes suprakompetitives "Einstandskostenniveau" gehoben wurde, das ohne die Verhaltenskoordinierung nicht durchsetzbar gewesen wäre.
Auch dem Umstand, dass sich die Koordinierung auf Bruttolistenpreise für "Ecktypen" als Grundmodelle der Lastkraftwagen bezogen hat, hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei keine entscheidende Bedeutung beigemessen. Es hat zu Recht angenommen, dass mangels Vortrags der Beklagten und ihrer Streithelferin dazu, inwiefern dieser Umstand der von dem Kartell angestrebten Abstimmung der Listenpreisvorgaben für die Großhandelsebene wesentlichen Abbruch getan haben sollte, nichts dagegen spricht, dass auch und gerade mit der Heranziehung von Ecktypen als struktureller Vorgabe für den Austausch von Informationen, mit deren Diskussion und mit der Abstimmung hierauf bezogener Preiserhöhungen die angestrebte Koordinierung erreicht werden konnte.
(3) Ein Rechtsfehler ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass das Berufungsgericht im Rahmen seiner Gesamtabwägung durch Abstellen auf das Gesamtbild des im Kommissionsbeschluss vom 19. Juli 2016 festgestellten Verstoßes gegen das Kartellverbot zu der Überzeugung gelangt ist, dass dieser zu einer wirksamen Koordinierung von Bruttopreislistenerhöhungen über den gesamten Kartellzeitraum geeignet war, und hierin ein starkes Indiz für Transaktionspreise gesehen hat, die über den hypothetischen Wettbewerbspreisen lagen. Sofern er dabei nicht die Grenzen der Bindungswirkung verkennt, ist der Tatrichter nicht gehindert, aus den bindenden Feststellungen der Kartellbehörde oder der Kommission weitergehende Schlussfolgerungen zu ziehen (BGHZ 227, 84 Rn. 89 - LKW-Kartell). Er ist auch nicht gehindert, sich nicht bindende Feststellungen zu eigen zu machen, solange diese von den Kartellbeteiligten nicht oder nicht hinreichend bestritten worden sind, und bei seinen Schlussfolgerungen aus bindenden Feststellungen zu berücksichtigen, ob und inwieweit sich die Kartellbeteiligten zu einzelnen in eher allgemeiner Form festgestellten Erscheinungsformen ihres kollusiven Verhaltens konkret eingelassen haben.
c) Die vom Berufungsgericht vorgenommene Gesamtwürdigung der für oder gegen einen durch das Kartell verursachten Schaden sprechenden Umstände, auf deren Grundlage es zu dem Ergebnis gelangt ist, der Klägerin sei wahrscheinlich ein Schaden entstanden, weist gleichwohl einen - durchgreifenden - Rechtsfehler auf. Die Revision rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht die von der Streithelferin DAF mit dem CL-Gutachten und von der Beklagten mit dem weiteren Gutachten der E.CA Economics GmbH vom 26. September 2019 mit dem Titel "Schätzung von etwaigen Preisaufschlägen infolge von Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht" (Anlage GL 39 - fortan: E.CA-Gutachten II) in den Rechtsstreit eingeführten Regressionsanalysen übergangen habe, in denen dargelegt worden sei, dass es bei den Preisen für schwere und mittelschwere Lastkraftwagen von Daimler und DAF keine ökonomische Evidenz für eine Abweichung der im Kartellzeitraum gezahlten Transaktionspreise vom hypothetischen Marktpreis gebe.
aa) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die von der Beklagten und den Streithelferinnen vorgelegten Privatgutachten stünden der Annahme eines Schadens nicht entgegen. Sämtliche Gutachten gingen schon im Ansatz unrichtig davon aus, dass es zwischen den Kartellanten lediglich einen Informationsaustausch gegeben habe. Dies gelte auch für das CL-Gutachten und das E.CA-Gutachten
II.
bb) Diese Würdigung beruht auf einem Fehlverständnis des Gegenstands dieser Gutachten. Das von DAF vorgelegte, als "Plausibilitätsanalyse" überschriebene CL-Gutachten beschreibt zwar in seinem ersten Teil eine ökonomische Analyse der Wirkungsweise des LKW-Kartells und eine Auseinandersetzung mit möglichen Schadenstheorien, die für den Streitfall im Wesentlichen von einem (reinen) Informationsaustausch ausgehen. Sein zweiter Teil ist jedoch einer ökonometrischen Analyse der Transaktionspreise während des Kartellzeitraums und nach dem Kartellzeitraum gewidmet und darauf ausgerichtet zu ermitteln, ob zwischen den beiden Zeiträumen ein systematischer Unterschied bei den Transaktionspreisen ausgemacht werden kann. Zu diesem Zweck seien die Transaktionspreise von 272.508 im Zeitraum 2004 bis 2017 bestellten und in fünf verschiedene Länder gelieferten DAF-LKW im Wege einer Regressionsanalyse verglichen worden. Auch das von der Beklagten eingereichte E.CA-Gutachten II enthält - anders als noch das E.CA-Gutachten I - eine Regressionsanalyse, die Daten von 540.042 im Zeitraum 1997 bis 2016 veräußerten schweren und mittelschweren Daimler-LKW zugrunde legt. Gegenstand der beiden Privatgutachten ist damit jeweils eine Vergleichsmarktbetrachtung, die eine empirische Betrachtung der Preise innerhalb und außerhalb des Kartellzeitraums enthält und damit im Grundsatz unabhängig von der Wirkungsweise der konkreten Absprachen ist.
cc) Das Berufungsgericht hätte sich im Rahmen der Gesamtwürdigung aller für und gegen einen Schadenseintritt sprechenden Indizien mit den von der Beklagtenseite vorgelegten Vergleichsmarktanalysen auseinandersetzen müssen.
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Tatrichter die Feststellung, ob der Preis, den ein an einer Kartellabsprache beteiligtes Unternehmen mit einem Abnehmer vereinbart, höher ist, als er ohne die Kartellabsprache wäre, oder allgemein das Preisniveau, welches sich auf einem von einer Kartellabsprache betroffenen Markt einstellt, über demjenigen Preisniveau liegt, das sich ohne die Absprache eingestellt hätte, zwar nach den Maßstäben des § 287 Abs. 1 ZPO treffen, sodass für die richterliche Überzeugungsbildung eine deutlich überwiegende, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit, dass ein Schaden entstanden ist, ausreicht (BGHZ 224, 281 Rn. 34 f. - Schienenkartell II mwN). Er muss aber in die Würdigung jeden Umstand mit indizieller Bedeutung für oder gegen einen Preiseffekt des Kartells einbeziehen, sofern dieser festgestellt oder von der Partei, die sich auf ihn beruft, unter Beweis gestellt worden ist.
(2) Die von der Beklagten und der Streithelferin DAF vorgelegten Vergleichsmarktanalysen, die zu dem Ergebnis kommen, dass ein kartellbedingter Mehrerlös im Streitfall nicht festzustellen sei, stellen einen solchen zu berücksichtigenden Umstand mit indizieller Bedeutung dar.
(a) Der Bundesgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ein kartellbedingter Mehrerlös und der damit korrespondierende Schaden des Abnehmers anhand der Preisentwicklung auf kartellfreien - zeitlichen, räumlichen oder sachlichen - Vergleichsmärkten bestimmt werden kann. Er erkennt die Vergleichsmarktbetrachtung und zu deren Operationalisierung die Regressionsanalyse als eine von mehreren auf einer anerkannten ökonomischen Theorie beruhenden Methoden zur Schätzung des Mehrerlöses im Rahmen von § 19 und § 81 GWB an (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2018 - KRB 51/16, WuW 2019, 146 Rn. 66 f. - Flüssiggas I mwN). Zwar wird die Regressionsanalyse - neben anderen zulässigerweise in Betracht kommenden Methoden - in der Praxis vornehmlich zur Ermittlung der Schadenshöhe herangezogen, weil sie die Differenzbildung zwischen den Preisen auf dem vom Kartell beeinflussten Markt und den Preisen auf dem kartellfreien Vergleichsmarkt ermöglicht. Da aber jeder Differenzbetrag über null zugleich impliziert, dass eine kartellbedingte Preiserhöhung eingetreten ist, und umgekehrt eine Differenz gleich oder unter null eine solche Preiserhöhung ausschließt, ist sie ebenso geeignet, das "Ob" eines Schadens zu ermitteln. Sie stellt damit zugleich - wenn sie auf einer hinreichend verlässlichen Datengrundlage methodisch korrekt und mit signifikanten Ergebnissen durchgeführt worden ist - ein relevantes Indiz für oder gegen den im Rahmen eines Grundurteils zu ermittelnden Umstand dar, dass der klagenden Partei durch den Kartellverstoß wahrscheinlich jedenfalls ein Schaden in irgendeiner Höhe entstanden ist.
(b) Die (mögliche) indizielle Bedeutung der von der Beklagtenseite vorgelegten Gutachten ist nicht von vornherein deshalb ausgeschlossen, weil die Regressionsanalysen für die zeitliche Vergleichsmarktbetrachtung maßgeblich unternehmensindividuelles Datenmaterial verwenden, welches von der Beklagten und der Streithelferin DAF selbst stammt. Validität und Aussagekraft einer Vergleichsmarktbetrachtung auf dieser Grundlage bedürfen vielmehr der tatrichterlichen Beurteilung.
(c) Die Auseinandersetzung mit den von der Beklagten und ihrer Streithelferin vorgelegten Regressionsanalysen im Rahmen der Gesamtabwägung aller für oder gegen einen Schadenseintritt sprechenden Umstände war auch nicht deshalb entbehrlich, weil diese durch das von der Klägerin vorgelegte Gutachten gewissermaßen aufgewogen würden.
Das von der Hamburg Economics GmbH erstellte Gutachten (Anlage K 17, fortan: HE-Gutachten), auf welches die Klägerin ihre Ansprüche gegen die Beklagte maßgeblich stützt, enthält ebenfalls eine Regressionsanalyse mit Bezug auf den LKW-Markt und hat - anders als die von den Kartellanten vorgelegten Gutachten - einen kartellbedingten Preisaufschlag für Lastkraftwagen ermittelt. Es beruht auf einer Datenbasis von 5.893 durch 253 verschiedene Unternehmen im und nach dem Kartellzeitraum von sämtlichen Kartellbeteiligten beschafften Lastkraftwagen und weist für den Zeitraum 1997 bis 2003 einen Kartelleffekt in Höhe von durchschnittlich 7.007,49 Euro (9,59 % des relevanten Umsatzes) und für den Zeitraum 2004 bis zum Kartellende einen Kartelleffekt in Höhe von durchschnittlich 5.231,76 Euro (6,61 % des Umsatzes) pro schwerem LKW aus. Außer durch die unterschiedlichen betrachteten Zeiträume und die jeweils hinsichtlich der erfassten Erwerbsvorgänge unterschiedliche Datenbasis unterscheidet sich das HE-Gutachten vom CL-Gutachten und vom E.CA-Gutachten II in den Grundlagen dadurch, dass jenes Gutachten die allgemeine Kostenentwicklung im Markt sowie Nachfrageschwankungen zusammengefasst über eine Variable berücksichtigt, für die der EUROSTAT-Erzeugerpreisindex für die Herstellung von Karosserien, Aufbauten und Anhängern von Lastkraftwagen benutzt wird. Demgegenüber verwenden die Gutachten der Beklagten und der Streithelferin DAF unterschiedliche, teilweise aggregierte Kostenangaben des jeweiligen Herstellers.
Durch das von der Klägerin vorgelegte Gutachten werden jedoch die Ergebnisse der von der Beklagten und der Streithelferin DAF vorgelegten Gutachten nicht ohne weiteres in Frage gestellt. Vielmehr hat die Beklagte ihrerseits den methodischen Ansatz des Parteigutachtens der Klägerin kritisiert. Die fehlende tatrichterliche Bewertung des unterschiedlichen verwendeten Datenmaterials und der unterschiedlichen methodischen Ansätze, zu denen auch unterschiedliche betrachtete Zeiträume sowohl während der Praktizierung des Kartells als auch danach gehören, kann im Revisionsverfahren nicht durch eine Beurteilung des Revisionsgerichts ersetzt werden.
(3) Angesichts dieser Befunde durfte das Berufungsgericht den von der Beklagten und DAF vorgelegten Betrachtungen eines zeitlichen Vergleichsmarkts nicht ohne nähere Auseinandersetzung mit Datengrundlage, Methodik und Ergebnis der Regressionsanalysen die Eignung absprechen, indiziell gegen einen Preiseffekt des LKW-Kartells zu sprechen, und es durfte sie dementsprechend im Rahmen seiner Gesamtwürdigung sämtlicher für und gegen einen Schadenseintritt sprechenden Indizien nicht ohne tragfähige Begründung unberücksichtigt lassen.
IV. Der Senat kann in der Sache nicht - auch nicht teilweise - selbst entscheiden.
1. Eine Endentscheidung kann der Senat insbesondere nicht im Hinblick auf eine etwaige Verjährung der von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzansprüche treffen. Vielmehr ist das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzansprüche sämtlich unverjährt sind.
a) Soweit sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts wendet, die nach § 33 Abs. 5 GWB 2005 für die Verjährungshemmung maßgebliche Einleitung eines Verfahrens durch die Europäische Kommission sei bereits mit der Vornahme der gegen die Kartellanten gerichteten Ermittlungsmaßnahmen am 18. Januar 2011 erfolgt, da die Kommission an diesem Tag erste Nachprüfungen in den Räumlichkeiten der Kartellanten durchgeführt habe, und stattdessen der Auffassung ist, erst der Einleitung eines förmlichen Ermittlungsverfahrens komme nach dem Gesetz verjährungshemmende Wirkung zu, hat ihre Rüge keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat den Beginn der Verjährungshemmung rechtsfehlerfrei bestimmt. Wie der Bundesgerichtshof nach Verkündung des Berufungsurteils entschieden hat, setzt eine Verfahrenseinleitung im Sinne des § 33 Abs. 5 GWB 2005 auch bei Tätigwerden der Europäischen Kommission nicht die Einleitung eines förmlichen Verfahrens voraus, sondern erfordert lediglich die Durchführung von behördlichen Maßnahmen gegen ein Unternehmen, die erkennbar darauf abzielen, gegen dieses Unternehmen wegen einer Beschränkung des Wettbewerbs zu ermitteln (BGHZ 227, 84 Rn. 79-85 - LKW-Kartell).
b) Das Berufungsgericht hat auch den - allein für den aus dem Erwerbsvorgang im März 2001 resultierenden möglichen Schadensersatzanspruch relevanten - Zeitpunkt des Endes der Verjährungshemmung infolge der Einleitung des Ermittlungsverfahrens durch die Europäische Kommission rechtsfehlerfrei berechnet. Es ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Zeitraum der Hemmung nach § 33 Abs. 5 GWB 2005 gemäß § 204 Abs. 2 BGB erst sechs Monate nach Ablauf der zweimonatigen Frist des Art. 263 Abs. 4 AEUV zur Erhebung einer Klage gegen den Kommissionsbeschluss vom 19. Juli 2016 abläuft und damit im Streitfall die Verjährungshemmung nicht vor dem 20. März 2017 endete.
aa) § 33 Abs. 5 Satz 2 GWB 2005 verweist für die Dauer der Verjährungshemmung auf § 204 Abs. 2 BGB, nach dessen Satz 1 die Hemmung sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens endet. Welches der für den Beginn der Sechsmonatsfrist maßgebliche Zeitpunkt ist, wenn die Hemmung durch die Einleitung eines Verfahrens durch die Kommission der Europäischen Union wegen eines Kartellverstoßes erfolgt, das mit dem Erlass eines Bußgeldbeschlusses endet, legen weder das Bürgerliche Gesetzbuch noch das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung von 2005 fest.
bb) Sofern der oder die Adressaten einen Bußgeldbeschluss der Kommission mit der Nichtigkeitsklage nach Art. 263 Abs. 4 AEUV angreifen, ist der maßgebliche Zeitpunkt für den Beginn der Sechsmonatsfrist, nach deren Ablauf die Verjährungshemmung nach § 33 Abs. 5 GWB 2005 endet, nach ganz herrschender Meinung nicht die Bekanntgabe des Beschlusses, sondern vielmehr erst die rechtskräftige Entscheidung im gerichtlichen Verfahren bzw. dessen anderweitige Beendigung (vgl. Emmerich in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., § 33 Rn. 78; Bechtold/Bosch in Bechtold/Bosch, GWB (Kartellgesetz), 9. Aufl., § 33 Rn. 42 (zu § 33 GWB 2005); für den aktuell geltenden § 33h Abs. 4 GWB wird dies in der Begründung des Gesetzentwurfs ausdrücklich zugrunde gelegt, vgl. BT-Drucks. 18/10207, S. 66). Wird jedoch keine Nichtigkeitsklage erhoben, kommt als maßgeblicher Zeitpunkt zum einen der Tag der Bekanntgabe des Bußgeldbeschlusses in Betracht, weil das Verfahren damit beendet ist, zum anderen der Tag, an dem der Bußgeldbeschluss durch den in Anspruch genommenen Adressaten nicht mehr angegriffen werden kann, also die in Art. 263 Abs. 4 AEUV geregelte zweimonatige Klagefrist abgelaufen ist. Auf den letztgenannten Zeitpunkt hat auch das OLG Stuttgart abgestellt (Urteil vom 4. April 2019 - 2 U 101/18, juris Rn. 205). Darüber hinaus ist die Frage, soweit ersichtlich, in der obergerichtlichen Rechtsprechung bislang nicht behandelt worden.
cc) Nach zutreffendem Verständnis beginnt die Sechsmonatsfrist des § 204 Abs. 2 BGB bei Kartellschadensersatzansprüchen, deren Verjährung wegen der Einleitung eines Verfahrens durch die Europäische Kommission wegen eines Kartellverstoßes gem. § 33 Abs. 5 GWB 2005 gehemmt wird, nicht mit der Bekanntgabe des Bußgeldbescheids, sondern mit dem Ablauf der Frist für die Erhebung der Nichtigkeitsklage nach Art. 263 Abs. 4 AEUV.
(1) Im nationalen Recht wird ein Bußgeldbescheid (formell) bestandskräftig und vollstreckbar, wenn der Betroffene von der Möglichkeit des Einspruchs keinen Gebrauch macht und sich damit dem Spruch der Verwaltungsbehörde unterwirft (vgl. Kurz in Karlsruher Kommentar zum OWiG, 5. Aufl., § 65 Rn. 30; Sackreuther in BeckOK OWiG, § 65 Rn. 1 f. [Stand: 1.4.2021]; Krenberger/Krumm in Bohnert/Krenberger/Krumm, OWiG, 6. Aufl., § 67 Rn. 1). Die in § 84 Abs. 1 OWiG geregelte Wirkung der "Rechtskraft" tritt also - wenn keine gerichtliche Anfechtung erfolgt - erst mit Ablauf der Einspruchsfrist ein. Dies gilt ohne Einschränkungen auch für Kartellbußgeldbescheide, da das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen nur hinsichtlich der zuständigen Behörde und Gerichte spezielle Verfahrensvorschriften enthält. Dementsprechend endet bei einem vom Bundeskartellamt erlassenen Bußgeldbescheid die Hemmungswirkung des § 33 Abs. 5 GWB erst sechs Monate nach Ablauf der zweiwöchigen Einspruchsfrist nach § 67 Abs. 1 OWiG.
(2) Einer Übertragung dieser Maßstäbe auf die rechtliche Behandlung eines Bußgeldbeschlusses der Europäischen Kommission in Bezug auf deren verjährungshemmende Wirkung steht nicht entgegen, dass ein solcher Beschluss bereits mit seiner Bekanntgabe Bestandskraft erlangt und durchgesetzt werden kann (vgl. Lübbig in Münchener Kommentar Europäisches und Deutsches Wettbewerbsrecht, 2. Aufl., § 33 Rn. 108) und dass er nach Art. 16 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 für die nationalen Kartellbehörden und Gerichte Bindungswirkung entfaltet. Denn für die Verjährungshemmung ist allein relevant, dass auch ein bestandskräftiger Bußgeldbeschluss, wie im nationalen Verfahren, in einem gerichtlichen Verfahren aufgehoben oder abgeändert werden kann. Insofern besteht auch hier bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist die Möglichkeit, dass der Beschlussinhalt keinen Bestand hat und damit im Ergebnis keine taugliche Grundlage für eine Schadensersatzklage bietet. Insofern steht auch auf Unionsrechtsebene der im Beschluss festgestellte Sachverhalt als Grundlage für Ansprüche von dem Kartellverstoß betroffener Schadensersatzkläger erst fest, wenn der Beschluss gerichtlich nicht mehr angefochten werden kann. Dies gilt auch für Bußgeldverfahren, die mit einem Vergleich ("settlement") enden, denn auch in einem solchen Fall ist die Erhebung einer Nichtigkeitsklage durch die Beschlussadressaten nicht ausgeschlossen.
(3) Für eine Berücksichtigung der Klagefrist spricht danach der vom Gesetzgeber mit der Einführung des Hemmungstatbestands des § 33 Abs. 5 GWB 2005 verfolgte Zweck. Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung sollte erreicht werden, dass individuell Geschädigte tatsächlich in den Genuss der Tatbestandswirkung des § 33 Abs. 4 GWB 2005 kommen können und zivilrechtliche Schadensersatzansprüche nach Ablauf eines langwierigen Bußgeldverfahrens nicht bereits verjährt sind (vgl. BT-Drucks. 15/3640, S. 55). Präzisiert wird dieser Aspekt im Gesetzentwurf der Bundesregierung zur 9. GWB-Novelle aus dem Jahr 2016, wo zu dem dort neu eingeführten § 33h Abs. 6 GWB erläutert wird, es solle gewährleistet sein, dass der Geschädigte nach dem Abschluss eines behördlichen oder gerichtlichen Verfahrens wegen eines Kartellverstoßes genug Zeit habe, um sich die erforderlichen Informationen für die Geltendmachung von Schadensersatz zu verschaffen, für die häufig die Kenntnis der gerichtlichen oder behördlichen Entscheidung der Ausgangspunkt sein werde (vgl. BT-Drucks. 18/10207, S. 66).
Dieser gesetzgeberische Zweck, dem Geschädigten für die Prüfung eigener Ansprüche auf einer hinreichenden und verbindlichen Tatsachengrundlage eine Frist von jedenfalls sechs Monaten zu gewähren, würde bei einer Außerachtlassung der zweimonatigen Klagefrist des Art. 263 Abs. 4 AEUV bei der Festlegung des Beginns der Sechsmonatsfrist des § 204 Abs. 2 BGB im Anwendungsbereich des § 33 Abs. 5 GWB 2005 zwar nicht verfehlt, aber doch schlechter erfüllt. Denn dem Geschädigten, der - beispielsweise zur Vermeidung von Rechtsberatungskosten - zunächst abwartete, ob der Bußgeldbescheid von dem oder den Adressaten gerichtlich angegriffen wird, blieben dann nur noch vier Monate fortdauernder Hemmung der Verjährung, in denen er die Geltendmachung seiner Ansprüche prüfen (lassen) und diese in dem für die Erhebung einer Klage erforderlichen Maße präzisieren könnte.
2. Eine - klageabweisende - Endentscheidung kann der Senat auch nicht im Hinblick auf die Schadensersatzansprüche wegen des Erwerbs der DAF-Fahrzeuge treffen. Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe fehlerhaft angenommen, dass die Klägerin diese Ansprüche bereits in der Klageschrift geltend gemacht habe, greift nicht durch. Der Senat tritt der im Lichte der Klagebegründung fehlerfreien Auslegung des ursprünglichen Klageantrags durch das Berufungsgericht bei.
3. Die Sache ist daher insgesamt zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
V. Bei der erneuten Prüfung, ob der Klägerin durch die Absprachen, an denen sich die Beklagte und ihre Streithelferinnen beteiligt haben, ein Schaden entstanden ist, und der sich daran gegebenenfalls anschließenden Prüfung der Höhe des eingetretenen Schadens wird das Berufungsgericht Folgendes zu berücksichtigen haben:
1. Vor einer etwaigen erneuten Gesamtabwägung aller für die Feststellung eines Schadenseintritts maßgeblichen Indizien wird es - gegebenenfalls mit sachverständiger Unterstützung - die Belastbarkeit der von den Parteien vorgelegten Regressionsanalysen überprüfen müssen. Bei der Befassung mit den Gutachten wird es den von der jeweiligen Gegenseite vorgebrachten Einwänden gegen die jeweils herangezogenen Datengrundlagen nachgehen müssen. Soweit sich die im CL-Gutachten und E.CA-Gutachten II verwendeten Daten mangels näherer Erläuterung durch die Beklagte und die Streithelferinnen nicht einer Verifizierung von vornherein entziehen, wird es auch insoweit die Heranziehung sachverständiger Unterstützung zu erwägen haben.
2. Angesichts dessen wird das Berufungsgericht auch zu prüfen haben, ob nach dem erreichten Sach- und Streitstand eine erneute Entscheidung nur über den Grund der Klageansprüche prozessökonomisch sein kann. Es wird daher zu erwägen haben, sich - unter An-Sich-Ziehen des beim Landgericht anhängigen Betragsverfahrens - unmittelbar der Ermittlung des hypothetischen Marktpreises und damit dem Grund und der Höhe eines etwaigen Schadens der Klägerin zuzuwenden (vgl. dazu bereits BGHZ 224, 281 Rn. 51 ff. - Schienenkartell II mwN). Im Rahmen der ihm insoweit zukommenden Schätzungsbefugnis steht dem Tatrichter und damit auch dem Berufungsgericht ein erheblicher methodischer Spielraum zu, sodass es auch eine andere als die von den Parteien gewählte Methode und andere Vergleichsdaten heranziehen kann, solange es damit dem vorgegebenen Ziel gerecht wird, mit einem der Sache angemessenen Aufwand der Wirklichkeit durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen möglichst nahezukommen (vgl. BGH, WuW 2019, 146 Rn. 67 - Flüssiggas I mwN).
3. Sollte es dabei zu einem Schaden der Klägerin gelangen, wird das Berufungsgericht den von der Beklagten erhobenen Einwand der Schadensabwälzung ("Passing-on defense") nicht mit der im angefochtenen Urteil gegebenen Begründung zurückweisen können.
a) Es hat dazu ausgeführt, im Streitfall spreche zwar nach den Grundsätzen kaufmännischer Vernunft prima facie einiges dafür, dass die Klägerin die ihr durch den Erwerb der Lastkraftwagen entstandenen Kosten einschließlich der kartellbedingten Mehrkosten über ihre Preise an ihre Kunden weitergegeben habe. Auch komme "für den unklaren Fall eines Weiterverkaufs" in Betracht, dass mit dem Weiterverkaufspreis ein Teil des überhöhten Einkaufspreises habe finanziert werden können. Eine Vorteilsausgleichung scheide gleichwohl aus, weil die Beklagte und die Streithelferinnen dadurch unbillig begünstigt würden. Denn in einem solchen Fall bliebe der Kartellverstoß für sie praktisch folgenlos, weil weder die Klägerin von ihren Abnehmern noch die Kartellbeteiligten in nennenswertem Umfang von in der Wertschöpfungskette hinter den Fahrzeugkäufern rangierenden Personen oder Unternehmen auf Erstattung überhöhter Preisanteile in Anspruch genommen würden. Die Beklagte könne dazu lediglich auf einen einzigen Fall verweisen, in dem sie von einer Holzwerkstoffproduzentin auf Ersatz der dieser wegen des LKW-Kartells entstandenen Schäden in Anspruch genommen werde. Dies vermöge ihren Einwand und den generellen Ausschluss ihrer Schadensersatzpflicht nicht zu begründen.
b) Diese Ausführungen stehen mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht vollständig in Einklang.
aa) Es entspricht gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass sich das wegen eines Kartellverstoßes auf Schadensersatz in Anspruch genommene Unternehmen grundsätzlich darauf berufen kann, seinem Abnehmer sei deshalb kein oder nur ein geringerer Schaden verblieben, weil er die durch die kartellbedingte Preiserhöhung verursachte Erhöhung seiner Kosten ganz oder zum Teil an seine eigenen Abnehmer weitergegeben habe. Steht nämlich eine feststellbare Kostenwälzung in adäquatem Kausalzusammenhang mit dem kartellbedingten Preisaufschlag, kann der Mehrerlös des Primärgeschädigten als Schaden seiner Kunden und damit zugleich als ausgleichspflichtiger Vorteil auf Seiten des Primärgeschädigten angesehen werden (BGHZ 227, 84 Rn. 94 - LKW-Kartell; BGH, Urteil vom 23. September 2020 - KZR 4/19, WuW 2021, 37 Rn. 36 - Schienenkartell V; Urteil vom 19. Mai 2020 - KZR 8/18, WuW 2020, 597 Rn. 46 - Schienenkartell IV; BGHZ 190, 145 Rn. 58 - ORWI). Wie der Senat bereits ausgeführt hat, stehen diese Grundsätze mit den Vorgaben der Art. 12 bis 14 Richtlinie 2014/104/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. November 2014 über bestimmte Vorschriften für Schadensersatzklagen nach nationalem Recht wegen Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union (Abl. EU 2014, Nr. L 349, S. 1) in Übereinstimmung (vgl. BGH, WuW 2021, 37 Rn. 36 - Schienenkartell V mwN), die allerdings auf den Streitfall in zeitlicher Hinsicht keine Anwendung finden (Art. 22 der Richtlinie).
bb) Der Senat hat in jüngeren Entscheidungen mehrfach ausgeführt, dass die Berücksichtigungsfähigkeit einer Schadensweitergabe im Rahmen des Kartellschadensersatzes gesteigerten Anforderungen unterliegt und aus normativen Erwägungen auch gänzlich ausgeschlossen sein kann. Einen vollständigen Ausschluss der Vorteilsausgleichung hat er jedoch nur für bestimmte Fallkonstellationen anerkannt und nicht auf alle Fälle erstreckt, in denen eine Inanspruchnahme der Kartellanten durch die nachgelagerte Marktstufe im Zeitpunkt der Entscheidung nicht oder nur in unerheblichem Umfang erfolgt.
(1) Ausgangspunkt der - normativen - Einschränkung des Vorteilsausgleichs beim Kartellschadensersatz ist der allgemeine schadensrechtliche Grundsatz, dass die Anrechnung von Vorteilen, die dem Geschädigten aufgrund des Schadensereignisses zugeflossen sind, diesen nicht unzumutbar belasten und insbesondere den Schädiger nicht unbillig begünstigen darf. Darüber hinaus ist in den Blick zu nehmen, dass der Ersatz kartellbedingter Schäden integraler Bestandteil des Systems zur effektiven Durchsetzung kartellrechtlicher Verbotstatbestände ist und die behördliche Durchsetzung dieser Vorschriften ergänzt. Daher ist im Rahmen der Prüfung einer Vorteilsausgleichung auch das öffentliche Interesse an der Gewährleistung eines unverfälschten Wettbewerbs zu berücksichtigen, das beeinträchtigt würde, wenn die Einstandspflicht der Kartellbeteiligten für die von ihnen verursachten Schäden wegen eines lediglich möglichen, aber nicht feststellbaren Vorteils beschränkt oder gar vollständig verneint würde (BGHZ 227, 84 Rn. 95 - LKW-Kartell; BGH, WuW 2021, 37 Rn. 50 - Schienenkartell V, jew. mwN).
(2) Daraus folgt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zunächst, dass an die Darlegung einer tatsächlich erfolgten Schadensabwälzung durch das in Anspruch genommene, an der Absprache beteiligte Unternehmen keine zu geringen Anforderungen gestellt werden dürfen.
(a) So kommt eine Vorteilsausgleichung nicht schon deshalb in Betracht, weil der Primärgeschädigte wie jedes Unternehmen typischerweise ein Interesse daran hat, seinen Preis an den Gestehungskosten auszurichten und seine Ware mit Gewinn zu verkaufen oder seine Dienstleistung mit Gewinn zu erbringen. Die Kausalität der Kartellabsprache für den Vorteil, der dem Primärgeschädigten in Form höherer Erlöse zufließt, ist vielmehr im Grundsatz nach den gleichen Maßstäben zu beurteilen wie die Feststellung der kartellbedingten Preisüberhöhung, weil sein kartellbedingter Vorteil das Spiegelbild des seinem Kunden kartellbedingt entstehenden Schadens ist. Es ist also auch in diesem Zusammenhang anhand der ökonomischen Gegebenheiten auf den Anschlussmärkten zu beurteilen, ob und inwieweit die Preisbildung auf einer nachfolgenden Marktstufe durch den Preiseffekt des Kartells bedingt ist. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass ein Erfahrungssatz, der - wie im Streitfall - für einen Preiseffekt des Kartells streitet, jedenfalls nicht ohne weiteres auch Aussagen über die Wahrscheinlichkeit einer Kostenwälzung erlaubt, insbesondere wenn diese mögliche Kostenwälzung einen sachlich anders abzugrenzenden Markt betrifft (BGHZ 227, 84 Rn. 96 - LKW-Kartell mwN).
(b) Der Kartellteilnehmer, den die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen der Vorteilsausgleichung trifft, muss daher anhand der allgemeinen Marktverhältnisse auf dem relevanten Absatzmarkt, insbesondere der Nachfrageelastizität, der Preisentwicklung und der Produkteigenschaften, plausibel dazu vortragen, dass eine Weiterwälzung der kartellbedingten Preiserhöhung zumindest ernsthaft in Betracht kommt. Der erforderliche Detaillierungsgrad des Vorbringens hat dabei den Umständen des Einzelfalles, insbesondere der Komplexität der ökonomischen Zusammenhänge, Rechnung zu tragen. Kommt eine Kostenwälzung auf unterschiedlichen Absatzmärkten in Betracht - im Streitfall wären dies nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in erster Linie der Markt der Speditionsdienstleistungen, möglicherweise auch nur ein bestimmter Bereich dieses Gesamtmarktes, sowie aufgrund der von der Beklagten behaupteten Weiterveräußerung einiger der erworbenen Lastkraftwagen der Markt für gebrauchte Lastkraftwagen -, muss der Kartellteilnehmer für jeden Absatzmarkt gesondert darlegen, dass und in welcher Weise sich eine kartellbedingte Erhöhung der Einstandskosten der auf dem vorgelagerten Markt Geschädigten auf die Wettbewerbspreise auf dem nachgelagerten Markt ausgewirkt haben kann.
(c) Soweit nach entsprechendem detaillierten Sachvortrag der in Anspruch genommenen Kartellanten Darlegungs- und Beweisschwierigkeiten verbleiben, die aus der fehlenden Kenntnis von der konkreten Verwendung des jeweiligen Kartellguts durch den Erwerber resultieren, kommt eine sekundäre Darlegungslast des Erwerbers in Betracht. Ferner können ihnen Auskunftsansprüche nach § 33g Abs. 2 und 10 GWB i.V.m. § 89b GWB zustehen. Dass diese Normen auf alle Rechtsstreitigkeiten wegen Kartellschadensersatz anwendbar sind, in denen nach dem 26. Dezember 2016 Klage erhoben worden ist, mithin auch im Streitfall, hat der Gesetzgeber zwischenzeitlich ausdrücklich klargestellt (§ 186 Abs. 4 GWB).
(3) Eine Anrechnung der dem Geschädigten durch eine Schadensweitergabe zugeflossenen Vorteile auf den ihm infolge eines Kartellverstoßes entstandenen Schaden kann nach dem Zweck des Schadensersatzanspruchs und der mit ihm erfolgenden privatrechtlichen Durchsetzung kartellrechtlicher Verbotstatbestände darüber hinaus aus Rechtsgründen auch vollständig ausgeschlossen sein.
(a) Der Senat hat dies insbesondere für Fallkonstellationen in Betracht gezogen, in denen die mittelbaren Abnehmer auf nachgelagerten Vertriebs- oder Wertschöpfungsstufen den ihnen aus dem Kartellverstoß entstandenen Schaden nur schwer erfassen können und voraussichtlich gegenüber den Kartellbeteiligten nicht geltend machen, wie insbesondere bei Streuschäden, bei denen für den einzelnen mittelbar Geschädigten nur ein relativ geringfügiger Anspruch in Betracht kommt. Angesichts des Umstands, dass in einem solchen Fall eine mehrfache Inanspruchnahme der Kartellbeteiligten nicht zu besorgen ist und stattdessen ihre jedenfalls teilweise Freistellung von der Haftung für die Folgen der Verfälschung des Preisniveaus auf dem kartellierten Markt droht, kann in einem solchen Fall die sorgfältige Abwägung aller Umstände zu dem Ergebnis führen, dass die Anwendung der Grundsätze der Vorteilsausgleichung eine unbillige Entlastung der Kartellbeteiligten zur Folge hätte. Daher ist insbesondere zu berücksichtigen, ob, in welchem Umfang und aus welchen Gründen die Erhebung von Ansprüchen mittelbarer Abnehmer gegen die Kartellbeteiligten zu erwarten ist oder umgekehrt fernliegt (vgl. BGH, WuW 2021, 37 Rn. 51 - Schienenkartell V). Denn je geringer die Anreize für die mittelbar geschädigten Abnehmer sind, Ansprüche gegenüber den Kartellbeteiligten zu erheben, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Anrechnung von Vorteilen aus den nachgelagerten Geschäften auf den Schaden des Primärgeschädigten zu einer faktischen Haftungsfreistellung für die Kartellanten führt, und desto näher liegt somit aus Wertungsgründen ein Ausschluss der Vorteilsausgleichung (vgl. BGH, WuW 2021, 37 Rn. 58 - Schienenkartell V; zur Vereinbarkeit einer Einschränkung des Grundsatzes der Vorteilsausgleichung aus normativen Gründen mit dem Recht der Europäischen Union ebda Rn. 52 f. mwN).
(b) Auf Grundlage dieser Erwägungen hat der Bundesgerichtshof die Weitergabe kartellbedingt erhöhter Preise für Gleisoberbaumaterialien an die Kunden der erwerbenden kommunalen Nahverkehrsunternehmen durch infolge höherer Abschreibungen für Infrastrukturkosten erhöhte Fahrpreise als bei der Schadensbemessung nicht zu berücksichtigende Vorteile eingeordnet, weil dies zu einer unbilligen Entlastung der Schädiger führen würde. Er hat dabei nicht nur darauf abgestellt, dass die Entgelte auf dem nachgelagerten Markt des öffentlichen Personennahverkehrs einem hochkomplexen Preisbildungsmechanismus unterliegen, bei dem die in Streit stehenden Investitionskosten für den Gleisoberbau nur einen von zahlreichen Kostenfaktoren für den Preis der angebotenen Dienstleistung darstellen, so dass sich die Frage, ob und inwieweit die Kartellabsprache Auswirkungen auf die Preise des nachgelagerten Marktes - die Fahrpreise - hatte, allenfalls mit Hilfe komplexer und aufwändiger ökonometrischer Berechnungen beantworten ließe. Angesichts der Vielzahl der potenziell Geschädigten bestand zudem nur eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit dafür, dass die nachgelagerte Marktstufe die dort auftretenden Streuschäden gegenüber den Kartellanten liquidiert (BGH, WuW 2021, 37 Rn. 55-58 - Schienenkartell V).
cc) Die Auffassung des Berufungsgerichts, eine Vorteilsausgleichung scheide im Streitfall aus, weil die Beklagte oder die Streithelferinnen nicht in nennenswertem Umfang von den nächsten Marktstufen in Anspruch genommen würden und daher durch eine Berücksichtigung einer etwaigen Schadensweitergabe durch die Klägerin im Rahmen der Bemessung ihres Ersatzanspruchs unbillig begünstigt würden, steht mit diesen Grundsätzen nicht vollständig in Einklang. Ohne Feststellungen zu der konkreten Verwendung der erworbenen Lastkraftwagen durch die Klägerin und damit dem oder den für sie relevanten Absatzmärkten durfte das Berufungsgericht eine Vorteilsausgleichung nicht von vornherein aus normativen Gründen ausschließen. Denn die Absatzmärkte geben Aufschluss sowohl über Wahrscheinlichkeit und Umfang einer Schadensabwälzung als auch über die Zahl möglicherweise mittelbar Geschädigter und die potentielle Schadenshöhe bei dem einzelnen mittelbar Geschädigten und damit für die Ermittlung der Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme der Kartellbeteiligten durch eine nachfolgende Marktstufe.
c) Das Berufungsgericht wird daher im wiedereröffneten Berufungsverfahren zu prüfen haben, ob sich aus dem Vortrag der Beklagten oder ihrer Streithelferinnen hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass im Rahmen der aufgezeigten rechtlichen Grenzen eine - gegebenenfalls teilweise - Schadensabwälzung auf Kunden der Klägerin erfolgt ist und der Klägerin damit auf einen Schaden anrechenbare Vorteile zugeflossen sind. Insoweit wird allerdings der von der Revision in Bezug genommene Vortrag der Beklagten, sie werde nicht nur vor dem Landgericht München I, sondern auch vor dem Landgericht Köln, der Rechtbank Amsterdam und im Vereinigten Königreich in weiteren Verfahren auch von Teilnehmern der nächsten Marktstufe, nämlich von Personen in Anspruch genommen, die Transportleistungen durch die Erwerber von Fahrzeugen der Kartellbeteiligten in Anspruch genommen hätten, die erforderlichen Darlegungen zu den Absatzmärkten, auf denen die Klägerin tätig ist, nicht ersetzen können. Zudem wird das Berufungsgericht vor dem Hintergrund der besonderen Zwecke des kartellzivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs gegebenenfalls zu prüfen haben, ob eine - bezogen auf ihren Gesamtabsatz - nur geringfügige Inanspruchnahme der Kartellanten durch Geschädigte nachgelagerter Marktstufen es erfordert, eine festgestellte Schadenswälzung bei den Primärgeschädigten schadensmindernd anzurechnen. Dabei wird zu berücksichtigen sein, ob tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine über den durch das Kartell verursachten Gesamtschaden wesentlich hinausgehende Inanspruchnahme der Kartellanten zu erwarten ist.