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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 03.12.2015, Az.: IX ZR 131/15
Gläubigerbenachteiligung bei Kontopfändung des Gläubiger und Entstehung eines Pfändungspfandrechts erst durch Abruf eines ihm eröffneten Kontokorrentkredit des Schuldners
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 03.12.2015
Referenz: JurionRS 2015, 34401
Aktenzeichen: IX ZR 131/15
ECLI: ECLI:DE:BGH:2015:031215BIXZR131.15.0

Verfahrensgang:

vorgehend:

OLG Frankfurt am Main - 11.05.2015 - AZ: 17 U 127/14

Rechtsgrundlage:

§ 129 Abs. InsO

Fundstellen:

DB 2016, 6

DB 2016, 229-230

DStR 2016, 757-758

DZWIR 26, 147 - 147

FMP 2016, 45-46

FoVo 2016, 56

GWR 2016, 61

InsbürO 2016, 167

JZ 2016, 109

MDR 2016, 180

NJW 2016, 8

NJW-RR 2016, 304

NZI 2016, 5

NZI 2016, 225

RENOpraxis 2016, 83

VE 2016, 45

WM 2016, 135

WuB 2016, 229-230

ZAP EN-Nr. 235/2016

ZAP 2016, 287

ZBB 2016, 55

ZInsO 2016, 220

ZIP 2016, 124

ZVI 2016, 194-195

BGH, 03.12.2015 - IX ZR 131/15

Amtlicher Leitsatz:

InsO § 129 Abs. 1

Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn ein Konto von dem Gläubiger gepfändet wird, ein Pfändungspfandrecht jedoch erst dadurch entsteht, dass der Schuldner einen ihm eröffneten Kontokorrentkredit abruft (Anschluss an BGH, Urteil vom 14. Juni 2012 - IX ZR 145/09, WM 2012, 1401 Rn. 21 f).

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Grupp, die Richterin Möhring und den Richter Dr. Schoppmeyer
am 3. Dezember 2015
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 11. Mai 2015 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Der Streitwert wird auf 27.610,44 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde deckt keinen Zulassungsgrund auf.

2

1. Ein Zulassungsgrund ist nicht gegeben, soweit das beklagte Land eine Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO) in Abrede stellt. Die Überweisung des Schuldners aus dem ihm eingeräumten Kontokorrentkredit hat eine Gläubigerbenachteiligung ausgelöst, weil die von dem beklagten Land erwirkte Kontopfändung kein insolvenzfestes Absonderungsrecht begründete.

3

Der Anspruch auf Auszahlung eines zugesagten Darlehens ist mit dessen Abruf pfändbar (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2007 - IX ZR 157/06, WM 2008, 168 Rn. 14). Vor dem Abruf des Kontoinhabers ist kein Anspruch auf Auszahlung gegen die Bank vorhanden, der einem Abtretungs- oder Pfändungsgläubiger das Recht geben könnte, sich ohne Mitwirkung des Kontoinhabers Kreditmittel auszahlen zu lassen (BGH, Urteil vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350, 356). Das Pfandrecht des beklagten Landes ist folglich erst mit dem Abruf der Kreditmittel durch die Überweisungsaufträge und damit durch eine gemäß § 133 Abs. 1 InsO anfechtbare Rechtshandlung des Schuldners entstanden. War die Überweisung nicht durch ein insolvenzfestes Pfändungspfandrecht des beklagten Landes gedeckt, so liegt eine objektive Gläubigerbenachteiligung vor, weil auch die Zahlung mit Mitteln eines vom Schuldner abgerufenen Dispositionskredits gläubigerbenachteiligende Wirkung hat (BGH, Urteil vom 9. Juni 2011 - IX ZR 179/08, WM 2011, 1343 Rn. 20; vom 14. Juni 2012 - IX ZR 145/09, WM 2012, 1401 Rn. 22).

4

2. Ein Zulassungsgrund greift nicht durch, soweit das Berufungsgericht in Anwendung von § 133 Abs. 1 InsO davon ausgegangen ist, dass bei der Schuldnerin eine Zahlungseinstellung vorlag, welche die Schlussfolgerung auf eine Zahlungsunfähigkeit (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO) gestattete.

5

Zahlungsunfähigkeit ist gegeben, wenn der Schuldner durch den Verkauf von Vermögensgegenständen die erforderliche Liquidität schaffen könnte, hierzu aber nicht bereit ist (Uhlenbruck/Mock, InsO, 14. Aufl., § 17 Rn. 170; Schmidt, InsO, 18. Aufl., § 17 Rn. 14; Pape, WM 2008, 1949, 1957). Setzt der Schuldner vorhandene Geldmittel nicht zur Tilgung seiner Verbindlichkeiten, sondern für andere Zwecke ein, liegt ebenfalls eine Zahlungsunfähigkeit vor, weil sich der Schuldner durch diese Ausgaben der Mittel entäußert hat, die er für die Begleichung seiner Verbindlichkeiten benötigt hätte (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2012 - IX ZR 117/11, WM 2012, 2251 Rn. 19). Dabei ist es ohne Bedeutung, ob der Schuldner seine Mittel verschwendet oder etwa - wie es sich im Streitfall verhalten mag - zur Unterstützung von Angehörigen verwendet.

6

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.

Kayser

Gehrlein

Grupp

Möhring

Schoppmeyer

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