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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 22.03.2016, Az.: VI ZR 163/14
Ablehnung eines Beweisantrags wegen Ungeeignetheit des Beweismittels; Gehörsverletzung wegen Unterlassen der Erhebung von Sachverständigen- und Zeugenbeweisen; Zwingende Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 22.03.2016
Referenz: JurionRS 2016, 14861
Aktenzeichen: VI ZR 163/14
ECLI: ECLI:DE:BGH:2016:220316BVIZR163.14.0

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Nürnberg - 16.07.2013 - AZ: 12 O 10084/12

OLG Nürnberg - 25.02.2014 - AZ: 3 U 1746/13

BGH, 22.03.2016 - VI ZR 163/14

Redaktioneller Leitsatz:

  1. 1.

    Eine Partei ist nicht gehindert, das Vorbringen im Laufe des Rechtsstreits zu ändern, insbesondere zu präzisieren, zu ergänzen oder zu berichtigen. Der Umstand, dass der Vortrag zu dem eigenen früheren Vortrag in Widerspruch steht, kann allenfalls im Rahmen der Beweiswürdigung Beachtung finden. In der Nichterhebung eines solchen Beweises liegt in diesen Fällen eine vorweggenommene Beweiswürdigung, die im Prozessrecht keine Stütze findet und daher eine Gehörsverletzung begründet.

  2. 2.

    Die Ablehnung eines Beweisantrags wegen Ungeeignetheit des Beweismittels kommt nur dann in Betracht, wenn es vollkommen ausgeschlossen erscheint, dass das Beweismittel zu dem Beweisthema sachdienliche Erkenntnisse erbringen kann.

  3. 3.

    Ein Indizienbeweis ist überzeugungskräftig, wenn andere Schlüsse aus den Indiztatsachen ernstlich nicht in Betracht kommen. Bei einem Indizienbeweis darf und muss der Richter vor der Beweiserhebung prüfen, ob der Indizienbeweis schlüssig ist, ob also die Gesamtheit aller vorgetragenen Indizien - ihre Richtigkeit unterstellt - ihn von der Wahrheit der Haupttatsache überzeugen würde.

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. März 2016 durch die Richter Wellner und Offenloch und die Richterinnen Dr. Oehler, Dr. Roloff und Müller
beschlossen:

Tenor:

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger wird das Urteil des 3. Zivilsenates des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 25. Februar 2014 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Streitwert: 85.000 €

Gründe

I.

1

Die Kläger, die in gesetzlicher Prozessstandschaft als Mitglieder einer Erbengemeinschaft klagen, nehmen den Beklagten in erster Linie wegen Betrugs auf Schadensersatz in Anspruch mit der Behauptung, er habe ihren Vater (nachfolgend: Erblasser) beim Verkauf eines Hubschraubers bewusst über dessen Lufttüchtigkeit getäuscht. Der Erblasser kaufte am 29. Oktober 2009 vom Beklagten, der ein Luftfahrtunternehmen betreibt, zu einem Kaufpreis in Höhe von 100.000 € einen gebrauchten Hubschrauber, mit dem er im Mai 2010 tödlich verunglückte. Die Kläger verlangen aus Delikts- und Vertragsrecht als Schadensersatz und - nach Anfechtung des Kaufvertrages am 9. Januar 2012 wegen arglistiger Täuschung - aus Bereicherungsrecht Rückzahlung des Kaufpreises (zuletzt abzüglich des Werts des zwischenzeitlich verschrotteten Hubschraubers). Die Kläger, die den tatsächlichen Wert des Hubschraubers zweitinstanzlich mit 15.000 € beziffert haben und von dem Beklagten Zahlung in Höhe von 85.000 € verlangen, behaupten, der Beklagte habe den 1967 gebauten, nach einem Bericht der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung vom 24. November 2010 aufgrund vielfach fehlender Historie 2003 für luftuntüchtig erklärten und 2005 von der amerikanischen Luftfahrtbehörde (nachfolgend: FAA) nach amerikanischem Recht zugelassenen und registrierten Hubschrauber 2005 nach Deutschland verbracht und zunächst für 86.500 € an den Zeugen M. veräußert. Bei diesem seien regelmäßig Defekte, etwa ausgeschlagene Gelenke und Undichtigkeiten an der Ölversorgung, aufgetreten. Ferner habe der Zeuge im Jahre 2009 festgestellt, dass der Hubschrauber nicht lufttüchtig sei. Am 10. Oktober 2009 habe er ihn zu einem Preis von 38.500 an den Beklagten zurückverkauft, der ihn bei dieser Gelegenheit als "Schrotthubschrauber" bezeichnet habe. Beim Weiterverkauf an den Erblasser habe der Beklagte wahrheitswidrig suggeriert, der Hubschrauber, als dessen Halter wie schon beim Zeugen M. ein (beim Beklagten beschäftigter) amerikanischer Staatsangehöriger eingetragen blieb, befinde sich in einem einwandfreien Zustand, obwohl in ihm Teile verbaut gewesen seien, deren Serien- und Teilenummern nicht denen entsprochen hätten, die in den Unterlagen dokumentiert gewesen seien. Für die Turbine als Herzstück des Helikopters sei überhaupt kein Nachweis vorhanden gewesen bzw. sie sei durch das Anbringen neuer Typenschilder wahrheitswidrig als Neuteil ausgegeben worden. Der Hubschrauber sei im Übrigen manipuliert gewesen und habe deshalb nicht in Betrieb genommen werden dürfen. Zudem verbiete es das amerikanische Recht, ein in den USA zugelassenes Luftfahrzeug durch einen Halter zu betreiben, der nicht die amerikanische Staatsbürgerschaft besitze.

2

Das Landgericht hat die Klage ohne Beweisaufnahme abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen. Die Revision wurde nicht zugelassen. Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde.

II.

3

Die Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Kläger auf Gewährung rechtlichen Gehörs in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Die Kläger beanstanden zu Recht, dass das Berufungsgericht ihren Vortrag zu Mängeln der Turbine als unklar beurteilt und deshalb die Erhebung von Sachverständigen- und Zeugenbeweisen unterlassen hat.

4

1. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dabei soll das Gebot des rechtlichen Gehörs als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, die ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. In diesem Sinne gebietet Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Zwar gewährt Art. 103 Abs. 1 GG keinen Schutz dagegen, dass das Gericht das Vorbringen der Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt lässt. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt aber - auch bei Kenntnisnahme des Vorbringens durch den Tatrichter (vgl. BVerfG, NJW 2003, 1655 [BVerfG 25.10.2002 - 1 BvR 2116/01]; BGH, Beschlüsse vom 7. Dezember 2006 - IX ZR 173/03, VersR 2007, 666 Rn. 9 mwN; vom 20. Mai 2015 - VII ZR 78/13, BauR 2015, 1528 Rn. 7) - dann gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (vgl. BVerfG, NJW-RR 2001, 1006, 1007; NJW 2003, 1655 [BVerfG 25.10.2002 - 1 BvR 2116/01]; Senat, Beschlüsse vom 12. Mai 2009 - VI ZR 275/08, VersR 2009, 1137 Rn. 2 mwN; vom 13. Januar 2015 - VI ZR 551/13, r+s 2015, 212 Rn. 3). Das ist auch dann der Fall, wenn die Nichtberücksichtigung des Beweisangebots darauf beruht, dass das Gericht verfahrensfehlerhaft überspannte Anforderungen an den Vortrag einer Partei gestellt hat. Es verschließt sich in einem solchen Fall der Erkenntnis, dass eine Partei ihrer Darlegungslast schon dann genügt, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Eine solche nur scheinbar das Parteivorbringen würdigende Verfahrensweise stellt sich als Weigerung des Berufungsgerichts dar, in der nach Art. 103 Abs. 1 GG gebotenen Weise den Parteivortrag zur Kenntnis zu nehmen und sich mit ihm inhaltlich auseinanderzusetzen; sie ist deswegen nicht anders zu behandeln als ein kommentarloses Übergehen des Klägervortrags (BGH, Beschluss vom 22. Juni 2009 - II ZR 143/08, NJW 2009, 2598 Rn. 2 mwN; Beschluss vom 6. Februar 2013 - I ZR 22/12, TranspR 2013, 430 Rn. 10; Beschluss vom 16. April 2015 - IX ZR 195/14, NJW-RR 2015, 829 Rn. 9).

5

2. Nach diesen Maßstäben findet die Ablehnung einer Beweisaufnahme mit der Begründung, der Vortrag hinsichtlich der Turbine sei unklar, im Prozessrecht keine Stütze.

6

a) Das Berufungsgericht führt aus, während die in der Klageschrift enthaltene Angabe, für die Turbine sei kein Nachweis vorhanden gewesen, in der mündlichen Verhandlung vom 21. Juni 2013 dahin korrigiert worden sei, dass eine bestimmte Turbine verbaut worden sei, die Dokumentation sich aber auf eine andere Turbine bezogen habe, werde in der Berufung nun vorgetragen, Teile, "z.B. die Turbine, mit abgelaufenen Betriebszeiten" seien durch Anbringen von neuen Typenschildern als Neuteile ausgewiesen worden, ohne dass sie tatsächlich durch ein Neuteil ersetzt worden seien.

7

b) Mit dieser Begründung durfte das Berufungsgericht eine Beweisaufnahme nicht für entbehrlich halten.

8

aa) Eine Partei ist nicht gehindert, ihr Vorbringen im Laufe des Rechtsstreits zu ändern, insbesondere zu präzisieren, zu ergänzen oder zu berichtigen. Der Umstand, dass der Vortrag zu dem eigenen früheren Vortrag in Widerspruch steht, kann allenfalls im Rahmen der Beweiswürdigung Beachtung finden (BGH, Urteile vom 1. Juli 1999 - VII ZR 202/98, NJW-RR 2000, 208 mwN; vom 13. März 2012 - II ZR 50/09, NJW-RR 2012, 728 Rn. 16). In der Nichterhebung des Beweises liegt in diesen Fällen eine vorweggenommene Beweiswürdigung, die im Prozessrecht keine Stütze findet und daher eine Gehörsverletzung begründet (BGH, Beschlüsse vom 21. Juli 2011 - IV ZR 216/09, VersR 2011, 1384 Rn. 6; vom 6. Februar 2013 - I ZR 22/12, TranspR 2013, 430 Rn. 10 f.; vom 23. April 2015 - VII ZR 163/14, BauR 2015, 1325 Rn. 20; vom 20. Mai 2015 - VII ZB 53/13, NJW 2015, 2424 Rn. 14 mwN).

9

bb) So liegt es hier. Der von den Klägern bezüglich der Turbine zuletzt vorgetragene Sachverhalt ist klar und widerspruchsfrei, weshalb eine Beweisaufnahme nicht mit diesem Argument hätte abgelehnt werden dürfen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. Februar 2013 - I ZR 22/12, TranspR 2013, 430 Rn. 11; vom 20. Mai 2015 - VII ZB 53/13, NJW 2015, 2424 Rn. 13 f.).

10

3. Die Gehörsverletzung ist auch entscheidungserheblich. Zwar hat das Berufungsgericht die Zurückweisung der Berufung hilfsweise damit begründet, weder seien die Beweisangebote der Kläger geeignet, ihre Behauptung der fehlenden Lufttüchtigkeit des Hubschraubers und der diesbezüglichen Kenntnis des Beklagten zu belegen, noch sei der Schaden hinreichend dargelegt. Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt aber auch insoweit zu Recht Verletzungen des rechtlichen Gehörs der Kläger.

11

a) Die Ablehnung eines Beweisantrags wegen Ungeeignetheit des Beweismittels kommt nur dann in Betracht, wenn es völlig ausgeschlossen erscheint, dass das Beweismittel zu dem Beweisthema sachdienliche Erkenntnisse erbringen kann (BVerfG, NJW 1993, 254, 255 [BVerfG 28.02.1992 - 2 BvR 1179/91]; BGH, Urteil vom 23. Oktober 2014 - III ZR 82/13, VersR 2015, 187 Rn. 17 mwN; Beschluss vom 12. September 2012 - IV ZR 177/11, NJW-RR 2013, 9 Rn. 14; Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., vor § 284 Rn. 10a; zum Sachverständigenbeweis auch Senatsurteil vom 3. Juni 2008 - VI ZR 235/07, VersR 2008, 1133 Rn. 16).

12

Dies ist entgegen der Annahme des Berufungsgerichts sowohl hinsichtlich der Seriennummer der im Hubschrauber verbauten Turbine als auch hinsichtlich einer diesbezüglichen Täuschung des Erblassers durch den Beklagten nicht der Fall. Wie die Kläger zu Recht rügen, genügt nämlich, dass jedenfalls nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich das Gericht im Falle einer Beweisaufnahme eine dahingehende Überzeugung zu bilden vermag (vgl. BVerfG, NJW-RR 2001, 1006, 1007; BGH, Beschluss vom 21. März 2013 - V ZR 204/12, Rn. 10).

13

aa) Obwohl der Hubschrauber verschrottet wurde, ist der Nachweis der Existenz einer nicht zugelassenen Turbine nicht ausgeschlossen. Die Kläger haben bereits in ihrer Replik vom 8. Mai 2013 vorgetragen und unter Beweis durch das Zeugnis des Vorbesitzers M. gestellt, dass der Hubschrauber manipuliert gewesen sei, da die Turbine nicht das dieser Turbine zuzuordnende Kennzeichen getragen habe. In der mündlichen Verhandlung vom 21. Juni 2013 haben sie diesen Vortrag dahingehend konkretisiert, es sei eine andere als die in den Dokumenten registrierte und deshalb eine nicht zugelassene Turbine eingebaut gewesen. In der Berufungsschrift haben sie vorgetragen, der 1967 gebaute Hubschrauber sei mit einem Turbinentriebwerk des Herstellers Allison Modell 250-C18B ausgestattet gewesen. Aus der amtlichen Ermittlungsakte sei mittlerweile bekannt, dass die Turbine selbst niemals gewechselt worden sei. Die Manipulationen hätten am Typenschild stattgefunden. 2009 habe der Zeuge M. vom Beklagten die "Original-Papiere" für den Hubschrauber, also die sogenannte "Lebenslauf-Akte", in der alle Teile mit ihren Betriebszeiten und Seriennummern registriert seien, verlangt. Er habe anhand des sogenannten "EngineLogs" und der darin befindlichen Unterlagen festgestellt, dass die Turbine eine andere Seriennummer aufweise, als tatsächlich in den Unterlagen dokumentiert sei. Bei der Nachschau am Hubschrauber habe er dann festgestellt, dass zwar die richtige Nummer auf der Antriebswelle, dem sogenannten "Driveshaft", angebracht gewesen, aber dort eine Art Radierung vorgenommen worden sei. Die Antriebswelle habe er daraufhin am 10. Oktober 2009 zusammen mit der Turbine fotografiert. Das Bild mit der Bezeichnung "CIMG1563" habe er auf einem der Staatsanwaltschaft übergebenen Datenträger abgespeichert. Diesen - substantiierten - Vortrag haben die Kläger unter Beweis gestellt durch das Zeugnis des Vorbesitzers M. und einen Auszug aus der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth, Az. 304 Js 17200/10, Blatt 426, 427 (Anlage K6). Die Kläger haben schließlich unter Beweis durch Sachverständigengutachten gestellt, dass die materiellen Zulassungsvoraussetzungen fehlen, wenn gegenüber der FAA unzutreffende Angaben über den angeblichen Austausch von zugelassenen Musterteilen gemacht werden.

14

bb) Sollte den Klägern der Nachweis gelingen, dass sich im Hubschrauber eine nicht zugelassene Turbine befand, wovon im Übrigen auch die Staatsanwaltschaft Nürnberg in ihrer auf § 170 Abs. 2 StPO gestützten Einstellungsverfügung ausgegangen ist, ist trotz des Todes des Erblassers auch der weitere Nachweis nicht ausgeschlossen, dass der Beklagte den Erblasser über diesen Umstand getäuscht hat. Zwar hat das Berufungsgericht richtig erkannt, dass bei den Vertragsverhandlungen zwischen dem Erblasser und dem Beklagten anwesende Zeugen nicht benannt werden können und die Kläger sich hinsichtlich der von ihnen behaupteten Täuschung in Beweisnot befinden. Zu Recht rügt aber die Nichtzulassungsbeschwerde, dass das Berufungsgericht von der beantragten Beweiserhebung abgesehen hat, Art. 103 Abs. 1 GG. Dies findet im Prozessrecht keine Stütze. Das Berufungsgericht lässt außer Acht, dass die von den Klägern aufgestellten tatsächlichen Behauptungen nicht im Wege des unmittelbaren Beweises unmittelbar und direkt ein gesetzliches Tatbestandsmerkmal als vorhanden ergeben sollen, sondern einen Indizienbeweis zum Gegenstand haben.

15

(1) Der Indizienbeweis bezieht sich auf Hilfstatsachen - meist Indiz oder Indiztatsachen, aber auch Anzeichen genannt -, die erst durch ihr Zusammenwirken mit anderen Tatsachen den Schluss auf das Vorliegen eines Tatbestandsmerkmals, hier der Täuschung, rechtfertigen sollen. Ein Indizienbeweis ist überzeugungskräftig, wenn andere Schlüsse aus den Indiztatsachen ernstlich nicht in Betracht kommen. Bei einem Indizienbeweis darf und muss der Richter daher vor der Beweiserhebung prüfen, ob der Indizienbeweis schlüssig ist, ob also die Gesamtheit aller vorgetragenen Indizien - ihre Richtigkeit unterstellt - ihn von der Wahrheit der Haupttatsache überzeugen würde (BGH, Urteil vom 17. Februar 1970 - III ZR 139/67, BGHZ 53, 245, 260 f.).

16

(2) Diese Prüfung hat das Berufungsgericht unterlassen. Es hat insbesondere den Vortrag der Kläger nicht als wahr unterstellt und nicht auf dieser Grundlage befunden, dass eine Täuschung nicht beweisbar sei. Die Kläger haben eine Vielzahl von Hilfstatsachen vorgetragen, wie beispielsweise die in das Wissen des Zeugen M. gestellten Manipulationen, dessen Beanstandungen gegenüber dem Beklagten, das Gespräch über den "Schrotthubschrauber", die Rücknahme des Hubschraubers zum sogenannten Schrottwert in Höhe von 38.500 € lediglich 19 Tage vor dem Verkauf an den Erblasser zu einem Preis in Höhe von 100.000 € sowie den Bericht der FAA über die Durchsuchung der Betriebsräume des Beklagten, ohne dass das Berufungsgericht geprüft hätte, ob diese Hilfstatsachen in einer Gesamtschau, gegebenenfalls im Zusammenhang mit dem übrigen Prozessstoff und einer möglichen Vernehmung des Beklagten als Partei, § 448 ZPO, geeignet sind, es von der behaupteten Täuschung zu überzeugen.

17

b) Die weitere Erwägung des Berufungsgerichts, auch der Eintritt eines Vermögensschadens bleibe unklar, hierfür fehlten ebenfalls konkrete Anknüpfungstatsachen, trägt das Urteil ebenfalls nicht. Zwar haben die Kläger den Schrottwert zunächst mit 1.000 € und auf Hinweis des Gerichts in der Berufung mit 15.000 € angegeben. Allerdings haben sie für den Wert des (manipulierten) Hubschraubers in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. Warum ein Gutachter den Wert eines konkret benannten, als lufttüchtig veräußerten Hubschraubers bei auszutauschender Turbine mangels Anknüpfungstatsachen nicht bestimmen können soll, ist nicht ersichtlich.

Wellner

Offenloch

Oehler

Roloff

Müller

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