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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 24.05.2016, Az.: II ZR 105/16
Revision gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil; Anordnung der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung auf Antrag im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde; Versäumung der Stellung eines Vollstreckungsschutzantrags durch den Schuldner im Berufungsrechtszug
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 24.05.2016
Referenz: JurionRS 2016, 16553
Aktenzeichen: II ZR 105/16
ECLI: ECLI:DE:BGH:2016:240516BIIZR105.16.0

Verfahrensgang:

vorgehend:

OLG München - 24.03.2016 - AZ: 23 U 3886/15

nachgehend:

BGH - 08.11.2016 - AZ: II ZR 105/16

BGH, 24.05.2016 - II ZR 105/16

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Mai 2016 durch den Richter Prof. Dr. Strohn, die Richterinnen Caliebe und Dr. Reichart, den Richter Prof. Dr. Drescher und die Richterin Dr. Derstadt

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Beklagten, die Zwangsvollstreckung aus dem für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 24. März 2016 einstweilen einzustellen, wird zurückgewiesen.

Gründe

1

Der Einstellungsantrag des Beklagten ist nicht begründet.

2

1. Wird Revision gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil eingelegt, so ordnet das Revisionsgericht auf Antrag an, dass die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt wird, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und wenn nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht (§ 719 Abs. 2 ZPO). Im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde gilt dies entsprechend (§ 544 Abs. 5 Satz 2 ZPO).

3

2. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten zulässig und begründet ist und ob, wenn der Senat ihr stattgeben würde, die Revision des Beklagten Aussicht auf Erfolg hätte. Eine Einstellung der Zwangsvollstreckung kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die besonderen Voraussetzungen für eine solche Einstellung (§ 719 Abs. 2 ZPO) nicht gegeben sind.

4

a) Die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 719 Abs. 2 ZPO wird von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als ein letztes Hilfsmittel des Vollstreckungsschuldners angesehen, dem regelmäßig der Erfolg zu versagen ist, wenn der Schuldner es versäumt hat, im Berufungsrechtszug einen Vollstreckungsschutzantrag gemäß § 712 ZPO zu stellen, obwohl ihm ein solcher Antrag möglich und zumutbar gewesen wäre (st. Rspr. vgl. BGH, Beschluss vom 4. September 2012 - II ZR 207/12, Rn. 3; Beschluss vom 30. August 2011 - II ZR 221/10, WuM 2011, 528 Rn. 4; Beschluss vom 24. November 2010 - XII ZR 31/10, NJW-RR 2011, 705 Rn. 7; Beschluss vom 27. Oktober 2010 - VIII ZR 155/10, WuM 2010, 765 Rn. 3, jew. mwN).

5

b) An dieser Voraussetzung für eine Einstellung der Zwangsvollstreckung fehltes hier.

6

aa) Der Beklagte hat keinen ausreichenden Grund vorgetragen, dass es ihm im Berufungsverfahren aus besonderen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen sei, einen entsprechenden Schutzantrag zu stellen. Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass der Beklagte aufgrund der - laut Protokoll der mündlichen Verhandlung - ausführlichen Erörterung darauf vertrauen durfte, dass die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben würde - unabhängig davon, dass die falsche Einschätzung der Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels grundsätzlich ohnedies keine Rechtfertigung für das Absehen von einem Vollstreckungsschutzantrag darstellt (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2010 - II ZR 98/10, Rn. 1 mwN). Dass der Klage vom Berufungsgericht stattgegeben werden könnte, war angesichts der zwischen den Parteien umstrittenen Fragen das dem Prozess innewohnende Risiko des Beklagten, dem er durch einen Antrag nach § 712 ZPO hätte Rechnung tragen müssen.

7

bb) Entgegen der Ansicht des Beklagten ist nicht ersichtlich, dass das Berufungsgericht ihm rechtsirrig keine Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO gewährt hat, was zur Folge hätte, dass ihm das Unterlassen des Antrags nach § 712 ZPO nicht vorgeworfen werden könnte (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 19. Januar 2016 - VI ZR 675/15, Rn. 4 mwN). Von einer rechtsfehlerhaften Anwendung des § 713 ZPO durch das Berufungsgericht kann nach den Angaben des Beklagten in seiner Antragsschrift und in der eidesstattlichen Versicherung seines Bundesgeschäftsführers nicht ausgegangen werden. Dass der Beklagte den Vortrag zum Wert der Beschwer, der nunmehr - nach Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde - in der Antragsschrift enthalten ist, auch schon in der Berufungsinstanz gehalten hat mit der Folge, dass das Berufungsgericht Anlass gehabt hätte daran zu zweifeln, ob die Voraussetzungen für die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde unzweifelhaft nicht vorlagen, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Das Berufungsgericht hat das Interesse des Klägers an der Auskunftserteilung mit 6.000 € bewertet; das Interesse des zur Auskunftserteilung Verurteilten - hier des Beklagten -, die Auskunft nicht erteilen zu müssen, bemisst sich nach den Kosten, die die Auskunftserteilung verursacht, und liegt regelmäßig (weit) unterhalb der Beschwer/des Interesses des Auskunftsempfängers. Der erkennende Senat bewertet die Beschwer des Auskunftspflichtigen in Fällen, in denen es um die Namen und Anschrift der Mitgesellschafter geht, regelmäßig mit bis zu 300 €.

Strohn

Caliebe

Reichart

Drescher

Derstadt

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